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— Dresden, 7. Okt. An dem heute abend von den Offiziersgesellschasten der Landwehrbezirke Dre-den-Altftadt und Dresden-Neustadt veranstalte ten KommerS zur Erinnerung an den Krieg von 1870/71 nahmen auch Se. Maj. der König, die königlichen Prinzen, der Kriegsminister und viele hohe Offiziere, im ganzen etwa 500 Personen, teil. Rechtsanwalt Windisch hielt eine Ansprache, worin er einen Rückblick auf die glorreiche Zeit gab. Die Ansprache schloß mit einem Huch auf Ihre Maje- stäten Kaiser Wilhelm und König Albert. König Albert gab bei seinem Weggang seiner Freude über die Veranstaltung Ausdruck. — Dresden, 9. Okt. Technischer Schwie rigkeiten halber muß die für den 14. Oktober in Aussicht genommene Ziehung der „Ersten Sächsi schen Pferdezucht-Ausstellung" endgiltig bis zum 15. Dezember a. c. hinausgeschoben werden, da, durch den Klimawechsel verursacht, ein längerer Aufenthalt und Beobachtung der Pferde zur Ver hütung von Krankheiten sich erforderlich macht und es in der Kürze der Zeit nicht möglich war, für die Zuchtstuten entsprechende Abnehmer in Züchterkreisen nach erfolgter Gewinnziehung zu finden. Diese Rück sichtnahme ist geboten nicht nur für die Sächsischen Züchter, sondern auch für die Los-Inhaber, damit denselben ntchtkonvenierenden Falles eine möglichst hohe Verwertung ihres Gewinnes in Aussicht steht. — Die Antwort des Kaisers auf die Begrüßung des Evangelischen Bundes, der in der vorigen Woche in Zwickau tagte, ist bei dem Vorsitzenden des Bundes, dem Landeshauptmann Grasen von Witzin- gerode in Merseburg, eingelaufen. Sie lautet: Se. Majestät der Kaiser und König haben Allerhöchst Sich über den telegraphischen Gruß der 8. General versammlung des Evangelischen Bundes herzlich ge freut und lassen für den Ausdruck unverbrüchlicher Anhänglichkeit danken. — Dem Vorstand des 9. deutschen Evangelischen Schulkongresses ist folgendes Telegramm zugegangen: Se. Majestät der Kaiser und König lassen dem 9. deutschen Evangelischen Schulkongreß für den Allerhöchstihnen gewidmeten Huldigungsgruß bestens danken und den Beratungen des Kongresses zum Heile der deutschen Jugend Got tes Segen wünschen. — Glauchau, 7. Okt. Die erste Auffüh- rung des von Th. Uhlich gedichteten vaterländischen Festspiels „Der deutsch französische Krieg" fand gestern abend, von Mitgliedern der Vereinigten Sächs. Mi- litär- und Kriegervereine dargestellt, im Theaterlo kale statt und hatte einen außerordentlichen Erfolg. — Remse, 6. Okt. Der hiesige eifrige Brief taubenzüchter, Herr Fabrikbesitzer Rudolf Theysou, erhielt kürzlich durch den Brieftaubenzüchterverein „Eilbote" in Chemnitz die ihm vom Königlich Preußi schen Kriegsministerium verliehene silberne Medaille mit einem schönen, mit sinnreichen Emblemen aus gestatteten Diplom folgenden Inhalts zugestellt: „Für Verdienste um das Militär-Brieftaubenwesen bei dem Staats-Preisfliegen 1894 von Posen nach Remse in Sachsen, ist dem Herrn Rudolf Theyson für hervorragende Leistung seiner Tauben eine sil berne Medaille verliehen worden. Königlich Preußi sches Kriegsministerium." — Waldenburg, 6. Okt. Zu unserem Bericht über das 50jährige Jubiläum des Fürst!. Schönburgtschen Seminars tragen wir heute bezüg lich der Festtafel noch nach, daß auch bei der Tafel wieder eine Anzahl Glückwunschtelegramme eingegan gen waren. Das Telegramm Sr. Durchlaucht des Prinzen Georg von Waldenburg, zur Zeit in Schnee berg (Krain), lautete: „Leider kann ich nur im Geiste Ihrer schönen Jubelfeier beiwohnen. Möge das Seminar immerdar eine Pflegestätte für Geist Das Irrlicht von Wildenfels. Original-Roman aus unseren Tagen von G. v. Brühl. — Nachdruck Verbote«. (Fortsetzung.) 