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an den Bürgermeister „au Hatllllaus" LlmEn einen Brief gerichtet, der, wie das dortige Tageblatt meldet, in der Uebersetznng wie folgt lautet: „Mein Herr! Als Teilnehmer am Artistisch-Litterarischen Inter nationalen Kongreß, dem Sie einen so herzlichen Empfang bereitet haben, hatte ich am 22. September das Vergnügen, in Ihrer Stadt zu verweilen und war so keck, ein kleines, aber nicht gelungenes Augen blicksbild von zwei Ihrer reizenden jungen Mädchen aufzanehmen, die uns bei der Landung mit Wein und Blumen bewillkommneten. Sie kennen sicherlich diese jungen Damen und haben gewiß die Freund lichkeit, ihnen in meinem Namen dies kleine, freund schaftliche Andenken zu übermitteln. Ich persönlich bewahre die Erinnerung an den köstlichen Empfang, den wir bei Ihnen gefunden haben, und ich bitte Sie, den Ausdruck meiner herzlichsten Grüße zu ge statten." — Dieser freundliche Brief ist aus dem Landhause des Schreibers in Argenteuil bei Versailles, 3 ruo äss Lpiusttss, datiert und ihm sind die beiden Momentaufnahmen beigefügt, welche die Widmung tragen: Auf Ihr Wohl, Fräulein! Laon Bienvenu. Da der gegenwärtigeStellvertreterdesBürgermeisters, Stadtrat Rothe, die Namen der von Herrn Bien venu photographierten Damen nicht kennt, so hat er die Angelegenheit dem Vorsitzenden des damaligen Ausschusses übergeben, der die Photographien an die Empfängerinnen, für die sie bestimmt sind, gelangen lasten und den Absender hiervon benachrichtigen wird. 8 Aus dem Leven eines Volkszählers wird dem „Sor. Wchbl." Folgendes mitgeteilt: Beinahe einen Einwohner weniger konnte bei der Volkszählung am 2. Dezember So rau haben, denn als der Zähler im Bezirk 67 seines Amtes walten und zur Empfang nahme der Zählpapiere eine Dachstube betreten wollte, fand er diese verschlossen. Bei näherer Um- schau entdeckte er den Wohnungsinhaber, wo aber Wie? Er hatte sich mittels einer Waschleine an einer Dachlatte erhängt. Da der Zähler noch Lebens zeichen zu entdecken glaubte, wurde mit Hilfe des Wirtes der Lebensmüde aus der Schlinge befreit. Die Wiederbelebungsversuche waren von Erfolg, der Mann konnte gezählt werden. — Folgendes Bolks- zählungskuriosum wird aus Stettin berichtet: Eine alte Dame, die ihren Hund natürlich zärtlich liebt, hat es für nölig erachret, eine Zählkarte für diesen Gefährten ihrer Einsamkeit auszufüllen. Diese Karte lautet: Vor- und Familienname: Maxi. Geschlecht: männlich. Alter: geb. im Oktober des Jahres 1895. — Familienbestand: ledig. Relnions- bekenntnis: —. Staatsangehörigkeit: D. Hauptbe ruf: „Hausfreund." Möge Maxi ihr lange erhal ten bleiben! 8 Ein guter Witz wurde dieser Tage in einem Arnstädter Lokal gemacht. Einer der dort bei einer gemütlichen Weinkneiperei beteiligten Herren kam nämlich tu fröhlicher Laune auf den Einfall, sich heimlich vom Kellner ein Glas Essig geben zu lassen, mit dem er nun durch Vertauschen gegen Wein mehrere Herren gründlich hineinlegte. Als aber die Sache bei den Pokulierenden nicht mehr ziehen wollte, da jeder vorsichtigerweise erst sein Riechorgan in Thätig- keit setzte, ehe er die Kehle feuchtete, beschloß man, den Wirt selbst einmal anzuöden. „Rufen Sie 'mal den Wirt!" wurde dem Kellner besohlen. Hurtig eilt der Herr Gastrat herbei, um sich nach den Wün schen seiner Pflegebefohlenen zu erkundigen. „Aber Herr Wirt, das soll Winkler Hasensprung sein, kosten Sie doch selbst einmal, wie sauer das Zeug ist!" Nichts ahnend setzt der Wirt das Glas an den Mund und nimmt einen festen Schluck. Zwar verzieht sich sein Gesicht sofort in Mitleid erregender Weise, und man sieht, wie der edle Saft seinen Gaumen peinigt. Aber daß er Essig getrunken hat, ahnt er doch nicht, Auf den Wogen des Lebens. Roman aus dem Englischen von A. Nicola. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Es gelang Ihnen glänzend; Miß Vernon. Sie sind wahrhaftig zur Schauspielerin geboren und unsere Verkleidung, das wußte ich schon voraus, konnte uns nicht verraten, selbst einem so klugen und schar fen Auge nicht, wie Ihr Bruder es besitzt." „Mein alter, guter Wilford, wie schändlich, ihn so zu hintergehen!" meinte Olive. „Bitte sagen Sie dem Kutscher, er solle schnell fahren — ich habe keine Zeit mehr zu verlieren." Nach wenigen Minuten hielt der Wagen vor Holmarks Bureau, aus dem eine Viertelstunde später Aubrey Delaware und Olive Vernon heraustraten, sich die Hände reichten und auseinander gingen, sie, um vor Tisch noch eine Unterrichtsstunde zu geben; er, um mit ernster Miene und umwölkter Stirn die Schritte heimwärts zu lenken. Olives liebes Ge sicht und ihre sanfte Stimme schwebten ihm unauf hörlich vor, und Doktor Vernons Irrtum — Ma dame, Ihre Frau Gemahlin vermutlich — wollten ihm nicht wieder aus dem Sinn kommen. 10. Kapitel. Kurze Zeit, nachdem Olive mit ihrem Chef jenen lustigen Streich ausgeführt hatte, trat Albert Mordaunt, der seine Verwandten jetzt häufig besuchte, eines Abends in daS Wohnzimmer der Geschwister, wo er außer diesen auch Delaware und besten Mutter fand. und auf seinen Wein darf er doch nichts kommen lassen. Mit heroischem Mut bringt er also seine Mienen wieder in Ordnung und meint dann mit dem Tone gekränkter Unschuld: „Na an dem Weine ist doch nichts auSzusetzen!" 8 Papenburg, 9. Dez. Schon seit geraumer Zeit werden in den an der Nordseeküfte gelegenen Städten wie Wilhelmshaven, Aurich, Norden u. a., Versuche gemacht, die Ebbe und Flutströmung des Meeres zur Gewinnung von Elektrizität für Kraft und Licht dienstbar zu machen. Anfangs hat man sich diesen Versuchen sehr zurückhaltend gegenüber gestellt und eine Ausführung der Pläne für unmög- lich gehalten. Nach neueren Feststellungen soll je doch eine Realisierung der Projekte außer allem Zweifel stehen, und haben sich bereits namhafte Elek trizitätswerke bereit erklärt, bei der nötigen Unter stützung seitens der interessierten Bevölkerung, der artige Anlagen für Beleuchtung und Betrieb von Maschinen herzustellen. Für hiesige Stadt, die in ihrer holländischen Bauart eine Länge von circa 2fls Stunden hat, plant eine süddeutsche Firma aus der starken Ebbe- und Flutströmung der Ems ein elektrisches Werk für Kraft und Licht herzustellen. Die im Januar künftigen Jahres stattfindenden Vor arbeiten werden ergeben, ob das Projekt durchführbar ist. Störend dürste der Umstand sein, daß durch die Schleusenanlagen des Doctmund-Emskanals die Strömung der Ems wesentlich behindert wird und so eine ergiebige Kraft nicht erzielt werden dürfte. — Am 7. Januar k. I. wird in Emden, dem Sitz des großen überseeischen Telegraphenamtes, das dem Generalpostmeister von Stephan gesetzte Denkmal eingeweiht werden. Der Bildhauer Küsthardt aus Hannover, der Schöpfer des Denkmals, ist zur Zeit mit der Aufstellung desselben, Bronzebüste auf einem Granitsockel, beschäftigt. Die Büste ist sehr lebens wahr ausgefallen. 8 Bremerhaven, 11. Dez. Die norwe gische Bark „Karnak" aus Farsund, von Sunderland nach Buenos-Ayres mit Steinkohlen und Ziegel steinen unterwegs, wurde in sivkendem Zustande von dem Fischdampfer „Minna" in der Nordsee ange troffen. Letzterer nahm sieben Mann der Besatzung der sinkenden Bark an Bord und landete dieselben hier. Der Kapitän und die übrige Mannschaft hatten das Schiff in einem Schiffsboote verlassen; über ihr Schicksal ist nichts bekannt. ZSpremberg, 11. Dez. Die bedeutende Hutfabrtk von Paul Heimberger brannte total nieder. Viele Arbeiter sind brotlos, der Schaden beläuft sich auf ca. 200,000 Mark. Z Hirschberg i. Schl., 11. Dez. Am Mon tag abend wurde auf der Bollenbainer Chaussee der Zrmmsrgeselle Max Göbel aus Maiwaldau durch 2 Schüsse in den Rücken meuchlings ermordet. Göbel war hier bei einem Maurer- und Zimmermeister be schäftigt und die That ist ausgeführt worden, als sich Göbel auf dem Heimwege von der Arbeit befand Raubmord liegt nicht vor, cs scheint sich vielmehr nm einen Racheakt zu handeln. Der Thater ist noch nicht ermittelt. 