Volltext Seite (XML)
Hut und erzählte ihr, er komme von Cuxhaven, habe bei ihrem Sohne, der dort ein Hotel besitze, logiert und derselbe habe ihm eine Kiste zur Weiterbeför derung an sie übergeben. Die Kiste lagere auf dem Magdeburger Bahnhof, er werde ihr dieselbe -»sen den, bitte aber um Aushändigung eines Betrags von 3 Mk. 50 Pfg. den er für Porto verlegt habe. Die Witwe übergab dem Fremden arglos denverlangten Betrag, da ihr Sohn thatsächlich in Cuxhaven Hotel besitzer ist, wartete aber vergeblich auf die Ankunft der Kiste, bis sich schließlich die ganze Sache als Betrug erwies. — Plauen, 29. Nov. Das „Plauen'sche Wochenblatt" schreibt: Der 29. bez. 30. November ist für die sächsische Armee insofern ein ernster Ge- denktag, als im Jagre 1870 in dieser Nacht ein Ueberfall in Etrepagny erfolgte, wobei trotz helden mütiger Gegenwehr leider ein Geschütz (das einzige sächsische während des ganzen Feldzuges) und 2 Munitionswagen dem Feinde in die Hände fielen. Der dabei schwer verwundete Führer dieses Geschützes war der hier in Plauen wohnende Herr Eisenbahn- sekretär Rich. Müller, dessen Brust als Lohn für seine hierbei bewiesene Thatkraft und seinen Mut das eiserne Kreuz schmückt. — Frankenberg, 29. Nov. Ein bedauer licher Unglücksfall mit tötlichem Ausgang hat sich vormittag gegen ^12 Uhr hier ereignet. Mehrere Zimmerleute waren damit beschäftigt, einen mit Bret tern beladenen Rüstwagen vom Z mmerplatze des Bau meisters Miersch nach dem Realschulneubau zu fah ren, als beim Einbiegen von der Freibergerstraße an abschüssiger Stelle die Leute Plötzlich die Gewalt über den schweren Wagen verloren, wodurch letzterer den dabei zu Falle gekommenen 51 Jahre alten Zcug- arbeiter Bahndorf so unglücklich überfuhr, daß der Tod des bedauernswerten Mannes sofort eintrat. Bahndorf ist verheiratet, hinterläßt aber keine Kinder. — Oelsnitz i. V., 30. Nov. Ein hart näckiger Selbstmord-Kandidat ist der Fabrikarbeiter Georg Rietzsch aus Regnitzlosau, welcher sich am Donnerstag abend vor einen von Eger einfahrenden Zug warf und nur mit Gewalt von den Schienen losgerissen werden konnte. Bei seiner Vernehmung auf dem Poljzeiamte sagte R. aus, er habe das Leben satr (obwohl er erst 25 Jahre alt ist) und werde sogleich nach seiner Freilassung abermals frei willig den Tod suchen. — Niebra, 26. Nov. Die kleinste Schüler zahl in Sachsen dürfte im hiesigen Ort zu verzeich nen sein. Es besuchen nämlich den Vormittags unterricht 2, sowie den Nachmittagsunterricht eben falls nur 2 Schüler die hiesige Volksschule. — Markranstädt, 30. Nov. Der in der Schlobach'schen Ziegelei in Gundorf beschäftigte Ar- detter August Beier verbrannte sich bei Explosion einer Petroleumlampe derartig, daß er in das hiesige Krankenhaus übergeführt werden mußte. Trotz sofort angelegten Notverbandes und rascher ärztlicher Hilfe ist der Bedauernswerte unter gräßlichen Schmerzen seinen Wunden erlegen. Beier war verheiratet und hinterläßt 4 unerzogene Kinder. — Die Fachschule für Musikinstrumentenbauer in Markneukirchen, die eine Staatsbeihilfe von 2200 Mk. und einen Beitrag der Stände des vogtländischen Kreises von 200 Mk. jährlich erhält, zählte im letzten Schuljahre 164 Schüler. Davon waren 45 eigentliche Fachschüler, die in drei Klassen unterrichtet wurden, und 119 Vorschüler im Alter von 10—14 Jahren, die vorwiegend nur Musikunter richt genoffen. Dieser Unterricht erstreckt sich auf alle nur denkbaren Musikinstrumente, doch überwiegt immer die Violine. Unter den Schülern besteht auch ein Bläserchor, der 25 Schüler zählt. Auf den Wogen des Lebens. Roman aus dem Englischen