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fand gestern im „Kaiserhof" ein Festmahl statt, an welchem sich der Kaiser, Prinz Friedrich Leopold, Generaloberst v. Loö, die Generäle v. Meerscheidt- Hüllessem, Graf Häseler und etwa 80 weitere Offi ziere beteiligten. Um 5 Uhr erschien der Kaiser mit dem Flügeladjutanten Grafen Moltke und Prinzen Friedrich Leopold. Nach dem dritten Gang erhob sich der Monarch zu einer Ansprache, in welcher er an die Uebergabe von Metz erinnerte und die Thaten deS Reiterprinzen beleuchtete. Wer wollte es uns verdenken, sagte etwa der Kaiser, wenn wir heute auf jene ruhmreichen Tage zurückgreifen, an welchen der Feldmarschall-Prinz so großen Anteil hatte. Wir wissen genau, was er uns war. Ganz besonders ich weiß es, der ich soeben von dem Boden komme, auf Welchem jene großen Schlachten ausgekämpft wurden. Wir danken der Vorsehung dafür, daß unser Prinz Friedrich Karl an der Spitz- der Reiterei gestanden hat, sie ausgebildet hat, damit sie solche Leistungen vollbringen konnte. Am heutigen Tage wendet sich der Blick nach Dreilinden zum Andenken an den verewigten Feldmarschall Prinzen Friedrich Karl. Trinken wir ein stilles Glas, indem Dir uns allezeit der Freundschaft und Kameradschaft erinnern, und geloben, das von ihm in der Reiterei Geschaffene und Geleistete weiter ausbilden zu wollen. Um 7 Uhr verabschiedete sich der Monarch. 8 Das Opfer seiner Gutmütigkeit wurde ein Zugführer der Berliner Stadtbahn, welcher kürz lich einen Fahrgast auf dessen Bitten um seine Be förderung mit dem überfüllten Zuge zu ermöglichen, auf kurze Zeit mit in das Dicnstkupee nahm, obwohl dies gegen die Instruktion verstößt. Als der Fremde auf der nächsten Station ausgestiegen, gewahrte der Beamte zu seinem Schrecken, daß ihm ein Wertbrief mit 800 M. Inhalt fehlte, der ihm mit anderen Briefschaften zur Uebermittelung an eine andere Dienstbehörde mitgegeben war. Es bleibt deshalb nur die Vermutung übrig, daß der Fahrgast zum Dank für d.e Gefälligkeit des Beamten diesen be stohlen hat. Z Weißenfels, 28. Okt. Nach näheren Feststellungen sind bei dem Brande derRiebeck'sche» Grube „Marie" bei Deuben neun P-rsonen verletzt worden, davon drei schwer. Sieben Verletzte sind im „Bermannstrost" in Halle untergebracht. Der Scha den ist sehr bedeutend. 8 H o f- In Wölbattendort haben in der Nacht zum Sonnabend drei Personen ihren Tod gefunden. Als der Oekonom Mergner seine 17ffs Jahre alte Tochter Henriette wecken wollte, fand er sie tot im Bette liegen und tot waren auch ihre Schwester, die 10 Jahre 10 Monate alte Elisabetha Mergner und der Vater deS Anwesenbesitzers, der 75 Jahre alte, verheiratete Auszügler Matthäus Mergner, der mit seinen Enkelinnen im selben Raume genächtigt hatte. Keiner der drei Personen war der Tod anzusehen, sie fchienen zu schlafen. Froh und munter hatten sich die Mädchen und der Großvater zu Bette gelegt, nachdem sie wacker geholfen hatten, für die Kirch weih alles herzurichten. Den Tag über war viel gebacken worden, und als nachmittags das Feuer aus dem Backofen herausgenommen war, wurde zum Ausnützen der Wärme Flachs zum Dörren in den Ofen geschoben. Der aber entzündete sich und ver brannte, die Gase zogen sich nach oben und in das von dreien bewohnte Schlafgemach. Die giftigen Gase haben sie getötet. 8 Straßburg i. Els., 28. Okt. Das „El sässer Tageblatt" meldet au« Kolmar: Vergangenen Sonnabend fand in der Wohnung deS Reichstags abgeordneten Rechtsanwalt Preiß eine Haussuchung statt. Gestern wurde Preiß auf dem Colmarer Bahn hof, als er von Straßburg zurückkehrte, eingeladen, Alliierte. Original-Roman von Gustav Lange. