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MMckMWM Woche«- und Nachrichtsblatt zugleich GesWs-KnMW sm KHnivrs, RödUImisdorß Kisdorf, Sl. Midieil, Keimichsork, MorieilM u. Wsen. AwtsdlM für den Ktadtrat zu Lichtenstein. --—— ——------------------ Fg, Jahrgang. —-—— -Rr. SS. Sonntag, den 8. März 1903. SiiMMvOSili «S SM RWiilt. ud. Berlin, 6. März 1903. (Nachdruck verboten.) Die Beratung des Reichsschatzamtes, die heute LegonuLN wurde., scheint sich fast ebenso lange ans dehnen zu wollen wie die des Reichsamtes des Innern; denn wenn das heutige Tempo beibehalten wird., kann man sicher aus wenigstens eine Woche rechnen. Zwei Punkte nur kamen Während der ganzen heutigen Mündigen Sitzung zur Sprache: Die Kontingen tierung des Zuckers und die Errichtung der katholisch- theologischen Fakultät in Sraßbnrg. Die Diskussion über die Zuckerkontingentierung regte der konservative Abgeordnete GrafCarmer durch ein Verlangen nach einer diesbezüglichen Vorlage noch in dieser Session an. Die Verhandlung hierüber, in der durch Frei- Herrn von Thielmann und von verschiedenen Seiten des Hauses hervorgehoben wurde, daß die Kontingen tierung nach den Erklärungen Englands und Frank reichs als gleichbedeutend mit einer Prämiierung von der Brüsseler Konvention angesehen werden würde, fand nur wenig Interesse im Hause und war ziemlich eintönig. Ganz anders gestaltete sie sich, als der Abgeordnete Sattler (natl.) die Dis kussion auf die katholisch-theologische Fakultät in Straßburg lenkte, deren Errichtung damals einen heftigen Widerstreit der Meinungen im Lande her vorgerufen hatte. Heute wurde diese Frage von neuem aufgsrollt und mit großer Ausführlichkeit erörtert. Dis Rechte griff dabei gar nicht in die Erörterung ein. Das Zentrum dagegen und die Parteien links von ihm beteiligten sich dafür mit umso größerem Eifer. Dabei kamen einige überaus interessante Momente zu Tage. Der Abgeordnete Freih. v. Hertling (Ztr.), der bei der Errichtung der Fakultät den Vermittler mit Rom gemacht hatte, gab nähere Mitteilungen über den Gang der Ver handlungen und zog schließlich den streng logischen Schluß, daß eigentlich die theologischen Fakultäten beider Konfessionen nicht an die Universitäten ge hörten, wenn diese lediglich Stätten der freien voraus- fetzungslosen Forschung sein sollten. Die Aus führungen des Freiherrn v. Hertling waren von einer so ruhigen, sachlichen Klarheit, wie man sie bei seinen Fraktionsgenossen selten findet, besonders nicht, wenn es sich um Fragen konfessioneller Natur handelt. Das zeigte sich auch wieder darin, daß der Ab geordnete Spahn den wenig glücklichen Versuch machte, das Vorgehen des Bischofs Korum in Trier als ein vollkommen berechtigtes zu verteidigen. Hieran knüpfte sich sofort wieder eine Erörterung über die Trierer Vorgänge, die, wenn auch nicht bis zu der dramatischen Bedeutung wie im Preußischen Abgeordnetenhause sich erhebend, so doch mit ziem licher Erregung geführt wurde. Welche Erregung die Vorgänge im äußersten Westen unseres Vater landes hervorgerufen hat, geht schon daraus hervor, daß von liberaler Seite die Befürchtung eines neuen Kulturkampfes ohne Umschweife ausgesprochen wurde. Im allgemeinen nationalen Interesse ist nur zu wünschen,daß dieseBefürchtuug nicht inErfüllung geht. Politische Rundschau. Deutsches Reich. * Die exzentrischeGroßherzogin. Mit erschreckender Deutlichkeit berichten die „L. N. N." über den jüngsten Hofskandal am Mecklenburg- Schweriner Hofe: In hohen Kreisen waren die Exzentrizitäten der Großherzogin Anastasia längst bekannt und man wundert sich keineswegs darüber, daß ihr einmal ein Malheur passiert ist; höchstens staunt man darüber, daß sich die Sache zu einem öffentlichen Skandal ausgewachsen hat. Die Großherzogin hat in ihrer ganzen Lebensführung nur wenig von ihrer mütterlichen Herkunft erkennen lasten und ist ihrem Vergnügen immer mit echt russischer Ungebundenheit nachge gangen. Ihre Mutter war bekanntlich die verstor bene Prinzessin Cäcilie von Baden, eine