von A. Nicola. — " ' (Nachdruck verboten.! (Fortsetzung.) Ja, das war seine feste, energische Art zu läu ten, das seine volle, wohlklingende Stimme, bas sem leichter, elastischer Schritt auf der Treppe, wo er stets eine Stufe übersprang. Im nächsten Augenblick that sich die Thüre auf, und Aubrey Delaware lag in den Armen seiner Mutter. „Mein Sohn", rief sie, „so halb und halb er wartete ich Dich heute abend". „Thatest Du das?" entgegnete er mit einem zärtlichen Blick. „Mutter, mit jedem Male, wenn ich von der Reise komme, meine ich, Du seiest hüb scher und jünger geworden". „Du Schmeichler! Ich werde große Hauben tragen, damit ich so alt aussehe, wie ich bin". „Nein, wenn Du es wagst, die lieben blonden Locken zu verbergen, werde ich die Hauben verbrennen", entgegnete er, indem er sie sanft in ihren Lehnstuhl drückte und an ihrer Seit« niederkniete. „Wie lange wirst Du nun bei mir bleiben, mein Sohn?" fragte sie, während sie ihm mit ihren weichen schlanken Fingern durch die vollen, schwarzen Locken strich. „Das kann ich nicht mit Bestimmheit sagen, Mutter", antwortete er und zog ihre Hand an seine Lippen — „eine ganze Weile, hoffe ich". „Was Dich nach Paris führte, und welchen Er- folgDetneReise gehabt hat, darf ich wohl nicht fragen?" „Doch Mutter, Du darfst es, denn Du gehörst 8 Berlin, 30. Nov. Der „Vorwärts" weiß heute von neuen Maßnahmen der Behörde gegen die Sozialdemokraten in Berlin zu berichten. ES schwebt bereits ein gerichtliches Verfahren gegen Auer, Lieb knecht und Braun, die Mitglieder de« sozialistischen ParteivorstandeS. Außerdem wurden die Haus suchungen wiederholt; so fand eine solche gestern bet Singer statt, doch blieb sie ergebnislos. Der „Vor- wärtS" teilt ferner mit, daß die Strafkammer des Landgerichts die Erhebung der MajestätsbelcidigungS- klage gegen den Redakteur Kunert vom „Vorwärts" wegen des Artikels „Gnade, dem Gnade gebührt" abgelehnt habe. ß Potsdam, 1. Dez. Dem gestrigen Diner beim Offizierkorps des Lehr-Infanterie Bataillons wohnte der Kaiser bei. Der Kommandeur brachte das Hoch auf den Kaiser aus. Derselbe erwiderte in längerer Rede, gedachte hierbei der vor 25 Jah ren vollbrachten glanzvollen Leistungen der württem- bergischen Armee in der Schlacht bei Villiers und schloß mit einem Hoch auf die tapferen württem- bergtschen Kameraden. 8 Der Kaiser hat für die durch die Erdsenkungcn geschädigten Hausbesitzer Eislebens aus seinem Dispositionsfonds ein unverzinsliches Darlehen in Höhe von 60,000 Mk. bewilligt. 8 S t u t t g a r t, 30. Nov. Der „Staatsan zeiger" veröffentlicht folgendes Telegramm des Kaisers an den König: „Anläßlich der Wiederkehr des Ge denktages von Villiers erinnere ich Mich dankbar der im Kampf für deutsche Sache glänzend bewähr ten württembergischen Tapferkeit". Der König ant wortete dankend für die huldvollen Worte der Er innerung und Anerkennung an den Tag, an welchem es den württembergischen Truppen vergönnt war, ihr Blut für des Vaterlandes Größe und Einheit zu vergießen. * * In ganz Ober- und Mittel-Italien herrscht abnorme Kälte. In Turin betrug die Kälte 12 Grad. * * Das Neueste ist ein Fernsprecher in der Wüste Sahara. Der Ingenieur Bayolle, der an der Spitze der aus 100 Personen bestehenden tele graphischen Mission von Biskra nach Tuggurth reist, hat am 18. November aus seinem 18 Kilometer ent fernten Lager zum erstenmal nach Biskra telephoniert. Er gedachte täglich 5 bis 10 Kilometer vorwärts zu kommen und Tuggeruth Mitte Dezember zu erreichen. Doch hat sich eine ganz besondere Schwierigkeit heraus gestellt. Die Kameele, die die Telcgraphenstangen tragen, sind an solche Lasten nicht gewöhnt und weigern sich oft mit denselben vorwärts zu gehen. * * Zu der furchtbare.