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seit Jahren nicht zu sehen bekommen hatte, da von drüben niemals sonst Jemand herüberkam. Franz schwang sich vom Pferde. Weichelt rief eifrig und in großer Aufregung über den vornehmen Besuch seinen Knecht. Derselbe kam nun vom Hofe dahergelaufen. „Nehmt mein Pferd in den Stall," befahl Franz, „es ist naß, es hat sich warm gelaufen. Schüttet ihm ein Futter nachher und gebt ihm keinenfalls gleich Wasser!" Der korpulente Weichelt machte in der offenen Thür noch immer seine ungeschickten Bücklinge und hielt seine Mütze in der wulstig dicken Hand. „Kennt Ihr mich denn?" fragte Franz lächelnd und kam auf Weichelt zu, „wißt Ihr denn, wer ich bin?" „Wer wird das hier in der ganzen Gegend nicht wissen, Herr Baron," erwiderte Weichelt, „aber es wird unsereinem die Ehre ja nur selten zu Teil, einen von der Familie des Herrn Barons hier im Dorfe zu sehen." „Nun ja, guter Mann," meinte Franz und ging in die Gaststube, in welcher stets ein eigentümlicher Geruch, ein Gemisch von Branntweindunst und Bier gasen, herrschte, „große Sehenswürdigkeiten giebt e« ja wohl in Steinsdorf nicht, und mit den Genüssen, welche Ihr zu bieten imstande seid, wird es wohl auch nicht allzu reich aussehen. Ich hatte hier in der Nähe etwas zu inspizieren, sonst wäre ich schwer lich Euer Gast geworden. Einen Cognac habt Ihr doch? Nicht? Nun, dann gebt mir, was Ihr habt." Weichelt brachte in der Hand ein bis zum Rande gefülltes Glas und stellte es vor Franz auf «»-»»» - Das Irrlicht von Wildenfels. Original-Roman aus unseren Tagen von G. v. Brüh l. Nachdruck verboieu. (Fortsetzung.) Weichelt, ein phlegmatischer, sehr korpulenter Mann, hatte es sich nun einfach bequem gemacht, als er das Bildchen neben der Gaststube, aber von derselben durch eine Wand getrennt, eingerichtet und in der Wand eine Glasthür angebracht hatte. Befand er sich mit einigen seiner Gäste, welch« zumeist Landleute aus dem Dorfe, seltener Fuhrleute und Händler waren, und ertönte die Glocke an der Thür des Ladens, so hatte er nur zu der Glasthür hinzutreten und in den Laden hinabzusehen, um zu erfahren, wer in demselben erschienen war. Es führten einige Stufen in den Laden hinab, daS war nun noch das allergrößte Aergerms für den wohlbeleibten Wirt, und er hatte schon vielfach nachgesonnen und gegrübelt, wie er die Stufen be seitigen konnte, die ihm unbequem waren. Da war an einem der nächsten Tage ein vor nehmer Reiter am Gasthofe eingetroffen. Weichelt war vor die Thür gewatschelt, doch das unruhige und mutige Pferd des Reiters zu halte», war ihm nicht möglich, war ihm auch zu gefährlich. Er nahm seine Mütze ab und fragte den Reiter, was er wünsche. Da» Pferd drehte sich mit dem Reiter im Kreise herum. Endlich stand eS still, und nun konnte Weichelt in dem Reiter de» Baron Döring erkennen, den er mer II.) Der 1866 zu Lichtenstein geborenen, in Hohr. dorf wohnhaften Bergarbeitersehefrau Anna Louise Spranger, geborenen Otto, fiel einfacher, im wiederholten Rückfalle verübter Diebstahl — Ent wendung einer Schürze voll Brennholz — zur Last. Dieselbe traf die gesetzlich niedrigste Strafe, 3 Mo nate Gefängnis. — Die Königl. Kreishauptmannschaft Zwickau hat den Rekurs, den der von der Königl. Amts hauptmannschaft Chemnitz aufgelöste Knappschafts. kassenvertreter-Verein zu Oelsnitz-Lugau gegen den Auflösungsbeschluß erhoben hat, verworfen. — Waldenburg, 21. Sept. Die bevor stehenden Jubiläumsfestlichkeiten des hiesigen Se- minars solle», wie man hört, durch einen Fackelzug und einen Fackelreige» auf dem Marktplatze von feiten der Seminaristen am Abe») des 3. Oktober einge- leitet werden. Den Festteilnehmern wird bei Ent nahme der Festkarte im Geschäftszimmer des Woh nungsausschusses (Ratskeller) ein umfar.greicher Be richt über Gründung und Entwickelung der Jubel anstalt, sowie ein alle früheren und gegenwärtigen Schüler und Lehrer, bez. deren Lebensgang enthal tendes Verzeichnis ausgehändigt werden. Wie wir ferner hören, haben die Bewohner der Stadt Wal denburg in dankenswerter Weise eine große Anzahl Freiquartiere zur Verfügung gestellt. Bei dem am zweiten Abend stattfindenden Festball hofft man auch auf rege Beteiligung der Damen der Festgäste. In Vertretung Sr. Exzellenz des Herrn Kultusministers von Seydewitz hat Herr Geheimer Schulrat Borne mann sei» Erscheinen zugesagt. — Vom 1. Okt. ab wird die Bahnverbindung zwischen Hohenstein-Ern st thal und Chem nitz durch Einlegung von Zügen noch mehr vervoll ständigt werden. Vom genannten Tage ab wird man täglich 21 mal Gelegenheit haben, von Hohen stein nach Chemnitz zu fahren und zwar 12 26, 3.26, 5 07. 6 05, 6.55, 7.31*. 7.47, 9 25 10 38, 12.03, 1.00, 2 07, 3.35, 4.55, 5.42*, 6 12,6.50, 7 04, 7.38*, 8.30, 10 06. In umgekehrter Richtung, nach Hohenstem gehen von Chemnitz täglich 18 Züge au, und zwar 1.34, 5.12, 6 27, 7.41*, 8.11, 9 56, 10 46, 12.52, 1.02, 3.38, 3.48, 5 17, 6 55, 7.08, 7.45*^ 8.17, 9 21, 11.19. Die Eilzüge sind mit * bezeichnet. In den von Hohenstein aus über Chemnitz hinaus gehenden Zügen tritt keine Veränderung ein, auch in der Verbindung mit Glauchau, Zwickau bleibt es in der Hauptsache wie bisher, nur der bisher abends 7.47 abgehende Schnellzug wie auch der 9.25 ab gehende Psrsonenzug gehen vom 1. Okt. ab je eins Minute früher, also 7.46 und 9.24. — Oberlungwitz, 22. Sept. Heute, am Erntefestsonutag, wurde unsere Gemeinde durch ein prächtiges Geschenk erfreut. ES erhielt die Haupt kirche eine Festtagsbekleidung in roter Seide. Der Name der freundlichen Stifterin soll nicht genannt werden. Diese Paramente sind wie die der oberen Kirche in der Diakonissenanstalt zu Dresden-Neustadt hergestellt worden. Im Hinblick auf ihren Zweck, die Kirchs an den hohen Festtagen zu schmücken, sind sie mit den Symbolen der heiligen Dreieinigkeit geschmückt. Auf der Decke des Lesepultes sehen wir in schöner Stickerei das A. und O., daS Tymbol Gottes des Vater«, den Namenszug Christi, sowie den Spruch „Jcht ist der Tag des Heils". Auf der Altardecke sehen wir das Lamm ein Kreuz tragend, »nd auf der Kanzeldecks eine herabschwebende Taube, das Sinnbild des heiligen Geistes. Alles einzelne von Kreuzen und Sternenkränzen. Nach dem Ernte- festgottesdienst nahm Herr Pastor Laube die Weihung dieser Paramente, indem er seiner Rede zu Grunde legte: Das „Alte und Neue", unser Wort zur Weihe: vom neuen Pult das alte Wort, von der neuen Kanzel der alte Geist, von dem neuen Altar der alte Segen. Außerdem erwähnte er noch, daß dieser Festschmuck gestiftet sei zum Andenken an den seligen Kantor Kühnert, der am Erntefest vor zwei Jahren beerdigt wurde und durch seine musikalischen Leistun gen gleich seinem Nachfolger soviel zur Verschönerung des Gottesdienstes beitrug und »och im Andenken der Gemeinde hochgeachtet lebt. — Das Finanzministerium hat beschlossen, die normalspurige Nebeneisenbahn Chemnitz - Stollberg am 1. Okt. 1895 dem allgemeinen Verkehr zu über geben. — Oelsnitz i. E., 23. Sept. Heute morgen kurz nach 8 Uhr ertönten Feuersignale. Es brannte in dem Schäfereigebäude des hiesigen Rittergutes, f Der Schweizer Luidy war mit seiner Frau früh ins Rittergut auf die Arbeit gegangen und hatten ihre noch schlafenden 3 Kinder in der Schlafkammer ein geschloffen. Auf bis jetzt noch nicht ermittelte Weise entstand in dieser Schlafkammer Feuer, das das Bett ergriff und bald eme» solchen Qualm und Dampf entwickelte, sodaß die Kinder betäubt wurden. Glücklicherweise wurde das Feuer noch rechtzeitig be- merkt und die Kinder