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MUMM . ; . Lichtenstein, 29. Mai 1915. 1 Tägliche Erinnerungen. 3». Mai; 1176 Niederlage Barbarossas bei Leguano. 1456 Mohammed II. erobert Konstantinopel. 1609 Geschichtsforscher Joh, v. Müller gestorben. 3«. Mai; 1525 Thomas Münzer enthauptet, 1640 Rubens gestorben, 1778 .Voltaire gestorben, 1814 Erster Pariser Friede. 1887 Bergsturz bei Spiringen. ! Zum Trinitatissonntag Das Trinitatisfest bildet den Wendepunkt im christ lichen Kirchenjahr. Noch nie haben die drei großen christlichen Feste unserem deutchnm Bolte jo viel zu sagen gehabt wie in diesem Japre. Was für ein Weihnachten liegt hinter uns, ein Feit, bei dem Mi sere Gedanken mehr in der Ferne als ui der .Hei mat waren! Was für ernste Ostern haben wir ge leiert; gingen doch unsere Gedanken nicht nur aus die Tolcnäctcr der Heimat, sondern mein noch am die Massengräber draußen aus den Schlachtfeldern. Und trug diesmal nicht auch das fröhliche Pfingstfest ein ganz anderes Gepräge als sonst? Aber ivas für einen herrlichen Legen ha! nicht unser Golt gerade auch diesmal durch die drei gro ßen Feste über unser Polk gebreitet.. Wie Hal uns die himmlische Botschaft von der stiebe Gottes mu ten in diesem furchtbaren Weltkriege die Herzen ge stärkt, wie hat zu Ostern der Trost von einer se ligen .Auferstehung, von einem Wiedersehen in der anderen Welt die betrübten Gemüter aufgersthtet, und wie hat uns auch Psingsten durch die Verkün digung des Geistes, der nicht ein Geist der Furcht, sondern der Kraft und der stiebe und der Zucht ist, un seren Sinnn erhoben! Tas Trinitatisfest redet von der göttlichen Dreiei nigkeit. Ueber diesem Lehrstück der christlickwn Ver kündigung liegt ein tiefes Geheimnis, das sich hier ans Erden auch dem Menschen nie restlos ent schleiern wird.. Weiter als mit allen Grübeln und Spekulationen über diese Dinge kommt der Christ, wenn er sich immer wieder den innerlichen Legen vergegenwärtigt, den ihm die großen christlichen Heilstatsachen unserer drei hauptkeste verkündigen. Was staben diese drei großen Feste an Deinem Her zen angerichtet? Was hat Dir die Wanderung durch die festliche Hälfte des christlichen Kirchenjahres ein gebracht?! Bist Du gefördert in Deinem inneren Leben? hast Du aufs neue ewigen Legen durch Got tes Gnade empfangen? Denn das ist ja das Ziel des gesamten göttlichen Wirkens, der Zweck aller ge schichtlichen Offenbarung, den Menschen in die weit gehendsten Legensbeziehungen zu stellen. Und der Legen Gottes bedeutet nicht nur eine Verheißung, sondern weit über des Menschen Denken und Erwar ten hinansgehende Verwirklichung göttlickzer Zusa gen. Ja, der Herr segne uns und erfülle an unserem lieben deutschen Volke alle die großen Wünsche und Bitten, die wir im Glauben und Gebet vor sein Angesicht bringen. ; „Ach bleib mit eTinem Segen . Bei uns, Tu reicher Herr, ; > Dein Gnad' und all's Vermögen !L., ! ! In uns reichlich vermehr'." f ' M * * * * Die Kriege begannen: 1f Oesterreich gegen Serbien am 28. Juli 1914. 2. Deutschland gegen Ruhland am 8. August. i 3. Deutschland gegen Frankreich am 4. August. ' 4. England gegen Deutschland am 5. August. 5. Deutschland gegen Belgien am 5. August. .6. Oesterreich gegen Rußland am 7. August. 7. Serbien gegen Deutschland am 7. August. 8. Montenegro gegen Oesterreich am 8. August. 9. Montenegro gegen Deutschland am 12. August. 10. England gegen Oesterreich am 13 August. 11. Frankreich gegen Oesterreich am 13. August. 