« Explosion in Palma, bei der 80 Menschen den Tod fanden, wird noch gemeldet: Ganz Palma ist in tiefe<Trauer versetzt durch das entsetzliche Unglück, von dem dieser Ort heimgesucht wurde. Mehr als 120 Personen, Män ner und Frauen, waren damit beschäftigt, in einem „Haus des Königs D. Jaime" benannten, am Stadt graben gelegenen Gebäude Patronen zu entladen. Da die Patronen - Entladung höchst gefährlich ist, wurden die Arbeiter mehrere Male von den als Wache aufgestellten Artilleristen ersucht, mit der größten Vorsicht zu Werke zu gehen, um ein Unglück zu verhüten. Das Unglück kam aber doch und nahm einen Umfang an, der jeder Beschreibung spottet! Wie jene Katastrophe geschah, hat sich bisher noch nicht genau feststellen lassen, am wahrscheinlichsten ist, daß ein Arbeiter, allen Warnungen zum Trotz, sich eine große Unvorsichtigkeit zu Schulde» kommen ließ, indem er eine von den Patronen mit dem Ham mer bearbeitete; das Geschoß explodierte, und im I Nu waren auch die anderen Patronen und eine be- I trächtliche Menge Pulver explodiert. Die Detona- l tion war entsetzlich; hundert zu gleicher Zeit abge- zu den wenigen Frauen, denen man unbesorgt etwas erzählen und überzeugt sein kann, daß es nicht wei ter getragen wird. Ich bin dabei, die Spuren eines Mordes zu verfolgen". „Ach, Aubrey, wieder ein Mord". „Ja. Erinnerst Du Dich nicht des geheimnis vollen Mordes vor sechs Jahren in Holborn?" „Doch; nur ist mir der Name des Unglücklichen entfallen". „Sidney Vernon hieß der Mann, er war der Bruder der Leute, welche unter uns wohnen. Ich soll seinen Mörder aufsuchen, und das ist die schwie rigste Aufgabe, die mir bisher geworden ist". „Hast Du keine Hoffnung?" „Ich gebe so leicht nicht Etwas als hoffnungs los auf, Mutter, aber nahe daran bin ich. Ich be sitze ein paar schwache Anhaltspunkte, eine Personal beschreibung von dem Mann, den ich suche, und habe eine sehr geschickte Agentin — das ist alles". „Hast Du eine Ahnung davon, wo der Mann zu finden ist?" „Nicht die leiseste. Er kann gestorben und ver dorben sein — und einen Aufruf ergehen zu lassen, das wage ich nicht". „Und was gedenkst Du zu thun?" „Das weiß ich selbst noch nicht. Ach, ich bin heute abend müde, Mutter", und verdunkle, hübsche Kopf sank in ihren Schooß nieder, wie so ost in seinen Kinderjahren. „Ueber eine Mutter geht doch nichts". „Außer einer treuen Gattin, mein Sohn." „Das glaube ich nicht — und habe auch keine. Ich habe Dich, Mutter, nnd kann mir kaum denke», schossene Kanonenkugeln hätten nicht eine solche Er schütterung hervorbringk» können. Personen, die da» furchtbare Unglück erlebt haben, sahen in den ersten Augenblicken verstümmelte Rümpfe und Köpfe, Arme und Beine durch die Luft fliegen, und viele von den zerrissenen Körperteilen wurden durch die Gewalt der Explosion weit über den Stadtgraben geschleudert. Dann sah man nichts mehr, denn eine dichte Rauch wolke, eine Folge der Pulver-Explosion, hüllte alle« ein, und aus dem Patronenlager brachen Flammen hervor. Die ganze Schwere des Unglücks zeigte sich erst, als einige Stunden später Tausende von Per sonen den Ort der Katastrophe umstanden und unter der Leitung der Behörden sich an den Retiungs- und Aufräumungsarbeitcn beteiligten. Im Stadtgraben waren formlose Körperteile fußhoch aufgeschichtet. Ueberall sah man Leichen, die so verstümmelt waren, daß sie sich nicht identifizieren ließen. Die explo dierten Patronen gehörten zu dem alten Kriegsma terial, das unlängst von der Regierung