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Stock auf den Tisch und heben Sie die rechte Hand auf!" Der Zeuge hatte nur den Schlußsatz ver- standen und blickte sich anscheinend ratlos um, wo er Hut und Stock lasten sollte. Der Vorsitzende mußte dem verwirrten Zeugen mehrere Male zu rufen: „Auf den Tisch! — Auf den Tisch!" Der Zeuge verstand nun wieder falsch und stieg mit den Beinen auf den Zeugentisch herauf. Lächelnd mußte ihm erst der Vorsitzende klar machen, daß er den Hut auf den Tisch legen und sich vor den Tisch stellen solle. 8 Durch einen starken Schneefall, der sich am Mittwoch in früher Morgenstunde einstellte und bis nach 8 Uhr anhiclt, wurde die ganze Umgegend Hamburgs rasch in eine Winterlandschafl um- gewandelt. Allgemein überraschte die Menge des Schnees. Die Zweige der Bäume, von denen manche Arten ihre Blätter erst zUm Teil verloren hatten, bogen sich tief unter dec schweren Last. DaS dauerte freilich nicht lange; bald tropfte es mächtig herunter und nach etwa dmer güten Stunde erschien alles wieder in der gewohüt'en Färbung. Einige Drähte der Telephonleitung und des Feuertelegraphen sind infolge der Schneebelastung gerissen. Hierbei ereig nete es sich, daß am Glockengießerwall ein Telephon draht auf die Drähte der elektrischen Straßeneisen bahn fiel und den elektrischen Strom ausnahm. Dort versuchten nacheinander ein Brvtmann, eine Frau, ein Schlächtergeselle und ein Schutzmann den quer über daS Trottoir liegenden Draht zu entfernen. Sie ließen aber von ihrem Vorhaben sofort ab, als sie einen elektrischen Schlag bekamen, der indes nicht schädigend auf ihre Gesundheit etngewirkt zu haben scheint. Ein Telegraphenbeamter der Feuerwehr be seitigte den Draht dann mittels Anwendung der eigens zu solchen Zwecken gelieferten Handschuhe aus nicht leitendem Stoffe. 8 In Kiel fand am Freitag vormittag 11 Uhr die feierliche Eröffnung des Seemannshauses sür die Unteroffiziere und Mannschaften der Marine durch den Prinzen Heinrich statt. Im Saale des Hauses waren zur Feier anwesend die Admirale Thomsen, Oldekop, Ptüggemann, Tirpitz, der Auf- sichtSrat des Seemannshauses, sowie der Geschäfts träger Kapitän Heerdts und Korvettenkapitän Harms nebst Gemahlin, außerdem die Umgebung des Prin zen Heinrich, die Vertreter sämtlicher Marinebehör de» und Deputationen sämtlicher Schiffe, sowie aller Teile der Marine. Prinz Heinrich hielt die Eröff nungsrede, in der er betonte, daß das Seemanns heim der Thatkraft zweier Männer, des Admirals v. Seckendorf und des Korvettenkapitäns Harms, zu danken sei. Er dankte allen mildthätigen Geld spendern und übergab alsdann namens der Gesell schaft das Heim der Marine. Korvettenkapitän Harms dankte dem Prinzen. Unter Leitung des Korvettenkapitäns erfolgte ein Rundgang durch das Gebäude. 8 Was alles auf eine Visitenkarte geht. Eine lustige Geschichte erzählt man sich in Verbindung mit den Prüfungen, die an der Edinburger Universität abgehalten werden. Ein flotter Student wurde in der Physiologie vorgenommen. Der Pro fessor ergründet bald, wie wett er mit seiner Wissen schaft in diesem Fache bestellt ist, und fragt ihn plötzlich, ob er eine Visitenkarte da habe. Der nichts ahnende Jüngling ist überrascht, er weiß aber, daß der Gelehrte das gemütlichste Haus ist, und der Ge danke blitzt ihm auf, derselbe nehme wohl ein be sonderes Interesse an ihm. Er beeilt sich daher, die Frage zu bejahen, und zieht die Karte hervor. „Danke, und nun", bat der Professor mit sanfter Stimme, „seien Sie so gut und schreiben Sie auf das Ding alles, was Sie von Physiologie wissen". 