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Türkei. * Die Unruhen in Mazedonien, die Gärung unter den nichttürkischen Bevölkerungen des europäischen Teils des osmanischen Reiches, die nicht endenwollenden Zettelungen der bulgarischen Revolutionskomitees, kurz, die unruhige Bewegung, in der sich die Balkanvölker befinden, geben Anlaß zum Nachdenken und regen die Frage an, welche militärischen Machtmittel auf der Balkanhalbinsel vorhanden sind. Italien. * Nom. Zur Verhaftung des Michael Goetz, welcher an der Ermordung des russischen Staats ministers Szipjagin teilgenommen haben soll, wird noch gemeldet: Goetz ist der Sohn eines Millionärs, 23 Jahre alt und lebte seit dem Morde im Auslande und zum großen Teil in der Schweiz, wo er ein revolutionäres Blatt herausgab. In seinem Koffer wurden viele Briefe beschlagnahmt. Goetz beschwor, sie nicht der russischen Negierung auszuliefern, da sonst viele russische Familien unglücklich würden. Sie wurden nach Rom ins Ministerium gesandt. Zur Verhaftung war ein russischer Polizeibeamter erschienen. Der ältere, ebenfalls verhaftete Goetz wurde freigelassen. Bulgarien. * Die Meldung Pariser Blätter, daß der türkische Kommissar der bulgarischen Negierung Vorstellungen wegen schlechter Grenz-Ueberwachung gemacht habe, ist unrichtig. Hierzu liegt auch keine Veranlassung vor, da die Negierung genug getan hat, um die geheime Tätigkeit der mazedonischen Komitees zu überwachen. * In einer gestern in Sofia abgchaltenen Konferenz der mazedonischen Führer gab Michalwsy die Erklärung ab, daß er sich von den mazedonischen Organisationen vollständig zurückziehen werde. Amerika *RücktrittdesPräsidentenCnstro. Venezuela ist von seinem bösen Geiste, dem Präsi denten Castro, befreit. Was dieser Mann schon längst hätte tun sollen, hat er nun endlich getan. Er hat sein Amt als Präsident der Republik nieder gelegt und diesen Entschluß in einer Botschaft be kannt gegeben, die er am Sonnabend im Kongreß verlas. Den unmittelbaren Anstoß zu diesem, wie es heißt, seit langem vorbereiteten Entschluß gaben die Vorstellungen mehrerer venezolanischer Partei führer, daß der Rücktritt des Präsidenten Venezuela gestatten würde, etwaigen Meinungsverschieden heiten der Mächte gegenüber eine enegnsche Haltung anzunehmen. Ob freilich der Rücktritt ernst gemeint ist, steht einstweilen noch dahin. Zwar blieb er gegenüber dem Beschluß des Kongresses, die Demission nicht anzunehmen, auf seinem Entschluß bestehen, aber es will doch bedünken, als sei das Ganze eine abge kartete Komödie, bestimmt, die Mächte zu täuschen.' Selbst in Caracas glaubt man, wie von dort ge meldet wird, daß Castro nach wie vor im Amte bleibt. Aus Stadt und Land Lichtenstein, 24. März. *— Muldenthaler Sänger Der gestern abend im „Neuen Schützenhause" von den Mulden thaler Sängern veranstaltete humoristische Abend war erfreulicherweise gut besucht. Das Programm bot viel Abwechslung und befriedigten sämtliche Mit glieder mit ihren Darbietungen wohl den größten Straft des Schicksals. Roman von A. von Gersdorff. (Nachdruck verboten.) (34. Fortsetzung.) „Legst Du denn so großen Wert darauf, die erste und einzige Liebe einer Frau gewesen zu sein — besonders, wo Du doch wußtest —" „Ja, ja, ich wußte freilich I" lachte er hart. „Du hast mir also ein dunkles Geheimnis anzuoertrauen, das kann nun ein Blinder Dir ansehen," stieß er hervor. „Du mißverstehst, Wilhelm, und das ist an sich unmöglich, wenn Du denselben guten Willen hast wie ich," sagte sie nun mit fast etwas zu viel