8 Ein Ofen, welcher neben der Heizung noch den elektrischen Strom zur Zimmer-Beleuchtung liefert, ist von dem Physiker Dr. Giraud in Chan tilly erfunden worden. Das Intern. Patentbureau von Heimann und Co. in Oppeln schreibt uns über diese originelle Erfindung folgendes: Der thermo elektrische Ösen erscheint von außen als ein cylin- drischer, mit Rippen versehener Heizofen. Die Rip pen dienen zur reichlichen Wärmeausstrahlung nach außen und zur Beförderung der Luftzirkulation im Zimmer. In dem Hohlraume, der durch den inneren und äußeren Ofenmantel gebildet wird, befinden sich „Wie geht es Euch, Kinder?" rief er freund lich und fuhr, nachdem er ihnen die Hand gereicht hatte, fort: „Sieh da, Mr. Delaware, das freut mich." Dann ließ er sich mit dessen Mutter bekannt machen und setzte sich an Lauras Seite. „Bitte, lassen Sie sich in Ihrer Mufik nicht stören, Sie waren alle am Klavier. Was wurde denn gespielt und gesungen?" „Wir haben Schumanns Dlchterliebe hier," ant wortete Olive, die jetzt wieder am Klavier saß und präludiert, worauf Delaware mit seinem weichen vollen Tenor einfiel. Er sang mehrere Nummern vom herrlichen LiedercykluS und erst als er geendet und Alle ihm ihren Dank und ihre Bewunderung ausgesprochen hatten, flüsterte Mordaunt Laura den eigentlichen Grund seines Kommens zu, während Olive ein Lied ohne Worte spielte. „Ich wollte Euch Adieu sagen, weil ich auf einige Zeit verreisen werde," sprach er. „Du willst verreisen, Onkel?" „Ja, nach Borrowdale in Blankshire." „Borrowdale!" wiederholte Laurau sinnend, indem sie sich in ihrem Stuhl zurücklehnte. „Ich möchte einen alten Bekannten, Doktor Cornwall, einmal Wiedersehen und ein paar Tage mit ihm zusammenbleiben." Laura wurde totenbleich und hastig preßte sie die Hand auf das Herz. Niemand bemerkte es, nur ein Paar tiefe, graue Augen, denen selten etwas entging, sahen, welch heftige Gefühle sie bewegten. Geräuschlos trat Delaware hinter ihren Stuhl, beugte sich mit anscheinender Gleichgültigkeit über die Lehne zu ihr nieder und fragte leise: die Elemente der thermo-elektrischen Säule in Ringen übereinander angebracht, so daß sie den Ofen in der ganzen Höhe umgeben. Jedes dieser Elemente be steht aus einem flachen Stück Nickel« oder Weiß blech und einer Legierung, die in der Hauptsache aus Antimon und Zink unter Hinzufügung geringer Mengen anderer Metalle zusammengesetzt ist. Die Mischung ist so gewählt, daß die Stücke die nötige Festigkeit und Haltbarkeit erhalten. Auf die richtige Zusammensetzung dieser Legierung wird besonderer Wert gelegt. Solch ein thermo-elektrischer Ofen mit Nickelelementen produziert angeblich eine elckto- motorische Kraft von 40 Volt und eine Stromstärke von 4 Ampere. Die Leistung entspricht dem nor malen Betriebe; bei verminderter Heizung wird die selbe auch entsprechend reduziert. 