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WMMckMNM Beilage zu Nr. 56. 3« Um ks kisenditOcstis i« DcutWud. Die Beratung des Etats des Reichseisenbahn amtes im deutschen Reichstage am Mittwoch hat dem Preußischen Eisenbahnminister Budde Gelegenheit gegeben, sich über die dringendsten Neformsragen im deutschen Eisenbahnwesen grundsätzlich und pro grammmäßig zu äußern. Zwar hat der Minister Budde ausdrücklich vermieden, von einem fertigen Reformprogramm schon zu reden, denn er meinte, wenn er dies schon jetzt täte, wo er acht Monate im Amte sei, so müsse er alles Vertrauen als Staats mann verlieren. Experimente zu machen und nach Popularität zu Haschen, liege ihm fern, und was sein Vorgänger in Bezug aus eine gründliche Eisenbahn reform in elf Jahren nicht zustande gebracht, das könne er in wenigen Monaten auch nicht vollenden. Aber die Tatsache konnte man ans der Rede des Ministers Budde entnehmen, daß bei ihm die Ab sicht besteht, Reformen des Eisenbahnwesens energisch und nach vorheriger gründlicher Prüfung der Ver hältnisse zu erstreben. Der Minister Budde ist auch zu einer Tarifreform bereit, deren Wesen aber in keinen Experimenten mit neuen Fahrpreisen, svndern vielmehr in der Hauptsache in weiteren Verkehrserleichterungen bestehen soll. Damit hat Minister Budde osfenbar die Hauptbedingung für jede Verkehrshebung, die dann zugleich eine all gemeine Wohlsahrtsmaßregel wird, richtig gekenn zeichnet und in der Eisenbahnreformfrage den Nagel auf den Kopf getroffen. Ungemein wichtig ist es auch, daß der preußische Eisenbahnminister erklärt hat, eine solche Reform müßte einheitlich sein für das gesamte deutsche Eisenbahnwesen. Es ist dies tatsächlich unbedingt notwendig, daß für Reise- und Warenbeförderungszwecke das ganze Deutsche Reich nur ein allgemeines gleiches Interesse hat, und der Bundesrat in Verbindung mit den verschiedenen deutschen Eisenbahnverwaltungen auch die Organe in der Hand hat, um im Eisenbahnverkehrs wesen gemeinsame Reformen durchzuführen. Es geht ja auch in der Praxis der ganzen Eisenbahn- denutzung und des Eisenbahndienstes gar nicht anders, als daß man gemeinsame Reformarbeit macht. Das Gebiet des Heereswesens und der postalischen Angelegen heiten haben ja auch längst die Wichtigkeit gemeinsamer Reformen erwiesen, ohne daß dabei der berechtigten Selbständigkeit der Bundesstaaten Abbruch geschehen wäre. Ganz besonders sind die Eisenbahnen mit ihrer enormen Bedeutung für den Personen- und Waren verkehr und mit ihrem hohen Werte für die Mobil machung des Heeres in jeder Hinsicht intakt zu halten und auf der'Stufe iu jeder Leistungsfähigkeit zu erhalten und so weit als möglich auch noch mehr zu bringen. Dies gilt auch den von sozialistischer Seite her gemachten Versuchen gegenüber, Einfluß auf die Eisenbahnarbeiter und Unterbeamten zu gewinnen und einen großen Eisenbahnstreik, der zu einem allgemeinen Notstand führen könnte, zu organisieren. Gegenmaßregeln dieser Art haben mit dem Coa- litionsrecht der Arbeiter gar nichts zu tun, denn die Eisenbahnverwaltung hat eben die Aufgabe, unter allen Umständen den Eisenbahnverkehr un gestört und in bester Leistungsfähigkeit zu erhalten, und Eisenbahnbeamte und Eisenbahnarbeiter, die geneigt sind, ohne Kündigung plötzlich ihren Dienst zu verlassen, müssen rechtzeitig gemaßregelt werden, denn gerade das Verkehrsleben zeigt, daß die Inte ressen eines Kulturvolkes in allen seinen Teilen solidarisch miteinander verbunden sind. Buntes Feuilleton EinSchildbürgerstückchen. Der Bürger meister von Tramin, einer südtiroler Marktgememde, bemerkte, daß es in der Gemeindekanzlei an Briefum schlägen fehlte und bestellte in einer Buchdruckerei, ohne erst den Gemeindeausschuß zu befragen, für 400 Kronen Briefumschläge mit der Aufschrift, „Marktgemeinde Tlamin". Es dauerte nicht lange, so kam eine 200 Kilogramm schwere Kiste mit 35 000 bedruckten Brief umschlägen an. Nun wurde dem voreiligen Bürger meister doch etwas zu schwül zu Mute, denn so viel Briefumschläge verbraucht Tramin in 20 Jahren nicht, und es wäre besser gewesen, die erwähnten 400 Kronen in Wertpapieren anzulegen, dann