eisiger Gelassenheit in der Stimme. „Ich habe Dir gesagt, was ich tun will und werde; wenn Du meinen Worten keinen Glauben schenkst, so sieh Dich vor, Wilhelm ; eine unwürdige Behandlung lasse ich nicht duldend über mich ergehen." „Ich weiß aber, daß Du mich nie geliebt hast, nur geschätzt, geachtet und Verstand genug hattest, um mich zu heiraten, und ich bin doch Herzenskenner genug, um zu wissen, daß das alte Sprichwort „Alte Liebe rostet nicht" sehr wahr spricht." „Sie sah seine Pein und fühlte, daß er jetzt Worte sprach, der sonst so eitle, stolze Mann, die ihm im klaren, nüchternen Tageslicht wohl kaum entschlüpft wären. Deshalb fühlte sie auch, daß die ernste Situation in ihrer Hand. So sagte sie mild: „Ich habe Dagobert Friesen geliebt, solange ich ihn achten konnte. Aber von dem Moment an, wo ich die Beweise bekam, daß er keine Achtung ver dient, keine Entschuldigung für ihn gelten konnte, seitdem starb die Liebe, langsam nur, ich gestehe es, Teil der Anwesenden, was durch lebhaften Beifall nach jeder einzelnen Nummer genügend kundgegeben wurde. * — Die Aufnahme der neueintretenden Knaben und Mädchen in die hiesige Bürgerschule findet besonderer Verhältnisse halber nicht Montag, den 6., sondern Dienstag, den 7. April in der Aula statt. * — Kreuzotter. Heute vormittag wurde im Stadtwalde von einigen Herren eine ca. 70 cm. lange Kreuzotter gefangen und unschädlich gemacht. Beim Betreten des Waldes ist also Vorsicht geboten! * — Nach einer Bekanntmachung der Königl. Amtshauptmannschaft Glauchau ist den Konfir manden verboten, am Palmsonntag und Gründonnerstag in Schankwirtscyaften allein einzukehren, und wird jede Verabreichung geistiger Getränke an dieselben auch streng bestraft. * — Die Feier des goldenen Amtsjnbiläums feiert demnächst Herr Schulrat Lötzsch in Glauchau. Aus diesem Anlaß wird die gesamte Lehrerschaft des JnspektionsbezirkGlauchau am Montag, den 6. April, vormittags 11 Uhr im Theaterlokal zu Glauchau einen Aktus abhalten. * — Taubstummengottesdienst. Nächsten Sonntag, den 29. März, wird vormittags 11 Uhr im Konfirmandenzimmer der Marienkirche in Zwickau Gottesdienst für die Taubstummen aus Zwickau und Umgegend gehalten werden. * — Die ordentliche BerbandSversammlung des Landesverbandes Evangel. Arbeitervereine im Königreich Sachsen, die am Sonntag in Pirna tagte, beschloß den Beitritt als korporatives Mitglied zum „Evangelischen Bund" und die Annahme einer Re solution gegen die Aufhebung des Z 2 des Jesuiten gesetzes. * — Bund der Kaufleute. Am 20. d. M. hat sich in einer zahlreich beschickten kaufmännischen Versammlung zu Stettin die Ortsgruppe des Bundes der Kaufleute konstituiert. An die Spitze des provisorischen Vorstandes sind die Herren Teodor Zimmermann und Konsul Metzler getreten. * — Die Gartenarbeiten sind dieses Jahr verhältnismäßig weiter vorgeschritten als sonst zu Frühlingsbeginn. Die günstige Witterung seit längerer Zeit und die warme, milde Frühlingsluft drängten dazu. Erfahrene Gärtner wünschen auch, daß Ende März der Garten äußerlich fertig sein soll. Man warte daher nicht länger, sondern arbeite immerzu. Zögert man im März, so kommt der April mit seinen scharfen Ostwinden, und manches wird dadurch leicht verdorben. Märzsaat keimt besser als Aprilsaat. Im März ist die Entwickelung noch im Bestehen, also alles besser zu behandeln, als wenn im April der Trieb schon im vollen Gange ist. Alle Stauden werden besser im März als im April behandelt. Die Stürme im April suchen frisch gesetzte Pflanzen oft stark