Schwester Großherzog Friedrichs, deren ältester Sohn Michael, durch seine Verheiratung mit der Gräfin Merenberg, Puschkins Enkelin, jene Katastrophe in dem Leben der großfürstlichen Familie herbeiführte. Die Mutter, die Taute Alexanders III., die dem zürnenden Zar im Jntereffe ihres schwer gemaßregelten, aus der Kaiserlichen Familie und dem Heere ausgestoßenen Sohnes gegenübertreten wollte, war selbst verbannt worden und starb aus der Reise nach der Krim eines plötzlichen Todes im April 1891. Großherzogin Anastasia ist auch eine Großnichte Kaiser Wilhelm I., dessen Schwester, die Kaiserin Charlotte von Ruß land, Gemahlin Nikolaus I., ihre Großmutter väter licherseits gewesen ist. Die Großherzogin pflegte namentlich die Lawn-Tennis-Turniere mitzumachen und erschien dann gewöhnlich in Begleitung eines Grafen Voß, unter dem man sich den russtschchen „Würdenträger" vorzustellen hat, der jetzt urplötzlich zum morganatischen Gemahl avanciert sein soll. * Die bereits angekündigte Verwendung deutscher Offiziere bei der Reorganisation der Gendarmen in Macedonien wird an offizieller Stelle bestätigt. Die in Aussicht genommenen Offiziere müssen der belgischen Sprache mächtig sein. Zur Verwendung dieser Offiziere ist die Zustimmung erteilt worden. An der Zustimmung Oesterreichs und Rußlands wird nicht gezweifelt. Holland. * Aus dem Lager der holländischen Eisenbahner wird ein Massenabfall der konfes sionellen Arbeiter gemeldet, welche zur Kündigung der Organisationsmitgliedschaft ge schritten sind. Frankreich. * Der Senat verhandelte über eine Inter pellation über den Gesundheitszustand in der Armee. Treille legte dar, daß in der französischen Armee in sanitärer Hinsicht große Mängel bestehen, namentlich wenn man einen Vergleich mit der deutschen und der englischen Armee ziehe. Deutschland befinde sich infolge feiner hohen Geburts- und Bevölkerungs ziffer im Vorteil. Frankreich sei genötigt, von 293 000 jungen Leuten 207 000 in den Dienst zu stellen, während Deutschland bei 500000 Gestellungs pflichtigen eine bessere Auswahl treffen könne. Die deutschen Truppen seien deshalb wider standsfähiger als die französischen. Auch seien die deutschen Kasernen gesünder einge richtet. Der Redner verbreitete sich eingehend über die Ursachen dieser Mängel und wies schließlich die Notwendigkeit nach, ein ausreichendes Sanitätskorps zu organisieren und zahlreiche Militärhospitäler zu schassen. Italien * Das Befinden des Papstes ist derart günstig, daß er bereits am Montag die Pilger-Empfänge wieder aufzunehmen gedenkt. England. * London. Die Morgenblätter beschäftigen sich sämtlich mit dem Beschluß, eine neue Flotten basis an der schottischen Küste zu errichten. Die Blätter geben unumwunden zu, daß die Pläne gegen Deutschland gerichtet sind. Der neue Operationsort ist vom nächsten deutschen Kriegshasen, Wilhelms haven, 700 Kilometer entfernt. * London. Die liberalen Blätter drücken die Hoffnung aus, daß sich die Meldung bestätigt, daß der Mullah von englischen Truppen umzingelt sei, und erwarten die Nachricht von dessen Ge fangennahme. Aus Stadt und Land. Lichtenstein, 7. März. * —- Hansbesitzerversin. Der hiesige Haus besitzerverein beschloß in feiner letzten Versammlung, ein Gesuch an den Kirchenvorstand zu richten, in welchem der Bitte Raum gegeben wird, daß zur Beförderung der Leichen nach der Friedhofshalle ein Neberführungswagen beschafft werden möge. Genannter Verein erklärt sich zugleich bereit, 50 M. zu den erforderlichen Kosten beizutragen. Begründet wird das Gesuch damit, daß durch die Beförderung Verstorbener, welche zunächst in der Totenhalle unter gebracht werden sollen, in dem sogenannten Leichen-- korb von jeher mancherlei Unzuträglichkeiten, in ein zelnen Fällen sogar Acrgernis erregende Vorkomm nisse herbeigeführt worden sind. Vor allen Dingen aber wird das Pietätsgefühl der betreffenden Ange hörigen durch diese nicht mehr zeitgemäßige Beför derungsart schwer verletzt. Man hat die letztere daher in verschiedenen anderen Städten