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No. 47 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc. 397 WER SCHUTZZOLL. Zum Zolltarif. Der erste Akt der Zolltarif-Berathung ist zu Ende, der Entwurf ist von dem Bundesrath ver abschiedet worden. Eine Berücksichtigung der von uns geäusserten Wünsche in unserem Sinne ist durch den Bundesrath nicht erfolgt; grosser Wahrscheinlichkeit nach aus politischen und taktischen Gründen ist man bei der anfänglichen Stellungnahme geblieben, eine Berück sichtigung der Wünsche der deutschen Gärtner dem Reichstage überlassend. Die Stellungnahme des Bundes raths hat im Besonderen und im Allgemeinen zweierlei gezeigt, im Besonderen in Bezug auf die gärtnerischen Positionen des Zolltarifs, dass die Höhe der vor geschlagenen Zollsätze einen Einfluss bei der Beurtheilung der Sache überhaupt nicht ausgeübt hat, denn auch die vom deutschen Landwirthschaftsrath, dem preussischen Landes- Oekonomie-Kollegium, dem sächsischen Landes- kulturrath, der Königlichen Zentralstelle für Landwirth- schaft in Württemberg und vielen anderen ähnlichen staatlichen Verbänden dem Bundesrath zur Annahme empfohlenen, theilweise allerdings nur mässigen gärtne rischen Zollsätze sind ebenso wenig wie die landwirth- schaftlichen höheren Zollsätze berücksichtigt worden. Dass es sich aber ausserdem bei dem Bundesrath um Festhaltung an einem allgemeinen Prinzip, dessen Gründe uns vorerst verborgen bleiben, gehandelt hat, geht daraus hervor, dass trotz der so zahlreichen Wünsche zu fast allen Theilen des umfangreichen Entwurfs seitens der verschiedenen Interessenten gruppen nur in einem einzigen ganz unwesentlichen Falle ein Zollsatz für einen Theil einer Position, die in dem ur sprünglichen Entwurf frei geblieben war, beschlossen worden ist. Es betrifft dies die Versetzung von Ananas, auch geschält und ohne Zucker eingekocht in eine andere Position unter einen Zoll von 4 M. pro dz und wird hierin wohl mehr eine redaktionelle, zuerst übersehene Aenderung zu erblicken sein. Wohl haben Erhöhungen und ebenfalls Ermässigungen für verschiedene Positionen stattgefunden, aber in nicht einem Falle, äusser der ge nannten Aenderung ist ein neuer, bisher noch nicht vor handener Zoll geschaffen. Nur dadurch, dass nach dieser Richtung hin eine bestimmte Direktive vorlag, ist es auch möglich gewesen, dass eine einzige, nur wenige Stunden dauernde Plenarsitzung mit der Berathung des ganzen Entwurfs fertig wurde. Herabgesetzt hat der Bundesrath den Zoll auf Cham pignons von 20 auf 10 M. und hat in logischer Folge des auch von uns befürworteten Wunsches den Zoll auf Blumenzwiebeln und Knollen wieder gestrichen. Das Wort hat nunmehr der Reichstag und bei ihm liegt die Entscheidung. Dass derselbe von dem Bundes rath eine Vorlage erhält, in welcher die Haupterzeugnisse der deutschen Gärtnerei ganz und gar schutzlos gelassen sind, ist besser, als wenn von dem Bundesrath ein viel leicht ganz geringer Zollsatz für diese Positionen ein gestellt worden wäre. In unserer Dresdener Resolution vom 6. August heisst es: Wenn durch den veröffentlichten Zolltarifentwurf unser Vertrauen auf eine gerechte Würdigung der Nothlage unseres Berufes seitens der massgebenden Stellen auch schwer erschüttert ist, so spricht die Versammlung dennoch die Hoffnung aus, dass das Gefühl der Verantwortung für das Wohl und Wehe der gesammten deutschen Gärtnerei Bundesrath und Reichstag zu anderen Entschlüssen gelangen lassen wird, als diejenigen des heutigen Zolltarifentwurfs sind. Diese Voraussetzung hat bei dem Bundesrath nicht zugetroffen, es bleibt noch die letzte und Haupt-Instanz, der Reichstag. Dass wir innerhalb verschiedener und ausschlaggebender Parteien warme Befürworter gärt nerischer Zollwünsche haben, wissen wir, wir wissen ferner, dass ein kräftiges Eintreten für diese Wünsche uns sicher ist. Was wir hoffen, ist, dass sich auch für diesbezügliche Beschlüsse eine Mehrheit finden wird und um das zu erreichen, dürfen wir nicht nachlassen in der Agitation und Aufklärung. Wir haben bereits in voriger Nummer aufgefordert, dort, wo dies noch nicht geschehen ist, durch persönliche Vorstellung bei den Reichstagsabgeordneten aufklärend zu wirken, es ist dies unbedingt nöthig, da wir