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immer mehr sich vergrößernden Abzug von Bewohnern zu verhindern. Der Knecht verläßt den Pflug, der Sohn trennt sich vom alten Stammsitze der Väter, weil sie sehen, daß trotz Mühe und Sorgen der bis herige Verdienst ein immer beschränkterer wird. Leipzig. Der gefährliche Einbrecher Karl Fleischhauer aus Frauenwald bei Schleusingen, der im Untersuchungsgefängnis zu Lausigk untergebracht war, am 9. März dort den Wärter niederschlug und aus dem Gefängnis entsprang, ist, wie das „Leip ziger Tageblatt" meldet, in seinem Heimatsort Frauenwald verhaftet worden. Er hat die Tat be reits eingestanden. Eine Einlieferung in das hiesige Gerichtsgefängnis steht bevor. Leipzig. Das Gnadengesuch für den s. Z. zu drei Jahren Gefängnis verurteilten früheren Direktor der Leipziger Bank Dr. Gentzsch ist von der Staatsanwaltschaft befürwortet worden. In Waldenburg erhielten bei der fürstlichen Schloßverwaltung und bei der Oekonomieverwaltung dort und in Callenberg insgesamt 11 Personen gleichzeitig das „tragbare Ehrenzeichen". In Paunsdorf sollen Festbesoldete fortan mit ihrem vollen Einkommen besteuert werden. Schandau. Ein unfreiwilliges Bad im Oster wasser war den Musikern und der Sängerschaft von Krippen in der Osternacht beschert. Auf einer morschen, alten Holzbrücke hatten sie Ausstellung genommen und waren soeben bereit zum Spiel und Gesang, als Pfosten und Balken, von der Last erdrückt, nachgaben und den gesamten Chor m das Bächlein gleiten ließen. Instru mente, Noten, Musiker, Burschen nnd Mädchen, alles lag durcheinander. Das Wasser war zum Glück nicht tief, aber die Beteiligten haben sämtlich etwas „abgekriegi." Raschau i. C Mittwoch abend ertrank im Mittweidavach ein hiesiges bekanntes Original, der Blätterhelm, ein Zeitungsausträger, der durch eine Luke im Usergeländer in das Wasser gestürzt war. Die auf seine Rufe herbeigeeilte Hilfe kam leider zu spät. Annaberg. (Schreckliches Verbrechen.) Der in einer hiesigen chemischen Waschanstalt beschäftigte Laufbursche Löser, 16 Jahre alt, hatte Donnerstag abend einen Farbstoff zu holen, in welchem Schwefel säure und Zinnober enthalten war uno von denen er wußte, daß es Gift war. Unterwegs lockte er den 7jährigen Sohn des Versicherungsinspektors und Predigers der apostolischen Gemeinde. Gautel, hier, an sich und hielt ihm den Farbstoff mit den Worten hin: „Hier trink mal, das ist Wurstbrühe." Der Knabe trank auch, sofort lief das Gesicht blau auf und nach wenigen Augenblicken brach er auf dem Markte zusammen. Der Täter floh, wurde aber bereits nach einer halben Stunde erwischt und abgeführt. Löser ist sich vielleicht nicht der ganzen Schwere, jedenfalls aber der Strafbarkeit seiner Hand lung bewußt gewesen, zu der ihm hämische Bosheit und Verbrecherneigung geführt hat. Er wird als ein durchtriebener Junge mit verdorbenem Charakter geschildert, der bereits als Schulknabe an einem Diebstahl beteiligt war. — Der Knabe Gautel lebte Freitag nachmittag noch, doch ist an ein Aufkommen nicht mehr zu denken, da nach Aussage der Aerzte die Därme verbrannt stnd. Er hat furchtbare Schmerzen. Es war ein aufgeweckter und sehr hübscher Knabe. Der jugendliche Mörder zeigt nur wenig Spur von Neue. Augustusburg. Aus noch unbekannter Ur sache hat sich im benachbarten Marbach ein 12jährigec Knabe ertränkt. Seine Leiche wurde am Freitag srük aus dem dortigen Schwanenteich gezogen. In goldenen Ketten Roman von F. S u t a u. (Nachdruck verboten.) (5. Fortsetzung.) Langsam schritt Leska weiter den schmalen Fuß weg an dem Graben entlang. Im Sommer blühten hier Vergißmeinnicht. Als Kind war sie oft mit ihren Freundinnen hier herausgewandert und sie hatten Kränze von den