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Aus Nah und Fer«- Lichtenstein, 15- März. *— Werden diesmal Lie Heringe uns er reichen? Da sind sie. Das „B. T." laßt sich aus Hamburg melden: Nachdem die Hcriiigs- schmärme in die Elbcmiindung zurückgekehrt sind, hat die Zufuhr von Heringen einen Umfang er reicht, wie seit vielen Monaten nicht und dürften diese Fische bald auf dem Markte zu billigem Preis erscheinen. Leipzig. (Die Erpessung städtischer Gelder) führte iir der letzten Stadwerordneten-Sitzung zu einer lebhaften Aussprache. Die gefaulten Bürger lichen ließen durch Herrn Graf geschlossen erklären, daß sie Vizevorsteher Scheib nicht mehr als des Ansehens seines Amtes würdig erachten und daß er und Kcug die Pflichten eines Stadtverordneten aufs gröblichste verletzt haben. Herr Oberbürgrm. Dr. Rothe betonte in seiner Rede, daß er den Wunsch gehabt hätte, nicht mehr mit Männern zusammenzuarbeiten, die sich an der Erpressung beteiligten, er sei nur im Amte geblieben auf Bitten des Gesamtrates und der bürgerlichen Stadtver ordneten. Redner gab dann einen Ueberblick über die bekannten Vorgänge und legte dar, daß er das Schriftstück nur unterzeichnet habe, um nicht das Signal zu der angedrohten Plünderung zu geben, so glaubte er, der Stadt am meisten zu nützen. Peinlich war es den Schuldigen, hören zu müssen, welche Lebensmittelmengen der Stadt durch den Generalstreik verloren gegangen sind. Und ebenso peinlich waren ihnen die neugierigen Fragen »ach der Verwendung der erpreßten Gelder. Es stellte sich dabei nämlich heraus, daß allein die Eisenbahner 200 000 Mark für rückständige Löhne ei halten haben. Daß cs völlig ungesetzlich ist, staatliche Arbeiter mit städtischen Geldern zu be zahlen, weiß natürlich der A.- und S,-Rat ebenso gut wie die Zentralstreikleitung. Es galt eben, mit allen Mitteln den Genralstreik hochzuhalten, und dazu waren 400 000 Mark städtische Gelder gerade gut genug. Leipzig. (Aufhebung einer Falschmünzer-Druk- kerei.) Ln einem Keller eines Grundstücks in der Menckeftraße in Gohlis wurde eine Druckerei be schlagnahmt, die init allen zur Herstellung von falschem Papiergeld erforderlichen Werzeugen und Maschinen in denkbar vollkommenster Weife ein gerichtet war. Die „Eigentümer" dieser „Druckerei" sind 6 junge Leute im Alter von 22—25 Jahren, die dem kaufmännischen und graphischen Berufe angehören. Sie^waren zum Betriebe der Fal ch- münzerei von München-Gladbach hierher gezogen und wohnten in der Blumenstraße in Gohlis. Drei weitere Beteiligte konnten Dank der schnel len Arbeit der Kriminalbehörden in Berlin und Leipzig in München-Gladbach festgenommen ^wer- den. Dis Fälscherbande hatte sich mit der An fertigung falscher Fünfzigmarkscheine neuester Art und falscher Einhundertmarkgutscheine des Pro- vinzialverbandes der Rheinprovinz befaßt, dürfte aber noch nicht allzuviel ihrer Erzeugnisse in den Verkehr gebracht haben. Mülsen St. Michsln. (Der Seelsorger unserer Gemeinde,) Herr Pfarrer Ranft, ist einstimmig zum Pfarrer von Ziegelheim gewählt worden. Crimmitschau. (Ein Teilstreik) der Textilarbeiter ist hier ausgebrochen. Seit Sonnabend voriger Woche befinden sich die Weber der Firmen Hein rich Schönfeld und Gebr. Spengler im Ausstand, denen sich am