ins Freie getragen. Von hilfsbereiten Händen wurden sofort Wiederbelebungs versuche an den 3 armen Kindern vorgenommen; bei zweien, 5 und 3 Jahre alt, waren dieselben von Erfolg, während bei dem dritten, einem 1 ^jährigen Mädchen, alles erfolglos blieb, dasselbe war leiser schon erstickt. Herzzerreißend war der Jammer der bedauernswerten Eltern. Das Feuer wurde bald gedämpft und so nach dieser Richtung hin ein größerer Schaden verhütet; denn der obere Teil des jetzt als Fohlenstall dienenden Gebäudes war vollständig mit Heu und Stroh gefüllt, das dem Feuer reichliche Nahrung geboten hätte. — Seit Sonntag mittag ist die Gleissperrung an der Unglücksstelle bei Oederan vollständig be seitigt und die Züge verkehre» wieder in geordneter Weise unter Benutzung beider Gleise. Damit sind die Störungen, die das Unglück für den allgemeinen Verkehr im Gefolge hatte, verschwunden, noch lange aber wird es selbst bei der Leichtlebigkeit unserer Zeit dauern, bis die Erinnerung an das tieftraurige Ereignis mchr und mehr in der Hintergrund tritt. — Annaberg, 23. Sept. Recht schwer be troffen ist durch das entsetzliche Eisenbahnunglück bei Oederan die Familie Neßmann im benachbarten Schlettau. Unter den Toten befindet sich deren hoffnungsvoller, braver Sohn, der Gffreite Max Neßmann, der seine Militärdienstzrit beendet hatte und von seinen betagten und alleinstehenden Eltern mit Sehnsucht daheim erwartet wurde. Der Vater hatte kürzlich das Unglück, einen Beinbruch zu erleiden und hoffte nun in dem heimlehrenden Sohne eine Stütze im Geschäfte und in der Hauswirtschaft zu erhalte». Die Vorsehung hat es anders gewollt. Unter den Verletzten befinden sich mehrere Söhne hiesiger Gegend, z. G. aus Annaberg, Frohnau, Wiesa. — Dem in den Ruhestand tretenden Vize direktor an der hiesigen Bürgerschule, Herrn Friedr. Wilhelm Hunger, ist von dem Könige das Ritter kreuz 2. Klasse vom Älbrechtsorden verliehen worden. — Reichenbach, 22. Sept. Ein dreifacher Mord ist hier am Freitag nachmittag gegen 3 Uhr begangen worden, und zwar von dem in der Greizer Straße wohnhaften Bürstenmacher Lenk. Die Schreckenskunde hat alle Gemüter in große Auf regung versetzt. Gegenwärtig in einem Fabriketab- liffement beschäftigt, wurde er von seinen Prinzipalen wegen eines aus ihm ruhenden, aber noch nicht ge nügend erwiesenen Diebstahlsverdachtes entlassen und war vorläufig außer Stellung. Durch diese unglück lichen Verhältnisse veranlaßt, hat Lenk offenbar sich die Sache zu sehr zu Herzen genommen und muß sich in einer Aufregung befunden haben, die jeden falls die dreifache Mordthat erklärlich erschemen läßt. Lenk hat zunächst seine beiden Kinder, im Alter von und 5 Jahren, durch Erdrosseln »mS Leben gebracht und sich sodann selbst mittelst eines scharfen Instrumentes den Hals durchschnitten, ohne j doch seine Absicht eines augenblicklichen Todes zu erreiche». Er wurde nur lebensgefährlich verletzt und liegt im städtischen Krankenhaus hoffnungslos darnieder. Ein Schulknabe, der dreizehnjährige Sohn des Lenk, dem vom Vater das gleiche Schicksal zugedacht worden war, vermochte sich noch rechtzeitig durch die Flucht zu retten. Lenk genoß in hiesigen Kreisen allgemeine Beliebtheit und veranlaßt seine schauderhafte That das allgemeinste Aufsehen, umsomehr, als Lenk sich eines guten Leumunds erfreute. — Pirna, 22. Sept. Unglück über Unglück betraf an einem Tage den Zimmermann und Wirt schaftsbesitzer St. in Hellendorf. Durch einen Blitz schlag wurde sein Wohnhaus angezündet und brannte bis auf die Umfassungsmauern nieder, wobei nur wenig Hausrat gerettet werden konnte. Dis seit 8 Jahren kranke Frau des Geschädigten mußte aus dem brennenden Hause getragen wrrden. Während das Haus in Flammen stand, vernichtete ein mit dem