blauen Blumen gewunden. Das war nun freilich lange Jahre her, sie kam sich so alt, so welterfahren heute vor, als wäre sie seit gestern, wo sie noch sorglos und heiter nach der Eisbahn gewandert, um Jahre gealtert. Dort drüben, wo die hohen alten Pappeln standen, lag der Exerzierplatz. Deutlich vernahm Leska die vom Winde herübergetragenen Signale und Kommandorufe. Adloff war natürlich auch dort, also jetzt ihr so nahe. Jetzt, o sie verstand die Signale ganz genau, jetzt wurde zum Sammeln ge blasen, mit klingendem Spiel würde das Regiment zur Stadt ziehen. Wenn sie sich dort auf die kleine Anhöhe stellte, erspähte Adloff sie vielleicht und suchte sie dann hier auf. Nach Hause wagte sie sich ohne dies fürs erste noch nicht. Wer konnte wissen, wie lange der schreckliche Freiersmann sich dort noch auf hielt und wohl gar noch auf ihr endliches Erscheinen harrte? Zum sehr bescheidenen Mittagsessen um 1 Uhr würde ihn ja wohl die Mama nicht einladen. Pauline aber verstand nichts so gut als beim Tisch decken mit den Tellern zu klappern, und wenn er das verdächtige Geräusch vernahm, würde er sich ja wohl verziehen. Also so um 1 Uhr dachte Leska ohne Furcht vor dem Freier nach Hause gehen zu können. Sie stieg die Anhöhe hinauf, mit ihren scharfen jungen Augen erkannte sie jeden einzelnen der Offi- Aus Thüringen Greiz. Der verschwundene Uhrmacher und Fisch. Händler Gerstenberg hat anscheinend zur rechten Zeit ein Schiff erreicht und schwimmt bereits der neuen Welt zu, denn in den Hafenstädten, wohin man sich telegraphisch gewandt, konnte er nicht mehr gefaßt werden. Der Fluchtplan scheint von langer Hand vorbereitet gewesen zu sein, wenigstens gilt es als Tatsache, daß er einen hiesigen Einwohner um 4000 Mark schädigte und zwar 3000 Mark als Darlehen und um 1000 Mk. auf Wechsel, lieber das Vermögen des Uhrmachers Gerstenberg ist das Konkursverfahren eingeleitet morden. Allerlei. st Kiel. Fähnrich Hüssener legte auf dienstlichem Wege Beschwerde gegen seine Verhaftung ein. Er glaubt, lediglich den militärischen Vorschriften entsprechend gehandelt zu haben. Sein Auftreten ist sicher nnd selbstbewußt. st Hamburg. Der Raubmörder Speck, welcher, wie erinnerlich sein wird, in Dresden wegen Tötung des Schutzmanns Markus bereits verurteilt ist, wurde von dem Schwurgerichte Altona wegen zweifachen Mordes zweimal zum Tode verurteilt. st Schwerin i. M. Maurer stießen beim Abbruch eines Hauses im Keller auf einen Sarg, der ein mensch liches Gerippe enthielt. Eine Untersuchung wurde cingeleitet. st Krefeld. Nach Verkündigung der Sperre beschlossen die ansständigen Seidenweber, unter den Bedingungen, die vor dem Gewerbegericht vereinbart wurden, am Montag die Arbeit wieder aufzunehmen. Wie die „Krefelder Zeitung" meldet, haben in einer am Sonnabend nachmittag stattgehabten Versamm lung der ausständigen Seidenweber der Firma Rreltahl u. Co. die beiden entlassenen Arbeiter auf die Wiederanstellung Verzicht geleistet, worauf in geheimer Sitzung mit 43 gegen 26 Stimmen be schlossen wurde, die Arbeit am Montag wieder auf- zunehmen. Dadurch ist die Sperre vom ganzen Jndustriebezirk abgewendet. st Zur Könitzer Mordaffäre wird noch von dort gemeldet: Erster Staatsanwalt Schweigger und Bürgermeister Deditius leiteten die fernere Durch suchung der Fundstelle. Der Kreisarzt stellte fest, daß die jetzt gefundenen Gliedmaßen menschliche sind; ferner wurde festgestellt, daß die jetzt ent deckten Knochen diejenigen sind, welche an der Leiche des Winter fehlten. An einem Armknochen hing eine gut gearbeitete Herrengamasche, welche entweder dem Winter gehört oder von einem Täter bei der Verbergung verloren wurde. Daß die gefundenen Gliedmaßen die des Winters sind, ist außer