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bekanntlich dem Fonds zur Unterstützung hiesiger be dürftiger Veteranen zu Gute kommen soll, in wünschenswertem Umfange erreicht. — Chemnitz, 3. Okt. Der Wiederaufschwung der Geschäfte in unserer Stadt ist unverkennbar. Er zeigt sich vor allen Dingen auch in der Maschinen industrie, die ja immer den Anfang macht, wenn das Geschäft sich wieder zu heben anfängt. Beson ders das größte Etablissement dieser Art in unserer Stadt, die Sächsische Maschinenfabrik (vormals R. Hartmann) ist jetzt außerordentlich stark beschäftigt. Demgemäß ist auch die Zahl der in ihr thätigeu Arbeiter wieder erheblich gestiegen. Sie beträgt j tzt wieder wie in den früheren guten Jahre» über 4000. Hierbei sind die Beamten, etwa 240, nicht mitge- rechnet. Auch neue Unternehmungen, zum Teil um fänglichster Art, werden geplant, so z. B. soll auf Altchemnitzsr Flur von der hiesigen Akrienspinnerei ein größeres Areal erworben worden sein, um darauf eine Spinnerei zu errichten, die die größte ihrer Art in Deutschland werden soll. — Rittergutsbesitzer Hüttner auf Pirk bei Plauen hat dieser Tage nachmittag in der Elster vierFischottern erlegt, nämlich einen etwa 25 Pfund schweren weiblichen Fischotter und drei Junge im Gewicht von je 4—6 Pfund. Entkommen sind der männliche Fischotter und ein Junges. Der werbliche Fischotter hat bei seiner Verteidigung den Jagdhund gebissen und ihn eine Strecke weit fortgeschleift; ein junger Fischotter biß den Jäger durch den Stiefel in den Fuß. Alle vier Fischottern sind des Felles wegen von Herrn Kürschnermeister Klaus am Alt markte gekauft worden. — Aus dem Erzgebirge, 4. Okt. Die vielen Holzschleifereien des Erzgebirges, die sich im vorigen Jahre von dem langanhaltenben schlechten Geschäftsgänge einigermaßen erholt hatten, sind jetzt durch die große Trockenheit wieder in eine sehr miß liche Lage versetzt worden. Die meist auf Wasser kraft angewiesenen Anlagen könne» schon seit Wochen nicht mehr mit vollem Betriebe arbeiten usd sind darum auch nicht in der Lage, ihre Kunden voll zu befriedigen. Da aber die Papierfabriken sehr flott beschäftigt sind, so sind diese gezwungen, ihren Holz stoff wieder vom Auslände, namentlich von Schweden und Norwegen, zu beziehen. Das Mißliche dabei ist, daß die ausländische Konkarreuz, wenn sie ein mal Boden gefaßt hat, schwer wieder zu verdränge» ist. Um die Holzschleifereien mit Dampfkraft zu betreiben, sind leider jetzt die Preise für Holzstoff nicht hoch genug, doch sind schon einzelne Versuche in dieser Richtung gemacht worden. — Wildenau, 3. Okt. Einem Gerücht zu folge sollen einem hiesigen Einwohner vor mehreren Tagen dreieinhalbtausend Mark aus einer Kom mode gestohlen worden sein. Das Geld war zur - Abzahlung auf ein neuerbautes Wohnhaus bestimmt, s — Schellenberg, 3. Okt. Ein stattlicher i See- oder Fischadler ist, wie vor einigen Jahren - bereits, dieser Tage wieder am Kunnersteine geschossen worden. Der Adler wurde mehrere Stunden lang beobachtet und hatte während dieser Zeit wiederholt Fische aus dem nahen Zschopauflusse geholt und verzehrt, bis ihn ein sicherer Schuß erlegte. — Großschönau, 3. Okt. Ein von heftigen Blitzschlägen begleitetes schweres Gewitter ging über unsern Ort. Gleich nach dem ersten Schlage ertön ten die Fabrikpfeisen und meldeten, daß der Blitz gezündet hatte, und zwar stand das dem Weber Neumann gehörige, in der sogenannten hohlen Gasse befindliche Haus gleich nach dem Schlage in Hellen Flammen, die in dem auf dem Boden befindlichen Heu und Stroh reichliche Nahrung fanden. Der schnell herbeigeeilten Feuerwehr gelang es zwar, trotz des bedenklichen Wassermangels, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken, doch brannte das Haus bis auf den ersten Stock herunter. Leider ÄUrde auch die Tochter des Kulamitosen