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aber der Angeklagte die 180 Ctr, Weizen direkt vom Bahn hof Neusalz, wohin er die Bestellung dirigiren liess, an den Mühlenbesitzer Wahle zu einem um 540 Mark niedrigeren Preise verkauft. Als Wahle dem Angeklagten direkt sagte, der Weizen sei auf seinem Grund und Boden wohl nicht gewachsen, erhielt er zur Antwort, das könne ihm ja gleich sein. Gerling hat auch nicht einen Pfennig von seinem Guthaben erhalten, denn alle Pfändungen waren schon vorher fruchtlos ausgefallen und auch die erzwungene Leistung des Offenbarungseides konnte ein besseres Resultat nicht herbei führen. Der Gutsbesitzer Tamm aus Preichau lieferte dem Beklagten ebenfalls 50 Ctr. Probsteier Saatroggen zum Preise von 11 Mk. 41 Pf. per Ctr. per Bahnhof Grünberg, welcher Roggen ebenfalls direkt an den Mühlenbesitzer Bretschneider für 500 Mk. verkauft wurde. Der Oberamtmann Rimpau in Schlanstädt in Sachsen wurde mit einer telegraphischen Be stellung von 50 Ctr. Roggen ä 10 Mk. beglückt; diese Sendung kam aber mit Nachnahme des Betrages per Station Nittritz an. Das war wider die Rechnung des Schulz und er verweigerte mit dem Vorgeben, die Lieferung sei zu spät erfolgt, die Annahme; wodurch dem Absender ca. 70 Mk. Kosten enstanden. Ebenso ging es dem Gutsbesitzer Heine in Ebersleben bei Hildesheim. Angeklagter meint, er hätte die letzten beiden Sendungen gern abgenommen, wenn keine Nachnahme darauf entnommen worden wäre. Im Allgemeinen giebt der Angeklagte Alles zu. Der Herr Staatsanwalt macht den Gerichtshof aufmerksam, dass ausserdem noch verschie dene ähnliche Strafanträge wegen Beträgen von über und unter 1000 Mk. eingereicht seien und beantragt in Hinsicht auf die Gemeingefährlichkeit des Angeklagten 3 Jahre Ge- fängniss und die sofortige Verhaftung. Die Vertheidigung hält die Strafe für zu hoch, denn da nach dem Ausweise der Staatsanwaltschaft der Angeklagte in späterer Zeit sich nochmals wegen solcher Betrügereien zu verantworten habe, könnte eine Strafverschärfung nicht mehr eintreten. Der Gerichtshof verurtheilt den Angeklagten, nachdem der Ge- richtsdiener auf den Wink des Präsidenten sich vorher vor dem Angeklagten postirt hatte, zu 1 Jahr 6 Mon. Gefängniss, 2 Jahre Ehrverlust und sofortige Verhaftung. Wie viele Betrogene sich noch nachträglich melden werden, bleibt ab zuwarten. cg. >4Post- und Telegraphen wesen. Je- a3— . "■ —* *—-j 1 " J‘eg‘ * Rückschein und Auszahlungsschein. Im Verkehr mit dem Auslande können die Aufgeber von Einschreibebriefen, Werthbriefen und Postpacketen sogenannte Rückscheine und die Aufgeber von Postanweisungen sogenannte Auszahlungsscheine verlangen. Im innern Verkehr Deutschlands sind dagegen mir bei Einschreibesen dungen Rückscheine zulässig. Durch den Rückschein wird dem Auf geber mitgetheilt, dass seine Sendung am Adressort wirklich dem Adressaten ausgehändigt ist. Der Auszahlungsschein bei Postan weisungen meldet dem Aufgeber, dass der eingezahlte Betrag dem Adressaten wirklich ausgezahlt wurde. Eine solche amtliche Be scheinigung über die erfolgte Aushändigung der Sendung, bezw. Auszahlung eines Geldbetrages an den Adressaten ist unter Umstän den für den Aufgeber von Wichtigkeit. — Für den Rückschein so wohl als auch für den Auszahlungsschein hat der Aufgeber eine Gebühr von 20 Pf. bei Aufgabe der Sendung zu bezahlen. Haftpflicht der Bahnen bei Brandschäden von lagernden Gütern. Anlässlich eines solchen Brandunfalles wurden folgende zwei Fragen an die gemeinschaftliche Direktorenkonferenz gestellt: 1. Sind die Eisenbalnverkehrsanstalten für die in deren Lagerräumen, als.Magazine, Schuppen oder zeitweiligen Räumlichkeiten eingelager ¬ ten Getreidemngen, Landes- oder Mahlerzeugnisse, sei es während der Zeit ihrer Lagerzinspflichtigkeit oder Lagerzinsfreiheit für Brand- scbädön haftbar oder nicht? 2. Hört die Haftpflicht der Versandt anstalten auf, wenn der Empfänger den betreffenden bezahlten Fracht brief schon in Händen hat, die Waare jedoch nicht bezogen wurde? — Da insbesondere die letztere Frage eine rechtliche Bedeutung hat, so sollen nach dem „P. L.