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18 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Nr. 5 u. 6 Das neue Umsatzsteuergesetz und der Gartenbau. Am 1, Januar 1920 ist das neue Umsatzsteuergesetz in Kraft getreten. Es bringt eine allgemeine Verteuerung der Lebenshaltung, die um so beträchtlicher wird, je öfter eine Ware von Hand zu Hand geht, ehe sie an den Ver braucher gelangt. Auch unser Beruf wird darunter zu leiden haben, auch ihm bringt das neue Gesetz Belastung und Er schwerung. WofüristUmsatzsteuer von 1% vH zu zahlen? Unsere Verkäufe und Leistungen werden teils mit der gewöhnlichen Umsatzsteuer von 1% vH belegt, teils fal- | len sie unter die Luxussteuer, welche eine Belastung von 15 vH vorsieht. Unter die Umsatzsteuer von 1% vH fallen alle in der Gärtnerei, im Laden oder auf dem Markt verkauften oder der Kundschaft ins Haus gelieferten Topfpflanzen, Ge müsepflanzen, Blumenpflanzen, Stauden, Baumschulwaren aller Art, Sämereien, Obst, Gemüse, Schnittblumen. Au ßerdem alle Leistungen an Kundschaft also: Gartenarbeit jeder Art, Anfertigung von Gartenplänen, Leitung und Ausführung von gärtnerischen Neuanlagen, Vermessun gen, Nivellements und Absteckarbeiten, Erteilung von Ratschlägen durch Gartenarchitekten, Landschaftsgärtner oder Obstbautechniker, Schmückungen bei Festlichkeiten und Trauerfällen, Die für den eigenen Haushalt oder den eigenen Privatgarten entnommenen Gegenstände, also Blumen, die im Wohnzimmer als Vasenschmuck dienen, Obst, Gemüse, Kartoffeln usw., Topfpflanzen oder Blu men, die die Hausfrau oder Haustochter einer Freundin schenkt, müssen ebenfalls versteuert werden, sowie auch Schmückungen, die die Mitglieder eines Gärtnerver eins ihrem Verein beim Stiftungsfest usw. zum Geschenk machen. Steuerfrei bleibt aber die Lieferung von eigenen Erzeugnissen an Angestellte oder Arbeiter des eigenen Betriebes, sofern diese ein Bestandteil ihrer Entlohnung sind, also den Charakter einer Naturalleistung haben. Im übrigen muß der Wert aller für den Privatbedarf ent nommenen Gegenstände aus dem eigenen Betrieb so hoch angenommen werden, wie man diese Gegenstände orts üblich und der Marktlage entsprechend einem Wieder verkäufer liefern würde. Auch Bindereien unterliegen der Umsatzsteuer von 1% vH, aber nur insofern sie nicht teurer sind als 30 M. Im übrigen ist in bezug auf diese Waren der weiter unten stehende Abschnitt über die Luxussteuer zu beachten. Welche Umsätze sind steuerfrei? Für Umsätze aus dem Ausland und Umsätze in das Ausland ist keine Umsatzsteuer zu zahlen. Steuerfrei ist auch der erste Umsatz aus dem Auslande eingeführter Waren an Gärtner oder Blumengeschäftsinhaber oder sonstige Wiederverkäufer. — Hat also ein Handelsgärt ner Blumenzwiebeln direkt aus Holland gekauft und ver kauft er diese an andere Handelsgärtner, Landschafts gärtner, Samenhändler, überhaupt an Wiederverkäufer weiter, dann ist dafür keine Umsatzsteuer zu bezahlen. Verkauft er sie dagegen an Privatleute oder an eine städ tische Gartenverwaltung, so muß er dafür 1% vH Umsatz steuer bezahlen. Steuerfrei sind ferner Verpachtungen oder Vermie tungen von Grundstücken. Steuerfrei ist auch die Gewäh rung von Wohnung, Kost und Naturalleistungen für die im Geschäft tätigen Arbeitnehmer aller Art mit Ausnahme der häuslichen Dienstboten. Steuerfrei sind auch die Rückvergütungen der Genos- ' senschaften, Der Steuerpflichtige hat zum ersten Male im Januar 1921 eine Steuererklärung bei seiner zuständigen Steuer stelle abzugeben, die eine Uebersicht sämtlicher Einnah men einschließlich der steuerfreien enthalten