allem Zweifel. st Eger. Zur Ermordung der Bärsch'schen Ehe leute. Der Prozeß gegen die Zigeuner Kolompar, welche den Doppelraubmord an den Eheleuten Bär in Liebeneck verübt haben, wird in der Mai-Schwur- gerichtsperivde vor dem hiesigen Gerichte stattfinden. st Kourotau. Donnerstag sollte der Pächter des hiesigen Hotels „Kaiser von Oesterreich", der 34 Jahre alle Berthold Schlosser, vor dem hiesigen Be zirksgerichte erscheinen, weil es sich herausgestellt hatte, daß er, der vor drei Jahren hier heiratete, auch in Greiz verheiratet war, seine ihm dort ange traute Frau jedoch verlassen hat. Schlosser folgte der gerichtlichen Einladung nicht, sondern erschoß sich. st Vom Automobil überfahren. Ein Au tomobil, über welches der Führer die Gewalt ver loren halte, überfuhr in Barcelona im ganzen 10 Personen, die teils schwer, teils leichter verletzt wurden, ziere des der Stadt zumarschierenden Regiments. Einer der letzten wandte den Kopf noch einmal nach ihr nm. Es war Kurt Adloff! Wie ihr Herz pochte I Hatte er sie erkannt? Würde er, wenn die Soldaten die Kaserne erreichten, zurückkehren und zu ihr eilen? Langsamen Schrittes wanderte sie wieder den Graben entlang und wartete eine halbe Stunde. Jetzt leuchtete es auf in ihrem Antlitz, eilenden Schritts kam Adloff ihr von der Stadt her entgegen. „Also wirklich, ich habe mich nicht getäuscht!" rief er freudig erregt. „Das war ja ein herrlicher Einfall von Ihnen, und wie frisch, wie blühend sie aussehen, gar nicht, als ob sie die Nacht durchge tanzt hätten. Da braucht man nicht erst zu fragen, wie Ihnen der Ball bekommen ist!" „Ach märe ich nur garnicht dort gewesen, dann hätte mich auch der schreckliche Mann aus Schlesien vielleicht nie gesehen. Nun sitzt ec bei Mama, und Blumen hat er mir auch geschickt, und ich bin ge flüchtet," erzählte Leska anfgeregt. Fürs erste wage ich mich gar nicht wieder nach Haus', Mama wird furchtbar böse fein. Was soll ich nur beginnen! Hilfesuchend sah Valeska zu dem jungen Offizier auf. Ja, was beginnen! Seine Hände ballten sich in ohnmächtigem Zorn. Da stand sie nun vor ihm, das schöne geliebte Mädchen. Warum durfte er sie nicht in die Arme nehmen und an sein Herz ziehen, mit allen Rechten einer großen, wahren Liebe, der ganzen schnöden Welt zum Trotz. O, daß er ihr so gar nichts weiter bieten konnte, als diese seine Liebe allein. Was galt diese in den Augen einer von materiellen Interessen erfüllten Welt, und in den Augen einer Mutter von drei unversorgten Töchtern! „Wir dürfen den Mut nicht verlieren," begann er jetzt fest, „es kann, es muß noch alles gut werden. Sollte der Herr wirklich die — die, wie drücke ich st Kopenhagen. Als der schwedisch-norwegische Gesandte am Freitag abend im Begriff war, das Kasinotheater zu verlassen, drängten sich zwei Herren wie zufällig gegen ihn, zogen sich aber mit einer Entschuldigung zurück. Der Gesandte dachte nicht weiter darüber nach, bis ec nach Hause gekommen war, wo er seine Brieftasche mit zirka tausend Kronen vermißte. Es wurde sofort eine Anzeige bei der Polizei erstattet, die keinen Zweifel hegt, daß ein Taschendiebstahl vorliegt. Gerichtszeitung Wie Soldaten misthandelt werden. Daß der kürzliche Erlaß des Erbprinzen von Meiningen als Kommandeur des schlesischen Armeekorps gegen die Soldatenmißhandlung notwendig war, zeigt folgender Fall, der sich in Breslau vor dem Kriegsgericht abgespielt hat. Der Unteroffizier Heinrich Hüneke vom Grenadierregiment Nr. 11 stand unter der Anklage der Mißhandlung und vorschriftswidrigen Behand lung Untergebener unter Mißbrauch der Waffe und Anmaßung vonStraf- gemalt. Am 25. März hatte der Grenadier Gottschlich seine Mütze beim Appell nicht in Ordnung. Der Feldwebel notierte den