Altes Grabmal aus Hamburg Neues Grabmal aus Hamburg Bildhauer Richard Cardi, Hamburg würdigster Form fanden Verwendung. Es wurde ein wahres Verbrechen an einer vorhandenen bodenständi gen Kultur begangen. Man betrachte besonders die alten Dorffriedhöfe. Selbst die bisher wundervoll orna mental ausgeführten Schriften wurden nun in profan ster Weise behandelt, so daß die Gedenksteine mehr ausgefallenen Plakaten glichen als Symbolen. Da die Schemaerzeugnisse die Werkstattgesinnung und damit die Vorbedingung zur handwerklichen Könnerschaft zerschlagen hatten, haben wir heute einen so nieder drückenden Tiefstand unseres Handwerks zu ver zeichnen. Jede Arbeit erfordert einen ganzen Menschen, wenn sie gut, d. h. überzeugend sein soll. Eine Maschine aber kann nicht überzeugen, kann weder bodenständig noch blutsmäßig gebunden sein und schon gar nicht, wenn sie Werkstoffe bearbeitet, die keine Heimat haben. Dagegen wird selbst der schlichteste Handwerker, der ein naturgegebenes Material formt, zu irgendeiner ihm blutsmäßig eigenen Formgebung kommen, die durch keine technische Einrichtung jemals erreicht werden könnte. So ist es und bleibt es seit Adams Zeiten. Es ist eben ein Unterschied, ob das Material von einer markigen Faust, die den Meißel führt, bearbeitet wird, oder von Preßlufthämmern und Sägegattern, die in tausendfältiger Wiederholung ihren nichtssagenden Takt in das Material eingraben. Es soll der Wirtschaft und der Industrie wohl das Recht eingeräumt werden (und zwar als Monopolstel lung), dem Handwerk und dem Künstler das Material zuzuführen, jedoch Former und Gestalter unserer Kul tur kann immer nur der Künstler und Handwerker sein. Während der vergangenen Epoche spielte die Wirtschaft Vertreter und Bewahrer unseres Kulturgutes. Die junge lebendige Künstlerschaft im neuen Staat wehrt sich gegen einen solchen Zustand und verteidigt ihre Rechte. Der Wille unseres Führers und Kanzlers steht dem ehrlich wollenden und gesunden Künstler und Handwerker zur Seite, so daß wir pflichtvergessen wären, wenn wir uns Einzelarbeit leisten wollten zum einseitigen Nutzen der Wirtschaft und dabei nicht an das Gesamtniveau unserer Volksgemeinschaft dächten. An den Arbeiten jüngerer und allerjüngster Zeit, die zum Teil von Handwerkern stammen, kann man er kennen, was auf diesem für Handwerk und Künstler schaft eben erst neu zurückerobertem Gebiet geleistet werden kann. Bei Wiedereinführung der mechanischen Arbeitsmethoden würde die Außerbrotsetzung von Künstlern, Kunsthandwerkern und Handwerkern un ausbleiblich sein, — damit aber würden unsere heilig sten Kulturstätten wieder zu Rumpelkammern gemacht. An Stelle schöpferischer und durchbluteter Arbeits methoden würde die Industrie mit ihren Surrogaten, mit Sandgebläse und Stumpfsinn die Entwicklung unserer Friedhofskultur zerstören, soweit nicht die im Erlaß des Reichswirtschaftsministeriums ausgesproche nen erlaubten Beschränkungen in künstlerischer und geschmacklicher Hinsicht das Entscheidende sind. Ich stelle noch einmal gegenüber: Kunst und Industrie — Werkzeug und Maschine. Wer diese fundamentalen Unterschiede nicht begreift, der steht abseits jeglicher Kultur. Alfred Wittich, Hamburg.