hätte die Marklge meinde Tramin von den Zinsen dieses Kapitals für immer ihren Bedarf an Briefumschlägen bestreiten können. Infolgedessen beschloß der Gemeindeausschuß, die 35 000 Briefumschläge dem Bürgermeister zurückzustellen und jährlich eine bestimmte Anzahl von ihm zu beziehen. Das Abenteuer B e r l i n e r K r i mi nalisten. Ein lustiges Ouiproquo passierte zwei Berliner Kriminalbeamten im Städtchen Husum. » Zayrgang. Sonntag, den 8. März Ein Viehhändler Georg Carstens aus Friedrichsstadt besuchte auf einer Geschäftsreise eine dortige Gastwirt schaft und erregte die Aufmerksamkeit zweier unbe kannter Herren. Plötzlich erhob sich der eine, trat auf Carstens zu, legte ihm die Hand auf die Schulter und erklärte ihn als einen kürzlich aus Berlin ent wichenen Raubmörder l!) für verhaftet, Die Herren waren Kriminalbeamte, die mit der Verfolgung des Entflohenen beauftragt waren. Vergebens war das Widerstreben des Festgenommenen. Er mußte den Beamten auf das Polizeibureau folgen. Da Carstens eine im westlichen Schleswig-Holstein sehr bekannte Persönlichkeit ist, wurde das Mißverständnis bald aufgeklärt und der vermeintliche Raubmörder frei gelassen. N e i ch e r als der mexikanische Staat ist der mexikanische Pedro Alvarado, der sich jüngst erboten hat, sämtliche Staatsschulden seines Landes aus seiner Tasche zu bezahlen. Alvarado ist buchstäblich über Nacht Milliardär geworden. Vor zwei Jahren noch war er ein einfacher Bergarbeiter; da entdeckte er eines Tages ein großes Gvldlager und wurde urplötzlich ein Krösus. Er lebt aber noch heute so einfach wie früher. Sein Vermögen vertraut er keiner Bank an; dafür hält er sich eine Leibwache, die ihm seine Schätze hüten Helsen muß. Wenn er sich von seinem Hause entfernt, ist er immer von acht bewaffneten Männern begleitet. Diese Vorsicht ist nicht unnötig, denn Alvarado trägt als „Taschengeld" immer die Kleinigkeit von 20 000 Mark bei sich. Der mexi kanische Staat weiß noch nicht recht, ob er Alvarados Anerbieten annehmen soll. Seine Gläubiger wären ihm dankbar, wenn er's täte. DerGeruch derEuropäer. In der neuesten Nummer des „Globus" verbreitet sich ein Japaner, Dr. Buntaro Adachi, über den Geruch, den die Europäer nach japanischen Begriffen aus strömen. Der Europäergeruch, sagt er. fei in Japan allgemein bekannt. Für die Japaner sei der Geruch der Europäer sehr auffallend, besonders der Euro päerinnen. Er ist stechend und ranzig, nach Jndi- vidiuen aber verschieden, bald süßlich, bald bitter. Ost ist der Geruch so stark, daß er das ganze Zimmer erfüllt. Der Geruch steht in engem Zusammenhang mit dem Alter. Kinder und Greise riechen nicht oder weniger als Leute im kräftigen Alter. Die meisten Japaner, die längere Zeit in Europa bleiben, finden den Geruch der Europäer anfangs sehr widerlich, nach Monaten aber nicht mehr. Der Geruch soll durch Waschen niemals ganz zu ent fernen sein. Hiel rrnD Gnde. Es streben im Leben so viele Zu leuchtenden Höhen hinan — und kamen mit klingendem Spiele Zuletzt in den Grüften an! Sie wollten den Kranz sich erjagen: Da hat sie das Leben geschleift! Sie wären in besseren Tagen Wohl herrlich zur Blüte gereist! HNWsriftifches. DieHauptsache. „... Mein Lieber, ich rate Ihnen, heiraten Sie Fräulein Müller nicht — sie ist ganz unberechenbar!" „Aber ihre Mitgift doch nicht'?!" (Fl. Bl.) Umschreibung. Onkel: „Sag' 'mal, auf welchem Fuß stehst Du eigentlich mit dem Herrn, den Du soeben gegrüßt hast?" — Neffe: „O, mit dem steh ich bloß auf dem gesetzlichen Zinsfuß I" (Fl. Bl.) Ausgleich. Dame (vor dem Souper): „Was, neben den Nordpolfahrer haben Sie mich gesetzt? . . Mich friert jetzt schon!" Hausfrau: „Beruhigen Sie sich, an der anderen Seite haben Sie ja einen Afrikareisenden!" (Fl. Bl.) Bedenkliche Auskunft. „Dort geht der Herr Baron! . . Wie 'sind denn eigentlich seine Ver mögensverhältnisse ? !" „Ausgezeichnet! Der ernährt allein drei Gerichtsvollzieher!" lFl. Bl. Geschäftliches. Erster englischer Lord: „Haben Sie Miß Porkpacker einen Antrag gemacht?" — Zweiter englischer Lord: „Nein, ihrem Vater. Ich hasse es, mit einer Frau geschäftlich zu tun zu haben." Schlecht beleumundet. Der Gemeinevor- steher gibt auf die Anfrage der vorgesetzten Behörde nach dem Rufe des Bauern Hinterhuber sogenden Be- fcheid: „Der ergebenst Requirierte steht in einem sehr schlechten Rus. Er ist mehrfach mit dem Gesetzbuch in Konflikt gekommen. So hat er unter ander'm einen Prozeß gegen die Gemeinde angestrengt und ge wonnen!" 