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) 8. Kapitel. Im schwarzen Turme. , Es giebt einen Freund im Unglücke, einen Freund, der in Stunden größter Not stets bereit ist, das herbste Schicksal ertragen zu Helsen, der Mut und Gottvertrauen zugleich bringt, dieser treue Freund heißt Ergebung. Kehren wir zu Hugo Waldau zurück, den wir verlassen haben, als er von seinen hinterlistigen Feinden an einen Ort gebracht worden, wo er unter schrecklichen Qualen sein Leben aushauchen sollte. Auf der Stelle Rache an ihm zu üben, den für Geld übernommenen Auftrag auszuführen, dazu fehlte den Männern der Mut, selbst Solfino war dazu nicht im Stande, keiner wollte die Schuld allein auf sich laden. Es gehörte die ganze hinterlistige Banditen natur eines italienischen Anarchisten dazu, um einen solchen schauerlichen Plan in Erwägung zu ziehen und schließlich auch auszuführen. Als Waldau end lich sich seiner hoffnungslosen Lage mit niederschmet ternder Gewißheit bewußt wurde, da hielt nach langem inbrünstigen Gebete jener Freund in der Not in seinem Herzen Einkehr, eine stille Ergebung kam über ihn. Ehe die Männer Hugo Waldau gänzlich seinem Schicksale überließen, da war noch einen kurzen Augenblick Solfino zu ihm in den dunklen Raum getreten, um sich von der Unmöglichkeit einer Flucht Waldaus zu überzeugen. sich zum ersten Staatsanwalt zu verfügen, von wo Preiß sich nach eine« Unterredung wieder entfernte. Preiß soll der Behörde versichert haben, er werde die Aussagen deS bekannten Interviewers im „Petit Journal" berichtigen, bezw. widerrufen lasten und er werde demnächst in einer Versammlung deS Volks vereins eine entsprechende Erklärung abgeben. * * Budapest, 28. Okt. Gestern wurden in Hodmezoevasarhely sechs Männer und eine Frau verhaftet. Sie hatten zahlreicher Personen Leben versichert und dann die Versicherten hernach vergiftet. Bisher sindzehv solcbeVergiftungenfestgestellt worden. * * Sofia, 28. Okt. Seit heute ist die Eisen bahn-Verbindung Sofia-Philippopel wieder herge stellt. An den unpassierbaren Stellen wird der Ver kehr durch Umsteigen vermittelt. Der durch Ueber- schwemmung verursachte Schaden ist größer als an fangs angenommen. In dem Dorfe Seldschikowo sind 150 Gebäude zerstört. Die Dörfer Nowo, Selze und Proliqaennow (sind fast gänzlich verschwunden. In Stanimaka wurden, von anderen Verlusten ab gesehen 60 000 Kibikmeter Holz wegyeschwemmt. "Spanien. Im San Juan-Thal am Fuße der Sierra Guaniguanico hat eine große Schlacht zwischen 3000 Insurgenten unter Führung Mazeo's und 2800 Spaniern stattgefuvden, welche für letztere verhängnisvoll geworden ist. Die Rebellen hatten sich in den Hinterhalt gelegt und überraschten die be stürzten Spanier durch einen plötzlichen Massenangrisf. Letztere wehrten sich verzweifelt, waren jedoch zum Rückzüge gezwungen und verloren 300 Tote und Verwundete. * * Eine furchtbare Tragödie hat sich — wie dem „B. L.-A." aus Madrid geschrieben wird — an Bord des spanischen Kanonenbootes „Cortes" in nächster Nähe von Cap Finisterrae abgespielt. Das Kanonenboot befand sich auf der Fahrt nach Cadix, und das Steuer wurde von Manuel Pego bedient. Da sah der Kommandant, daß Pego den Kurs ganz willkürlich änderte und wirre Reden führte. Pego wurde zur Ordnung gerufen, der Kommandant er hielt jedoch ganz konfuse Antworten. Nun befahl der Letztere, den Steuermann festzunehmen. Man brachte ihn unter Deck in eine verschließbare Kabine, wo er von zwei Posten bewacht wurde. Der Ge fangene verhielt sich bis Tagesanbruch ruhig, dann gelang cs ihm, die Aufmerksamkeit der Wachen von sich abzulenken, und er entschlüpfte aus der Kabine. So gelangte er in die Messe der Offiziere, bemäch tigte sich dort eines wasserdichten Mantels und einer Fahne. In dieser sonderbaren Ausstaffierung ging er auf die Kommandobrücke. Der erste Leutnant befahl ihm, die Fahne sofort dorthin zurückzubringen, wo er sie hergenommen. Als der offenbar Wahn sinnige fürchtete, daß man ihm die Fahne entreißen