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WMMckMTWU Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich ' tzesPft-AiizeiM fm Lohnkrs, MdH, Zemdorf, Nüsdorf, SI LOim, Keimchrorl, Nmem md Nüsser. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. 45. Jahrgang. — ———-—-—--————- Nr. 275. Mittwoch, den 27. November ^27—1895. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag." Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mart 25 Pfennige. — Einzeln« Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Sorpuszrkkr oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Belrm«tWKchMg, die Stadtverordneten Ergänz ingswahl betreffend. Mit Schluß dieses Jahres haben aus dem hiesigen Stadtverordneten-Kol- legium die Herren Maurermeister Kar! J«!ius Hedrich- Privatier Gustav Adolf Oette! und Kaufmann LouiS Arends als «mässige Stadtverordnete und Herr Seminar-Oberlehrer Ernst Moritz Reichel als unansässiger Stadt» verordneter wegen Ablaufs ihrer dreijährigen Amtierungszeit auszuscheiden. Zu der hiernach erforderlichen Ergänzungswahl von 3 ansässigen und 1 unansäsfigen Stadtverordneten ist der 4. Dezember 1893 als Wahltermin anberaumt worden. Ratswegen werden daher alle stimmberechtigten Bürger hiesiger Stadt an- durch geladen, an dem vorbezeichneten Tage von vormittags 8 Uhr ab bis nach mittags 1 Uhr ihre Stimmzettel, auf welche von den wählbare« hiesige» Bürgern je 3 Ansässige und I Unansässiger unter Angabe ihrer Vor» und Zunamen und ihres Standes und Gewerbes, so wie der Nummer der in hiesiger Ratsexpedition bis zum Wahltage ausliegenden Wahlliste zu verzeichnen sind, im hiesigen Stadtvcrordneten-Sitzungszimmer (Rat haus, 1 Treppe) vor dem Wahlausschuß in Person abzugeben. Stimmberechtigt sind alle in der ausliegenden Wahlliste eingetragenen Bür ger. Jedem derselben wird ein Stimmzettel rechtzeitig zugestellt werden. Die Wählbarkeit steht allen stimmberechtigten Bürgern zu, welche im Stadt bezirke ihren wesentlichen Wohnsitz haben. Die Mitglieder des Stadtrats, sowie besoldete Gemeindebeamte können nicht zugleich Stadtverordnete sein. Jngleichen sind die dem Stadtverordneten-Kollegium bereits angehörenden Herren Handelsmann Otto Friedrich Härtel, Sattlermeister Karl Theodor K«nz, Webwarenfabrikant Friedrich August Fröhlich, Bäckermeister Friedrich Richard Seidel, Dekorationsmaler Ernst Emil Meller, Silberwaren- fabrikant Joha«« Georg Bruno Apel, Kaufmann Herman« Emil Pampe! und Webermeister Eduard Ludwig Kultscher bei der gegenwär tigen Wahl außer Berücksichtigung zu lassen. Lichtenstein, am 23. November 1895. Der Stadtrat. Lange. Bm. Tagesgeschichte. *— Lichtenstein. Wenn anders dem 100jäh- rigen Kalender irgend welche Bedeutung beizumessen wäre, so würde man sich auf ein strenges Regiment des bevorstehenden Winters gefaßt zu machen haben, denn nach Aufzeichnungen waren die Winter von 1595, 1695 und 1795 „grimmig" und „hart". — Mit gestern haben alle Hoffnungen für die Spieler der König!. Sächs. Landeslotterie ihr Ende erreicht. Nach Dresden fiel zwar diesmal das große Los, aber damit war es auch abgethan, da außer dem von größeren Gewinnen nur noch mit zwei Mal 30,000 Mark Dresdener Kollektionen beglückt wurden. Aber auch nach Leipzig fielen von größeren Gewinnen nur die 300,000 Mark, sowie die 40,000 Mark und ein Mal 30,000 Mark. Die 200,000 Mark nahmen ihren Weg nach Arnstadt in Thüringen, die 100,000 Mark überraschten Chemnitz, während die 150,000 Mark in Lübeck Einkehr hielten. Wie immer pausiert der Monat Dezember mit dem Lotteriespiel. Bekanntlich haben im Laufe dieses Sommers in Nord- und Süddeutschlsnd Erhebungen über die Lags des Handwerks mittels Stichproben stattgefun den. Das Resultat derselben ist, wie hierüber nun aus Berlin geschrieben wird, ein sehr ungünstiges. Es hat sich ergeben, daß die Zahl derjenigen Hand werker eine ganz unerwartet große ist, die nicht ein mal einen Gehilfen haben und sozusagen nur noch Stückarbeiter sind. Die betreffende Statistik wird im Reichstage zur Sprache gebracht werden. — Dresden, 25. Nov. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer, der am Regierungs tische Se. Excellenz der Hr. Staatsminister v. Watz dorf und geh. Finanzrat Dr. Barchewitz beiwohnten, wurde der Gesetzentwurf wegen proviforischer Fort erhebung der Steuern und Abgaben im Jahre 1896 ohne Debatte angenommen. — Dresden, 22. Novbr. Durch elektrische Klingel ertappt. In den verschlossenen Kellerraum eines hiesigen Kaufmanns war vor einiger Zeit wiederholt ein Dieb eingedrungen und hatte von den Warenvorräten gestohlen. Um nun den unbekannten Langfinger zu ertappen, ließ der Kaufmann in ge schickter Weise einen elektrischen Draht im Keller andringen und setzte ihn mit einer Glocke in Ver bindung, die sich oben in seiner im ersten Stock be findlichen Wohnung befand. Dieses Mittel sanktio nierte denn auch vor einigen Tagen ganz vortrefflich. In später Nachmittagsstunde ertönte plötzlich das Alarmsignal. Der Kaufmann eilte, sö schnell er konnte, in den Keller und traf dort eine fremde Frauensperson, die ganz ungeniert Kaffee einsackte und keine Ahnung hatte, daß ein geheimnisvolles Etwas ihre Anwesenheit sofort verraten hatte. Die Diebin wurde der Polizei übergeben. Es ist eine schon mehrfach bestrafte Arbeiterin von hier. — Chemnitz, 25. Nov. Heute früh gegen 7 Uhr wurde auf dem Hauptbahnhof in der Nähe der Lerchenbrücke der Leichnam eines 33 Jahre alten, noch ledigen Rangierarbeiters auf einem Gleis liegend aufgefunden. Der Kopf war vom Rumpfe getrennt, ebenso war ein Fuß abgefahren. Wie der Manu zu dieser tötlichen Verunglückung gekommen ist, wurde nicht festgestellt, da Augenzeugen des Vorfalls nicht vorhanden sind. Der Verunglückte hatte den heutigen Dienst früh um 6 Uhr ange treten. (Otto Weidlich aus Bernsdorf soll der Name des Verunglückten fein. D. R.) — Zwickau, 23. Novbr. (Oeffentliche Ver handlung vor dem Königl. Landgericht, Strafkam mer II.) Seinem Geständnisse nach hat der 1876 zu Münchberg (Kreis Oberfranken) geborene Berg arbeiter Johann Heinrich Dahinten im September d. I. in Hohttdorf bei Lichtenstein 1 Taschenuhr mit Kette und emen Hut gestohlen, diesen Diebstahl auch im wiederholten Rückfall verübt. Strafe: Fünf Monate Gefängnis. — Waldenburg, 24. Nov. Der Fürstliche Schloßgärtner Wildner ist von Sr. Durchlaucht dem Prinzen Georg von Schönburg-Waldenburg zum Fürstlich Schönburgischen Hofgärtner ernannt worden. — Kaum für möglich sollte man es halten, daß bei dem heutigen vorzüglichen Schulunterricht und dm zur Verfügung stehenden praktischen Lehr mitteln von einem 20—22jährigen jungen Mann, welcher jetzt seiner Militärpflicht genügt und in seiner Jugend jedenfalls vollständigen Schulunterricht ge nossen hat, ein derartiges geistiges Produkt, wie der nachfolgende, dem „Meer. Wchbl." im Original vor liegende Brief, noch geschrieben werden kann. (Der Diskretion halber sind die Namen der Hauptpersonen und Nummern nur markiert.) Der Brief lautet ohne jede Aenderung: „Dresden, den. 25. Ockt. 1895. Lieber Freund H., ich deile dier mit das es mir gut gefeit. Lieber H. zu Duhn haben wier genug das wirrst du schohn wiesen du warst auch Solbad. Lieber H. am Freidach waren wier auf den Heler da gab es Sand genuch. Lieber H. hier wird man freg wie Oskar. Lieber H. ich wingte mir wieder mall einen Sonndach in Meerane zuver» lewen und könte ein bisgen in