1903. Briefkasten. Sch. in H. Ihre poetische Tätigkeit bringt Sie noch auf Abwege. Sie dichten: Du Mädchen mit dem Locken-Haar, Mit dunklen Augen feurig klar, Du Mädchen mit dem Rosenmund Ich küßt' dich gern zu jeder Stund! — Ich küßt' dich gern zu jeder Stund Auf deinen holden Rosenmund, Schau gern in deine Augen klar, Du Mädchen mit dem Lockenhaar! Die Küsserei wird aber wirklich zu arg ! ! — B. in 9k. So ziemlich haben sie ja die Zahl geraten, es sind aber nicht 27, sondern 30. Deutsch land besitzt 30 Großstädte, d. h. Städte mit über 100 000 Einwohnern. Dieselben sind, nach der Größe genannt: Berlin, Hamburg, München, Leipzig, Breslau, Dresden, Köln, Frankfurt a. M., Magde burg, Hannover, Düsfeldorf, Königsberg i. Pr., Nürnberg, Chemnitz, Stuttgart, Altona, Bremen, Stettin, Elberfeld, Straßburg, Charlottenburg, Barmen, Danzig, Halle, Braunschweig, Dortmund, Aachen, Krefeld, Essen und Mannheim. K. in M. Der junge Mann soll sich an die Klebeanstalt wenden, von wo zuletzt die Maiken herausgegeben worden sind und seine Ansprüche geltend machen. _ Hunne: Limburg-Stirum hat » een jutes Herz un will de notleidenden Mmister unter de Arme steifen, damit se jlünzender nsftreten können. Del wäre ooch sehr erwünscht. Denn brauchte keen Minister zu essen, wat ihm de Sozis in de Suppe brocken, un er Hütte nich mehr nötig, eenen, der von'n Minister wat haben will, mit bloße Redensarten abzuspeisen. Mancher Minister wäre vielleicht ooch denn imstande, seinem Herrn und Meester bei Jelejenheck 'mal reinen Wein emzuschänken, und im Parlament brauchte der Minister die Volksvertreter nich so magere Jerichte uff- tischen. Ick, der Nunne, hab' et aber immer jesagt, bei de Dürftigkeit von unse Minister muß jeden Steuer zahler daran jelegen sind, for ihr Fortkommen zu sorjen. (Ulk). Alraft des Schicksals. Roman von A. von Gersdorff. (Nachdruck verboten.) (22. Fortsetzung.) „Ach! was Sie sagen! Gerade darüber habe ich —" sie stockte und wurde dunkelrot in dem Ge fühl, sich wirklich verschnappt zu haben, „habe ich meine Zweifel gehabt," schloß sie sichtlich verlegen. Aber da kam sie an die Unrechte, wenn sie glaubte, Frau von Anschar ließe sie so einfach ent schlüpfen. „Ihre Zweifel?" fragte sie rasch, „so ganz von selbst? — Nein, das kann doch kaum sein. Sie haben irgend etwas gehört? — Was haben Sie gehört? — von wem? — Ich muß dem auf den Grund gehen — im Interesse meiner Tochter." „O, ich bitte Sie, liebste Anschar, nehmen Sie dock meine Bemerkung nicht so schwer. Ich meinte wirklich nur das Aussehen ihrer Tochter, das ja, wenn ich nun einmal ganz rücksichtslos sprechen soll — geradezu dürftig, heruntergekommen war, oder den Eindruck machte, wie sie da stand — mit der tiefen Sorgenfalte in ihrem Gesicht! Nein, nein, wirklich, so sieht doch keine verheiratete Millionärs frau aus, selbst wenn er am Ende doch nur einfacher Millionär wäre", schloß sie etwas boshaft. Frau von Anschar zuckte die Achseln. „So ganz unrecht haben Sie ja nicht. Ich selbst habe schon Renate getadelt über die Nach lässigkeit ihrer Toilette. Aber —" „Und solch eine Brosche — Liebste! Ich glaube wirklich Perlmutter — als einzigen Schmuck! Die trage ich nicht einmal —" „Ach ja die dumme Brosche! An der hängt sie aber — denn die hat sie von ihrem Vater schon als Mädchen bekommen. Aber domitSie doch wenigstens etwas getröstet fortgehen, über meiner Tochter Dürftig keit will ich tun, was ich kann. Sie sollen zwei Toiletten sehen, die sie mit nach Montreux nehmen wird, und ein paar Schmuckstücke. Den übrigen Schmuck hat sie während ihrer Abwesenheit in einer Bank deponiert. Er ist viel zu reich, ihn im Privat hause zu verwahren." Damit erhob sich Frau von Anschar und schlug den Deckel von einem der größten Koffer zurück, die im Zimmer umherstanden.