Mann behufs diszipli narischer Bestrafung. Das genügte aber dem Kor poralschaftsführer, dem Angeklagten nicht. Ec befahl dem Grenadier, abends um st^9 Uhr feldmarschmäßig bei ihm anzutreten und die besser gereinigte Mütze vorzuzeigen. Dabei stellte er den Mann wegen der unsauberen Mütze zur Rede und befahl ihm, hundert mal das Gewehr zu strecken und dabei zu zählen. Der Grenadier streckte gehorsam das Gewehr über hundertmal und zählte auch. Als er matt wurde, führte er den Behl langsamer, unter Pausen, aus. Der Unteroffizier aber hielt die Mattigkeit für Dick felligkeit und Eigensinn. Obwohl der Grenadier erklärte, er könne nicht mehr, hielt der Soldatener zieher es doch noch nicht für genug und sagte: „Das nenne ich nicht strecken!" Dann befahl er dem Manne, das Gewehr noch fünfzigmal zu strecken. Der Grenadier begann damit, erklärte aber bald, er könne nicht weiter. Nun kommandierte der Unteroffizier: Hinlegen und aufstehen und noch mals streck-m. Bei dem wiederholten auf und nieder blieb der Mann vor Schwäche liegen. Als er den Befehl „Aufstehen!" nicht gleich ausführen konnte, stieß der Angeklagte ihn zur Ermunterung mit dem Gewehr in die Seite, indem er äußerte: „Und wenn Du A . . krepierst." Dann ließ er die in der Stube anwesenden anderen Leute hinausgehen, damit er unbeobachtet den armen Gre nadier weiter quälen konnte. Er iragte den er matteten Mann, ob er nun weiter strecken wolle. Dieser antwortete weinerlich, er könne nicht mehr. Nun schlug ihn der Unteroffizier mit der Hand ins Gesicht, daß die Nase blutete. Vor Gericht bestritt der Angeklagte die Ausschrei tungen. Der Vertreter der Anklage betonte nach der „Bresl. M.-Ztz." in seinem Plaidoyer, der Unter offizier sei nicht berechtigt gewesen, disziplinarisch den Mann so zu strafen; doch hielt er diese An maßung der Strafgewalt für „nicht so erheblich" und beantragte dafür nur drei Tage Mittel- arre st. Für die vorschriftswidrige Behandlung (Gewehr strecken, Hinlegen und Aufstehen) beantragte er, da der Angeklagte den Mann ohne Grund auf grobe Weise chikaniert habe, eine Woche Mittel arrest und für die Mißhandlung 44 Tage Gefängnis, zusammen zwei Monate Gefängnis. Der Verteidiger, mich aus, sagen wir die Unverschämtheit haben, nach so kurzer Bekanntschaft um Sie anzuhalten, dann —" „Dann bitte ich mir vier Wochen Bedenkzeit aus," fiel Leska ein, „und wenn er erst wieder in Schlesien ist, dann werde ich schon dafür sorgen, daß er nicht wiederkommt!" „Trotzen wir ihm und seinem Gelds!" rief Adloff, „der Jugend und der Liebe gehört die Welt! Dort die Tannenschonung ist übrigens ein herrlicher, verschwiegener Oct zum Wiedersehen. Das Eis schmilzt leider schon, die Luft ist so lau, so frühlings- ahnend, daß es mit der Eisbahn vorbei ist. Sehen und sprechen aber müssen wir uns doch, schon um die Waffen zu schmieden gegen unsern Widersacher, den Brandhorst." 4. Wo sie nur blieb l Immer wieder richtete Brandhorst die sehnenden Blicke nach der Tür des mit schäbiger Eleganz ausgestatteten Salons der Frau Nat Elsner, in welchem man mit großer Hast etwas mehr Ordnung geschaffen und ein paar frische Blumen aufgestellt hatte. Den scharfen Augen Bcandhorst's entging nichts an dieser altmodisch und schadhaft gewordenen Ausstattung. Ec sah, wie verblichen und fadenscheinig die Bezüge der Möbel waren, wie abgetreten der Fußboden war und wie die Gardinen grau und sehr defekt aussahen. Wäre Valeska zugegen gewesen, hätte er da wohl schwer lich auf das alles geachtet. Ihre herrliche Er scheinung würde in seinen Augen alles erhellen, verschönen, aber sie erschien leider noch immer nicht. Auch die Frau Rat, die Brandhorst einstweilen empfangen hatte, wurde jetzt ungeduldig. (Fortsetzung folgt.)