würde, zog er ein großes Messer hervor und stürzte sich auf die Mannschaft. Einem Matrosen brachte er drei tötliche Messerstiche bei. Jetzt warfen sich des Letzteren Kollegen auf ihn und versuchten seiner Herr zu werden. Man warf mit einem Lasso nach Pego, doch gelang es ihm, diesen mit seinem Messer zu durchschneiden. Der Kommandant erteilte hierauf den Befehl, auf Pego zu schießen. Der zweite Steuermann gab einen blinden Schuß ab, um den Irrsinnigen in Furcht zu jagen. Dieses half nichts und Pego stand im Begriff, ihm mit dem Messer einen Stich in die Brust zu versetzen, da legte der zweite Steuermann nochmals an, und Pego sank, von einem scharfen Schuß in den Unterleib getroffen, nieder. Alles dies geschah bei der Einfahrt des Kanonenbootes in den Hafen von Cadix. Trotz der erhaltenen Wunde ergab sich Pego nicht, und im Moment, als sich die Matrosen seiner bemächtigen wollten, sprang er über Bord. De« wasserdichte „Soll ich Euch den Pater schicken? Sankt Petrus möchte Euch sonst an der Himmelsthür den Eintritt verwehren, wenn Eure Seele den „schwarzen Turm" zu Sankt Laurentin verlassen wird," sagte Solfino höhnisch, als er mit seiner Untersuchung zu Ende war und mit einem lauten, schauerlich klingenden Lachen die klirrende, rostige, in ihren Angeln krei schende eiserne Thür wieder schloß, den unglücklichen Gefangenen in der tiefen Finsternis und der Ein samkeit sich selbst überlassend. Waldau in seiner Todesangst versuchte eS, den Unhold noch einmal zurückzurufen, aber das Entsetzen über die schrecklichen Worte desselben lähmte für den Augenblick seine Stimme, nur unartikulierte Laute waren es, die hervorzubringen er im Stande war, und die dumpf und schauerlich widerhallten von den Wänden. Als er sich wieder soweit erholt hatte, um seiner Stimme mächtig zu sein, da hatten sich die Männer bereits entfernt, denn seine wiederholten bittenden Rufe blieben ergebnislos. War während des ganzen Vorganges, von der Ueberlistung im Serranoschen Garten an bis dahin, wo man ihn in der Droschke davongeführt, und ihn endlich hierhergeschleppt, Waldau immer noch voll ständig im Unklaren darüber gewesen, was dies alles zu bedeuten habe, was man bezüglich seine« Person für Absichten hegte, so war diese Ungewißheit nach den letzte» Worten Solfinos geschwunden. Elendig lich umkommen vor Hunger und Durst sollte er hier in diesem Raume, aus dem ohne Hilfe von außen kein Weg zur Rettung führte. Auch darüber gab eS für ihn keinen Zweifel mehr, welches der Ort sei, wo seine Gebeine vielleicht in Kürze schon bleichen I Mantel, mit dem er sich bekleidet hatte, hielt ihn I eine Weile über Wasser. Man ließ ein Boot hinab, s bemannte es mit fünf Matrosen, und diese versuch ten, Pego aus dem Wasser zu ziehen. Auch jetzt noch bediente er sich des Messers zur Verteidigung, und erst nach vieler Mühe gelang eS, den Wahn finnigen an Bord zu bringen. Er war tötlich ver letzt, denn die Kugel des zweiten Steuermannes war ihm durch und durch gegangen. Pego wurde mit den Sterbesakramenten versehen und starb bald nach her. Die Kunde von diesem Vorgänge erregte ia Cadix große Aufregung. Metz. Nachdruck »erboten. Fünfundzwanzig Jahre sind nunmehr verflossen, daß die stolze Moselveste Metz vor der zweiten deut schen Armee unter dem Prinzen Friedrich Karl vo« Preußen, dem unerschrockenen Heerführer und tap feren Soldaten, kapitulierte; drei französische Mar schälle, an der Spitze Bazaine, 6000 Offiziere, 167,000 Mann, ferner noch 2000 Kranke, fielen in deutsche Gefangenschaft, ferner erbeuteten wir 56 Adler, 622 Feldgeschütze, 876 Festungsgeschütze, 72* Mitrailleujen und an 300,000 Gewehre. Die Er oberung von Metz war einer der allerbedeutendsten Erfolge des großen Nationalkrieges, Sedan, Metz, Paris, ein Triumph ermöglichte erst den anderen. Ein Jubelsturm