12. Deutschland gegen Japan am 19. August. 13. Oesterreich gegen Japan am 22. August. 14. Oesterreich gegen Belgien am 28. August. 15. Rußland gegen Türkei am 30. Oktober. 16. England gegen Türkei am 2. November. 17. Frankreich gegen Türkei am 2. November. 18. Serbien gegen Türkei am 2. November. 19. Italien gegen Oesterreich am 24. Mai 1915. Mcrddsrf ((Hegen der unzureichende» Brotra tionen) hatte vor kurzem der Laudtagsabgeordnete und Bezirksleiter des Bergarbeiterverbandes, Herr Krauße-Lugau eine Eingabe an das Königl. Mini sterium des Innern gerichtet und um Erhöhung sür die Bergarbeiter gebeten. Jetzt ist vom Ministerium ein günstiger Entscheid eingegangen, sodaß es nicht ausgeschlossen ist, daß die Brotrationen sirr die Berg leute erhöht werden. Es soll versucht werden, einen Ausgleich durch Zuweisung von Mehl für diesen be- spnberen Zweck zu schaffen, und sind bereits die er forderlichen Feststellungen ungeordnet worden - ,. »ox »-«I — WO« I U» dt» SmMIM MSN ANIS SIS MM Tie jüngsten Kämpfe im Norden Frankreichs haben sich in der Gegend zwi^ cn Arras und Bethune abgespielt. Diese Gegend des alten Artois besitzt dadurch eine große Wichtigkeit, daß der Boden rings um Bcihune reiche Kohlenschätze birgt, Das ein tönige, selten von Hügeln unterbrochene Bild der Ebene, jdas diese ganze Industriegebiet zwischen Bethune und Arras bietet, zeigt sich noch trauriger unter den schwarzen Rauchfahnen, die ringsum, so weit das Ange reicht, den hostens Schornsteinen der Grubenanlaaen -entströmen, Ueberall ragen die bizaren Gerüste der Förderschächte in die höhe, die insgesamt eine jährliche Ausbeute von ungefähr 11 Millionen Tonnen Kohlen zutage bringen, Kohle Kohle, Kohle, das ist der beherrschende Zug, unter dem das Landsckastsbild des Bezirks des „Gohclle" siel». Einzig ini Mai und im Juni, wenn die Felder mit grünen Saaten bedeckt sind, wird der traurige Eindruck des Landes durch die weithin sich streckenden in langen, sanften Wellen wogenden Getreidefelder ein wenig ausgestellt, Oder auch das Gelb der Raps- ielder und die blühenden Leinäcker bringen hie und da ein wenig Farbe in die düstere Stimmung, Ein Heer von Arbeitern ist in den Schächten und Anlagen der Kohlenbergwerke beschäftigt, Die Arbeit dörfer mil ihren Häusern aus roten Ziegeln ziehen sich dicht, wie eine zusammenhängende Straße, an den zablrcickcn Eisenbahnstrecken hin, die die haupt sächlichsten Plätze des Kohlengebietes Lens, Air, Auch» Lievin und weiterhin La Bassee, - Ostrieourt und andere mit Bethune verbinden, ein engmaschiges Netz von Strecken, dessen Mittelpunkt der wichtige Knoten punkt Grenast-Bullst bildet. Diese Arbeiterdörfer, so wenig Abwechselung auch das gleichmäßige Rot der Ziegel dem Ange gewähren mag, bieten immerhin einen ganz ireundlichen Anblick, löesund nnd lustig - ivie denn überhaupt die Bergwerks- und Arbeiter dorfanlagen des Gohelte-Gebiets für mustergültig ge lmltcn weichen - geben sie dem Auge des Vorbei- reiseudeu immer noch eine» Rest breite», behäbigen und reinlichen flandrischen Behagens. Die Fenster der Häuschen, die jedes von einem Streifen Grün, vv» der Andeutung eines Gärtchens umgeben sind steheu, wenn die Jahreszeit eS ertaubt, meist offen und erlauben einen Eindruck in das Innere zn tun Tie kleine» Kinder, die ans der Strane Herumspielen, sind halb oder besser so gut wie nackt. Es mag mehr Sparsamkeit als Lässigkeit sein, die eine derartig abhärtende Kur nach javanischem Muster' für an gebracht hält. Demi reinlich