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befinde» sich in Chemnitz, und eS giebt daselbst nicht nur Lehranstalten, deren Einrichtuna auf die Haupt gewerbe des dortigen Platzes, die Strick- und Web industrie, Rücksicht nimmt, sondern es besteht daselbst auch eine technische Staatslehranstalt, deren Schüler sich aus Angehörigen der Länder aller Welt rekru tieren. Der Hauptvorzug dieser technischen Schulen besteht in der erfolgreichen Anwendung der Theorie auf die Praxis; die Lehrer sind nicht reine Theore tiker, sondern sie sind im Stande, ihre Lehrihätig- keit von der Schule nach der Werkstatt zu verlegen. Diese Schulen werden vom Staat, der Stadt und den Fabrikanten unterhalten und bilden einen Teil des Volksschulsystems des Landes." — Die Trockenheit wird vielerorts bereits als Notstand empfunden. In Deutschland sind die Wasserstände stellenweise so niedrig geworden, daß sie dem Verkehr auf den großen Strömen Hinter nisse in den Weg legen. Schlimmer sieht es in den westlicher und südlicher gelegenen Ländern aus, wo zu der Dürre noch eine für die Jahreszeit ganz un gewöhnliche Hitze rritt. In Englanu leiden die Landwirte unter dem Wassermangel. Das Vieh ver schmachtet, die Pflanzen verdorren. Noch schlimmer sieht es im Innern Frankreichs aus. Die Ernte, soweit sie noch nicht eingebracht ist, droht völlig vernichtet zu werden, wenn nicht bald Regen kommt. Insbesondere leidet auch der Wein, dem die zur Saltbildung nötige Flüssigkeit fehlt. Ja Südfrank reich und in Algerien wüten verheerende Waldbrände. > Das völlig trockene Holz und Gestrüpp brennt wie Zunder, und es fehlt an Wasser zum Löschen bezw. zum Schutz der noch unversehrten Waldungen gegen das Uebergreifen des Feuers. — Laut neuerlicher Entscheidung des kömgl. süchs. Oberlandesgerichts können öffentlich? Verrufs erklärungen Gewerbtreibender, welche bezwecken, den selben die Ausübung ihres Gewerbes zu erschweren oder gar unmöglich zu machen, als grober Unfug beurteilt und zur Bestrafung gebracht werden. — Einen gefährlichen Schmuck tragen jetzt die Wiesen, den letzten für diesen Sommer, die Herbst zeitlose. So unschuldig das Pflänzchen aus;.eht, ebenso gefährlich ist es durch seinen großen Gehalt an Gift. Die Knolle der Pflanze enthält sehr gif tiges Alkaloid, das Colchicm, in großen Mengen, das schon in ganz kleinen Dosen eingenommen das heftigste Erbrechen hervvrruft. Eine Warnung vor dieser Pflanze ist also gerade jetzt wohl am Platze. — Dre Rittmigsstationen der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger sind im verflossenen Jahre dreizehn mal mit Erfolg thätig gewesen. Im Gan zen sind 74 gefährdete Menschenleben gerettet worden, und zwar 71 durch Boote, 3 durch Raketenapparate. Die Zahl der seit der Begründung der Gesellschaft durch deren Gerätschaften geretteten Personen ist da mit auf 2182 gestiegen. Aus der Laeiß-Stiftung sind im letzten Jahre für 99 auf hoher See gerettete Menschenleben Prämien im Betrage von 3162 Mk. ; einschließlich des Geldwerts der Medaillen verteilt i worden. Die Zahl der Rettungsstationen ist im vorigen Jahre um 1 — die Bootsstatiou Labö — r vermehrt worden und beträgt jetzt 115. Davon be- finden sich 71 an der Ostsee, 44 an der Nordsee, i Die Zahl der Bezlrksvereine beträgt unverändert 59, j und zwar 24 Küsten- und 35 Binnenbezirksvereine, i Die Gesamt-Einnahme dec Gesellschaft belief sich s auf 264,736 M. Die Jahresbeiträge betrugen von l 49,528 Mitgliedern 142,759 M.; an außerordent- f lichen Beiträgen sind eingegangen 70,914 M. Die ! Gesamt-Ausgabe des verflossenen Jahres betrug 185,153 M. Zu den Preisen „Emile Robin" ist fol gendes zu bemerken: Nachdem im Einverständnis s mit Herrn Robin die Ehrengabe