Volltext Seite (XML)
ALTES IM NEUEN GARTEN GESTALTEN VON GARTENGESTALTER MICHAEL MAPPES, MAINZ Es brauchte die letzten 10 Jahre, um restlos mit der allenthalben geübten, auf die Vorkriegsjahre zurück zuführenden Gartengestaltung zu brechen. Die ersten Versuche, dem Begriff Garten neuen Inhalt zu geben, reichen zwar noch weiter zurück; Verständnis fanden sie jedoch lange Zeit nur im engsten Kreise. Heute aber ist die Neigung zu der aus den neuzeitlichen For derungen herauskristallisierten Gestaltungsreihe so allgemein gefestigt, daß diesmal nicht ein Uebergangs- Stadium, sondern eine Epoche ihren vorläufigen Ab schluß gefunden haben wird. Bezüglich des Begriffes zeitgemäße Gartengestaltung haben sich ja die heftig sten Gegensätze miteinander ausgesöhnt, die Ueber- Eiferer es längst aufgegeben, immer noch auf „neuen“ Wegen fortzuhasten, wo ihnen doch das Erreichte jedweiche Möglichkeiten bietet. Es waren natürlich nicht jederzeit rein ideale Motive, die mit den Anstoß zu dieser Neuorientierung abge geben haben. Wenn auch solchen Motiven sehr große Bedeutung nicht abgesprochen werden soll, so waren doch sehr oft auch die materiellen Entbehrungen der Nachkriegsjahre die Triebfeder, sich im Garten schaffen einmal auf andere Leitgedanken zu besinnen. Im Zusammenhang hiermit sei nur angedeutet, wie viel Verständnis und Liebe für gärtnerische Geheim nisse allein der aus der Not geborene Kleingarten ge weckt hat. Millionen haben durch ihn den Weg zu rück zur Natur und damit eine unerschöpfliche Quelle zu ihrer Erholung und Erbauung gefunden. Gerade der Klein- und bescheidene Hausgarten haben uns überzeugen können, daß Gartenschönheit durchaus nicht von dem Aufgebot an Material oder gar der Größe eines Geländes abzuhängen braucht. Es ist wirklich nur zu berechtigt, wenn angenommen wird, daß der geistig verflachende Wohlstand früherer Jahre uns niemals auf den Weg zu unserer heutigen schlichtformigen, mehr im Gefühl verankerten Garten schönheit gebracht hätte. Wir wären vielleicht fort gefahren, den Wert eines Gartens (und wäre es auch nur nach Art unserer Kunstgeschichtsbücher) vielmehr in einer kostspieligen, reichlich gekünstelten Auf machung zu erblicken. Jene Geschichtsbücher lassen uns nur zu leicht diesem Irrtum verfallen. Sie sind voll von Bewunderung für die aristokratischen Glanz leistungen adeliger Schloßbewohner. Sie überliefern uns dagegen herzlich wenig von dem zwar klein flächigen und finessenarmen, dafür aber an Intimität und schlichter Schönheit um so erhabeneren bürger lichen Kleingarten. Heute müssen wir erkennen, daß man gerade von dieser Gartenkategorie mit am meisten hätte lernen können, und uns dadurch so mancher Umweg neueren Datums erspart geblieben wäre. Deshalb dürfte es ein für den Leser interessantes Be ginnen sein, hier an dieser Stelle einmal einige Motive jener bescheidenen Gestaltung aus der Vergangenheit aufzustöbern und diese mit trefflichen Arbeiten aus neuester Zeit in Vergleich zu setzen. Die dabei einge haltene, chronologisch geordnete Bilderreihe von Einst und Jetzt zeigt nacheinander einen maurischen Gar tenhof, einen spanischen Laubengang, eine italienische Gartenterrasse, ein englisches Staudengartenmotiv, der Verfasser dann Schaubilder von eignen Entwürfen, von denen der eine während seiner Tätigkeit in den Vereinigten Staaten für eine dortige Firma aufgestellt worden ist. Der eine oder andere Leser ist vielleicht überrascht, die „moderne Richtung“, die in den Bildern von Beckstein und Valentin eingeschlagen ist, mit der Tradition in Beziehungen gesetzt zu sehen. Glaubt man doch zu weilen- immer noch, daß unsere heutige Gartengestal tung unter dem Einfluß des Flachbaues etwas Einzig artiges geschaffen habe. Beachten wir jedoch die un gekünstelte Simplizität, die unabhängig von jedweicher Stilzugehörigkeit alle die hier beigefügten Illustratio nen zum Ausdruck bringen, so wird uns eine geistige Verwandtschaft offenbar, die alle Zeit- und territorialen Unterschiede vergessen läßt. Mögen auch die einzelnen Bilder nach Baustiligem scharf getrennt sein, so sind sie es aber nicht in ihrem klar zum Ausdruck gebrach ten Willen zur Einfalt. Und diese Einfalt in der Ge staltungsweise ist es, um die es sich heute vor allen anderen Grundsätzen dreht. Denn bei aller Vielgestal tigkeit gilt es, die klaren Richtlinien einzuhalten, die eine scharfe Absage an jede Materialverschwendung, wie aber auch Materialvergewaltigung bedeuten. Das Erstrebenswerteste kann nur eine Materialbehandlung sein, die weder nüchtern noch überschwenglich bei allen stilgemäßen Sonderheiten unserer heutigen völlig veränderten Mentalität Rechnung trägt. Wir Modernen lieben wieder die Natur, geben uns ihr hin, schon unsere starke Liebe zu Sonne, Licht und Luft ist ein deutlicher Beweis hierfür. Wir suchen die Kraftquellen nicht nur auf dem Sportplatz, am Bade strand, auf den Wanderungen, sondern vor allem auch in einem harmonischen Heimgarten. Hier, wo wir uns außer gebrauchsfähigen Freilufteinrichtungen mit den schönsten und trautesten Geschöpfen des Pflanzen reiches umgeben, vermitteln wir uns einen Lebens genuß, der uns Modernen schließlich unentbehrlich werden mußte. Im Hinblick auf solche ausschlaggebenden Forderungen ist das Bestreben nach möglichst neuartigen Lösungen oder gar finessenreichen Flachbauanalogien als ab wegig zu betrachten. Solche Dinge würden nichts wei ter bedeuten, als sich erneut im Gekünstel festzufahren. Denn wie das traditionell gebundene, findet das mit neuzeitlichen Baustoffen und Bauideen errichtete moderne Haus im zweckhaften, schlichten Garten seine vornehmste Ergänzung. Kein Wunder, daß wir im Gefolge dieser Erkenntnis gelegentlich der Behauptung begegnen, daß wir damit