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Woche»- und Nachrichtsvlatt zugleich ßcMK-KWcr sm Kotzdms WdH, Amisdorf, Sl. Lgidim, LemnHsmt, Ammin nn!> M«. Amtsblatt für den Stadtrnt zu Lichtenstein. ——— ——— . > --—- — 45. Jahrgang. ———— — —— — Nr. 302. s<-n!--A.A«,«,us Dienst««, den 3t. Dezember 1895. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 2b Pfennige. — Einzelne Nummer 10 Pfennige — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene KorpuSzeiA oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. WMNNtWRchKW, die Jnvaliditäts' uud Altersversicherung vo« Hausgewerbe treibenden der Textil-Judustrie betreffend. Der unterzeichnete Stadtrat hat beschlossen, gemäß Ziffer 9 Absatz 2 der Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 1. März 1894 (Reichsgesetzblatt Seite 324) denjenigen Fabrikanten und Faktoren, welche ihren Betriedssitz im hiesigen Stadtbezirke haben, rücksichtlich der Jnvaliditms und Altersver sicherung der von ihnen mit W berei oder Wirkerei beschäftigten HauSgewe, be treibenden die Verpflichtungen der Arbeitgeber nach Maßgabe des R.ick^ gesetz-s, betreffend die Jnvattditüts- und Altersversicherung vom 22. Juni 1889 anfzuerlege«. Zu Ausführung dieser Anordnung wird hierdurch Folg,«des bestimmt, beziehentlich bekannt gemacht: 1 ., Die obengenannte Beipflichtung, welche sich übrigens nur auf die Hausgewerbetreibenden ielbst, nicht auf deren Hilfsarbeiter bezieht, tritt am I. Januar L8Ä>6 in Kraft. 2 ., Von diesem Tage an haben die Arbeitgeber (Fabrikanten, Faktore), die Versicherungsbeiträge für die von ihnen beschäftigten Haosge werbetre'bendcn ihrem vollen Betrage nach an die für die Be triebsstätte Des letzteren zuständige Hebestelle abzu- führen; dieselben sind j doch berechtigt, dei der Lohnzahlung die Hälfte der Beiträge nach Z 109 Absatz 3 des Gesetzes in Abzug zu bringen. Desgleichen haben die Arbeitgeber die von ihnen beschäftigten ver- acherungspfttchtigen Hausgewerbetreibenden gemäß der Sächsischen öerorbuung vom 28. März 1894 «ntr ä (Gesetz- und Berorduungs v - t Seite 104) und Z 11 der Sächsischen Ausführungsverordnung ?. Mas 1890 (Gesetz. und VcroidnungLblatt Seite 69), be- . i . - ,ch der auf Grund derselben erlassenen örtlichen Regulative, -tens am dritten Tags nach Beginn der Beschäftigung bei der sie Betriebsstätte des Hausgewerbetreibeudeu zu ^-dige« Hebestelle anzumelde» und spätestens am dritten .oge nach Beendig' ng des ArbettSvmhältnifses Wiede! abzumelde« Wntllüjk StaSiömlöUten-SitzWg zu Lich len st eis vom 28. Dezember 1895 Zu der heutigen letzten öffentlichen Stadtver ordnetensitzung in diesem Jahre waren 1^ Kollegiums- mitglieder erschienen; Herr Apel hatte sich infolge Krankheit entschuldigt. Vom RatZkollegium war Herr Stadtrat Beyer lein anwesend. Eröffnung der Sitzung: 8 Uhr. Da vor Eintritt in die Tagesordnung sich Nie mand zum Wort meldete, konnte sofort in dis Be ratung derselben eingeireten werden. 1) „Beschlußfassung in einer Pensionsangelegen heit". Die Witwe des verstorbenen städtischen Straßenmeisters Johann Friedrich Jander, welch letzterer 240 Mar? Pension bezog, hat an den hie sigen Stavtrat ein Schreiben gerichtet mit der Bitte, auch ihr einen Teil der Pension ihres verstorbenen Mannes fortzugewähren. Der Rat entsprach der Gesuchstellerin insoweit, als derselben vom 1. d. M. ab pro Monat 6 Mark bewilligt wurden, und zwar so lange, bis es möglich sein wird, die Witwe im Hospital zum Heiligen Kreuz oder in irgend einem anderen Stifte untsrzubringen. Das Kollegium trat dem stadträckichen Beschluß bei. 2) „Kenntnisnahme einer Mitteilung des Stadt rats in Angelegenheiten der Trichinenfchau". Das Kollegium bleibt auch heute betreffs dieser Angelegen heit auf seinem am 8. November gefaßten ablehnen den Beschluß stehen. 3) „Justifikation d-r Schul- und Sparkassen- rechnung". Beide Rechnungen sind in allen ihren einzelnen Teilen geprüft und für richtig befunden worden, und konnte deshalb über beide die Justi fikation ausgesprochen werden. 