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Wochen- und Nachnchtsblatt zugleich HtMls-ZUlM flr LossOsrf Wdkitz, Aemdorf, Aüshors, Kl. MM, MMM Umemü mi> KülM Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. .—. 4F. Jahrgang. ———— —— ———— ———————— Nr. 250. Sonnabend, den 26. Oktober 1895. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- »nd Festtags) abends für den folgende» Tag.' Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pfennige. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiscrl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen.— Inserate werden die viergespaltene KorpuSzeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. -- Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Versteigerimg alter Eisenvahoschwelle« gegen sofortige Barzahlung soll statifinden: Msutag, den 28. Oktober 18N3, vormittags N Uhr auf Bahnhof Stollberg, mittags /o!2 Uhr auf Haltestelle Höhlteich, nachmittags 3 Uhr auf Bahmhof -OelSnitz i. E. Glauchau, am 18. Oktober 1895. Königliche Eisenbahu-Vaninspektio«. Zur AWchung des mm MjsgmWMM in Leipzig. Nach fast genau siebenjähriger Arbeit steht der Pracht bau des neuen Reichsgerichtsgebäudes in Leipzig vollendet da, heute Sonnabend, den 26. Oktober, erhält er nunmehr seine Weihe. Dieselben gekrönten Gäste, welche am 31. Ok tober 1888 bereits der Grundsteinlegung zum künftigen Heim des obersten deutschen Gerichtshofes beiwohnten, Kaiser Wil helm II. und König Albert von Sachsen, werden auch die Schlußsteinlegung durch ihre Gegenwart anszeichnen, außer dem werden noch Vertreter der verbündeten Regierungen, der höchsten Reichsämter und des Reichstages anwesend sein, durch welche distinguierte Festversammlung schon hinlänglich die besondere Bedeutung des in Leipzigs Mauern bevorstehen den feierlichen Aktes zum Ausdruck kommt. Es ist aber auch ein herrlicher Bau, ein echt architektonisches Kunstwerk, welches sich in Gestalt des unter Leitung des Regierungsbaumeisters L. Hoffmann herangewachsenen stolzen Reichsgerichtsgebäudes den Augen des Zuschauers darstellt, in der äußeren wie inneren Erscheinung seiner hohen Bestimmung würdig. So repräsentiert denn diese gewaltige Konstruktion aus Stein und Eisen in ihren mäßigen und doch zugleich edlen und vollendet schönen Formen abermals ein Sinnbild von Deutsch lands schwer genug errungener Einheit, Macht und Größe, gleich dem Reichstagsgebäude in Berlin, und mit Recht darf darum ganz Deutschland stolz ans jenes prächtige monumen tale Symbol deutscher Einigkeit sein, welches sich jetzt inmitten Leipzigs Häusermeer erhebt. Die Institution des Reichsgerichtes ist bekanntlich aus dem Reichsoberhandelsgerichte hervorgegangen, das als ge meinsamer oberster deutscher Gerichtshof für Handelssachen mit dem Sitze in Leipzig nach Gründung des deutschen Reiches errichtet worden und welchem das am 12. Juni 1869 ins Leben gerufene Oberhandelsgericht für den Norddeutschen Bund vorangegangen war. Auf Grund des Gerichtsverfas sungsgesetzes vom 27. Januar 1877 wurde am 17. April des nämlichen Jahres die Errichtung eines Reichsgerichtes als höchster Gerichtshof für bürgerliche Nechtsstreitigkeiten und für Strafsachen, mit dem Sitze in Leipzig, beschlossen; aller dings waren dem Reichstagsbeschlusse über den künftigen Sitz des obersten deutschen Gerichtes erst schwere parlamen tarische Käuipfe voransgegangen, da ein Teil der Volksver treter lebhaft die Wahl Berlins befürwortet hatte. Am 1. Oktober 1879 erfolgte in Leipzig die Eröffnung des Reichs gerichtes, zu dessen Präsidenten der hochverdiente nationale Politiker Or. Martin Eduard Simson berufen wurde. In ausgezeichneler Weise leitete dieser Mann das ihm anver- traule hochwichtige Institut, bis ihn Altersrücksichten im Jahre 1891 zum Rücktritte veranlaßten, worauf der Kaiser den bisherigen Staatssekretär im Reichsjustizamte v. Oehl schläger zum neuen Reichsgerichtspräsidenten ernannte. Seit dem Inkrafttreten des Reichsgerichtes sind dem nach 16 Jahre verflossen und in diesem Zeiträume hat der höchste deutsche Gerichtshof die Hoffnungen und Erwartungen, welche in der Nation auf ihn gesetzt wurden, voll erfüllt, er hat sich durch seine Thätigkeit als einen unbeugsamen Hort deutschen Rechtes, als eine Leuchte deutscher