an einen Patronenfabrikanten verkauft wurde. * * London, 30. Nov. Zu der Ermordung des englischen Missionärs Johnson auf Madagaskar erfährt das „Reuter'sche Bureau" aus Tananarivo vom 23. d. M.: Gestern griffen 2000 Eingeborene die engli/che Missionsstation in Arivonimamo an. Der Missionar Johnson, dessen Frau und Kind wur den ermordet und die Leichen verstümmelt. Die Eingeborenen sind den Europäern feindselig gesinnt. Weitere Angriffe auf fremde Missionsstationen werden erwartet. * * London, 30. Nov. Aus Havanna wird gemeldet, daß auf Kuba die Insurgenten abermals einen Militärzug mit Dynamit zum Entgleisen ge bracht haben. Bon 300 Soldaten wurden 30 getötet und 50 verwundet. Die übrigen ergaben sich den Insurgenten. Bermtschres. * Ein Prachtexemplar von Ehemann ist Mon sieur Charles Gallais aus Bordeaux. Wenn er seine Frau auch nicht gerade auf den Händen trägt, so zieht er sie doch eigenhändig durch die Welt. Herr und Frau Gallais befinden sich auf der Hoch zeitsreise. Er zählt 20, fie 18 Jahre. Da er ein gewaltiger Fußgänger ist, sie aber nicht, so haben sie sich schon in Paris einen gedeckten Handwagen angeschafft, in welchem die junge Ehefrau, wenn sie vom Wandern müde ist, gemächlich Platz nimmt. In Italien hat man dem seltsamen Pärchen überall festlichen Empfang bereitet. In Verona war die Neugier so hochgradig, daß der Impresario deS Ristoritheaters das Ehepaar Gallais mit ihren Wagen auf der Bühne auftreten ließ und dadurch ein ausverkauftes Haus erzielte, was ihm mit der Oper „Mephistopheles" von Boito nicht gelungen war. Monsieur Gallais fährt jetzt seine Frau nach Venedig. Von dort soll die Fahrt weitergehen nach Konstantinopel, Persien, Indien und China. Im ganzen hat das Pärchen zwei Jahre für seine Hoch zeitsreise ausgcsctzsi Kirchliche Nachrichten von Hohndorf. Getraut: Monat Mai: 1. Johann Heinrich Schramm, Bergmann hier, mit Lina Selma Löbel hier. 2. Gustav Reinhold Schwabe, Sattler in Glauchau, mit Marie Clara Schettler hier. 3. Franz Anton Gustav Markgraf, Bergmann hier, mit Ernestine Marie Louise vrrw. Püschel, geb. Uhlmann hier. Monat Juni: 4. Ernst Max Göckeritz, Weber in Mülsen, mit Linda Selma Baumann hier. 5. Ernst Emil Koch, Bergmann in Röblitz, mit Emma Lina Dietrich hier. 6. Hermann Pau! Feustel, Berg mann hier, mit Selma Liebig in Oelsnitz. daß mir eine Frau mehr se.n könnte als Du. So viel steht jedenfalls fest, die Frau, um deretwillen ich meine Mutter verlassen würde, müßte erst geboren werden. Mein Heim soll immer das ihre bleiben." „Nein, mein Sohn; der Mann soll Vater und Mutter verlassen und zu seinem Weibe halten." „Ja, aber er soll auch Vater und Mutter ehren," entgegnete Delaware. „Ich werde an Beiden sest- halten oder niemals heiraten." „Niemals ist ein strenges Wort, Aubrey," meinte Mrs. Delaware lächelnd. „Ich weiß, was es bedeutet," gab dieser zurück, und ein ernster Zug glitt über sein Gesicht. „Wer ist Deine geschickte Agentin?" fragte Mrs. Delaware, plötzlich das Thema wechselnd. „Du sag test mir, Du hättest die Frau, welche Du bisher beschäftigtest, entlassen." „Ja. Sie verdarb mehr, als sie nützte. Die neue ist des Ermordeten Halbschwester, Miß Olive Vernon." „Aubrey, Du scherzest wohl!" rief die alte Dame überrascht. „Durchaus nicht. Sie hatihre besonderen Gründe, einem wunderlichen Onkel den Willen zu thun, der entschieden keine andere weibliche Hilfe haben will. Mir ist eS »echt. Ich wünschte, ich könnte immer mit solchen Werkzeugen arbeiten." „Und ich wünschte, Du brauchtest überhaupt solche Arbeit nicht mehr zu thun," sagte MrS. De laware. (Fortsetzung folgt.)