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No. 48. . Berlin, den 28. November 1901. XVI. Jahrgang. Migenthum des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands, Organ des Gartenbau-Verbandes für das Königreich Sachsen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc.“ erscheint am Donnerstag jeder Woche. Abonnementspreis für Nicht-Verbandsmitglieder in Deutschland u. Oesterreich-Ungarn pr. Jahrgang 8 M. 50 Pf., für das übrige Ausland 10 M., für Verbandsmitglieder kostenlos. Verantwortlicher Redakteur: F. Johs. Beckmann in Steglitz-Berlin. Verlag: Verband der Handelsgärtmer Deutschlands, eingetragen auf Seite 179, Band IV, des Genossenschaftsregisters des Königl. Amtsgerichts zu Leipzig. Chrysanthemum-, Winterblumen- und Bindekunst-Ausstellung für Rheinland vom 12—16. November in der „Flora“ zu Köln. Von Emil Lückerath in Siegburg. Seit Niederlegung der alten Festungswerke in Köln im Jahre 1882 hat die Stadt im Innern wie Aeussern grosse Wandlungen erfahren; mächtige Strassenzüge und freie Plätze mit schmucken Pflanzungen jeglicher Art, der prächtige grosse „Volksgarten“, der ausgedehnte Stadtwald mit See und Volksspielplätzen, sind neu entstanden, der alte „Stadtgarten“ ist umgewandelt worden, und so sind für den mittleren Bürgerstand Erholungsstätten gross artigen Stils geschaffen worden, zu denen er hin aus wandert, und die ein pekuniäres Opfer an Eintrittsgeld nicht er fordern. Wenn auch die oberen Zehntausend und das fremde reisende Publikum nach wie vor der wunderschönen „Flora“ die gebührende Beachtung schenken, so hält der finanzielle Erfolg doch nicht mit den Anforderungen an die kostspielige Unterhaltung derselben gleichen Schritt, zumal sich auch der benachbarte zoologische Garten jederzeit als scharfer Konkurrent erwiesen hat. Aus allen diesen Gründen hat man geglaubt, durch Veranstaltung einer Ausstellung das Interesse für die „Flora" im breiteren Publikum neu beleben zu können, und so mag der Ge danke einer ChrysanthemumSe\\».VL entstanden sein, wo man ja in dem grossen, prächtigen Wintergarten mit seinen mächtigen Palmen- und Blattpflanzengruppen und den an stossenden Sälen Ausstellungsräume besass, wie sie passender und schöner nicht gedacht werden können. Bedenkt man, dass die Anregung zur Veranstaltung, zur Betheiligung an derselben und zur Beschaffung der nöthigen Preise erst Anfang September d. Js. ergingen, so kann man den vorhandenen Leistungen nur volles Lob ertheilen. In Vertretung des verhinderten Vorsitzenden Frhrn. Ed. v. Oppenheim und im Auftrage des Verwaltungs- rathes der „Flora“ eröffnete Herr Oberlandesgerichts präsident Hamm in Gegenwart hervorragender Bürger Kölns mit ihren Damen, der Preisrichter und Aussteller, sowie der fremden Gäste um 121/2 Uhr Mittags die Aus stellung, dankte vorab allen Betheiligten und Ausstellern für ihre treue, unermüdliche Mitarbeit und führte dann unter vielem anderen aus, dass man sich neuerdings da rüber streite, ob die Gärtnerei zum Handelsgewerbe oder zur Landwirthschaft gehöre, dass er aber meine zu beiden, und ausserdem auch noch zur Kunst, deren Bindewerke wir heute bewunderten, und deren Wesen so vielseitig sei, wie die Namen und Formen und Farben der Pflanzen und Blumen, die sie pflege und entwickle. Diese Viel seitigkeit der Gartenkunst zeige sich auch darin, dass sie, obschon sie Kunst sei, allen ihren Schwestern ungleich, als Kunst an die Natur gebunden sei. Sie könne nicht aus Thon oder Stein, aus Farben oder Tönen mit einer künstlerischen Hand neue Gebilde nach der Phantasie des Künstlers schaffen, sondern sie könne nur pflegen, ver edeln, ordnen und zur schönsten Entwicklung bringen, was die Natur dem Menschen gewähre. So gehöre zum Gärtner vor Allem grosse Liebe und intimer Verkehr mit der Natur, und zur Pflege der Pflanzen alles das, was zur Erziehung der Kinder gehöre: Liebe, Arbeit, Sorge und Geduld. — Zum Schlüsse spricht Redner den Wunsch aus, dass die Ausstellung der „Flora“ nicht nur neue Freunde zuführen, sondern auch in uns die Freude an der Natur und an allem Schönen, was Gott uns in ihr gegeben, immer von Neuem erwecken möge. Der technische Leiter der Ausstellung, Herr Rausch, Obergärtner der „Flora“, hatte es meisterhaft verstanden, die Arrangements in abwechselungsreicher, malerischer Weise zu treffen. Die in der Längsrichtung des Winter gartens vorhandenen vier hohen Palmengruppen waren von allen Seiten mit breiten Bahnen von Ausstellungspflanzen in reicher Abwechselung umsäumt und kamen so zur vollen Geltung. Die Mitte füllte eine mächtige Chrysan- themumgYuppe. Die Cyclamen, abgeschnittenen Blumen, das Obst und die Ehrenpreise waren an den Seitenwänden auf