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Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich HWsd-Snzeiger sm Kohndorf, Mdlitz, Demdsrf, ALsdors, Kl Wim, MMM Mmimm md Uüffm. Amtsblatt füv den Stadtrat zu Lichtenstein. "" ————— —-————— 45. Jahrgang. — — —— Nr. 279. Sonntag, den 1. Dezember 1895. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag." Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mart 25 Pfennige. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene KorpuSMs oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. BekM«tmachu«g, die Volkszählung betreffend. Am Montag, den 2. Dezember dss. Js. findet nach dem Beschlusse des Bundesrates vom 11. Juni dss. Js. eine allgemeine Volkszählung im deutschen Reiche statt. Die Zählung umfaßt alle zur Zählungszeit innerhalb der Landesgrenze anwesenden Personen. Als Grtsanwesend werden diejenigen Personen betrachtet, welche in der Nacht vom I. auf de« 2. Dezember hier sich aufhalten und werden die während dieser Nacht auf Reisen oder sonst unterwegs befindlichen Personen dort als anwesend verzeichnet, wo sie am Vormittag des 2. Dezember anlangen. Zur Aufzeichnung der Personen dienen Haushaltungslisten und event. An staltslisten, auf denen sich die näheren Vorschriften über das Zählungs verfahren abgedruckt befinden. Es hat die Eiutraguug in die Zählungsliste für jede Haushaltung durch den Haushaltuugsvorstaud, für Gasthöfe, Herbergen und Anstalten hingegen durch den Besitzer, Vorsteher, Verwalter oder deren Stellvertreter zu geschehen und zwar anr 2. Dezember vormittags und ist die Richtigkeit und Vollständigkeit der Eintragung vom Ausfülle»- de« durch Unterschrift zu bescheinigen Die Austeilung der Listen in den 23 Zählbezirken hiesiger Stadt, deren jeder 30 bis 40 Haushaltungen umfaßt, wird heute beendet, die Wiederein- sammlung beginnt am 2. Dezember mittags u«d ist am 3. Dezem ber zu beendige«. Da es sich bei Ausführung dieser Zählung, die übrigens mit Steuer- zwecken Nicht iu Verbindung steht, um die Erfüllung einer wichtigen öffent- uchenPflicht gegenGemeinde und Staat handelt, wird die Erwartung gehegt, daß alle Beteiligten die erforderliche» Angaben vollständig und gewissenhaft erstatten und durch verständnisvolles Entgegenkommen die Ausführung des Zählgeschäfts so wohl der Behörde als den Zählern erleichtern werden. Callnberg, am 30. November 1895. Der Bürgermeister. P r a h t e l. Advent. Das alte Kirchenjahr ist zu Ende gegangen und an der Schwelle des Neuen begrüßt uns die Advents zeit, die Adoevtszeit mit ihrem fröhlichen Glanz, mit ihrer eigenartigen Weihe, ihrem sehnsüchtigen Hoffen und Erwarten. In ihr haben wir Christen des neuen Bundes etwas, das uns erinnert und in Zusammenhang bringt mit dem „höchsten Wunsch und Sehnen" der alten Väterschaar. Die Advents zeit ist eine prophetische Zeit. In ihr leben wie in keiner anderen die Weissagungen des alten Bundes wieder aus, wir verfolgen ihre ununterbrochene Kette, bis in dem letzten Propheten zugleich der vor uns steht, der dem Christkind unmittelbar den Weg be reiten soll. Advent heißt Ankunft, und auf die An kunft des Herrn im Weihnachtsfest, auf die große Freude, die allem Volke widerfahren soll, vorzu bereiten, ist seine