Herrdelshodel gehen. Lieber H. wir alle werden mit Sih angesprochen, aber an Eerentiteln fehlt es nicht zum beischbill Baumaffe, Schuft und der gleigen mehr. Unser Cef und Haptmann ist Prinz Johan Georg zu Sach sen, Auch Unser Feldwebel ist auch nicht schlegt. Heist K . . . . Lieber H. in unserer Stube gibt es ver haue Brüter genuch nur du felst noch dazu. Am Freitach wurden wir geimpt. Lieber H. mich woll ten sie dichtig verkoken da hatten sih kein Klick dein Max. Am Sonndach muste ich in die Schurschen Stube. Da Sachte ein Schurschand setz dich aufs Sohwa ich sprach ich bin so vrech. Da sachte einer wo Stamsteu sieh hehr ich Sachte von meiner Mutter ein bar Mädschen waren mit drin musten dichtig lagen, ich ging dan nas und horschte brausen da Sachte einer mit dem ist nicht; anzufan. Lieber H. ich bin in der .... Konp Korporsch. Stube . . . . Schütze I.Z. Lieber H. isch will nun schüfen in der Hoffnung das Dich mein Brief andrift. Lie ber H. Ville grüse an Diech und Deine ltewe Fra» Augenes. Lieber H. grüs mir das Freülein die m Herdelshodel am letzten Sonndach mit war wo ich betrungen war. Lieber H. ich ging gerne wieder So einmall mit Dir Komikern." — Plauen i. V., 22. Nov. Viel bedauert wird eine brave Frau aus einem nahen Orte, die zu Pfingsten erblindet ist und infolgedessen schwermütig geworden war. In ihrer Verzweiflung machte sie ihrem Leben selbst ein Ende, indem sie sich mit dem Rasiermesser ihres Mannes die Kehle und das Hand gelenk durchschnitt. Sie verstarb nach qualvollen Leiden. — Eine Mockritzer Familie hat urplötzlich zwei blühende Knaben im Alter von 11 und 14 Jahren durch den Tod verloren. Der ältere der Knaben hatte sich auf die dünne Eisschicht des gro ßen Teiches am Mockntzer Eiswerk gewagt und brach ein. Dasselbe Schicksal ereilte den jüngeren, als sich derselbe bemühte, seinen Bruder zu retten. Erst nach 15 bis 20 Minuten gelang es einigen Männern, die Knaben herauszuziehen; die sofort angestellten Wie derbelebungsversuche waren leider nicht von Erfolg. Der hinzugerufene Arzt konnte nur den infolge Herz schlages eingetretenen Tod konstatieren. — Großenhain, 24. Nov. „Wenn die Katze aus dem Haus" oder: „Eine gestörte Theege sellschaft" könnte man, so berichtet das „Großenh. Tgbl.", die Episode überschreiben, die sich vorgestern abend bei einer hiesigen Herrschaft abspielte. Letztere war verreist und hatte das eine Dienstmädchen be auftragt, die Aufsicht zu übernehme». Nun entstand aber, angefacht von dem Dienstmädchen einer ande ren im Hause wohnenden Herrschaft, bei dem Dienst personal der Wunsch, sich infolge der Abwesenheit der Herrschaft auch einmal etwas zu Gute zu thun. Gedacht gethan; die Bedenken des mit der „Aufsicht" beauftragten Mädchens wurden beschwichtigt und ein „Thee-Abend" wurde arrangiert, nachdem die An kunftszeit des einen Abendzuges vorüber und die Herrschaft nicht gekommen war. Somit hatte man ja bis zum nächsten Zuge Zeit und man machte sich's in der guten Stube riesig gemütlich, benutzte das feinste Kaffeeservice und lebte bei köstlichen Pfann kuchen herrlich und in Freude». Doch mit des Ge schickes Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten und — die Herrschaft schreitet schnell, denn dieselbe war mit dem Abendzuge angekommen, war aber noch ein mal eingekehrt und stand nun plötzlich in der Thür mit Verwunderung die Theegesellschaft betrachtend. Die so jäh Gestörten standen erst wie gelähmt, dann ein Schrei des Entsetzens und „Alles rennet, rettet, flüchtet", verfolgt von den köstlichen Pfannkuchen, die der ergrimmte Hausherr in seinem Zorne als Wurfgeschosse nachsandte. Natürlich blieb ein stren ges Verhör nicht aus, «nd da stellte es sich denn