wissen und erfahren haben, dass viele dieser Herren mit den wirklichen, bedrohlichen Verhältnissen innerhalb der Gärtnerei durchaus nicht so, wie wir es wünschen müssen, vertraut sind. Wir wiederholen unsere Aufforderung noch mals dringend. Ebenfalls sind, wo dies noch nicht geschehen ist, die auf den Versammlungen gefassten Resolutionen, welche bisher nur dem Bundesrath zugesandt wurden, umgehend auch dem Reichstage zuzusenden. * Vom Zoll auf Cycaswedel. Gegen den Zoll auf Cycaswedel, selbst in seiner lächerlich geringen und ganz wirkungslosen Höhe von 20 M., ist auch der bekannte Handelsvertragsverein mobil gemacht worden. Er hat folgendes Schreiben an alle in Betracht kommenden Firmen gesandt: Auf Veranlassung der unserem Verein angehörenden Firmen Ihrer Branche ist die beifolgende Eingabe an den Bundesrath be treffend Zoll auf Cycas-Palmwedel ausgearbeitet worden. Sie soll dem Reichskanzler überreicht werden, damit der im neuen Tarif entwurf vorgesehene Zoll von 20 M. für den Doppelzentner, der ohne Zweifel Ihren Erwerbszweig schwer schädigen würde, nicht zur Einführung gelangt. Der Werth der Eingabe würde sich wesentlich erhöhen, wenn sie von allen in Betracht kommenden Firmen ausginge; da es sich auch um Ihre Interessen handelt, er lauben wir uns die Anfrage, ob Sie damit einverstanden sind, dass auch Ihr Name unter die Eingabe gesetzt wird. Ihrer gefälligen umgehenden Antwort entgegensehend u. s. w. Von Herrn F. Knoll- Leipzig-Lindenau wird uns die Antwort zur Verfügung gestellt, die derselbe auf das An suchen des Handelsvertragsvereins ertheilthat. Sie lautet: Auf Ihr gefl. Schreiben in Sachen „Schutzzoll auf getrocknete Palmenwedel“ bedaure ich, Ihnen folgendes erwidern zu müssen. Es ist mir unmöglich, mich der Ihrem Schreiben in Abschrift beiliegenden, än den hohen Bundesrath gerichteten Eingabe anzu schliessen, da ich betreffs dieses Artikels ganz anderer Ueber- zeugung bin, was Sie aus Folgendem ersehen wollen. Wenn Sie, wie Sie in der Eingabe sagen, den Cycaswedel für einen vornehmen Grabsehmuck halten und ihn als solchen erhalten wollen, müssten Sie gerade für einen recht hohen Zoll auf getrocknete Cycaswedel ein treten, weil der für diese Wedel gezahlte niedere Preis dieselben so entwerthet, dass von einem vornehmen Grabschmuck überhaupt keine Rede mehr sein kann. Wenn Sie weiter glauben dass der getrocknete Cycaswedel ein selbstständiger Artikel und kein Ersatz für den frischen Wedel ist, so irren und widersprechen Sie sich, denn Sie geben selbst zu, dass man mehr zum getrockneten Wedel greift, weil er billiger ist. Man glaubt eben, dass der ideelle Werth im Cycaswedel selbst und nicht in seiner frischen Qualität allein liegt. Hierin aber liegt die grosse Gefahr, welche der deutschen Gärtnerei, insbesondere ihrer Cycaskultur droht, für welche ganz unglaubliche Summen aufgewendet sind, die schon jetzt ein fast todtes Kapital darstellen. Wenn Händler und Blumengeschäftsinhaber jeden Zoll auf Cycaswedel bekämpfen, so ist das erklärlich, weil der getrocknete Cycaswedel in vielen Fällen als frischer Wedel verwandt wird, besonders dann, wenn der Auftraggeber den Grabsehmuck direkt in das Trauerhaus beordern lässt, oder wenn derselbe den Unter schied nicht kennt. Abgesehen von alledem aber liegt mir vor allem daran, dass der deutsche produzirende Gartenbau, welcher ebenfalls viele Tausende Arbeiter beschäftigt, für sein der Cycas kultur geopfertes Kapital Erfolge erntet, - wodurch er in die Lage kommt, durch Errichtung weiterer Kulturanlagen der deutschen Industrie und dem deutschen Handwerk weiter Verdienste zu schaffen. Dem Händler und Arbeiter kann es gleich sein, mit was er sein Geld verdient, dem deutschen Gartenbau aber ist darum zu thun, dass ihm seine Anlagekapitalien nicht verloren gehen. Für den Gartenbau ist ein Schutz nothwendiger und ange brachter als für einen Artikel, der, wie Sie durch Ihre eingestellten Preise für trockene Cycaswedel selbst bestätigen, bereits so weit herunter ist, dass überhaupt ein Geschäft mit Nutzen nicht mehr zu machen ist. Ebenso hat der Versand nach anderen Ländern seine Höhe überschritten, da man äusser in Oesterreich auch in Russland, Amerika u. a. Ländern begonnen hat, die Wedel selbst herzustellen,