Aufgabe. Schon äußerlich trägt die Adventszeit deutlich die Züge einer Uebergangs-, einer Warte- und Vorbereilungszeit an sich. Wo wären Eltern, die nicht mit stiller Freude beobachten, wie das Weihnachtsfest einen Strahl seines Lichtes bereits vorauswirft in die Herzen ihrer Kinder, wie der Gedanke an dies schönste Kinderfest in den Klei nen austaucht zuerst hier und da, dann häufiger, zu letzt sie ganz gefangen nimmt und endlich die Sehn sucht nach Weihnachten ihr ganzes Denken beherrscht. In der Adventszeit verstehen wir es am besten, was der Heiland will mit seiner Forderung, daß wir werden sollen wie die Kinder. Wenn wir ihnen sagen wollten: „Zu Weihnachten wirb euch nicht beschert", sie würden zum ersten Mal zweifeln an der Wahr haftigkeit ihres Vaters, sie würden denken: das Wissen wir aber wirklich besser, baß unser liebes, liebes Christkind uns nicht vergißt. So vertrauend wie die Kinder sollen wir werden. Wenn sie sich Dinge wünschen ohne Maß und ohne Ziel, sozusagen das Blaue vom Himmel herunter und bedeutet wer den: das kann euch das Christklind aber wirklich nicht bringen, was bleibt dann für die anderen Kin der übrig? Wie schnell beschränken sie ihre Wünsche bis auf eine geringe Kleinigkeit; „ach das möchte ich doch haben!" heißt es da. Wie die Kinder sollen wir werden; Alles, auch das Größte, aus den ewig^ reichen Gotteshänden erbitten und erkennen, daß uns- auch in der kleinsten Gabe Alles, die ganze Liebe,' gegeben ist. Wie sind die Kinder so begierig doch, wenn es ginge, nur einmal das Christkind zu setzen.^ Wie die Kinder sollen wir unser Leben dem Wunsche und Verlangen unterstellen, einst zu schauen, was? wir geglaubet haben. So predigt uns der Advent,i die Kindheitszeit des neuen Kirchenjahres, vor Allem das eine, „so ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt) ihr nicht in das Himmelreich kommen." > WMjche MtmorönM'Wug zu Lichtenstein vom 29. November 1895. Die heutige Stadtverordneten-Sitzung wurde H.9 Uhr durch den Vorsitzenden, Herrn Baumeister Hedrich, eröffnet. Außer sämtlichen Mitgliedern des Kollegiums war auch Herr Stadtrat Götze anwesend. Mehrere vor Eintritt in die Tagesordnung ausge sprochene Wünsche bez. Anfragen fanden zufriedenstellende Beantwortung. Nunmehr konnte in die Tagesordnung eingetreten werden. 1) Beschlußfassung über eine formelle Abänderung des Regulativs: „Erhebung von Kaufgeldern zur Schulkasse" betreffend. Es kommt eine hierauf bezügliche Verfügung des Kultusministeriums zum Vortrag, welcher sich das Kol legium, gleichwie es der Rat schon vorher gethan, allenthalben zustimmend anschließt. 2) Beschlußfassung über das Gesuch einiger Hausbe-s: sitzer, die Entnahme von Wasser aus der städtischen Wasser--» lettung betreffend. Von mehreren Hausbesitzern rechtsseitig der unteren Bachgasse ist ein Gesuch an den hiesigen Stadt rat eingegangeu, um Anschluß an die städtische Hauptwasser leitung zu den früher geltenden Anschlußbedingungen. Von i seiten des Wasserausschusses ist dieses Gesuch befürwortet, worden, ebenso hat dasselbe die Genehmigung des Stadtratesc gefunden. Die Nohrlegung vom sogen. Fröschie'schen Brenn-) ofen bis zum Hause der verw. Caroline Schellenberger als End-' punkt rechtsseitig der unteren