Montag die Weber der Firma Otto Weidemüller anschlossen. Die Weber verlan langen jetzt einen Garantielohn von t.40 Mk. pro Stunde. DSZ. Leisnig. (Eine Einbrecherbande), fünf Männer und zwei Frauen von hier, welche seit längerer Zeit Geflügel, Kaninchen, Ziegen und Schweine hier und in der Umgegend sowie in der Grimmaer und Oschatzer Gegend gestohlen hat, wurde hier ermittelt und festgenommen. Die beiden Frauen haben einen schwunghaften Handel nach Leipzig betrieben. — Einem Gutsbef. in Wendishain wurde nachts aus dem Wagenschuppen ein Paar Kutschgeschirrc im Werte von 600 Mk. gestohlen. GrAge-farM Unter dieser Rubrik übernehmen wir nur die preßgesetzliche Verantwortung. Zur Neugestaltung unserer Schule. Bon dein am II. März stattgefundenen Elternabend möchte ich noch einige Worte in die Oeffentlichkeit dringen lasse» Herr «chuldircktor Dr. Hüttig hatte es in dankens werter Weise übernommen, die Erschienenen über die Neuge staltung unserer Schule zur orientieren. Leider war der Be such trotz der Wichtigkeit des Themas verhältnismäßig schwach. Es ist unbegreiflich, daß die Eltern - dem Institut, das berufen ist, unsere Kinder zu tüchtigen Menschen heran zubilden, so wenig Interesse entgegen bringen. Denn nur dann, wenn Schule und Elternhaus zusammenarbciten, wer den unsere Kinder frisch und fröhlich das gesteckte Ziel erreichen. Nach den Plänen des Herrn Schuldirekiors wird die kommende Einheitsschule recht viel des Neuen bringen. Allein der großangelegte Plan zur Förderung dec Begab testen, ganz gleich ob "arm oder reich, wird allgemeines In teresse erwecken. Es ist hier der Unterricht in Französisch, Englisch und Algebra vorgesehen. Das ist sehr vorteilhaft für die, welche später in "eine Hochschule eintrcten wollen. Aber wir brauchen in unseren wirtschaftlich ruinierten Ver hältnissen auch tüchtige Handwerker. Für diese, später ein mal in eigener Werkstatt oder in großen Betrieben Arbeiten den, wird nun der Sprachunterricht nicht viel Zweck haben. Vielleicht wäre es möglich, diesen Knaben als Ausgleich für den Sprachunterricht Handfertigkeitsstunden zu erteilen. Auch unseren Mädchen könnten wir für die Stunden des Sprachunterrichts, wenn die Eltern ihn nicht wünschen, eine Entschädigung bieten. Es müßte eine Art Haushal tungsunterricht erteilt werden, ähnlich dem, wie ihn die kon firmierten Mädchen haben. Dieser Unterricht könnte recht gut, wie das in Großstädten schon längst der Fall ist, im 7. Schuljahre beginnen. Es würden die weitesten Kreise diele Segnungen verspüren. Eine jede Frau, die ein solch oorgebiidetes Mädchen in ihr Haus nimmt, wird angenehm von der Anstelligkeit berührt sei». Der Ausruf mancher Frauen über ihr junges Dienstmädchen: „Nein, Du bist aber doch zu ungeschickt", würde viel seltener werden. Noch viel segensreicher würde es für die Mädchen sein, welche ihr Brot in gewerblichen Betrieben suchen «vollen, nur müßte hier der Unterricht noch 1—2 Jahre festgesetzt werden. Auch die in Aussicht genommenen Fördcrklassen, durch welche den aus irgend einem Grunde Zurückgebliebenen die Möglichkeit geboten werden soll, sich wieder in ihre Klasse hinauszuarbeiten, begrüßen «vir freudig. Möge aus all diesen Neuerungen unserer Schule ein reicher Segen beschieden sein! O, L.