von dem Blitzstrahl auf einer Seite gelähmt, und man sagt, daß zwei junge Mädchen, die bei dem Herrn Neumann am Webstuhl beschäftigt waren, auch vom Blitz gelitten haben solle». Der Bedauernswerte soll nicht versichert haben, so daß ihm, wenn auch viel gerettet werden konnte, doch großer Schaden erwachsen ist. — Oederan. Zu dem Eisenbahn-Unglück wird dem „Saydaer Anzeiger" geschrieben: „In den Kreisen aller Bahnbeamten sah man dem Fort gange der Untersuchung gegen den verhafteten Block wärter auf Bahnhof Oederan, dem die Schuld an dem jüngsten großen Eisenbahnunglück zugemessen wurde, mit der allerhöchsten Spannung entgegen. Konnte man sich doch nicht gut die Schuld eines Menschen vorstellen, da das auf den Hauptstrecken der sächsischen Staatsbahnen eingeführte Blocksystem z die Bedienung de« Apparates nicht in eine Hand l allein legt. Hat nämlich ein Zug eine Blockstation k passiert, so wird das Zeichen durch einen Knopf- « druck gegeben, eine rote Scheibe steigt nicht allein Z an dem einen Block auf, sondern auch auf dem näch- s sten in der Zugrichtung. Hat nun der Zug die nächste - Blockftation passiert, so fällt die rote Scheibe hier, f zum Zeichen, daß die Strecke zwischen hier und der zurückliegenden Station frei ist, es wird das Ent- s blockungSsignal gegeben; der vorliegenden Station kommt aber selbstthätig das Blockierungssignal zu, zum Zeichen, daß sich ein Zug auf der Strecke be findet. Bei dieser Sachlage mußte man natürlich auf das Untersuchungsergebnis gespannt sein. Das ¬ selbe ist nun derartig, daß die Verwaltung unserer Staatsbahnen vollkommen gerechtfertigt dasteht. Wie verlautet, haben die vorläufige» Feststellungen er geben, daß der betreffende Blockwärter in hohem Grade unzuverlässig seinen Dienst verwaltet hat. So hatte der Mann, als an dem Unglücks abende der Güterzug die Blockstation verlassen hatte, die weiße Scheibe aufgezogen, also das Zeichen „freie Strecke" gegeben, obwohl der Zug in Wirklichkeit I die Strecke noch gar nicht verlassen und von der vorliegenden Station das Entblockungssignal noch gar nicht gegeben worden war. Wie aber hatte der Mann es fertig gebracht, selbstthätig das Entblockung«- signal zu geben? Durch ein raffiniertes Mittel. Er hatte an der Signalstange draußen so lange herum gerüttelt und herumgepocht, bis die rote Scheibe fiel und die weiße an die Stelle herunterrutschte; der Mann sparte dadurch einen zweiten Gang hinaus vor die Thür; er konnte ruhig drinnen bleiben, wenn das wirkliche Entblockierungssigna! kam und brauchte blos dm Ausschalteknopf zu drücken. An jenem Abende hatte nun das fahrlässige Verhalten des Mannes die bekannten furchtbaren Folgen. Der Güterzug war noch auf der Strecke, weil der Schnell zug noch nicht vorüber war; der Führer des Mili tärzuges sah das fahrlässig herbeigeführte Signal „frei" und fuhr sorglos auf der Streck; hin. — Wie verlautet, ist das Vorleben des beschuldigten Blockwärters ebenfalls nicht einwandfrei; auch hat sich Nachträglich herausgestellt, daß er seine» Dienst öfter nicht mit der nötigen Gewissenhaftigkeit ver waltet hat. — In Kleinkagen wurde am 1. d. M. in der Tiefe von 1 Meter ein gut erhaltenes Menschen- gsrippe uusgegrabeu. Eine Gerichiskommission von Meißen nahm den Thatbestand auf. — Potschappel, 3. Okt. Gfftern früh gegen 7 Uhr ereignete sich auf dem hiesigen Bahn- Hofe ein Eisenbahnunfall, infolgedessen ein Bremser eine schwere Verletzung erlitt. An einen Güterzug sollte daselbst ein Güterwagen angeschoben werden, der von einer Lokomotive rangiert und dann abze- stvßen wurde. Als der Wagen sich dem Zuge näherte und durch Bremsen in sine langsamere Gangart kommen sollte, versagte die Menne; der dieselbe be dienende Bremser, ein älterer Mann, der einen ge waltsamen Zusammenstoß voraussah, wollte aus seinem Bremshäuschen durch Abstieg sich