Gerechtigkeit und Wissenschaftlichkeit erwiesen. Gewißlich darf darum das deut sche Volk der Zuversicht leben, daß das Reichsgericht lauch in seinem neuen Heim voll und ganz seine Hohe Aufgabe erfüllen und auch fernerhin das ihm zugewendete Vertrauen der weitesten Volkskreise rechtfertigen werde. Ein bedeu tungsvoller Zufall fügt es, daß das neue Reichsgerichtshaus in demselben Jahre eingeweiht wird, in welchem der Ent wurf des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches zur Vorlage für den Reichstag endlich fertiggestellt worden ist — als ein glückliches Omen sei es darum begrüßt, daß die Weihe des stolzen Justizpalastes des Reiches in Leipzigs Mauern ge- wißermaßen am Vorabend des Tages vor sich geht, an welchem das gemeinsame bürgerliche Recht als neues nationale« Band die deutschen Stämme umschlingen wird! LsAesg-schLchte. *— Lichtenstein, 25. Okt. Gestern abend fand im Gewerbe »er ein nach längerer Pause im Ratskellersaale ein Familienabend, bestehend in Con- cert, Vortrag und Deklamation, statt. Im 1. Teile sprach Herr Oberlehrer Reichel über den „goldenen Schnitt". An der Hand klar erläuternder Beispiele, u. a. an zwei großen von Herrn Dekorationsmaler Keller entworfenen Zeichnungen, eine männliche und eine weibliche Person darstellend, bewies der geschätzte Vortragende, vaß namentlich hier das rechte Ver hältnis zum Ganzen geordnet sei und gerade der göttliche Baumeister sei auch der größte Mathematiker bei der Erschaffung des Menschen gewesen. An unseren Kleidungen sei meist die Taillenform der anderen Form vorzuziehen, da die erstere den Schön heitssinn nicht verletze. Die Lehre vom goldenen Schnitt werde aber auch an den Bauwerken erkannt, was ebenfalls eine bildliche Vorlage bewies. Weiter wurden Postkarten, Pastpapiere, Couverts, Bücher und Drucksachen vorgezeigt, woran ebenfalls nachge wiesen wurde, daß diese Bedarfsgegenstände nach den Regeln des goldenen Schnittes gearbeitet seien. Aber auch an Gegenteilen wurde erkannt, daß der Schönheitssinn sehr oft verletzt werden kann, wenn die goldene Regel nicht angewandt wird. Mit dem Wunsche, daß der Inhalt des Vortrags sich auch im praktischen Leben und in der Werkstatt immer bethätigen möge, schloß Redner. Im 2. Teile trug Herr Buchdruckereifaktor Koch ein längeres Gedicht Freiligraths, betitelt „Jedem Ehre" in recht gemüts voller Weise vor. Beiden Herren Vortragenden wurde vom Vorsitzenden, Herrn Otto Stolze, sowie von sämtlichen Anwesenden der reichste Beifall gezollt. Dem Stadtmusikchor unter Direktion des Herrn Schnelle, welches ebenfalls durch seine außerorvent- lichen Darbietungen zur Verschönerung dieses Abends wesentlich beitrug, auch nochmals hiermit den besten Dank. Möge der Gewerbeverein neues Leben in den Kreisen seiner Mitglieder zum rüstigen Schaffen ent falten, damit er recht blühe und gedeihe! — Anläßlich der in den letzten Tagen erfolg ten Einberufung der Rekruten kommen viels Eltern und sonstige Angehörige in die Lage, zum ersten Male Briefe u»d Pakete an das Militär zu senden. Es erscheint daher angebracht, an die Porlvvergünsti- gungen zu erinnern, die unser Militär genießt, und diese sind folgende: Ein Brief an einen Soldaten bis zum Feldwebel, bezw. Wachtmeister aufwärts ist bei einem Gewicht bis zu 60 § portofrei, wenn man denselben mit der Bezeichnung: „Soldatenbrief. Eigene Angelegenheit des Empfängers" versieht. Das Gewicht eines Paketes kann 3 KZ — 6 Pfund schwer sein und mutz ebenfalls mit dem Vermerk versehen sein: „Soldatenbrief. Eigene Angelegen heit des Empfängers". Das P-.rto kostet dann, ohne Unterschied der Entfernung, 20 Pf. Schwerere Pakete unterliegen den tarifmäßigen Portosätzen. — Der in weiteren Kreisen bekannte Obstbaum züchter Kantor Oßwald in Möschlitz bei Schleiz er läßt dis Mahnung: „jetzt Obstbäu me zu pflanze n". Er macht besonders darauf aufmerk sam, daß Bäume, auf magerem Boden gezüchtet, in jedem Boden sicher weiter gedeihen, während Bäume, welche in gutem Boden gezogen sind, sehr ost nach der Verpflanzung eingehen oder krank werden. *— Mülsen St. Iacob, 24. Okt. Am Schluffe dieses Monats vollendet sich ein Jahrzehnt, seitdem die Schmalspurbahn Mosel-Ortmannsdorf sich im Betriebe befindet. Sie wurde am 1. Novbr. 