Gewitter verbundener Hageljchlag auf St.'s Feldern die vielversprechende Ernte. Da St. bedeu tende Hypotheken auf seinem Grundstück hatte, ist er durch jenes Gewitter binnen einer Stunde zum armen Manne geworden. Vom Wohlthätigkcits- verein Sächsische Fechtschule wurde dem Betroffene» ein namhafter Unterstützungsbeitrag überwiesen. — Nach eiuer vom Oberlandesgericht bestätigte» Entscheidung des Landgerichts in Neuwied haben die Mitspieler eines Lotterieloses kein Recht, einen säumigen Anteilhaber ohne Weiteres auszuschließen. Vielmehr Habs der Säumige trotz Ausschlußerklärung weiter Anteil am Loss und Anspruch auf seinen Ge winnanteil. Er sei und bleibe Miteigentümer des Loses, der durch eine einseitige Erklärung seines Eigentumsrechte« nicht verlustig gehen könne. Z Altenburg. Rasch tritt der Tod den Menschen an! Bei Ankunft des Schnellzuges 16 am Sonnabend abend veranlaßten zwei Reisende die Unterbringung eines erkrankten Herrn in ein Zim mer des hiesigen Bahnhofts. Als der Zug Leipzig verlassen hatte, war ihr Mitreisender, Herr Kauf mann Ihle aus Plauen i. V., Mitinhaber der Firma Ihle L Peßler dort, von plötzlichem Unwohlsein er griffen umgesunken. Durch Oeffnen der Kleider, Reiben und Bespritzen mit Wasser suchte» sie ihn wieder zu sich zu bringen. Leider vergebens! Der rasch herbei gerufene Arzt Dr. Kruschwitz konnte nur den inzwischen infolge Herzschlages eingetretenen Tod fcststellen. Die mit zurückgebliebenen Herren, welche sich um ihren Freund in so aufopfernder Weise bemühten und besten Angehörige zuerst von dem Unglücksfall telegraphisch benachrichtigten, setzten ihre freiwillig unterbrochene Reise erst mit dem Nacht schnellzug fort, nachdem sie hier alles mögliche für den Verunglückten veranlaßt hatten. Ihrem löblichen Thun gebührt die vollste Anerkennung, die ihnen auch von allen, die hier Zeuge davon waren, gezollt worden ist. 8 Vom Harz, 2l. Sept., schreibt man: Auf der Kuppe des Auerberges bei Stolberg, wo früher der von dem genialen Schinkel entworfene und von dem verstorbenen Grafen Josef v. Stolberg-Stolberg gebaute kreuzförmige hölzerne Aussichtsturm stand, welcher in den achtziger Jahren vom Blitz getroffen wurde «nd dadurch in Asche fiel, wird sich nun bald ein eiserner Turm erheben, dessen Formen durchweg dem Schinkel'schen Bau entsprechen werden. Die den einen Tisch, wo Franz sich auf einen der höl zernen Stühle gesetzt hatte. Er lächelte über die Bedienung und über das nach Rum und allerlei andern Spirituosen riechende Getränk. „'s ist was Gutes, Herr Baron," empfahl Wei chelt dasselbe. „Sagt mir doch, mein Bester," begann Franz nun, „mir fällt da soeben ein, daß mir der Ober förster eine eigentümliche Mitteilung vor kurzem ge macht hat — da paßt es ja heute gerade, nun ich hier bin, eine Frage an Euch zu richten. Es kommt wohl zuweilen ein fremdes Mädchen hierher zu Euch." „In den Laden, Herr Baron, ja!" antwortete Weichelt nun mit wichtiger Miene. „Man kennt ja alle Leute weit «nd breit. Wo die aber herkommt, weiß ich nicht." „Habt Ihr sie denn noch nie danach gefragt?" „ES ist ein eigentümliches Ding, Herr Baron," fuhr Weichelt fort, „angesetzt dazu hab' ich schon oft, aber wenn einen dann das Mädchen mit den großen schwarzen Augen so ansieht, so von unten auf, so abweisend, dann bin ich immer noch nicht zu der Frage gekommen." „Um welche Zett kommt sie denn immer?" Weichelt sah nach der großen alten Uhr. „Gegen Abend, Herr Baron", antwortete er, „immer so in der Dämmerung, und heute wird sie wohl wieder Herkommen, es ist ihr Tag, das wird keine halbe Stunde dauern, dann ist sie hier". „Habt Ihr denn noch nie nachgesehen, wohin sie geht?" „Der Herr Oberförster meinte, daß sie wohl be B L< m vr di ül kl si- d! d, ei « tr E ic s- 3 d 8 d i l i