noch reiten, wurde aber doch noch von den zusammenfahrenden Wagen getroffen und ihm hierbei der linke Arm zer malmt. Von dem angestoßenen Güterwagen wurde das Bremshäuschen zerstört, ein Puffer abgebrochen und es wurden noch mehrere kleinere Beschädigungen > verursacht. Den Verunglückten brachte man mit dem j nächsten Zuge, nachdem ihm Mor von ärztlicher E Hand ein Verband angelegt worden war, m das s Stadtkrankenhaus zu Dresden. — Einer erfreulichen Auszeichnung ist die Schuhmacher-Fachschule in Rochlitz teilhaftig ge worden. Sie erhielt auf der Kölner Fachausstellung des deutschen Schuhmacherverbandes für ausgestellte Zeichnungen ein Ehrendiplom nnt der bronzenen Medaille. Der Lehrling Richard Polster erhielt ein Diplom mit einem aus 12 Stück Werkzeug bestehenden Staatspreis, während dem LehrlingRichardSchumann außer dem Diplom ein Lehrbuch zuerkannt wurde. 8 Gegenwärtig tagt in Berlin die allgemeine Konferenz der internationalen Erdmesiung. Die Sitzungen finden im neuen Neichstagsgebfiude statt; die erste Sitzung ist durch den Kultusminister Dr. Bosse eröffnet worden. Als Zweiter nahm der fran zösische Delegierte, Professor Faye, das Wort zu einer Rede, in der er der deutschen Wissenschaft und ihren Vertretern in höchst sympathischen Wendungen verdiente Anerkennung zollte. Professor Faye, er zählte bei dieser Gelegenheit eine Anekdote, die auch i» weiteren Kreisen interessieren dürfte. Im Oktober 1886 hatte die internationale Erdmessungskonferenz ebenfalls in Berlin ftattgefunden. Damals empfing der alte Kaiser die Delegierten der verschiedenen Staaten und Professor Faye berichtete, daß der Kaiser die ihm vorgestellten Mitglieder in Erstaunen gesetzt habe durch die vollkommen dialektfreie Aus sprache, mit der er Jeden in seiner eigenen Sprache angeredet habe. Sodann habe sich der Kaiser einige Schritte entfernt, um an die Mitglieder eine Gesamt ansprache folgenden Inhalts, und zwar auf Fran zösisch, zu halten. Er sehe mit Vergnügen Männer vor sich, die sich der Erforschung des Erdballs ge widmet hätten, von ganzem Herzen spende er Beifall ihren Arbeiten, die sowohl seinem, wie ihrem Lande Ehre machten. Aber da er das Vergnügen habe, sich an Männer der Wissenschaft zu wenden, so wolle z er ihnen eine Frage vorlegen, die ihn in Verlegen- l heit setze, nämlich, wie es komme, daß seit dem Be- S ginn dieses Monats Oktober, einer sonst in Berlin keineswegs günstigen Jahreszeit, das Wetter so Z außerordentlich prachtvoll sei. Auf diese Frage, so s berichtet Herr Faye weiter, schwiegen wir betroffen; ; wir konnten die gewünschte Erklärung nicht geben, f nicht etwa, weil diese Männer, die doch Himmel und ! Erde durchforscht hatten, unbewandert in der Me- i teorologie gewesen wären. Aber trotz der großen Fortschritte, die diese Wissenschaft in unseren Tagen gemacht hat, glaube er, daß wir uns in derselben Verlegenheit befinden würden, wenn wir jetzt die herrliche Witterung erklären sollten, deren wir unS auch diesmal in Berlin und in einem großen Teile Europas seit sechs oder sieben Wochen erfreuen. Wir würden weniger in Verlegenheit sein, wenn wir Aus kunft geben sollten über die Veränderungen deS Längenmaßes, über das mittlere Niveau der Meere oder über die Anomalien der Schwere. Die Rede des Professor« Faye hat die Versammlung sehr an genehm berührt. Diesmal werden die Mitglieder der Konferenz auf den Vorzug, dem deutschen Kaiser vorgestellt zu werden, verzichten müssen. Der Kaiser wird erst nächste Woche nach Berlin zurückkehren. Z Die Einberufung des Reichstags dürfte, wie aus Reichstagskreisen verlautet, in diesem Jahre wieder, wie üblich, in der Mitte des Monats November erfolgen. Der späte Beginn der vorjährigen Session hing bekanntlich mit dem Kanzlerwechsel zusammen. Die Aufstellung des ReichZhauShaltsetats für 1896/97 ist vom Reichsschatzfttrctär