8 Eine Warnung vor Karbolsäure veröffent licht Prof. Rosenbach.Göttigen in der medizinischen Zeitschrift „Die Praxis". Der Verfasser berichtet über eine Reihe von Fällen, in denen nach Anwendung von schwachen Karbollösungen (das in der Apotheke käufliche Karbolwasser ist Zprozentig, d. h. 100 Gramm desselben enthalten 97 Gr. Wasser und 3 Gr. reine Karbolsäure) zu Umschlägen oft schon nach wenigen Stunden Brand der betreffenden Körperstellen einkrat. Meist handelt es sich um Finger, die auf diese Weise verloren gingen; der Gefahr sind hauptsächlich schwächliche Individuen, Frauen und Kinder, ausgesetzt. Es ist dieserhalb bereits von anderer Seite vorgeschlagen worden, die Abgabe von Karbollösungen ohne ärztliche Verordnung gänzlich zu untersagen. Rosenbach hält es für noch wirk samer, wenn außer den Aerzten auch das übrige Sa nitätspersonal, Apotheken, Krankenpfleger, Schwestern, Hebammen, Bader (Assistenz-Chirurgen) von der Ge fahr der Karbolgangrän stetig Kenntnis erhalten. Durchaus notwendig ist cS ferner, daß das Publikum vor dem Gebrauch der Karbolsäure dringend ge warnt wird. * * München, 11. Dez. Der Anführer der Räuberbande, welche seit einiger Zeit die Umgebung von Mainburg in Niederbayern unsicher machte und im November unter anderem einen Karriolpostwagen beraubte, mit Namen Johann Leidig, ist bei Main burg festgensmmen worden. * * Wien, 11. Dez. Heute vormittag wurde in der Hofburg ein 26jähciger Schneidergeselle ver haftet, in dessen Besitze eine bombenartige Kugel ge funden wurde, welche sich als eine ungefährliche, massive Holz-Kegelkugel herausstellte. Der Verhaf tete machte über seine Anwesenheit in der Hofburg verworrene Angaben. * * Ein internationaler Sczialistenkongreß wird zu Beginn des neuen Jahres in London statrfinden. Die Partei wird alles aufbieten, um ihn möglichst großartig zu gestalten. Es werden nicht nur alle europäischen Länder, sondern auch Australien und Amerika durch eine stärkere Delegation vertreten sein. Um die wachsende Modernisierung Japans außer Zweifel zu stellen, wird auch eine Gruppe der kürz lich in dem ostasiatischen Jnselreich gebildeten so zialistischen Partei in London erscheinen. * * Madrid, 11. Dezbr. Der vorgestrige Straßenzug war die großartigste Kundgebung, die Spanien je erlebte. Er zählte 40,000 Teilnehmer aus allen Beoölkerungsklassen. Die Vorstände der liberalen, republikanischen und carlistischen Vereine Marschierten mit den Führern der genannten Par teien an der Spitze des Zuges, wodurch die That- sache bezeugt wurde, daß alle politischen Parteien die Wirtschaft des klerikalen Municipalrates verurteilen. Kein anderer Ruf wurde vernommen als „Nieder mit der Korruption." Die Kundgebung rief einen mächtigen Eindruck hervor, da außer den Apotheken „Sind Sie krank?" Es lag die ganze, tiefe, milde Güte in seinem Ton, welche die Starken und Kräftigen den Schwa chen und Leidenden unwillkürlich entgegenbringen, so daß Laura zu dem schönen Gesicht ausblickte, in das noch kein weibliches Wesen mit Furcht oder Mißtrauen geschaut hatte. „Nein," flüsterte sie zurück, „mein Körper ist nicht krank, aber mein Inneres ist tief erschüttert, es sind soeben die schmerzlichste» Erinnerungen dort wachgerufen worden." Sie wunderte sich über sich selbst, daß sie so viel sagte, aber es kam ihr so natürlich vor, daß man diesem Mann vertraute, mochte er sein, wer er wollte. „Kann ich Ihnen nicht helfen?" fragte er weiter, da Mordaunt aufgestavdcn und an das Kla vier getreten war. „Nein — o nein," rief Laura mit aufsteigender Bitterkeit, da sie an ihren Bruder dachte; „Menschen herzen können Sie nicht regieren." „Nicht einmal mein eigenes, fürchte ich," ent gegnete Delaware traurig halb zu ihr, halb zu sich selbst. Laura legte den Kopf zurück, um ihn in die Augen sehen zu können. „Kommen Sie näher," sagte sie — „es wird Niemand glauben, daß Sie mir den Hof machen. Beugen Sie sich tiefer zu mir herab. Was meinen Sie?" wiederholte sie mit der Vertraulichkeit einer verwöhnten Kranken, deren Jahre und Hilflosigkeit keinen Verdacht Raum gaben. (Fortsetzung folgt.)