4) „Vortragserstattung in einer Schulangelezen- heit, ev. Beschlußfassung hierüber". Von Herrn Schuldirektor Poenicke lag ein Schreiben vor, in welchem u. a. ausführlich klargelegt ist, daß einige Klassen der hiesigen Bürgerschule von Kindern über füllt sind, und die Aufstellung des Stundenplanes immer auf große Schwierigkeiten stoße, ebenso auch die erforderlichen Klassenzimmer unzureichend sind. Durch Uebergehung von dem sechsklassigeo auf das DieA»meldu«gderam1.J«n»rarI8NC bereits beschäftigte« Hausgewerbetreibende» hat spätestens bis zum 4. IttMV 18N6 zu erfolgen. 4 ., Findet die Beschäftigung nicht während der ganzen Kalenderwoche bei demselben Arbeitgeber statt, so ist derjenige Arbeitgeber, welcher den Hausgewerbetreibenden zuerst beschäftigt, nach Z 100 Absatz 2 des Gesetzes zur Anmeldung und Beitragszahlung verbunden. Doch sind solche versicherte HauSgewerbetreibenve, welche nicht in einem regelmäßigen Arbeiteverhältnisse zu einem bestimmten Arbeitgeber stehen, nach Z 111 des Gesetzes in Verbindung mit Z 25 des Sta tuts der Versicherungsanstalt für das Königreich Sachsen auch be rechtigt, die Versicherungsbeiträge statt der Arbeitgeber selbst an die zuständige Hebestelle im voraus zu entrichten und gegen Abgabe der von letzterer ausgestellte« Quittung die Hälfte des vollenttrchteten WochenbeitragS vor, dem zur Entrichtung der Beiträge verpflichteten Arbeitgeber zmückzuverlavgen. 5 . Solche versicherungspflichiige Hausgewerbetreibende, welche für au ßerhalb des hiesigen Stadtbezirks wohnhafte Fabrikanten und Faktore arbeiten, haben — solange nicht die letzteren von der für sie zustän digen Verwaltungsbehörde zur Anmeldung und Entrichtung der Bei träge verpflichtet werden, wie dies bereits von der Königlichen Amts- hauptmamffchaft Glauchau, Zwickau und Chemnitz verfügt warben ist — ihre An- und Abmeldung, sowie ihre Beitragszahlung nach wie vor selbst zu bewirken. 6 ., Soweit Hausgewerbetreibende versicherungSpflichiige Hilfsarbeiter: beichä Ligen, liegt die Entrichtung der Beiträge für die letzteren, sowie deren An- und Abmeldung den Hausgewerbetreibenden selbst ob. 7-, Zuwiderhandlungen werden nach den einschlagendeu Strafvorschriften bestraft. Lichtenstein, am 9. November 1895. Der Stadtrat. Lange. Bm. Siebenktaffen-System würde diesem Uebelstande we« nigsttus vorläufig entsprochen werden. Eine Ausgabe für von den Herren Leitern zu gebende Ueberstuvden würde sich auf ca. 800 Mark belaufen. DaS Kol legium ist allenthalben von dem wohldurchdachten und unbedingt notwendigen Vorschlag resp. Antrag überzeugt und giebt hieizu einstimmig seine Geneh migung, in der Voraussetzung, daß auch das Rats- kvllegium sich hierzu ebenfalls zustimmend verhalten möge. Schluß der öffentlichen Sitzung: 9 Uhr. Hierauf: Geheime Sitzung. Das Jahr L8SS (Nachdruck verboten.) Das Jahr 1885 gehört der Geschichte an. Nicht gleich mäßig wird das Urteil über die Ereignisse lauten, welche es gebracht hat. Der europäische Friede war nicht ernstlich bedroht, wohl aber stiegen hier und da Wolken auf, welche ein einmütiges Zusammenwirken der Großmächte erforder lich machten, um sie zu zerstreuen, und in dieser Thätigkeit hat sich der große Friedensdreibund, Italien, Oesterreich- Ungarn und Deutschland, wohl verdient gemacht. Von dem Zweibund der „Alliance Lranco-russe" können wir natürlich nicht sagen, daß sie uns besondere Freundschaftsbeweise hat zu Teil werden lassen, das verlangen wir auch nicht, aber wir können anerkennen, daß sie wenigstens nicht ernstlich bestrebt war, die schon vorhandenen Wirren noch zu ver größern. Rußland hat nun allerdings in der Angelegenheit der ostasiatischen Intervention im Kriege zwischen China und Japan ein Bein zu stellen versucht, ist aber damit abgeblitzt. Geschämt haben sich die russischen Diplomaten darob freilich nicht, aber so etwas wie Entschuldigung ist gefallen, als im > letzten Herbst der russische Minister des Auswärtigen, Fürst - Lobanow, nach Berlin kam und dem deutschen Kaiser seine j Aufwartung machte. Sind die Diplomaten also wohl mit dem letzten Jahre s zufrieden, so ist der Bürgersmann noch immer