27. Das Wiedersehen. Von unbeschreiblicher Erwartung erfüllt, keine Ruhe auf ihrem Lager findend, hatte Lisbeth sich von demselben erhoben. Was den Bemühungen des Arztes und ihrer Pflegerinnen nicht gelungen war, sie den gefährlichen Folgen der gestrigen Begegung für ihre Gesundheit zu entreißen, den Gedanken an Hellmuth und der bangen Fragen nach ihm gelang das Wunder. Lisbeth war dem gefährlichen Zustand entrückt. Vergessen waren Schwäche und Krankheit; die Aufregung, die auf'S Höchste gespannte Erwartung besiegten alles Andere. Hellmuth lebte! Hellmuth war nicht tot! Die Baronin war zu ihm geeilt. Sie holte ihn her. Sie mußte in jedem Augenblick mit ihm eintreffen! Und wie war Hellmuth dem Tode entronnen? Was alles war geschehen? Diese Fragen durchzitterten unaufhörlich LiSbeth'S Seele und ließen ihr Herz immer banger und ungeduldiger schlagen. Sie wollte au's Fenster gehen, um hinaus zu blicken. Sie konnte vom Fenster ihres Zimmers auS einen weiten Kreis übersehen. Doch kaum war sie im Begriff, an das Fenster zu treten, kaum hatte sie einige Schritte gethan, als plötzlich die Thür hastig geöffnet wurde. Lisbeth sah sich um. — und Gemüt und für Liebe zu Kaiser, König und Vaterland bleiben. Es lebe der König im Fürst lichen Seminar. Georg, Prinz von Schönburg." Das Telegramm Ihrer Durch!, der Fürstin Pamela von Schönburg-Waldenburg auf Glatzen lautete: „Ich gedenke in der Ferne zur heutigen Jubelfeier mit aufrichtigsten Segenswünschen des Waldenburger Lehrerseminars und erinnere mich mit herzlicher Freude der 40 Jahre, in denen ich Gelegenheit hatte, das Leben, Blühen und Gedeihen der Anstalt wahrzunehmen. Gott segne auch ferner Lehrer und Schüler. Fürstin Schönburg." Außerdem wurden noch eine Reihe von Glückwunschtelegrammen ver lesen. Die unter den ehemaligen Schülern des Waldenburger Seminars veranstaltete Sammlung zur Errichtung einer Schütze-Mertig Stiftung hat den ansehnlichen Ertrag von über 1700 Mark ergeben. — Oelsnitz i. E., 7. Okt. Mit dem gestri gen Tage hat der Betrieb der Schankwirtschaft in dem gewiß weithin bekannten Gasthof zum Kranich, hier, aufgehört. Ueber 500 Jahre lang ist nach weislich in dem Gebäude das Gastwirtsgewerbe be trieben worden. Der Gasthof ist vor zwei Jahren von der hiesigen Gemeinde angekauft und auf seinem Grundstücke das neue Rathaus erbaut worden, in welchem nunmehr die Schankwirtschaft betrieben wird. Seitens deS Gemeinderates wird das Rathaus am kommenden 15. Oktober bezogen werden. — Beim Schießen nach Sperlinge» verletzte sich vorige Woche der schon bejahrte Gutsbesitzer Gotthilf Brunner m Oberdorf bei Stollberg dermaßen am rechten Auge, daß er auf dem verletzten Auge die Sehkraft ver lieren wird. — Lohmen, 6. Okt. Heute abend 6 Uhr wurden die irdischen Ueberreste der beiden in den letzten Tagen aufgefundenen, beim Brande der Wnlf'- schen Mühle verunglückten Müller in zwei einfachen Särgen dem Schoße der Erde auf hiesigem Frud- hofe in stiller Weise übergeben. Der Zustand, in welchem tie beiden Leichname endlich aufgefunden wurden, ergiebt deutlich, daß ein Erstickungstod statt gefunden hat, ehe Teile der hingesunkenen Körper vom Feuer ergriffen und verkohlt wurden. Eine Leiche lag auf dem angekohlten Bette, während die andere in der Nähe der Kammerthüre, die zum Aus gange führte, aufgehoben worden ist. — Ein ansehnlicher Gewinn der Verlosung von Simmenthaler Zuchtvieh ist auch nach Bernbruch gefallen, ein Bulle im Werte von 800 Mark. Der glückliche Besitzer des Loses war Herr Gutsbesitzer Fischer. tz Berlin,?. Okt. Zur Hammerstein-Affaire schreibt das „Volk": Freiherr v. Hammerstein habe nicht 