muß. Auf Grund dieser Erklärung setzt die Steuerbehörde die Um satzsteuer fest. Wann ist die erhöhte Steuer von 15 vH, die sog. Luxussteuer, zu entrichten? Die erhöhte Steuer ist im Kleinhandel zu entrichten für den Umsatz von: Gebinden oder sonstigen Herrichtun gen aus Blumen und Pflanzen, wenn das Entgelt für die einzelne Lieferung, einschließlich der als Behälter oder zur Zusammenfassung oder Ausschmückung verwendeten Gegenstände 30 M. überschreitet. Daraus geht also hervor, daß sich die Luxussteuer nur auf verarbeitete gärtnerische Erzeugnisse bezieht. Eine einzelne Topfpflanze unterliegt mithin, auch wenn sie teurer ist als 30 M., nur der gewöhnlichen Umsatz steuer von 1% vH. Auch lose verkaufte Blumen, d. h. solche, die nicht zu einem Gebinde irgend welcher Art vereint sind, unterliegen nur dem Steuersatz von 1% vH. Ebenso ist nur der Steuersatz von 1% vH zu zahlen, wenn ein Handelsgärtner den Auftrag übernimmt, für einen Ver ein oder einen privaten Auftraggeber eine Festtafel mit Blumen zu schmücken, also auch dem betreffenden Kunden gehörige Vasen und Tafelaufsätze mit Blumen zu füllen, die er in losem Zustande liefert und an Ort und Stelle im Festsaale oder der Wohnung des Kunden in die Schmuckgefäße einstellt, mögen auch diese lose geliefer ten Blumen mehr als 30 M, kosten. Verkauft dagegen ein Handelsgärtner, entweder in seiner Gärtnerei oder in einem besonderen Laden mit Blumen gefüllte Vasen, Ta felaufsätze, Schalen oder Körbe an seine Kundschaft, dann handelt es sich um fertige „Herrichtungen“, die der Luxussteuer von 15 vH unterliegen, sofern der einzelne Gegenstand teurer als 30 M. ist. Ein Zweifel könnte darüber bestehen, ob eine Palme oder eine Orchideenpflanze, die, obgleich sie mehr als 30 M. kostet, trotzdem nur der gewöhnlichen Umsatz steuer unterliegt, zu einer „Herrichtung“ wird, wenn der Topf mit. Kreppapier umhüllt wird. Diese Frage ist unse rer Meinung nach zu verneinen, denn das Gesetz spricht von Herrichtungen aus Pflanzen, gebraucht also die Mehr zahl, Es kann also nicht eine einzelne Topfpflanze gemeint sein. Vielmehr wird man unter „Herrichtungen aus Pflan zen" nur mit mehreren Pflanzen gefüllte Schalen und Körbe zu verstehen haben. Aber abgesehen davon ist ja die Kreppapierhülle nur als eine ästhetisch verbesserte Form des Einwickelpapiers anzusehen, so daß durch sie eine einzelne Pflanze noch nicht zu einer „Herrichtung" wird. Selbstverständlich unterliegt aber eine mit einem Ziertopf aus Ton oder Metall zusammen als einheitlicher Gegenstand verkaufte Topfpflanze der Luxussteuer, wenn der Verkaufspreis des Gesamt gegenständes mehr als 30 M. ausmacht. Wer Bindereien usw. an Privatkundschaft verkauft, muß ein Steuer- und ein Lagerbuch führen. In das erstere müssen die Lieferungen gebucht werden. Es muß der Ver kaufspreis, Tag der Lieferung und Zahlung für jeden ver kauften Gegenstand eingetragen werden. Aus dem La gerbuch muß der Bestand der Gegenstände bei Beginn jedes Vierteljahres, sowie der tägliche Ein- und Ausgang erkennbar sein. Es leuchtet ein, daß die Führung von Lagerbüchern für Handelsgärtnereien mit Bindereibetrieb nicht ganz ein fach ist. Wie soll denn ein Handelsgärtner, der sich auch als Blumenbinder betätigt, ein solches Lagerbuch führen? Allenfalls kann er es einrichten für Blumenkörbe oder Vasen, die er beabsichtigt, nach erfolgter Füllung mit Blu men zu verkaufen. Aber über die Blumen selbst? Diese schneidet er doch nach Bedarf in der Gärtnerei. Sie „gehen also gar nicht bei ihm ein“. Jedenfalls ist diese Angelegenheit noch nicht endgültig geklärt. Die Vor-