durchbrauste das deutsche Vaterland, als das Ende der durch so blutige Schlachten einge leiteten drangsalvollen Belagerung verkündet wurde, in welcher besonders auch unsere Landwehr den jungen Soldaten gleich Stand gehalten, alle Mühsale er tragen und neue Lorbeeren den alten unverwelklichen hinzugefügt hatte. Mit dem Fall von Metz wurde die deutsche Belagerungsarmee unter Prinz Friedrich Karl zur arderweiten Verwendung frei und zwar zur rechten Zeit, um den im Innern Frankreich's sich bildenden Entsatzheeren für Paris entgegenzu treten. Der Fall von Metz sicherte unbedingt den Fall von Paris, das nun zweifellos auf sich ganz allein angewiesen blieb. Mit Dank wollen wir heute noch aller der Männe« und aller der Kämpfer ge denken, welche uns die große Waffenthat ermöglich ten, uns des deutschen Reiches Grenz- und Eckstein gegen Frankreich hin wieder zu gewinnen. Der erste Führer der tapferen, der Prinz Friedrich Karl, ist bereits in der Blüte bester ManneSjahre aus dem Leben geschieden, nach ihm fast alle höheren Offiziere, die unter feinem Kommando befehligt. Die Geschichte wahrt ihre Namen. König Wilhelm I. von Preuße« ernannte nach Metz den Kronprinzen Friedrich Wil helm und den Prinzen Friedrich Karl zu Feldmar schällen, und dem Dank deS obersten Kriegsherrn ist der des Vaterlandes in nicht minder auzrichtiger und herzlicher Weise gefolgt. Die Kapitulation von Metz steht in ihrer Art eben so einzig da, wie der Steg von Sedan. Eine solche Feldarmee ist niemals mit einer Festung zu gleich in die Gefangenschaft des Sieges g-raten; die Franzosen haben denn auch von Verrat gesprochen, Bazaine mußte der Sündenbock für den ganzen ver lorenen Krieg werden. Es ist bekannt, wie ihn später de« Prozeß wegen der Kapitulation von Metz von seinen Landsleuten gemacht und er zum Tode verurteilt, aber vom Präsidenten Marschall Mac Mahon zu zwanzig Jahren Haft auf der Insel St. Marguerite begnadigt wurde. Dort befreite ihn nach einigen Jahren seine Gemahlin, und der „Verräter von Metz" ist endlich in Madrid in z emlich dürf- ligen Verhältnissen gestorben. Aber war Bazaine ein Verräter? Nein! Metz mußte kapitulieren, weil der Mundvorrat und Proviant völlig auf die Neige gegangen waren. Es war zur Unterhaltung einer würden. O Ironie des Schicksals, hier in der Ruine des uralten Klosters Sankt Laurentin, wo er noch vor kurzem die schönsten Stur de» seines Lebens ge nossen und ein herrlicher Zukunftstraum für ihn sich entsponnen, da sollte auch die Sterbestunde für ihn schlagen, ohne mit den heiligen Sakramenten der Kirche versehen, sollte er unter entsetzlichen Qualen seinen Geist aufgeben. So manche Sage knüpfte sich an das alte Ge mäuer, welches schon Jahrhunderte lang den Stürmen der Zeit getrotzt. Früher von einem weitverzweigten und viel Segen stiftende» Mönchsorden bewohnt, war das Kloster Laurentin bei einem der vielfachen Kämpfe, die auf den Gefilden um Italiens Haupt stadt zuweilen getobt, zerstört und später nicht wieder aufgebaut worden. Wegen seiner unmittelbaren Nähe an Rom und seiner romantischen Lage wurde die Ruine viel und gern von Fremden besucht, bot doch der ehemalige Klostergarten mit seinen Baum riesen und schattigen Laubgängen reizende Prome nadenplätze. Auch der „schwarze Turm" war Waldau wohl bekannt, obschon der wie ein ausgebrannter Krater über die übrigen Trümmer hinausragende Mauer stumpf keineswegs mehr den Namen Turm verdiente. Im Volksmunde erzählte man sich manches Schauer märchen vo» den unter dem ehemaligen Turme be findlichen Räumen, wohin kein Lichtstrahl drang und nur scheues Ungeziefer von Schlupfwinkel zu Schlupf winkel huschte, das einzige Geräusch, wodurch die unheimliche Grabesstille unterbrochen wurde. An all diese Ammenmärchen dachte Hugo Wal dau indes jetzt nicht. Sein einziger Gedanke konnte