ist mail trotz allen Kohlen. Oft wird man vor den Türen eisriac Mütter am Werk finden, in einer großen Bütte die lieben Kleinen energisch mit Bürste und Seife zu bhandclu Westlich von Grenon Bull», wo die Eisenbahn nach hondaiu hin abbieot, verliert das Land allmäblick den industrielle!! Charakter. Die rauchenden Schlote, die höh?» »nd Täler besetzten, verschwinden. In dicstten Bamngruppcn. ties v-rsteE. s?daß nur noch die Spitzen der Kirchtürme Herausschauen, liegen da nnd dort die Ortschaften. Aber alle Bäume sind nm das Dors vereinigt: genau so selten wie draußen im Industriegebiet wird auch hier die Gleichförmig keit der Aecker durch die belebende Anmut eiuer Baumgruppe oder eines kleinen Gehölzes anker- brochkn. Auch gegen Arras hin nimmt die Industrie ab, ebenso wie ArraS selbst nickt reckt emewlick eck> Industriestadt ist. Nur in der Nähe liegen einige größere Werke, worunter eines eine bedeutende Edel metallschmelze ist. Die Erträgnisse an ölhaltigen Pflanzen, die ringsum Ebenen und .hänge bedecken, spielen im handelsleben von Arras eine große Rolle Besonders die als Viehfntter wichtigen Oelkuchen wer den in Arras gehandelt. Im wesentlichen ist es also das „Schwarze Revier von Bethune", das Kohlen revier, das das Landschaftsbikd des Striches zwischen Bethune und ArraS beherrscht. Die Kohle hat aus dem kleinen flandrisch mittelalterlichen Städtchen Bethune in einem Zeiträume von ungefähr sechzig Jahren einen cmporblühendei! Judustrieort aemackt Vordem dachte niemand daran, daß im Bode» der Aecker des alten Artois irgendwelche Werte verborgen sein könnte», heute ist alles de» „schwarze» Dia manten" dienstbar gemacht, nnd selbst die kleineren Wasserläufe, wie der des Souchez, sind kanalisiert und reguliert worden nnd tragen, schnurgerade sich hiuziehend, die Kohle von Lievin und Lens dem großen Kanal von La Bassce zu, um von da aus ganz Frankreich zu versorgen. M SM SWeM WM. ' Roman von LourW-Mahkr. «1« lNachvrnck verbot,«» „O du leichtsinniges Mädel, wie konntest du dir so einen armen Mann anssuchen?" „Weil ich ihn liebe. Aber du leichtstuniger Mann, weshalb hast du dir so ein armes Mädel erwählt?" Er machte so ein recht stolzes Protzengesicht. „Weil ich mir so etwas leisten kann. Jawohl, mein liebes, süßes, leichtsinniges Mädel, ich hm viel, viel vernünftiger als du." - „Ach Heinz, mir ist dabei gar nicht zum Scher zen. Das Leben ist so schrecklich teuer, auch wenn mau ganz spersam wirtschaftet." ' ! < Ec küßte sie entzückt aus die sorgenvolle Stirn. „Kurz und gut — Pfingsten ist Hochzeit, davon gehe ich nicht ab. Ich mag nicht länger warten Mein Studium kann ich auch beende», wenn du meine Fran bist. Gelt - dn hinderst mich nicht daran. Schwöre es mit einem Eide." Sie lachte und seufzte zugleich. „Ach, Heinz, mir scheint wirklich, d» bist schreck lich leichtsinnig. Sßovon fallen wir wohl leben, wo von sollen wir ein heim gründen? Das müssen wir doch haben, und wenn es auch noch so bescheiden ist " Er nickte wichtig. „Ick — ein liebes, trautes Nest Hanen wir uns, eS braucht nicht gar zu bescheiden zu sein, aber dafür recht behaglich nnd schön." ' - „Das kostet aber eine Menge Geld. Etwas würde ja wohl Tante Kläre für mich tun — aber sie wird sich mich vielleicht überlegen, wenn wir so keickl- simüg darauf los heiraten wollten." „hm! Na, dann muß es auch ohne Tante Kläre gehe».. Was denkst du wohl, wieviel wir Geld brauchen?" Sie rechnete, ganz ernsthaft, während er sie glück selig betrachtete. „Ja, weißt