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55 Die Bezeichnung „Pyramidenrosen". Es mag noch kaum ein Dezenium sein, dass in Deutsch land eine Begriffsverirrung für die Bezeichnung „Pyramide“ eingeleitet werden will, denn man wendet dieselbe oft (in welcher Absicht, wenn nicht Verirrung und Unkenntniss?) da an, wo sie wenig am Platze ist. Was eine Pyramide ist, welche Form darunter verstanden wird, ist gewiss nicht nothwendig den verehrl. Lesern näher auseinander zu setzen, ebensowenig, dass man in der Baumzucht wie in der Landschafts- und Ziergärtnerei neben der eigent lichen Pyramide auch eine schlanke Form vorziebt, die bei Obstbäumen Fusseau oder Spindel, in der Ziergärtnerei Colone oder Säulenform genannt wird. Ein Beweis also, dass „Pyra mide“ einen ganz bestimmten Begriff bezeichnet. In die Pyramidenform bequemen sich unter allen Obst bäumen in erster Linie die Birnen und bilden sich gewisse Sorten sogar schon im ersten Jahre der Veredlung, ohne alles Zuthun dazu heran. Unter den immergrünen Sträuchern sind es div. Lorbeer, Taxus, Ilex, Buxus und eine Menge Coniferen, besonders der Familie der Cupressinaceen, die bei entsprechendem Fleisse und Geschick mit Leichtigkeit zu reizenden Pyramiden und allen möglichen künstlichen Formen gebildet werden können. Ganz besonders finden wir die Liebhaberei für künstliche Formen in Holland und Belgien, dort — den Landen, wo kein Baum oder Strauch sich frei ent wickeln darf, wo nur gedrungenes Wachsthum, künstliche Formen und Ueppigkeit das Ziel des Gärtners Bemühung ist, wo selbst die gemeine Rosskastanie sich der Laune des Men schen unterwerfen muss, indem sie in den Strassenalleen zu dünnen, sehr weit ausgebreiteten Fächern beschnitten wird, welche Zwangsform nicht den besten Eindruck auf den Natur freund macht; aber auch dort kam man noch nicht auf den Gedanken „Pyramidenrosen“. Was mag man dort wohl über diese Bezeichnung, die Begriffsverirrung oder über die Art und Weise, alte und be währte Rosenzüchter in den Hintergrund zu drängen und denselben den Absatz dadurch abzuringen, gesagt haben? Das Bedauerlichste an der ganzen Sache ist aber, dass sogar Rosenzüchter vom besten Rufe nicht so viel Selbst ständigkeit und Vertrauen auf ihre Erfahrungen hatten, um in geziemender Weise entgegenzutreten, sondern einfach auch die Bezeichnung von der drückenden Concurrenz acceptirten. Welcher Gärtner oder gar Rosenzüchter sollte die unab wehrbare Neigung der Rose nicht kennen, stets von unter der Basis, der Veredlungsstelle oder Wurzelkrone, wo sich die ersten Zweige entwickelten, stets neue, mit der Kraft der Pflanze gleichstehenden, wuchtigen Sprossen zu treiben, die schon von Natur aus dazu bestimmt sind, die altgewor denen zu ersetzen. Die Zweige der Rosen streben gerade aufwärts, keine Kunst und Mühe, auch nicht eine Unzahl von Stäben würde hinreichen, daraus eine Pyramide, die sich frei tragen und dem Begriffe des Wortlautes entspräche, erziehen zu können, wie erst, wenn sie im Garten des Laien angepflanzt wird. Die Rose, welche in Gedichten und Gesängen so oft mit der Venus symbolisirt wird, mit der Göttin der unge zwungenen natürlichen Schönheit, soll nicht mehr in der freien, graciösen Form angenehm sein, nein, sie muss sich dem Modejournal unterordnen, sich mit „Gul und Panzer“ schmücken lassen, einer steifen Buxus- oder Eibenpyramide gleich geschoren werden, um der übersättigten Menschheit neue Reize zu bieten. Wird sie dies wohl? — Wer war der Erste, der dies ersann, oder nur andere damit überlisten wollte?! Was würden die ersten Ahnen in der Rosenzucht, ein Noisette, Selz pp., deren Namen die jetzige Generation meist nur noch aus Erzählungen oder aus der Geschichte kennt, dazu gesagt haben, wenn man ihnen von einer Pyra midenrose gesprochen