8 Ein eigenartiges Zusammentreffen ergab sich kürzlich auf dem Standesamte Brandenburg. Die Braut hieß Schneeweiß, ein Zeuge Roth und der Standesbeamte Schwarz. Da haben wir die deutschen Farben. 8 W i e s b a d e n , 1. Nov. Die Gräfin Hatz feld, die Gemahlin des deutschen Botschafter« in London, welche sich hier in der Nähe auf ihrer Be sitzung aufhält, wurde bei einer Spazierfahrt aus dem Wagen geschleudert, weil das Pferd scheute. Die Gräfin erlitt nicht unerhebliche Verletzungen. Merkwürdiger Weise ist ihr dasselbe Unglück früher schon einmal an derselben Stelle passiert. 8 Die Akten zu der von der Staatsanwaltschaft in Breslau gegen den sozialdemokratischen Führer Liebknecht erhobenen Anklage wegen Majestätsbclei- digung liegen, wie den „Berl. Reuest Nachr." mit- geteilt wird, nunmehr der Brescauer Strafkammer zur Beschlußfassung über die Eröffnung des Haupt verfahrens vor. Da das letztere zweifellos eröffnet wird, so wird die Sache binnen kurzem zur Verhand lung kommen. * * Wien , 1. Nov. Als Mörder des fürstlich Dittrichstein'schen Försters Schwarz, welcher kürzlich im Pulgramer Walde ermordet und beraubt worden ist, wurde dessen Kollege, der Förster Steck verhaftet. * *Oedenburg, 1. Nov. Auf der Straße zwischen Zsidariy und GünZ wurde die Leiche eines unbekannten ManneS aufgefunden. Die Obduktion ergab Tod durch Erfrieren. * * Rom, 1. Nov. Wie in hiesigen unterrich teten Kreisen verlautet, sind die italienische und die deutsche Regierung bemüht, auf vertraulichem Wege die Gegensätze zwischen England und Rußland zu mildern. * * R o m, 1. Okt. Das Erdbeben war von heftigem unterirdischen Geräusche und starkem Regen begleitet. In einem Kloster wurde ein Mönch durch einen herabfallenden Balken verwundet. Auch sonst kamen einige leichte Unfälle vor. Die Bewohner fluchteten zum Teil in primitivsten Kostümen. In den Gefängnissen verlangten die Gefangenen stür misch, sreigelassen zu werden; in einem Kerker wur den die Aufseher schwer bedroht, weshalb 4 Kompa nien Militär hsrbeigerufen werden mußten. * * Rom, 1. Nov. Die Beobachtungen des Central-Bureaus sür Meteorologie stellen fest, daß das Erdbeben 4 Uhr 38 Min. mit drei leichten 4 bis 5 Sekunden dauernden Stößen begann. Nach einer Pause von zwei bis drei Sekunden wurde eine weitere Reihe 8 Sekunden anhaltender wellen förmiger Bewegungen beobachtet. Die beiden Pendel des Observatoriums stehen still. Der alte Turm des Kollegium Romanum ist leicht beschädigt. Die vorherrschende Richtung der Erdbewegungen warvon Nord nach Süd. — Aus Rocca di Papa wird von heute früh 4 Uhr 40 Minuten ein 7 Sekunden an haltender heftiger wellenförmiger Erdstoß gemeldet; derselbe hat keinen Schaden angerichtet. Die Be völkerung hat die Wohnungen verlassen. * * Belgien. Der Eisenbahnmiaister hatte als Entschädigung für die Opfer des letzten Eisen bahnunfalleS bei Mousty 1'/- Millionen Frane- angewiesen. Diese Zuweisung hat sich als ganz un zureichend ergeben. Wie die „Jndop. belge" hört, beziffern sich die von der Staatskasse den Opfern und ihren Angehörigen zu zahlenden Entschädigungen auf nicht weniger als drei Millionen Francs. Der infolge der Sonntagsruhe eingeführte Sonntagsdienst auf den Eisenbahnen hat gründlichst FiaSco gemacht und tostet schon jetzt mit den früheren Unfällen seit Einführung des Sonntagsdienstes allein für die Ent schädigungen der Opfer Millionen Francs. * * Petersburg, 1. Nov. Nach einer Depesche der „Nowoje Wremja" aus Wladiwostok haben die Japaner auf Formosa die große Binnenstadt Katschi erobert. Die Lage der Schwarzflaggen ist eine verzweifelte: die Japaner ver langen bedingungslose Unterwerfung. * * Petersburg, 1. Nov. Vom 1. bis 29. Oktober sind im Gouvernement Lolhynten 6794 Personen