heim. Diesen Störenfried fürchte man mehr, als etwaige Fröste, vor denen man sich schützen kann! * — Die Stecknadeln werden teurer Eine am 18. März in Köln stattgefundcne Versammlung von deutschen Messingwaren- und Stecknadelfabri kanten beschloß infolge der großen Preissteigerung von Kupfer, welche durch den amerikanischen Trust hervorgerufen, auch ihrerseits die Preise ganz wesent lich zu erhöhen. Dresden. Zwei gefährliche Räuber, dieSchweizer und Dachdecker Bießlich und Hartwig, sind Sonn abend festgenommen worden. Letzterer war erst seit einigen Tagen zum Militär in Magdeburg einge zogen. Sie sind im Juli 1900 mit geschwärzten Gesichtern und falschen Bärten vom Dache aus in I die Wohnung einer Kantineninhaberin auf der hie- ! sigen Gärtnerstraße eingestiegen, hatten diese mit einem Dolchmesser bedroht und sie ihrer Barschaft beraubt. Leipzig. Ein Unikum ist, wie der Rektor der Thomasschule zu Leipzig, Herr Professor Jungmann, in seiner Entlassungsrede mitteilte, die Zahl der diesmaligen Abiturienten dieser Schule, welche 69 beträgt, eine Zahl, welche noch niemals von einem deutschen Gymnasium erreicht worden ist, und voll ständig genügt, eine größere Mittelstadt mit den nötigen studierten Männern aus allen Fächern zu versehen. Leipzig. Die Leipziger Ostermesse beginnt am 19. April und endigt am 10 Mai; sie ist für den Groß- und Kleinhandel mit Waren aller Art be stimmt. Chemnitz. Die von den beiden hiesigen evangelischen Arbeitervereinen angeregte Petition gegen Aufhebung des S 2 des Jesuitenqesetzes hat 9202 Unterschriften gefunden. Zwickau. Wegen böswilligen Verlassens laden 13 hiesige Frauen ihre Ehegatten vor die 3. Zivil kammer des Kgl. Landgerichtes zu Zwickau mit dem Antrag auf Ehescheidung. Hoffentlich wird Madame Justitia Wasser auf die glühenden Flammen des Zornes gießen, und den einen oder anderen der Männer zu seiner Pflicht zurückführen. Stollberg. Dem Buchdruckcrei-Faktor Ernst Louis Rothe in Firma E. F. Kellers Ww. hier wurde an Ratsstelle von Herrn Bürgermeister Lösch in Anerkennung seiner 25jährigen ununterbrochenen Tätigkeit als Gehilfe in der genannten Firma eine vom Rate der Stadt gestiftete Anerkennungs-Urkunde mit herzlichem Glückwunsch überreicht. Schöneck. Der 50jährige Oberlehrer und Stadt rat Tittmann, als Mitglied des Kreisoerbandes Vogtländischer Feuerwehren und langjähriger Feuer wehrkommandant in Schöneck, im ganzen Vogtlands bekannt, hat sich am Donnerstag aus unbekanntem Grunde erschossen. In Kirchberg brannte in der Nacht zum 21. März die Schankwirtschaft „Zur Rose" nieder. Wildenfels. Die hiesige Gemeinde hat wegen des durch den Wegzug eines großen Steuerzahlers verursachten Einnahmeausfalls beschlossen, den Ge meindebeamten den Erlaß von 20 Prozent der Einkommensteuer, welchen sie bisher genossen hatten, nicht mehr zu gewähren. Zittau. Gefänglich eingezogen wurde die 22- jährige Tochter des Gutsbesitzers Rönsch in Königs hain bei Ostritz. Derselben wird zur Last gelegt, ihr heimlich geborenes Kind bald nach der Geburt getötet und die Leiche vergraben zu haben. In Neick zerstörte am 21. März ein vermut lich böswillig angelegtes Schadenfeuer für 75 000 Mark Edelhölzer auf einem Holzlagerplatz der Aktien gesellschaft für photographische Industrie von Emil Wünsche, doch ist der Schaden durch Versicherung gedeckt. Reichenbach. Der vierzehnjährige Konfirmand L. von hier, ein fleißiger Arbeitslohn, hat sich am Sonnabend im Oberreichenbacher Wald erhängt. Die Ursache des bedauerlichen Schrittes ist noch nicht