200, sondern 387 Briefe zur Charakterisierung seiner Freunde und Parteigenossen hinterlassen, die wohl den Reichstag beschäftigen würden. Die Mehr zahl derselben seien mit den stärksten Majestätsbe- leidigungen angefüllt. tz Brotterode, 6. Okt. Der seitens der Hessischen Brandversichrrungsanstalt in Kaffe! nun mehr endgiltig festgesetzte Jmmobiliarschaden des großen Grandanglücks beziffert sich auf 1,734,713,90 Mark. Diese Summe verteilt sich auf die 400 ab gebrannten Anwesen, so daß der Durchschnitt ca. 4200 Mark beträgt. Z Den Erstickungstod hat auf eine sonderbare Art der 72jährige Zimmermann Gottlieb Schmidt aus Finsterwalde in Berlin gesunden. Schmidt hatte zum Zwecke einer Halsoperation eine dortige Klinik besucht. Aus dieser wurde er am 30 v. M. entlassen und besuchte zunächst eine Schwester in der Köpenickerstraße und dann das ihm ebenfalls ver wandte Seifensiederehepaar Lieben in der Königs bergerstraße 19. Hier entfernte er am Freitag eine In demselben Augenblick stieß sie einenschwachen Freudenschrei aus. Sie streckte ihre Arme zur Thür hin. — Auf der Schwelle erschien Hellmuth! Er war eS! Er war es leibhaftig! Wenn er auch erschreckend bleich aussah, noch bleicher jetzt von der Aufregung, Lisbeth erkannte ihn doch; Sie hätte ihn unter Tausenden herauserkanni! Und auch er reichte ihr seine Hände entgegen, während für einen Moment die Freude ihn über mannte und alle Fragen, alle Erinnerungen, alle Bedenken in ihm überwältigte. „Hellmuth!" rief Lisbeth und in diesen einen Ruf hatte sie all ihre Liebe und Seligkeit, den gan- zsn Jubel ihres Herzens, die ganze Freude dieses Wiedersehens gelegt. Mit diesem Ruf begrüßte sie den Geliebten, gestand sie ihm alles, alles, waS ihr Inneres bewegte. Und nun eilte sie ihm entgegen. Hellmuth nahm sie in seine Arme. Laut aufschluchzend vor Wonne und Schmerz — vor Wonne über das Wiedersehen und vor Schmerz bei dem Gedanken, daß sie die Braut eines Anderen war — sank sie an Hellmuth's Brust. „Du lebst! Ich sehe Dich wieder! Du warst es, der gestern im Palais erschien," schluchzte sie, „Du kamst -- kamst zur rechten Zeit — ich bin noch nicht mit Franz vermählt — noch bin ich frei — ich danke unserm gnädigen Gott auf den Knieen dafür — mein Hellmuth — wie habe ich mich nach Dir gesehnt — wie habe ich um Dich geweint —." „Und so leicht mich vergessen!" sagte Hellmuth mit dumpfer Stimme. der drei Röhren, die ihm bei der Operation in des Hals eingesetzt waren, und zwar gerade die, die zu entfernen ihm untersagt war. Frau Lieben, die ihn bei dieser Manipulation sah, dann aber auf kurze Zeit in den Laden gerufen wurde, fand ihn bei der Rückkehr ins Zimmer bereits äls Leiche auf dem Boden liegend vor. Er war infolge der Heraus nahme der Röhre auf der Stelle erstickt. Z Mühlhausen i. E., 8. Okt. Gestern mittag wurde Fabrikant Schwarz, Inhaber einer der größten Wollspinnereien Deutschlands, auf dem Wege von seiner Fabrik nach Hause von einem vor 6 Monaten entlassenen Spinner, Andreas Meyer, durch drei Dolchstiche tätlich verletzt. Als einigehtn- zugeeilte Soldaten den Attentäter verhaften wollten, schoß sich dieser eine Revoiverkugel in den Kopf; er starb im Milttärhospital, wohin man ihn transpor tierte. Der Fabrikbesitzer erlag wenige Stunden später seinen Verwundungen. tz Mannheim, 8. Okt. Die Karlsruher „Badische Landeszeitung" übergab iu derDresbach- Affaire da« Beweismaterial für seine Behauptung betreffs Begründung der Mannheimer Staatsanwalt schaft zur Weiterverfolgung. In Heidelberg unter schlug der bei der badischen Domänenverwaltung ongestellte Schreiber Basko einen Wertbrief von 52,000 M., der an die badische Generalstaatskaffe gerichtet