an der Cholera erkrankt, 3028 gestorben. * * Konstantinopel, 1. Nov. Nach türki schen Nachrichten wurden bei der Metzelei in Bitlis 165Türken gelöiet.JnAIeppo wurden mchrereEuropäer insultiert. Ein deutscher KonsulatSbcamter hat sich nach Jlön begeben, um die Untersuchung des Räuber überfalles einzuleiten. Nach den letzten Nachrichten wurde kein Deutscher entführt, sondern nur eine 453 Pfund Sterling enthaltende Kasse geplündert. Ein Deutscher wurde verwundet. * * Konstantinopel, 1. Nov. Schakir Pascha und der Vali von Erzerum telegraphierten, d^ß am 30. Okt. einige junge Armenier in das Re gierungspalais eindrangen und auf den Gendarmerie kommandanten schossen. Dieser wurde jedoch nicht getroffen, dagegen ein Unteroffizier getötet. Die Wachorgane erwiderten das Feuer und töteten die eingedrungenen Armenier. Hierauf entstand eine Schlägerei zwischen Mohammedanern und Armeniern, wobei 50 Personen getötet wurden. Ein Armenier, der aor dem Zwischenfalle seinen Religionsgenossen angeratcn hatte, die Läden zu schließen, wurde ver haftet. Die Untersuchung ist eingeleitet. Dank der Maßnahmen der Behörden wurde die Ruhe wieder herstellt. — Nachrichten aus Marasch zufolge ist ein Oberst mit 400 Soldaten in der Kaserne in Zeitun von armenischen Insurgenten etngeschlossen. Die Armenier steckten die muselmännischen Dörfer in den Distrikten Anderin und Albistan in B^and. * * Konstantinopel, 1. Nov. Nach türkischen An gaben drangen am 30. Oktober in Erzerum Armenier in das Regierungsgebäude und ermordeten den Kommandanten der Gendamerie. Die Folge hiervon war eine große Schlägerei und Metzelei, welche beträchtliche Opfer an Menschenleben heröeiführte. Anderweitigen Nachrichten zufolge sind auch von feiten der Türken Provokationen vorgekommen; nähere Angaben fehlen zur Zeit noch. * * Philadelphia, 29. Okt. Gestern be gann der Prozeß gegen den Mörder Holmes. Es w-rden ihm nicht weniger als elf verschiedene Mord- thaten, die er in Philadelphia, Ci) cago und anderen aroßen Städten verübt hat, zur Last gelegt. Seine Opfer waren Frauen, wie Männer. In jedem Falle hat er es auf die Versicherungssumme feiner Opfer abgesehen. Im Ganzen hat Holmes wahrscheinlich 40 Personen ermordet. Er stellte die Morde in Ab rede, giebt aber selbst zu, daß er sich 700000 Doll, mittelst „falscher" Leichen erschwindelt hat. Kein Advokat wagt Holmes zu verteidigen. MÄmaHliche Witterung für de« 3. Novbr.r (Aufgestellte Prognose nach dem Lamprecht'schen Wettertelegraph.) Neigung zum Witterungs-Umschlag. Jacketts, Gapes, Räder, Kinder-Mäntel, in großartiger Auswahl zu anerkannt billiger» Preisen empfiehlt Hermann Borgt, Callnberg. Äckn-ll.Wcht>l-HMen, Wmr- ii. MWpHmScn in großer Auswahl zu billigsten Preisen empfiehlt WM- Lichtenstein. Ki»v kxramiäe mit Garte« zu kaufen gesucht. Offerten mit Preisangabe unter „Py ramide" an die Expedition des Tage- blatteS erbeten. 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Oktober a. o. schwer betroffenen Brandunglücke haben uns so zahlreiche Hände hilfreich und selbstlos zur Seite gestanden, daß es uns drängt, dafür öffentlich herzliche« Dank abzustatten. Dieser gilt besonders den zufällig an wesenden Gästen, welche durch schnelles und thatkrästigeS Handeln uns vor den bittersten Verlusten bewahrten, ferner unsern lieben Nachbarn und Verwandten, welche durch Rettung und Bergung un-- sers Eigentums uns vor vielen Schaden behüteten und endlich nicht zum wenig sten deu herbeigeeilten Feuerwehren, welche mit größter Aufopferung den Herd des Feuers zu beschränken suchten. Möge Gott der Herr Ihnen allen vergelten! Bernsdorf, Ende Okt. 1895. Henriette verw. Pfeifer nebst Kindern.