aufgeklärt. Plauen i. B. Lebensgefährlich verletzt wurde ein hier wohnender italienischer Arbeiter. Der Ver letzte war mit einem Landsmanns in Streit geraten. Sein Gegner griff sofort nach dem Messer und stach es dem andern bis an das Heft in den Unterleib. Der Verletzte wurde in die Privatklinik eines hiesigen bis ihr jeder Tropfen Nahrung entzogen war und, als ich Deine Frau wurde, war mein Herz frei. „Ja", dachte er bitter, „gänzlich frei, das glaube ich Dir!" Bei einem ihrer Aussprüche hätte er sie bernahe unterbrochen, denn er, als Mann, fühlte doch un willkürlich vielleicht sichrer in der Seele des Mannes, von dem er nach seinen Handlungen auch nur sagen mußte: Ec ist ein Ehrloser, ein Schuft, für ihn gilt keine Entschuldigung. Wie aber in aller Welt wollte sie wohl die Beweise haben, daß sein sogenanntes Herz ihrer unwürdig war! ? Der Gedanke schoß nun blitzartig durch seinen Geist, ihn fassen und bei nahem betrachten, konnte er nicht. „Renate, Du meintest vorher, daß keiner von uns ein Geheimnis haben solle, sondern Wahrheit und Klarheit zwischen uns herrschen soll und Ver trauen." „Ja, das ist selbstverständlich, liebe Frau. Ich möchte Dir daher lieber gleich sagen: wenn dieser Herr Friesen die Frechheit haben sollte, sich anzu kaufen ..." „Du glaubst, daß Hühnerbein imstande wäre, nach der heutigen Aufklärung . . ." „Nein. Der gibt ihm Altendecken nicht. Aber er kommt dadurch zu Schaden. Und wir sind schuld. Es ist ja fast unmöglich, für ihn einen Käufer zu finden, und in der Betroffenheit habe ich mich selbst angeboten." „Das ist brav, Wilhelm. Du kannst ^es j ja." „Na, was heißt das: können! Ich werde nicht Bankrott darauf machen, aber ein saurer Apfel sind die sauren Wiesen doch! Da gehört ein höllisches Stück Arbeit 'rein. Na, das wird sich schon finden. Vielleicht kann ich doch noch später günstig weiter verkaufen. Ein bißchen gewandter im Geschäft bin ich als dec alte Kammerherr. Nein, da ist etwas andres, was mich mehr beunruhigt. Es gibt ja noch mehr Lente im Kreise, die ganz gern ihre Güter gut verkaufen, und ein reicher Kunde scheint der Mensch ja nun wieder zu !sein." Der Mond stand jetzt so strahlend über der alten Linde und goß seinen Hellen Glanz über Renatens schönes, stolzes Gesicht, das so bleich, wie aus Marmor geschnitten erschien, daß ihr Mann wohl das verächtlich zuckende Lächeln erkennen konnte, welches bei seinen letzten Worten ihre Züge überflog, und mehr als je irgend ein Wort, das sie sprechen konnte, beruhigte, befreite ihn das Lächeln. „Ja," fuhr er plötzlich fast heiter fort, „ich meine, wenn'« nicht Altendecken, so ist's ein andres Gut hier herum, und man behält den Menschen doch auch in der Nähe, wenn auch nicht so dicht bei, kann ihm alle Tage irgendwo begegnen, muß immer auf der Hut sein." „Aber woher glaubst Du nur, daß er durchaus hier in der Gegend bleiben will . . .?" „Ich weiß nicht, woher ich's glaube. Du etwa nicht?!" Sie schwieg, nachsinnend die Hände auf die Knie gefaltet, die Hellen Augen dem Mondschein zu gekehrt, seltsam leuchtend. „Weist Du, Wilhelm, was mir einfällt? Wäre es nicht am einfachsten zu vermeiden, daß Dagobert Friesen zum Schreckgespenst für uns wird, wenn Du einfach mit ihm selbst sprächest?" „Ich einfach mit dem selbst sprechen? Ihn herzlich bitten, doch so etwa am andern Ende Europas sich lieber anzusiedeln, weil ich solch eine Hundeangst vor ihm hätte und mich keinen Augenblick meiner eigenen Frau sicher fühlte? Ein recht idealer, aber recht kindlicher Vorschlag." (Forts, folgt.)