von 400 M. im s Das Irrlicht von Wildenfels. Original-Roman aus unseren Tagen von G. v. Brüh l. " Nachdruck verdoteu. (Fortsetzung.) „Der Ingenieur, Melcher nicht allein diese Vor richtung dort angebracht, sondern auch eine großar tige Erfindung gemacht hat, durch welche die Döring's ihre Millionen verzehnfacht haben!" „Wo ist dieser Fürstenberg?" „Das will ich Ihnen sagen, ich habe es zufäl lig ermittelt. Der arme, wahnsinnig gewordene Mann und seine von dem Varon Franz betrogene Tochter sind hier, sind in der Nähe, dürfen sich aber nicht sehen lassen, oder wollen das nicht. Und die Erfindung ist dem Manne geraubt, gestohlen worden, Herr Kommissar, gestohlen von demselben, der das Bild Hellmuth'« sich vorgehalten hat, als er die Kasse beraubte!" „Sie kennen also de» Schuldigen, Herr Jordan?" „Waren Sie im Palais, ich meine in dem Zimmer der Baronin? Haben Sie dort das Bild Hellmuth's gefunden?" „Dort sind wir gewesen, der Staatsanwalt und ich, aber ein Bild haben wir nicht bemerkt." „Aha, der Schuldige hat es entfernt, o er ist schlau! Er ist ein Fuchs! Nein, er ist ein Schurke, ein ausgemachter Schurke! Er hat eine Gefahr ge merkt und das Bild fortgenommen!" „Wo hing ein solches Bild?" „In dem einen Gemache der Baronin!" „Dann müssen Sie recht haben, daß es fortge- Jahre 1892/93 Mangels eines geeigneten Rettung«, falle« nicht verliehen und dafür die Verteilung von zwei Gaben von je 400 M. für die beiden besten Rettungen in der Zeit vom 1. Juli 1893 bi« 30. Juni 94 in Aussicht genommen war, wurden diese Gaben zuerkannt: Dem Kapitän I. Siegel, Führer des Bremer Dampfer« „Donau", für Rettung der aus 12 Personen bestehenden Besatzung der nor wegischen Bark „Hippolyta" und dem Kapitän P. Agrell, Führer der Rostocker Bark „Angosturs", für Rettung der auS noch 8 Personen bestehenden Besatzung der portugiesischen Bark „Faro". Den Preis von 200 M. hat die Rettungsmannschaft des Funkenhagener Rettungsboote« „C. Eckardt" für die Rettung der aus 2 Mann bestehenden Besatzung der deutschen Schaluppe „Morgenroth", Schiffer Heß, erhalten. Von den s. Z. in Aussicht genommenen 28 Fernsprechverbindungen sind 25 hergestelli. Die Kosten haben bisher 15.498 M. betragen. Die Sturmfluten des letzten Winters haben auf mehreren Stationen arge Verwüstungen angerichtet, und die Wiederherstellung der Schäden an den Bootshellingen der Stationen auf Helgoland und Poel, sowie der Bau eines neuen massiven Schuppens auf der Sta tion Amrum-Nord, an Stelle des vom Hochwasser teilweise fortgerissenen alten, werden einen Kosten aufwand von etwa 7000 M. erfordern. Mit den NettungSgesellschaften fremder Länder ist, wie seit Jahren, durch freundschaftlichen Austausch von Druck- , schriftcn verkehrt worden. — Eine nachahmenswerte Einrichtung hat der Fabrikbesitzer C. Krause in Lsipfig-Anger-Crottendorf getroffen. Er hat hinter seiner Fabrik an der Gartenstraßs 82 Familiengärten eingerichtet. Jeder Garten hat 140 Quadratmeter Flächeninhalt, die Umzäunung und die Lauben sind vom Besitzer ge^ schaffen worden, daher tst alles einheitlich und wacht einen recht freundlichen Eindruck. Inmitten dieser Gartenanlagen befindet sich ein Spielplatz für die Kinder der Gartenpüchter, derselbe ist mit Bäumen bepflanzt und mit Kies befahren. Die Jahrespacht für einen solchen hergcrichteten Garten beträgt 16 Mark, davon werden 10 Mark für Gartenpacht und 6 Mark für Laube und Umzäunung gerechnet. Jeder Pächter kann bis Laube dadurch zu seinem Besitztum machen, daß er wöchentlich 1 Mark von seinem Lohne abziehen läßt, nach 50 Wochen ist dann die Laube Eigentum Kes Garteupächters. Einzelne Arbeiter Haven Doppelgärten angenommen, ein solcher kostet 26 Mark Pacht jährlich. Möchten