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No. 45. Steglitz-Berlin, den 8. November 1902. XVII. Jahrgang. Gigentbum des Verbandes der Handelsgärtner Deutscblands. Organ des Gartenbau-Verbandes für das Königreich Sachsen, berausgegeben unter «itwirkung der hervorragendsten fachmänner des 3n- und Huslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc.“ erscheint am Sonnabend jeder Woche. Abonnementspreis für Nicht-Verbandsmitglieder in Deutschland und Oesterreich-Ungarn pro Jahrgang 8 M. 50 Pf., für das übrige Ausland 10 M„ für Verbands-Mitglieder kostenlos. Verantwortlicher Redacteur: F. Johs. Beckmann in Steglitz-Berlin. Verlag: Verband der Handelsgärtner Deutschlands, eingetragen auf Seite 179, Band IV, des Genssenschaftsregisters des König], Amtsgerichts zu Leipzig. Die Gartenbau-Ausstellung in Königsberg, Ostpr. Von Louise Riss in Oliva. In den letzten Septembertagen hatte die allzeit rührige Direktion des Königsberger Thiergartens auf den Hufen die Gärtner Königsbergs zu einem Wettbewerb eingeladen und eine Gartenbauausstellung ins Leben gerufen, zu der der Thier garten seine gastlichen Pforten öffnete. Ein schöner gelege nes und besser passendes Ausstellungsterrain und Lokal zu finden, dürfte in mancher grösseren Stadt schwer sein. Der Thiergarten ist der erste und vornehmste Ausflugsort in der Nähe der Stadt, landschaftlich schön gelegen, und an 60 Morgen gross. Es stand auf diesem Terrain vor 6 Jahren die Nordostdeutsche Gewerbeausstellung, von der auch noch die Gebäude herrühren, die dem Thiergartenverein bei seiner Gründung des zoologischen Gartens überwiesen und von diesem benutzt worden sind. Um so weniger ist es zu begreifen, dass ein Theil der Königsberger Gärtnereibesitzer kleinlicher Eifer süchteleien halber sich zurückhielt und ihren geschäftlichen Vortheil, den ihnen diese Schaustellung geboten hätte, so wenig wahrzunehmen verstanden. Hatten sie doch keinen Ga rantiefond zu sammeln und zu zeichnen und wurde ihnen doch alles das entgegengebracht, was anderswo viel Mühe und Sorge macht. Königsberg dehnt sieh nach den Hufen zu besonders aus, ein grosses, zum Theil schon stark bebautes Villenterrain ist in kurzer Zeit entstanden, mit Gärten, von denen viele noch brach liegen, aber doch bepflanzt werden müssen. Es war an der Zeit nach jener vor 8 Jahren veranstalteten Ausstellung im Schützenhause (einem beschränkten, ungünstigen Terrain) wieder einmal gärtnerische Leistungen vorzuführen. Doch was die Königsberger versäumt haben, viele kleinere Städte Ostpreussens, die westpreussischen Kollegen und andere aus weiten Entfernungen, haben die Scharte gründlich ausgewetzt und keine Lücke ist geblieben. Hamburg, Lübeck, Württem berg, Hannover, Berlin, Frankfurt a. 0. und andere sandten ihre Vertreter und der Erfolg war ein glänzender. Ein Ueber- schuss in der Einnahme, wie er bisher noch nie bei anderen Ausstellungen zu konstatiren wär, beweist zur Genüge, dass das Königsberger Publikum Sinn und Interesse für dargebotenen Gartenbau hat. Der kurze Ueberblick, der in Folgendem gegeben werden soll, macht keinen Anspruch auf erschöpfende Darstellung, es soll mehr das Gesammtbild und die Hauptleistungen besprochen und nur Einzelnes herausgegriffen werden, nicht als Kritik und nicht als Urtheil, sondern als einfache Betrachtung oder Ausstellungswanderung. In grösseren abgegrenzten Terrains vor der Haupthalle und hinter derselben waren zunächst Baumschulenartikel grup- pirt: Obstbäume und Sträucher, Laubhölzer, Coniferen. Da fanden wir u. A. sehr gut gezogene Exemplare von Gelhaar- Lawsken bei Königsberg (Spalierobst) und Rosen, sowie den bekannten Spalierobstmustergarten, den wir vor Jahren (1887) zuerst von Gauche r in Dresden gesehen haben und der seitdem in ähnlicher Weise schon oft von J ungclaussen- Frankfurt a. O. ausgestellt wurde, und stets viele Liebhaber gefunden hat. Coniferen waren in mehreren Gruppen und schönen Pflan zen ausgestellt von R u d ö 1 f V o 11 e r t - Lübeck, v.Noordt &Söhne,Fuchs- Allenstein und O 11 o R i s s , Oliva bei Danzig. Brachten die Ersteren meist die bekannten zahlrei chen Sortimente der holländischen Kulturen, die leider in Königsbergs Klima nicht ausdauern, so hatte der Letztere mehr dem Zweck entsprochen, und nur selbsterprobte und un ter gleichen klimatischen Verhältnissen selbsterzogene Conife ren ausgestellt. Die grosse, schöne, von sorgfältiger Kultur zeigende Gruppe enthielt schön gefärbte Picea pungens glauca argentea in kleinen und grossen Exemplaren, Abies, Pinus, Chamäecyparis, Thuya, Taxus und andere Gattungen in mittlerer Handelswaare und grösseren Solitairs und wurde all gemein als hervorragend bewundert. Demgemäss erhielt sie auch den 1. Preis, die grosse silberne Staatsmedaille für Garten bau, die einzige, die für diese Ausstellung gestiftet worden. Eine solche für Landwirthschaft wurde für Gesammt- leistungen von Baumschulerzeugnissen, Obst- und Gehölz arten, Alleebäumen u. s. w. Rud. Vollert; Her m. Krantz- Mittelhufen für Warm- und Kalthausdekorations- Gruppen eine bronzene Staatsmedaille zuerkannt. Pulsometer, Rasensprenger, Schubkarren und sonstige Maschinen, wie Heizkessel u. s. w. waren gleichfalls gut ver treten von Körtin g-Berlin, G e 1 h a a r-Königsberg und anderen. Die Haupthalle, eine ehemalige Maschinenhalle, der Haupt anziehungspunkt für alle Ausstellungsbesucher, bot in der That ein farbenprächtiges Bild von vortrefflichster Wirkung,