“ die Bahn Verwaltungen entschlossen sein, die seitens der Rechtskonsulenten und der Fachkomitäs getroffene Entscheidung durch die Regierung gutheissen zu lassen. — In dieser Fassung dürfte diese Nachricht kaum richtig sein; die Haftpflicht der Eisenbahnen ist auch für Brandunfälle sowohl im Handelsrechte, als auch im Betriebsreglement unzweifelhaft geregelt; es wird immer auf den bestimmten Fall ankommen, ob und in welchem Umfange die Bahnen für einen solchen Brandschaden haftbar sind; sie dürf ten daher auch keine für alle künftigen Fälle Ausschlag gebende Entscheidung über eine Rechtsfrage fällen; noch weniger dürfte aber die Regierung eine solche Entscheidung genehmigen und sich da durch ein richterliches Eingreifen anmassen. Unbestellbarkeitsvermerke auf Postsendungen. Vom 1. April ab wird im gesammten Weltpostverein auf den unbestellbaren Post sendungen, vor deren Rücksendung nach dem Aufgabegebiet, der Grund der Unbestellbarkeit in bestimmter einheitlicher Form auf der Rückseite der Sendungen angegeben werden, und zwar durch folgende Formeln: unbekannt, inconnu. — Annahme verweigert = refuse. — Abgereist — parti. — Nicht abgeholt = non reclam. — Ver storben = dcd. Das deutsche Reichs-Postamt hat infolge dessen angeordnet, dass den unbestellbaren Sendungen Zettel mit den be züglichen gedruckten Formeln aufgeklebt werden. Dieselbe Einrich tung wird jedenfalls von den anderen Postverwaltungen auch ge troffen werden. — Das neue Verfahren ist sehr werthvoll, da man häufig aus den Handschriftvermerken der Briefboten in fremden Ländern nicht klug werden konnte und nicht wusste, weshalb ein Brief zurückkam. Die angegebenen kurzen Formeln beseitigen jeden Zweifel. Ortstelegramme an Theilnehmer der Stadtfernsprechan- lagen. Es dürfte im Publicum noch wenig bekannt sein, dass ein Jeder Nachrichten am Orte an Theil nehm er der Stadtfernsprech anlage gegen eine ermässigte Taxe bei dem Vermittelungsamt (Tele graphenamt) aufgeben kann. Für solche Nachrichten hat der Auf geber zu zahlen: eine Grundtaxe von 10 8 und eine Worttaxe von 1 A8. Die Nachrichten werden seitens des Vermittelungsamtes den Adressaten, also den Fernsprechtheilnehmern, mittelst ihrer Tele phonleitung übermittelt (zugesprochen). Ermässigung der Gebühren für telegraphische Postan weisungen. Das Reichspostamt hat verfügt, dass vom 15. März d. J. ab telegraphischen Postanweisungen die Unterschrift der Auf gabe-Postanstalt und des Annahmebeamten nicht mehr mittelegraphirt und daher auch nicht mehr mittaxirt wird. Es fallen dadurch 3 bis 6 Worte fort und jede telegraphische Postanweisung wird da durch um 20 bis 40 8 billiger. Diese Ermässigung ist sehr er freulich, da sie dazu beitragen wird, dass ein grösserer Gebrauch von der telegraphischen Postanweisung gemacht werden wird, deren Gebühren bekanntlich namentlich für kleine Beträge verhältniss- mässig hoch sind. Eisenbahn. Eisenbahngütertarif. Nach dem Inhalte des vom 1. April d. J. ab gütigen deutschen Eisenbahngütertarifs, Theil I, ist es künftig dem Versender gestattet, bei Eilgütern und bei den nach den allgemeinen Tarifvorschriften eilgutmässig zu befördernden Gütern denjenigen Weg im Frachtbriefe vorzuschreiben, über welchen das Gut nach der Bestimmungsstelle befördert werden soll. Für solche Sendungen finden die auf dem vorgeschriebenen Wege giltigen Tarife Anwendung. Bei Sendungen nach Orten, an welchen sich mehrere Bahnhöfe befinden, kann der Versendei- den Bahnhof, auf welchem" die Ablieferung geschehen soll, auf dem Frachtbriefe vor schreiben. Die Beförderung der Sendung erfolgt in diesem Falle über denjenigen Weg, welcher nach den veröffentlichten, für . den vorgeschriebenen Bahnhof geltenden Tarifen den billigsten Fracht satz und die günstigsten Versandtbedingungen darbietet. Ebenso wie die Zollabfertigungsstelle kann der Versender auch die Steuerab fertigungsstelle bei solchen Sendungen vorschreiben, welche einer steueramtlichen Abfertigung unterliegen. Frachtbriefe, auf denen sich Wegvorschriften oder Abfertigungsvorschriften befinden, die nicht durch die vorstehenden Bestimmungen zugelassen sind, werden behufs Ausfertigung eines neuen Frachtbriefes oder behufs Streichung dieser Vorschriften mit unterschriftlicher Bestätigung des Ausstellers oder seines Beauftragten zurückgegeben. Stellen sich bei der Rück gabe besondere Unzuträglichkeiten für den Absender heraus, so können die Frachtbriefe zwar angenommen werden, die betreffenden Vor schriften werden aber von der Versandtstelle durchgestrichen, unter Beifügung des Vermerks „Von Amts wegen gestrichen! 1 Druck von E. Thiele, Leipzig.