war. Der Schreiber «st flüchtig. tz Kottbus, 4. Okt. In dem in unserer Nähe befindlichen diluvialen Torflager bei Klinge, welches schon früher eine große Reihe von vorwelt lichen Wirbeltierresten, wie z. B. Riesevhirsch, E^e- phant rc., geliefert hat, sind von Dr. Behla neuer dings gelegentlich einer Exkursion an Ort und Stelle wichtige Funde festgestellt worden. In der schwarzen Torfschicht der Ackermannschen und Zweigschen Zie gelei traten, wie der Kottb. Anz. berichtet, eine Reihe fossiler Knochen zu Tage, unter anderen Reste einer Elchschaufel, Rhinozerosrippen rc., welche einen weiteren Beitrag liefern zu der interessanten Fauna der Klinger Schichten zur Jnterglacialzeit. Z Dortmund, 7. Okt. Unschuldig verurteilt ist allem Anscheine nach der Volksschullehrer Heinrich Neuhoff aus Soest, der einen Teil der über ihn verhängten Zuchthausstrafe bereits verbüßt hat. Neu hoff, der seit längeren Jahren an der hiesigen evan gelischen Volksschule angestellt war, wurde am 25. Mai d. I. trotz seiner Unschuldsbeteuerungen wegen eines angeblich an einem Sckulmädchen begangenen Sittlichkeitsverbrechens zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Die dem Verurteilten nahestehenden Kreise glaubten nicht an seine Schuld. Inzwischen scheinen sich auch Beweise gefunden zu haben, welche über zeugend für seine Unschuld sprechen, denn vorgestern wurde Neuhoff auf Anordnung des Oberlandes-Ge richts zu Hamm aus der Haft entlassen. ** Brüssel, 7. Okt. Jede Stunde vermehrt die Ziffer der Toten. Nunmehr find 27 Tote und 115 Verwundete festgestellt. Zahlreiche Tote liegen noch unter den Trümmern begraben. Dem Lokomo tivführer ist der Kopf vom Rumpfe gerissen. Ein junger Amerikaner ist unversehrt unter einem Leichen haufen hervorgezogen worden, unter dem er sechs Stunden gelegen hatte. ** London, 8. Okt. Das englische Schiff „Garfield", von Liverpool nach Valparaiso unter wegs, ist auf der See durch Feuer gänzlich zerstört worden, alle an Bord befindlichen Personen wurden jedoch gerettet. ** London, 7. Okt. Die „Pall Mall Ga zette" berichtet aus Antananarivo: Eine erregte Volks menge drang in den englischen Kirchhof ein, zerstörte die Särge und verstümmelte die Leichname. Die ma dagassische Armee ist in Ambosimanga durch die fran« Lisbeth richtete sich auf. „Vergessen? Ich Dich vergessen? Nie! Niemals!" „Du wolltest doch Franz Deine Hand reichen." „Erinnere mich nicht mehr daran, Hellmuth — Du weißt nicht, was ich gelitten habe — Du weißt nicht, wie ich mich vor ihm fürchte — Du ahnst nicht, welchen Qualen ich entgegenging!" „Ist daS wahr, LiSbeth? Du hast Franz nicht geliebt?" „Nie! Mit Zittern und Zagen sah ich der Zu kunft entgegen. Mein Herz war Dein, ich konnte es einem Andern nicht mehr schenken." „Lisbeth — und ist Dein Herz auch jetzt noch mein?" „Immer und ewig! Wie kannst Du fragen!" Da schloß Hellmuth die leise Schluchzende in seine Arme und drückte einen Kuß auf ihre Stirn. „Ich hätte nie geglaubt, daß ich noch eiimal so glückselig werden könnte, wie ich es in diesem Augenblicke durch Dich bin, Lisbeth, ja, durch Dich, durch Deine Worte, durch Deine Liebe!" „Und nun sage mir nur, mein Hellmuth, „wo warst Du so lange?" frug Lisbeth, mit ihren treuen seelcnvollen, von Thränen blitzenden Augen zu Hell muth aufschauend, „Du lebtest und hattest nie das Bedürfnis, ein Lebenszeichen zu geben? Du wußtest, was ich litt, und warst nicht so mitleidig und barm herzig, mir die Botschaft zu schicken, die kurze Bot schaft: ich lebe!" „Ich wollte mich nicht erkennen lassen, wollte nie mehr zurückkehren, Lisbeth, auch zu Dir nicht, denn ich glaubte, daß Ihr alle mich aufgegeben und vergessen hättet —