recht viele Fabrikbesitzer dem gegebenen Beispiele folgen ! — Wie Leipzig einmal in Verruf war, ist ein interessantes Kapitel der Geschichte der Buch- druckerkunst und wohl wert, einmal erzählt zu wer- den. Vor 200 Jahren herrschten auch in unserer Stadt die strengen Jnnungsgesetze, und wer sich denselben «ich: fügte, kam in Verruf; der Druckherr : erhielt keine G-Hilfen, der Geselle keine Stellung, i bevor nicht die Schuld gesühnt war. Selbst ganze z Städte konnten in diese Strafe verfallen; unser j Leipzig hat's erfahren. Im J<chre 1684 hatte ein Sangerhausener Buchdrucker, Namens Binsow, einem - Buchhändler aus Frankfurt einen Wechsel gestohlen. ; Als die Sache anhängig gemacht wurde, rief er die f Vermittelung der Nürnberger Kunstgenossen an. ! Von diesen wurde er angewiesen, in Frankfurt seme i Schuld zu büßen. Da er dies nicht nach seinem f Geschmack fand, wandte er sich nach Leipzig, wo er i Freunde besaß. Wider alle Buchdruckergebräuche erhielt er hier sogar Kundschaft. Darüber aber ent stand eine solche Unruhe unter den Leipziger G> s Hilfen, daß der Rat einschreiten mußte. Die auf- i rührerischen Gesellen wurde« im Falle weiterer AuS- nvmmen, entfernt worden ist, denn wir haben keins vorgefunden!" „Und nun noch eine Mitteilung, Herr Kom missar ! Vielleicht kommen Sie dann auf die rechte Spur, denn nennen will ich keinen! Als damals der Ingenieur Fürstenberg seine Erfindung gemacht hatte, welche ihm gestohlen wurde, sah ich den Lieb- Haber der Gertrud Fürstenberg spät abends auS dem Fenster der Wohnung des Ingenieurs springen." „Sagten Sie nicht, daß Baron Franz der Tochter Fürstenberg'« nachgestellt uud sie betrogen habe?" fragte Baumann und sah Jordan groß an. Dieser schwieg einen Augenblick. „Sie glaube» — Sie halten es für möglich," stieß Baumann nun abgebrochen heraus — „Sie wollen den Baron Franz anklagen?" „Das will ich nicht," erwiderte Jordan achsel zuckend, „ich berichte Ihnen da nur überThatsachen, Herr Kommissar." „Wer hat gesehen, daß Jemand gerade damals aus dem Fenster des Fürstenberg'schen Zimmer« ge sprungen ist?" „Ich, Herr Kommissar!" „Und Sie erkannten —." „Den Liebhaber Gertrud s, den Baron Franz!" „Und dann folgte — „Am Tage darauf reichte der Baron die An meldung derselben Erfindung, welche Fürstenberg gemacht hatte, dem Patentamte ein." „Das ist wirklich so geschehe», wie Sie mir berichten?" fragte Baumann. „Ich verbürge mich dafür, Herr Kommissar. schreitunge» mit Gefängnis, Geldstrafen und sogar Ausweisung bedroht. Diese Drohungen beantworte ten die in ihren Rechten geschädigten Gehilfen da mit, daß sie Leipzig in Verruf erklärten und die Stadt verließen. Drei Jahre lang arbeitete kein ehrlicher Kunstjünger hier, aber auch kein Lehrling, der hier losgesprochen wurde, fand anderswo Auf nahme. U ater solchen Umständen stockte natürlich das ganze Leipziger Buchgewerbe, so daß sich end lich die Druckherrn genötigt sahen, zur Herbeiführung erträglicher Verhältnisse die Vermittelung der Jenaer Innung anzurufen. Diese bestimmte, daß die Leip ziger die gemaßregelten Gehilfen schadlos zu halten hätten. Die Herren fügten sich, und Leipzig ward wieder „ehrlich". — Leipzig, 30. Septbr. In allen Kreisen erregt der Selbstmord de« Millionär« W. Bösenberg, Chefs der gleichnamigen Buchbinderfirma in Leipzig, ungeheures Aufsehen. B. ist vor wenigen Tagen nach Grimma abgereist, hat dort von seiner Schwester Abschied genommen und sich dann auf einer Prome nadenbank zwei Schüsse beigebracht, die seinen Tod herbeifühiten. Finanzielle Schwierigkeiten liegen keinesfalls vor, die Gründe des unseligen Vorkomm nisses sind vielmehr in anderweiten geschäftlichen Vorkommnissen zu suchen, die noch der Klärung be