schon längst abgetan. (Diese Anregung ist freudig zu begrüßen, und steht es wohl außer allem Zweifel, daß dieselbe bei dem verehrl. Kirchenvorstand entgegenkommend behandelt und auch baldige zufriedenstellende Er ledigung finden wird. D. R.) — Weiter wird in dem Gesuch der Kirchenvorstand darum gebeten, auf dem Friedhöfe an geeigneter Stelle in der Nähe der Parentationshalle eine Bedürfnisanstalt zu er richten, da der Mangel einer solchen sich bei jedem Begräbnis empfindlich fühlbar macht, namentlich auch in sittlicher Hinsicht. (Schon vor längerer Zeit ist eine derartige Anregung im Sprechsaal unseres „Tageblattes" gegeben worden. Wenngleich damals von gewisser Seite die Zusicherung gegeben wurde, daß dieser Frage näher getreten werden sollte, scheint dieselbe doch bisher geschlummert zu haben. Es ist daher als dankenswert anzuerkennen, daß der hiesige Hausbesitzeroerein ebenfalls Veranlassung nimmt, Uebelstände beseitigen zu helfen, die in verschiedenen Städten mit gleicher und geringerer Einwohnerzahl als Lichtenstein schon längst für abgetan gelten. Auch die Bedürfnisanstaltsfrage wird der verehrl. Kirchenvorstand prüfen und hoffentlich bald zu der vollständigen Ueberzeugung gelangen, daß es ein Ausweichen nach der einen oder anderen Seite wohl kaum mehr giebt. D. R.) * — Die Kostenberechnung in Baupolizei- fachen. Das Königliche Ministerium des Innern hat wahrzunehmen gehabt, daß die Bestimmungen im 10. Abschnitt des Allgemeinen Baugesetzes vom 1. Juli 1900 über die Kostenberechnung i n B a n Polizei sachen von den einzelnen Baupolizei-Behörden eine sehr verschiedene und zum Teil offenbar u u - richtige Auslegung erfahren. Zunächst wird vom Ministerium in der hierzu ergangenen Verordnung darauf hingewiesen, daß für die behördlichen Besichtig- tigungcn eines in der Herstellung begriffenen Baues einschließlich der in ß 161 des Gesetzes vorgeschriebenen Schlußbesichtigung lediglich die in W 166, 167 Abs. 2, 169 vorgesehene einmalige Besichtigungsgebühr zu er heben ist. Eine besondere Kostenberechnung auf Grund von Z 175 Abs. 1 kann in diesen Fällen daneben nicht in Frage kommen. Weiter wird bemerkt, daß Gebühren der festangestellten Sachverständigen, als insbesondere des Bausachverständigen und des Bezirksarztes in Bau polizeisachen den Bauherren und G.'bäudeeigentümern unter keinen Umständen, also insbesondere auch nicht in den Fällen von K 175 Abs. I des Gesetzes anzusinnen sind. Das Gesetz geht davon aus, daß die Tätigkeit dieser Sachverständigen mit zur Gesamttätigkeit der Baupolizeibehörde gehört und das von dieser zu er hebende Gebühreubauschquantum mitvergütet wird. Endlich wird die in Z 173 festgesetzte Gebühr nur bei Genehmrgung des Bebauungsplanes erhoben. Wird die Genehmigung abgelehnt, so sind hierfür über haupt keine Gebühren, auch nicht auf Grund von Z 175 Abs. I zu berechnen. * — Aus Anlaß eines besonderen Falles hat das Ministerium darauf hiugewiesen, daß die Verwendung von Ueberschüsseu einer Sparkasse zur Tilgung von Schulden grundsätzlich zu beanstanden sein würde und daß das Ministerium seit langer Zeit davon aus gegangen ist, und in den Sparkassen zum Aus druck hat bringen lassen, daß erst, nachdem der Reserve fonds von 10 Prozent des Gesamteinleger - Guthabens erreicht hat, die Sparkassenübcrschüsse zu wohltätigen oder zu örtlichen gemeinnützigen Zwecken Verwendung finden dürfen. („L. T.") * — Die am I. April 1903 fälligen Zinsscheine der Hypothekenpfandbriese Serie I, V und Va der Sächsischen Bodenereditanstalt in Dresden werden nach einer im Jnsecateil unserer vorliegenden Nummer befindlichen Bekanntmachung bereits vom 16. März d. I. ab bei sämtlichen Pfandbrief-Verkaufsstellen eingelöst. * — Eine interessante historische Reminis zenz aus Stollberg i. E. findet das „CH. Tgbl." in der „Zeitung für die elegante Welt" aus dem Jahre 1803. Unter der Ueberschrijt „Justizfall in Kursachsen" schrieb dieselbe: „Handlungen der Gerechtigkeit haben mehr Anspruch aus Publizität zu machen, als die oft