nicht so recht von Herzen froh. Manche industrielle Brauchen haben eine leise Besserung zu verzeichnen, andere hoffen auf eine solche im neuen Jahr 1896, wieder bei anderen ist alles wesentlich in der alten Verfassung geblieben. Hingegen haben Hand werk und Kleingewerbe noch immer sehnlichst eine Besserung gewünscht, uud andauernd ernstlich geklagt haben die Land wirte. Zum Frühjahr von 1895 schien es, als ob die Ge- treideprelse denn doch etwas anziehen wollten. Der Roggen preis war nicht allzuweit mehr vom Satze von 150 Mark pro Tonne entfernt. Aber ein Umschlag vollzog sich dann in wenigen Wochen und die Brotkornproduzentcn konnten für die neue Ernte nur recht mäßige Preise erzielen. Man cher Landwirt hat ja den Wunsch, eine intensive Wirtschaft ooer aber andere Kulturen einzuführen, indessen hierzu fehlt es nur zu häufig an Geld, Mögen hier vor allen Dingen bald bessere Zeiten kommen. Unser Reichstag arbeitete nach dem Rücktritt des Reichs kanzlers von Caprivi im Herbst 1894 zum ersten Male ernst lich zusammen mit dem Fürsten Hohenlohe. Der dritte deutsche Reichskanzler und die ihm beigeordneten preußischen Minister gaben sich alle Mühe, die noch von dem Grafen Caprivi herübergekommeneUmsturzvorlage im Reichstage durch- zusetzen, aber das Ende der stundenlangen Debatten war zum Schluß doch uur die völlige Ablehnung dieses heißum strittenen Gesetzes, das von der mit der Vorberatung be trauten Kommission übrigens angenommen war. Es gab also eine Ueberraschung. Seit diesem Ausgang ist der Plan eines neuen Gesetzes gegen die revolutionären Elemente vor läufig fallen gelassen, und die Regierungen begnügen sich mit einer scharfen Anwendung der bestehenden Gesetze. Ein gleiches Schicksal, wie die Umsturzvorlage hatte auch der vom preußischen Finanzmintster Dr. Miguel aus gearbeitete Gesetzentwurf zur Herbeiführung einer Einanz- reforni im Reiche. Eine beträchtliche Minderheit im Reichs tage war sür das Projekt, aber die Mehrheit war nicht da für zu gewinnen, trotzdem eine ganze Reihe von Ministern aus deutschen Bundesstaaten dringend die Annahme im Hin blick auf ihre heimatlichen Finanzverhältnisse empfahlen. Die Finanzreform hatte also das gleiche Schicksal wie die neuen Reichssteuergesetze, sodaß also infolge der letzten großen Mi litärvorlage, welche uns die zweijährige Dienstzeit für die Infanterie brachte, bisher nur die bekannte Erhöhung der Börsensteuer neu gekommen ist. Und die giebt recht gute Erträge, ohne doch den breiten Volkskreisen den Kopf warm zu machen. Im letzten Jahre hat sich die Finanzlage im Reiche aebessert, sodaß in der neuen Session von allen finanziellen Vorlagen völlig Abstand genommen ist. Im Interesse der Landwirtschaft beschlossen der Reichstag, wie auch das preußische Abgeordnetenhaus, mehrere Vorlagen, aber die große Bewegung der Landwirte erachtete das Dar gebotene nicht für genügend, und so drehte sich denn in so mancher Neichstagssitzung wieder der Kampf um den konser vativen Antrag des Abg. Grafen Kanitz, welcher bekanntlich für ausländisches Getreide ein Reichsmonopol einführen will. Der Antrag war zuvor schon im preußischen Staats rat unter dem persönlichen Vorsitz des Kaisers abgelehnt, uud im Reichstag war das Resultat der Abstimmung, der eine Erklärung des Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe vor ausging, kein anderes. Im neuen Reichstag ist der Antrag indessen wiederum eingebracht und zugleich eine Aenderung unserer Währung als eine landwirtschaftliche Hauptforderung aufgestellt. Auf große Thaten konnten die Reichstagsabge- ordnelen gerade nicht Hinweisen, als sie nach Hause kamen, sie konnten nicht einmal von einem fleißigen Besuch der Sitzungen berichten, der recht schwach vielmehr war, und so ist denn wenigstens in der neuen Session manches für den deutschen Mittel- und Bürgerstand wichtige Gesetz einge bracht. Von der laufenden Reichstagssitzung darf man da her etwas Besseres erhoffen, als von der letzten. Eine sehr lebhafte Bewegung knüpfte sich an den 80. Geburtstag des Fürsten Bismarck, dem zu diesem seinen