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No. 27 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau usw. 404 schulbesitzer muss beiden Richtungen Rechnung tragen, gerade so, wie er weder vom Liebhaberobstbau noch vom Erwerbsobstbau allein leben kann. Von diesem Gesichtspunkte aus kann er aber auch auf zahlreiche Gehölze mit farbiger oder in der Blattform abweichender Belaubung nicht ohne weiteres verzichten. (Deshalb brauchen das nicht gerade wirkliche Krüppelformen zu sein, wie die genannten Cucullata- und Cochleata- Formen!) Heick e irrt übrigens, wenn er glaubt, dass Prunus Pissardi alt unansehnlich werde. Er möge nur in Westdeutschland ein klein wenig dendrologische Umschau halten, und wird dort leicht ältere Pracht exemplare entdecken. Vielleicht kennt er die schöne purpurlaubige Prunus spinosa überhaupt nicht. Sie ver dient allerdings gegebenenfalls den Vorzug. Zweifellos werden alle diese und ähnliche Gehölze bis auf weiteres für den Baumschulbesitzer lohnendere Artikel bilden, als Buchen oder Linden in Dach- oder Wandform. Das hindert nicht, die holsteinischen Hauslinden, in Wandform geschnitten, bei gelegentlicher Verwendung ganz nett zu finden. Was nun schliesslich die Behauptung anlangt, es halte schwer, Tausende von Gehölzen in einer bestimmten Art und Stärke zu beschaffen, so dürfte hier Verfasser seine Beispiele kaum glücklicher gewählt haben, als im Falle seiner 111 Crataegus-Arten. Es ist gewiss zuzugeben, dass einzelne Artikel, wie starke Buchen heistern, Taxus, Buxus, Allee-Linden, in einer gewissen Stärke, durch den plötzlichen Umschwung in der Garten kunst seit Jahren nicht immer leicht zu beschaffen waren. Auch im Rosengeschäft hatten wir solche „Runs“ nach gewissen Sorten, und am Schlüsse der Saison ist mancher Auftrag unausgeführt geblieben. Derartige Einzelfälle berechtigen aber nicht zu der oben ange führten Behauptung in ihrer allgemeinen Fassung, denn es ist doch anzunehmen, dass sich die Klagen über schwierige Beschaffung nur auf gangbare Artikel, nicht aber auf Seltenheiten beziehen. Viele Baum schulenbesitzer würden gewiss ihre Quartiere räumen, wenn Gartendirektor H e i c k e so liebenswürdig sein wollte, ihnen seinen Bedarf bei Zeiten, d. h. vor Beginn der Saison, aufzugeben. Aengstliche Gemüter werden nicht ganz mit Unrecht in der H e i c k e' sehen Propaganda eine mögliche Ein schränkung, zum mindesten eine Erschwerung des Ab satzes von Baumschulartikeln erblicken. Weil diese Befürchtung gar nicht so fern liegt, hielten wir eine Abwehr für notwendig. Zum Glück finden sich aber selbst in den Reihen der Gartenkünstler immer noch Leute, die sich nicht ohne weiteres von den heutigen Neuerern beeinflussen lassen. So spricht R. Hoemann - Düsseldorf in der selben Nummer der „Gartenkunst“, die den hier be handelten Artikel enthält, von „der Liebe zur Einzel schönheit der Pflanze", als einer der Ursachen der hohen Blüte englischer Gartenliebhaberei, und Richard Stegmiller-Stuttgart sagt in No. 8 des laufenden Jahr ganges von Möller's Deutscher Gärtner-Zeitung (einer Nummer, die mehrere uns sehr sympathische Aus lassungen für und gegen die neue Richtung in der Gartenkunst enthält) wörtlich: „Das wichtigste im Garten ist und bleibt die Pflanze in ihren verschie denen Formen!