Bachgasse würde bei einer Länge von 300 Metern ca. 1320 Mark betragen, L Meter des Rohres zu 4 Mark 40 Pfg. gerechnet. Wenn nun der von den Ge suchstellern zu erbringende Wasserzins sich auf ca. 60 Mark stellt, was angenommen werden kann, so ergiebt sich daraus eine Verzinsung des Anlage-Kapitals zu 4 Prozent. Was hingegen den Anschluß Hermaun Schellenbergers oberhalb der Bachgasse am Mühlgraben betrifft, so sollen selbigen ebenfalls die Vergünstigungen zu teil werden, wie den Ge suchstellern an der rechtsseitigen Bachgasse, nur muß letzterer die Kosten für ca. 50 Meter Bleirohr für eigene Rechnung tragen. Das Kollegium tritt einstimmig dem hierüber ge faßten stadträtlichen Beschluß bei. Zu Punkt 3) der Tagesordnung nimmt das Kollegium Kenntnis von der Wahlliste zu den diesjährigen Stadtver ordnetenwahlen. Schluß der öffentlichen Sitzung: V»9 Uhr. Hierauf: Geheime Sitzung. Tagesgefchichte- *— Lichtenüsiii, 30. Nao. Im Gewerbe verein im Ratskellerfaule hielt vorgestern abend Herr Bürgermeister a. D. Fröhlich einen Bortrag über: „Die milden Stiftungen in Lichtenstein". Anlaß lich dieses gemeinnützigen Vortrages hatten sich auch außer den Mitgliedern zahlreiche Gäste eingefunden, welche mit Interesse den Ausführungen des Herrn Redners folgten. Es wird manchen interessieren, wenn wir in kurzem die gesamten hier bestehenden Stiftungen benennen. In hiesiger Stadl bestehen sH«A»25 milde Stiftungen und zwar: 1. Das Hospital zum heiligen Kreuz, Ursprung unbe kannt, einschließlich Neugebauer-, Stübel-und Seydelstiftung. Zweck: Gewährt 18 älteren Leuten (Witwer oder Witwen hauptsächlich) freien Wohnsitz und Unterstützung. Kapitalbe stand: 86,535 M. 19 Pfg. 2. Das Stift der armen Knaben. Zweck: Gewährt jährlich 515 M. an Cborschüler und Adjuvanten, am Char- freitag jeden Jahres 13 M. 49 Pfg. an arme alte Leute und 27 M. jährlich an den Schuldirektor zum Ankauf von Schul utensilien für arme Kinder. Kapitalbestand 19,818 M. 60 Pfg. 3. Die Leichenhausstiftung vom hochseligen Fürsten Otto Viktor von Schönburg-Waldenburg. Zweck: Wohnung für den Totenbettmeister und Aufnahme der Leichen, für minder bemittelte zu mäßigen Gebühren, für Arme und Kin der unentgeltlich. Kapitalbestand 900 M. 4. Das Julicnhospital. Gegründet 1843 mit 13000 M. Stiftungskapilal. Von den Zinsen ist jährlich zum Ka pital zu schlagen. Zweck: Aufnahme von armen Kranken aus Lichtenstein-Callnberg und Umgebung. Kapitalbestand 48,735 M. 5. Die Böttcher'sche Waisenstiftung. Stiftungskapital 15000 M. Zweck: Unterbringung eitern- oder vaterloser . ehelicher Waisen in geeigneten Familien zur besseren Erzieh- . ung, auch Aufbringung des Lehrgeldes zur Erlernung eines - Handwerks. Kapita lbestand 28,837 M. 31 Pfg. 6. Die Pleißner'sche Armenstistung. Zweck: Vertei lung der Zinsen an 73 Jahre alte Leute, welche in Lichten stein geboren sind. Kapitalbestand 1500 M. 7. Die Webendörfer'sche Armenstiftung. Zweck: 8 Ar men wird jährlich je 150 M. und 2 Armen je 100 M. jähr lich Unterstützung auf Lebenszeit gewährt. Höheres Alter bei gleicher Bedürftigkeit bevorzugt. Kapitalbestand 35000 M. 8. Die Webendörfer'sche Stipendienstiftung. Zweck: Gewährung von Stipendien von jährlich 150 bis 300 M. an Söhne hiesiger Eltern, die höhere