1885, einem Sonntage, unter freudigen Kundgebungen der dichten Bevölkerungen unseres Mülsenqrundes eingeweiht, hätte aber an diesem ihrem Eröffnungs tage beinahe ein größeres Ungläck zu verzeichnen gehabt, wenn bei dem zweiten zu Thal fahrenden Zuge die vordersten 4 Wagen besitzt gewesen wären, indem letztere hier an der Haltestelle aus dem Gleise sprangen und in Trümmer gingen. — Der Güter verkehr der Linie ist wohl wesentlich hinter den s. Z. angenommenen Gewichtsmengen zurückgeblieben und fast in jedem Jahre mußten Betriebszufchüsse ge leistet werden; der Personenverkehr aber war stets ein recht ansehnlicher und hebt sich von Jahr zu Jahr. Wir hoffen und wünschen, daß mit der Zeit das auf unsere Mülsengrundbahn verwendete An lagekapital sich besser verzinst! — Die Bahn hat eine Länge von 14 Kilometern und wurde unter der Leitung des Stationsingemeurs Herrn Klette — jetzt Baurat und Vorstand des Tiefbauamtes der Stadt Dresden — erbaut. — Die sächsische Hauptbibelgesellschaft zu Dres den hat im letzten, dem 81. Vereinsjahre, 276l5 Bibeln, 7092 N. Testamente und 219 Psalmbücher verbreitet, zum größten Teil durch Zweigbibelgesell- schaftcn und Agenten, die den Vertrieb in den ein zelnen Orken ohne Entschädigung in selbstloser Lieb« übernahmen. Im Glauchauer Bezirk sind solche stän dige Niederlagen in Glauchau, erstes Diakonat, und in den Pfarrhäusern Altstadt-Waldenburg, Callen berg, Callnberg, Ernstthal, GerSdorf, Hein- richsort, Hohenstein, Langevchursdorf, Lichten stein, Oberlungwitz, Oberwiera, Tsttau, Thurm und Ziegelheim. — Leipzig, 24. Okt. Redakteur Weichelt wurde zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt wegen eines Artikels: „Was ist sine Rotte?" in der „Wur- zener Zeitung". — Der Direktor der Leipziger Baumwollspin nerei zu Leipzig-Lindenau, Peger, ist am Montag nachmittag von dem Buchhalter der Spin nerei, Niezel, ermordet worden. Dem Niezel war gekündigt worden und daraufhin drang er am ge nannten Tage mittag, während das übrige Personal bereits die Komptoirräume verlassen harte, in das Privalkomptoir des Direktors, in Lem er Herrn Peger allein wußte, und feuerte auf diesen einen Revolver-- schuß ab. Direktor Peger brach zusammen; der Schuß war ihm durch die Lunge und im Rücken wieder aus dem Körper gegangen. Auf dem Korri dor hat sich dann der Mörder einen Schuß in die Schläfe beigcbracht. Letzterer wurde ins Plagwitzer Krankenhaus gebracht, wo er nach wenigen Stunden starb, während der Schwerverwundete Direktor Peger abends 10 Uhr in seiner Wohnung infolge einge tretener Herzlähmung verschied. In der Wohnung des Mörders wurde, wie der „Leipz. Volksztg." entnommen wird, später ein an dessen Eltern gerich teter Brief aufgefunden, in dem er sagt: „Er werde sich erschießen, weil ihm früher gesagt worden sei, daß er vielleicht einmal als Direktor angestellt wer den solle, diese Hoffnung aber vernichtet worden sei. Er wolle den Selbstmord nur verüben, um Rache zu nehmen. Er müsse jo handeln, um sich zu recht fertigen und zu rächen." — Auf dem Wetterhorn in der Schweiz wurde von Bergführern die verschollene Frau Therese Rohr ausL. - GohliS mit einer bedeutenden Geldsumme als Leiche aufgefunden. — Werdau. Am 21. Oktober wurden 178 Mädchen und 103 Knaben wegen Augenkrankheit behandelt. Es ist demnach eine Wendung zum Bes- eingetreten, denn vor dem kräftigen Regen war der höchste Stand 558. Es wird gemeldet, daß sich die Epidemie in Leubnitz uuSbreitet. — Am Mittwoch fand in Glauch au die 26. Diöcesan-Versammlung der Ephorte Glauchau statt. Die Geistlichen, sowie die deputierten Kirchenoor- steh er der Ephorie hatten sich hierzu zahlreich in der Aula der Bürgerschule vorm. 9Uhr eingefunden. Der Ephorus Superintendent Weidauer hielt eine einleitende Ansprache über das evangelische Kirchen- gebäude, anknüpf-nd an die Aufgabe der Kirchenvor steher, über die Kultusstätten der Gemeinden die An sichten zu führen, und führte darin aus, wie bei dem evangelischen Kirchenbau die 3 Faktoren: das prak tische Bedürfnis, das liturgische Erfordernis und das kirchliche Herkommen zu berücksichtigen find. In den letzten 16 Jahren find in der Ephorie Glauchau 26 Kirchbauten erfolgt, darunter 2 Neubauten io Pfaff roda und Hohndorf, 12 größere Erneuerungen und 12