“ So lange aber bei uns diese Liebe zur Einzel schönheit der Pflanze nicht ausstirbt — und diese Liebe zu fördern, sollte unsere vornehmste Aufgabe sein! — so lange die Pflanzenschönheit im Garten das bestim mende Moment bleibt, so lange werden auch die All künstler und Umstürzler mit ihrer Auffassung vom Gartenideal nur langsam Anhänger gewinnen. & OIIO Wertvolle Frühjahrs- und Winterblüher. Von E. Richlin in Dahlem. ohl jeder Gärtner wird mir darin bei stimmen, dass unser Topfpflanzenmarkt im Allgemeinen recht wenig Abwechslung bietet, ja zu manchen Zeiten geradezu arm zu nennen ist. Was finden wir denn im Winter und Frühjahr in den Blumen läden, äusser getriebenen oder aus dem Süden ge schickten Blumen ? Einige Cinerarien, Azaleen und Eriken. Cyclamen und Primeln sind meist schon überall ausverkauft. Dies ist an und für sich recht erfreulich, es würde aber doch mancher Taler mehr verdient, wenn sich nicht jahraus jahrein das Pflanzenangebot gleich bliebe. Das Publikum ist des ewigen Einerlei müde und sehnt sich nach Abwechslung. Der Gärtner aber getraut sich nur das zu kultivieren, was er bei seinem Nachbar sieht. Selten oder nie wagt er sich an die Kultur einer Pflanze heran, die er noch nicht gesehen, und die nicht hundert andere Kollegen ebenfalls ziehen. Ausnahmen hierin sind wenigstens recht selten. Gewiss braucht man nicht gleich Dutzende von neuen Arten in Kultur zu nehmen, aber man könnte doch mindestens jedes Jahr eine neue oder seltene Pflanze zeigen. Sie würde als etwas Auffallendes wohl überall gern gekauft und mit Gewinn abzusetzen sein. Ich will nachstehend versuchen, eine kleine Blüten lese solcher Gewächse zu geben und zwar zunächst für Winter und Frühjahr. Mancher wird die eine oder andere Pflanze vielleicht schon kultivieren oder doch wenigstens kennen, der grossen Menge sind sie aber noch unbekannt, oder richtiger gesagt, nicht mehr be kannt. Es würde in manchen Fällen sicher lohnen, z. B. ein Haus billiger Chrysanthemum weniger zu ziehen, um dafür eine der nachstehenden Pflanzenarten in Kultur zu nehmen. Zunächst wären die Epacris zu nennen. Wer diese jemals in der Schönheit gesehen hat, wie sie auf dem Covent Garden in London angeboten werden, der wird sich unwillkürlich fragen, warum man eine solche Perle nicht auch bei uns mehr berücksichtigt. Besitzt doch die Gattung Epacris alle Eigenschaften einer Idealtopf pflanze. Die Kultur hat mit der der Eriken grosse Aehnlichkeit. Sorgfältigkeit beim Giessen und Ver pflanzen sind zu beachten, sowohl im Sommer in den Kästen, als auch im Kalthaus im Winter. Die Ver mehrung geschieht durch halbharte Sommerstecklinge auf kaltem Fuss in Schalen unter Glasglocken oder durch Aussaat. Leichte Beschattung im Sommer ist nicht zu versäumen, ebenso verwende man eine recht lockere, sandige Moorerde, pflanze dagegen recht fest. Die grossen, röhrigen Blüten erscheinen in den Blattachseln und bilden oft 30 cm lange, ährenartige Blütenstände in übergrosser Anzahl. Der Flor dauert oft von März bis Mitte Mai. Zu den besten Sorten gehört Epacris impressa, mit grossen einseitswendigen Blüten in allen Tönungen von reinweiss, zartrosa bis dunkelpurpurrosa. Weiterhin verdient E. grandiflora (= E. longiflora), mit mehr länglichen, dunkelroten Blüten und E. rigida Empfehlung. Besonders von Epacris rigida gibt es in England prachtvolle Varietäten, die sowohl als Topfpflanze wie auch als Schnittblume recht beliebt sind. Sie schliessen sich in der Blütezeit an Erica hiemalis an, übertreffen diese aber noch durch längere Blütezeit und grössere Haltbarkeit im abgeschnittenen Zustande. Aus der Gattung Polygala sind besonders P. myrti- folia grandiflora und Polygala Dalmaisiana zu erwähnen. Auf belgischen Frühjahrs-Ausstellungen wird man regel-