du, eine bescheidene Ausstattung tostet doch wohl einige taufend Mark. Und dann bedenke die teuren Mieten hier in Berlin. Lebe» müssen wir dock, auch, und es ist jetzt alles so teuer. Ach nein, Heinz, das geht nicht. Wir müßten doch mindestens in Einkommen von dreitausend Mark haben." „Vielleicht auch noch etwas mehr", sagte er be denklich, und sie merkte nicht, wie es um seinen Mund verräterisch zuckte. . » ' Sie seuszte sorgenvoll. ' „Ja, vielleicht auch noch mehr. Aber nein — wen» wir sehr sparsam sind, geht es vielleicht doch für dreitausend. Aber so viel müssen wir erst ha ben, ehe wir ans heiraten denken können." Reizend sah sie aus mit den großen, ängstlichen Augen. Ta hielt er sich nicht mehr. Fest nahm "er fie an sein Herz und küßte sie lackend. „Du — meine süße, kleine Hausfrau — zerbrich dir nicht mehr dein armes Köpfchen. Ich habe ge nug, um einen Hausstand gründen zu können. Tu bist ganz unversehens an einen kleinen Krösus ge rate». Nun trage dieses Schicksal mit Ergebung." Und er erzählte ihr von seiner.Erbschaft. Sie hörte ihn an und machte große Augen. Lang sam stieg eine tiefe Röte i» ihr Gesicht, lind dann Ivars sie sich in seine Arme nnd drückte ihr Köpfchen fest an feine Brust. „Ach, Heinz — gesegnet sei dein guter Onkel Ju stus, denn ohne seine Hilfe, mein Liebster, müßten wir wohl manches Jahr auf eine Vereinigung war ten." „Aber nun bist du mit Pfingsten einverstanden, meine Liselotte?" Sic reichte ihm beide Hände. „Beschließe über mich, was du willst, ich, bin dein und habe keinen Willen mebr als den deinen," sagte sie innig. ' Fest umschlungen saßen sie beide und. hatten sich so viel Liebes zu sagen, daß sie nicht merkten, wie die Zeit verflog. . . ? Draußen in der Küche tuschelten die TirnKboten mit einander. Der Diener hatte den Mädchen er zählt, daß Herr Rottmann schon „eine Ewigkeit" mit. Fräulein Randolf allein im Salon sitze. Man fand das sehr verdächtig, sehr sonderbar, lind dar.Diener faßte schon den Entschluß, unter irgendeinem Vor wand hinein zu gehen und das „Fräulein" durch sein Erscheinen daran zu mahnen, daß „so, etwas" nicht angehe. Aber zur rechten Zeit kam Frau Her big zurück. r Eifrig meldete ihr der Diener, daß Herr Rott mann schon seit zwei Stunden anwesend sei und „unbedingt" habe er Fräulein Randolf sprechen wollen. Fra» Herbig schien durch diese Nachricht nicht so erschüttert zu sein, als er glaubte. Sie legte ruhig ab und ging dann in den Salon. Die Dienstboten versammelte» sich wie auf Kom mando schleunigst in der Nähe der Türe, und ihre Gesichter drückten deutlich aus, daß sie mindestens eine Katastrophe erwarteten. Aber drinnen blieb alles friedlich. Heinz Rottmann war Frau Herbig ent- gegengetretcn und küßte ihr die Hand. „Meine teure gnädige Fran — ich habe Ihre Ab-- wcfeulwik benutzt, um wie ein Räuber in Ihr fried liches heim einzubrechen," sagte er heiter, fast über mütig. So hatte ihn die alte Dame noch nicht gesehen, „Was haben Sic denn Fürchterliches angestellt, lieber Herr Rottmann?" fragte sie lannig, . > Er faßte Liselottes Hand, ' „Ich habe Ihnen Fräulein Randolf abwendig ge macht, Sic will Psingsten meine Frau werden.. Wir haben uns soeben verlobt." Frau Herbig fiel überrascht in einen Sessel. .Mein Gott - das wirst mich nieder! Mußten Sie auch unbedingt gerade diese junge Dame wählen, die ich so notwendig brauche?" fragte 'sie halb kläg lich, halb scherzhaft, ! ! Er legte lächelnd die Hand aufs Herz. , i (Fortsetzung folgt.) - ! i