hätte? Allerdings hatten damals diese alten reellen Meister, die, nebenbei gesagt, sich sonst recht wohl auf Formobstbäume und Formiren anderer immergrüner Sträucher verstanden, noch keine Veranlassung zu derartigen Speculationen zu greifen. Zugeben will ich, dass Rosen-„Pyramiden“ sich sehr leicht aus Schlingrosen in gefälliger, graciöser, natür licher Form herstellen lassen. Man stecke 3—5 Pfähle in den Boden, füge sie in Pyramide oben zusammen und pflanze an jeden der Pfähle eine junge, kräftige Schlingrose, die sich so rasch entwickeln werden, dass man äusser öfterem Anheften nichts weiter zu thun haben wird. In 2, höchstens 3 Jahren werden Hunderte zierlicher Röschen in leichten Sträusschen vereinigt an der Pyramide prangen und die Pfähle nicht mehr bemerken lassen. Man verlange nur nicht Unnatür liches und Unmögliches! Bewahren wir der Pyramide den richtigen Begriff, der Rose ihre graciöse Form, die ihr die Natur gegeben und unsere Reellität, dass sie nicht der Ge winnsucht zum Opfer falle. L, R. c%• Der Werth des Auskunftsbureaus. Wie nothwendig in vielen Fällen die Einholung von Auskünften ist, bevor Credit ertheilt wird, beweist nach folgender Fall, welchen wir dem „Niederschlesischen Tageblatt“ entnehmen und deshalb in unserem Kreise veröffentlichen, weil auch unser Auskunftsbureau wegen des pp. Schulz in Anspruch genommen wurde und Dank der gewissenhaften Auskunft unseres Gewährsmanns die Anfragenden jedenfalls vor Verlusten geschützt hat, da, bereits die durch das Ver bandsauskunftsbureau ertheilten Antworten auf Grund ein gezogener Erkundigungen vor Creditgewährung entschieden warnen mussten. —g. Glogau, 5. April. (Strafkammer.) Dass die Hoch staplerei auch auf dem Lande erfolgreich betrieben werden kann, beweisen die in der Anklagesache des Landwirths Hermann Schulz in Zahn, Kreis Grünberg, in der gestrigen Strafkammersitzung zur Sprache gekommenen That- sachen. Der Angeklagte Schulz nennt sich Erbscholtiseibe sitzer und waren die Grundstücke Nr. 1, 30 und 43 in Zahn mit insgesammt 200 Morgen Flächeninhalt früher sein Eigen thum. 1877 gingen die Grundstücke im Sublastationsver- fahren in den Besitz seiner Frau über, so dass er selbst thatsächlich nichts mehrbesass. Durch einen im Jahre 1884 ausgebrochenen Brand wurde der nunmehr der Frau des An geklagten nominell gehörige Grundstückswerth vermindert und um sich wieder aufzuhelfen, ging Schulz um Geld unterstützung verschiedene Personen an, weswegen er sich eine Bestrafung wegen Brandbettelei zuzog. Auf diesem Wege war nichts weiter zu machen, es hatte sich wohl auch nicht so gelohnt, wie er gehofft hatte und er verlegte sich auf die Hocbstaplerei. Schulz nielt landwirthschaftliche Zeit schriften und sobald er Inserenten fand, welche grössere Quantitäten Getreide zum Verkauf anboten, gleich war Hermann Schulz zur Hand, die Betreffenden von dem über flüssigen Getreidevorrath zu befreien. In jedem seiner Be stellungsbriefe gerirte er sich als Guts- und Erbscholtisei besitzer und offerirte baare Zahlung nach Eingang des bestellten Getreides. Eine Menge Anfragen liefen beim Gemeinde-Vor steher Rokosch ein, die Auskunft über Schulz verlangten, so dass die Anfragenden sich dadurch vor grossem Schaden be wahrten. Sehr viele Andere, die weniger vorsichtiger waren, sind die Geschädigten. Vier solcher Fälle standen zur Ver handlung. Im September v. J. bestellte der Angeklagte unter dem Versprechen der sofortigen Baarzahlung beim Gutsbesitzer Fritz Gerling in Letschin 180 Gentner Weizen zum Verkaufspreise von 1890 Mark. Diesen Weizen will Angeklagter theils zum Weiterverkauf, theils zur Aussaat gebraucht haben; es ist aber erwiesen, dass der seiner Frau gehörige Acker nur aus Sandboden besteht, der zum Anbau von Weizen absolut untauglich ist, Abgesehen davon hat