dürfen. Die Firma hat den größten Gesangbuchver- trieb Europas. — Chemnitz. Nächsten Sonntag, 6. Okto ber, findet in der „Linde" zu Ehren des Lufischiffers Herrn Richard Feller, der sein zehnjähriges Jubi läum als Aeronaut feiert, eine größere Festlichkeit statt. Herr Feller wird dabei seine 240. Ausfahrt unternehmen. Gleichzeitig werden ca. 100 hiesige Dilettanten, die ihre Mitwirkung zugesogt haben, in gesanglichen,musikalischen und gymnastischen Nummern auflreten. Herr Feller hat es verstanden, während der Reihe von Jahren, die er auch in Chemnitz weilte und während deren er die gewiß nicht leichte Kunst als Luftschiffer ausübte, sich dis Gunst de« hiesigen Publikums in vollem Maße zu sichern. Die Vereinigung zur Förderung der Luftschrffahrt in Sachsen mit dem Sitz in Chemnitz, für die Herr Feller seit deren Bestehen sämtliche Auffahrten als Führer des Ballons übernommen hat, läßt es sich nicht nehme», d-m Jubilar einen Ehrentag zu wid men. Die Vereinigung wird nächsten Sonntag alle« aufbieten, den Besuchern genußreiche Stunden zu versch iffen. Noch sei bemerkt, daß diese Auffahrt die unwiderruflich letzte in dieser Saison ist. Die Füllung ves Ballons beginnt 1 Uhr nachmittags, die Auffahrt erfolgt um 5 Uhr. Von 3 Uhr nach mittags an findet großes Extraconcert statt. Jeder Besucher der Festlichkeit erhält zum Andenken eine Kabinettballonphotographie des Herrn Feller unent geltlich — Chemnitz, 1. Okt. Aus Anlaß seiner fünfzigjährigen beruflichen Thätigkeit als Musiker und in Anerkennung seiner langjährigen ersprießlichen Wirksamkeck als Kirchenmusikdirektor ist heute, Diens tag, Herr Kirchenmusikdirektor Scheider, Kantor zu St. Jakobi, seitens des Rates durch ein Schreiben beglückwünscht worden. — Zwickau, 2. Okt. Bei dem Landgericht hier ist am 1. Oktober eine Kammer für Handels sachen ins Leben getreten. Derselben sind zugewiesen worden die Amtsgerichtsbezirke Zwickau, Crimmitschau, Eibenstock, Hartenstein, Johanngeorgenstadt, Kirchberg, Lößnitz, Schneeberg, Schwarzenberg, Werdau und Wildenfels. Die Kammer für Handelssachen zu Glauchau, welcher diese Bezirke abgetrennt wor den sind, bleibt noch bestehen mit den Amtsbezirken Glauchau und Meerane und den neu zugeteilte» Be zirken Hohenstein-Ernstthal, Lichtenstein, Waldenburg. Fürstenberg verlor den Verstand darüber und wurde entlassen." „Ein grausames Geschick! Sie glauben nun, daß Baron Franz —". Jordan lächelte. „Sein Gehirn reicht nicht zu solchen Erfindungen auS, mein bester Herr Kommissar", meinte er ge hässig, „dazu gehört denn doch ein anderer Kopf als der seine! Aber was andere ersonnen haben, sich an zueignen, ist leichter, ist bequemer und kostet keine Anstrengung des Gehirns". „Das ist ja eine furchtbare Anklage oder Be schuldigung ! sagte Baumann mit gedämpfter Stimme, „der Baron sollte dem Ingenieur seine Erfindung geraubt haben — der Baron sollte das Bild vor gehalten haben, um sich durch dasselbe nein, nein, das ist ja unmöglich, undenkbar, der Baron wird sich doch nicht selbst bestehlen?" „Sie haben recht! Suchen, forschen Sie »ur weiter nach dem Schuldigen I Ich habe nichts gesagt. Nur sehen Sie zu, wo das Bild geblieben ist, Herr Kommissar. Hier liegt vielleicht die Spur vor Ihnen, welche Sie verfolgen müssen. Am Ende ist gar Fürstenberg der Dieb gewesen, denn nur er außer der Baronin und Franz hat den Mechanismus ge kannt ! Armer Fürstenberg! Du wirst vielleicht auch hier noch herhalten müssen! Ich habe Ihnen mitge teilt, was ich weiß. Damit ist meine Pflicht erfüllt. Ich empfehle mich Ihnen, Herr Kommissar!" Jordan griff nach seinem Hute und wollte sich entfernen. „Ein Wort noch, Herr Jordan !" rief Baumann. Jordan blieb stehen und sah sich um.