Schulen besuchen, dieselben dürfen nicht über 16 Jahre alt sein, nur daun ist dies zu lässig, wenn nicht genügend jüngere vorhanden sind. Zeit dauer der Stipendiengewährung höchstens 4 Jahre. Kapital- bestand 73000 M. 9. Die Webendörfer'sche Schulstistung. Zweck: Erhöh ung von Lehrergehältern. Kapitalbestand 88000 M. 10. Die Sedanstiftung. Stifter die Herren Singer, Webendörfer, Brasch, Ottom. Fankhänel, Theodor Zeuner, Hahn, Stübel und Th. Große, Zweck: Verwendung der Zinsen aller 4 Jahre zum Sedan-Schulfest. Kapitalbestand 2859 M. 11. Die Ernestinenstiftung. Stifterin Frau verw. vr. Deutschebein. Stiftunqskapital 12000 M. Zweck: Unter stützung verschämter Armen. Diese Stiftung ist noch nicht in Wirksamkeit getreten, da die Erbin der Stifterin noch bis zum Tode die Zinsen beziehen soll. 12. Die Stengel'sche Stiftung aus Zwickau. Zweck: Unterstützung armer hiesiger Waisen. Dis Unterstützung tritt erst in Kraft, wenn das Kapital so angewachsen, daß die Zinsen ausreicheu 1 Waisenkind vollständig zu erhalten. Ka pitalbestand 1577 M. 13. Die Bernhard Laux-Stiftung. Zweck: Jährliche Verteilung der Zinsen an 3 arme mindestens 60 Jahre alte Bewohner hiesiger Stadt am Geburtstage (14. Dez.) des Stifters. Kapitalbestand 1500 M. Weitere 1500 M. stiftete dessen Witwe, daß auch noch 3 arme weibliche Bewohner mit unterstützt werden sollen. Diese letztere Bestimmung wird erst nach dem Tode der Stifterin in Kraft treten. 14. Die Metzner-Stiftung. Zweck: Verteilung der Zinsen jährlich am 21. Oktober an arme alte hiesige Einwoh- ' ner. Kapitalbestand 1500 M. 15. Die Stübel'sche Stipendienstiftung. Zweck: Gewäh rung der Zinsen des gestifteten Kapitals von 5000 M. au einen Bürgers- oder Beamtensohn zum Universitätsstudium auf 3 bis 4 Jahre. Weitere Gewährung der Zinsen des ge stifteten Kapitals von abermals 5000 M, für 2 bis 4 würdige Knaben mittelloser Eltern zur Erlernung eines Handwerks. 16. Die Stübel'sche Konfirmandenstistung. Zweck: Ver teilung der Zinsen zur Bekleidung von 4 Konfirmanden (2 ' Knaben und 2 Mädchen), oder je 25 M. an 6 Konfirmanden (3 Knaben und 3 Mädchen) als Beitrag zur Bekleidung der- felben. Kapitalbetrag 375" M. 17. Die Stübel'sche Armenstiftung. Zweck: Verteilung der Zinsen alljährlich an 2 alte bedürftige hiesige Bewohner nach Art der Webendörfer-Stiftung. Kapitalbestand 4600 M. 18. Die Stübel'sche Schulfeststiftung. Zweck: Vertei lung der Zinsen bei Schulfesten. Kapitalbestand 800 M. 19. Die Stübel'sche Grabstellenstiftung. Zweck: Unter haltung der Grabstelle des Stifter« von den Zinsen. Ka pitalbestand 300 M. 20. Die Schulbücher-Stiftung. (Aus einem Sühnen- opfer herrührend.) Zweck: Gewährung von Schulutensilien an bedürftige Kinder. Die Zinsen von 120 M. jährlich wer den an den Schuldirektor zur Beschaffung von Utensilien an Eltern solcher Kinder verabreicht, denen die Anschaffung schwerfällt. Kapitalbestand 3000 M. 21. Die Lucien- und Alexauderstiftung. Stifterin Frau Erbprinzessin von Schönburg zum ehrenden Gedächtnis ihrer Heimgegangenen Kinder, der Prinzessin Lucie und des Prinzen Alexander. Stiftungskapital 75000 M. Zweck: Errichtung einer Kleinkinderschule, welche den Zweck verfolgt, vorschul pflichtigen Kindern armer Eltern, welchen durch ihren Beruf