Dr. Grafen v. PosadowSky energisch in Angriff genommen worden, nachdem die Vorverhandlungen mit den einzelnen Bundesregierungen eingeleilet worden sind. E« ist nicht ausgeschlossen, daß dem Bundesrate bereits Anfang November die Spezialetats zu g-.hen werden. Z Ueber die bisherigen Erfahrungen der Truppen mit der zweijährigen Dienstzeit geht den „Hamb. Nachr." von fachmännischer Seite eine Mit teilung zu, wonach die Stimmung in der Armee überwiegend gegen die zweijährige Dienstzeit sei. Die Zuschrift schließt mit der Behauptung, eine ge diegene gründliche Abhilfe der Mißstände, welche die Halb-Bataillone herbeigeführt, werde nur von dem Auswachsen derselben zu Voll-Bataillonen zu ermög lichen sein. Nun liegen zwar die Berichte der Trup pen bisher nicht vor; man erinnert sich aber, daß der Kriegsmiuister m der vorigen Reichstagstagung sich auf private Anfragen über die Erfahrungen mit der zweijährigen Dienstzeit günstig geäußert hat. 8 Metz, 4. Okt. Infolge orkanartigen Stur mes wurde heute mittag auf der Kathedrale ein an sehnlicher Teil der Kupferbedachung losgerisfen und zusammengerollt, die Skulpturen sind beschädigt und zum Teil auf das Pflaster herabgeworfen worden. Das Unwetter dauert fort. 8 Aus Aachen wird gemeldet: Gegen die Hauptbelastungszeugen Vikar Reindorf und Augusts Fiesel führt die Verteidigung viele Zeugen vor, die deren Glaubwürdigkeit und Charakter ins schlimmste Licht stellen. Mellags wird als Zeuge vernommen und bleibt bei seinen früheren Behauptungen, die der Angeklagte unter Eid bestritten hatte. In später Nachmittagsstunde wurde am Donnerstag die Ver handlung beendet. Auf Antrag des Staatsanwalts und der Verteidiger verneinten die Geschworenen die Schuldfrage. Bruder Heinrich wurde freigesprochen und sofort in Freiheit gesetzt. Die Kosten wurden der Staatskaffe auferlegt. * * Wien, 4. Okt. In der Ortschaft Dol- nieme in Mähre» brannten 31 Bauerngüter nieder. Der Brand ist angelegt. * * Petersburg, 3. Oki. Der Fiügeladju- tant des Kaisers Wilhelm legte gestern im Auftrage seines Monarchen einen prachtvollen Kranz am Sar kophag Kaiser Alexanders III. nieder. — Gestern abend fand zu Ehren des Oberst Moltke ein Diner beim deutschen Botschafter Fürsten Radolin statt. Heute empfingen der Kaiser und die Kaiserin de» Oberst Moltke in Zarskoje-Sselo, der alsdann einer Einladung des GroßfürstenWladimirzumDiner folgte. * * Konstantinopel, 4. Okt. Staatsrat Sami, bezw. andere hohe Funktionäre veranlaßten am Dienstag, daß dis Polizei gegen das Zusammen rotten von Mohamedanern energisch einschritt und die Sofias gezwungen wurden, in ihren Wohnungen zu bleiben. Die in der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch unter Teilnahme des türkischen Pöbels verübten blutigen Exzesse waren durch abenteuerliche Gerüchte geplanter armenischer Gewaltihaten gegen die Türken hervorgerufen, weshalb am 2. d. nachts die größten Vorsichtsmaßregeln mit militärischer As sistenz getroffen und erfolgreich durchgesührt wurden. Hervorzuheben ist, daß die türkischen Angriffe sich ausschließlich gegen die Armenier richteten; alle üb rigen Fremden blieben während der ärgsten Unord nungen am Montag in Stambul gänzlich unbehelligt. Den unausgesetzten Bemühungen dreier armenischer Notabel», wovon zwei türkische Funktionäre sind, gelang es, die in die Kirche Kum-Kapu geflüchteten Armenier zu beruhigen und zum Verlassen der Kirche zu bewegen. Gestern sanden keine neuerlichen Aus schreitungen statt. Der Geschäftsgang ist ungestört. DaS Gerücht, daß ähnliche Vorfälle wie hier auch in Ismail vorgekommen seien, ist bisher unbestätigt. I» türkischen Kreisen wird die Angabe aufrechter halten, daß armenischerseits zuerst Waffen gebraucht worden seien und die türkische Bevölkerung erst, als Major Servet ermordet worden, eingegriffen habe. Nach einer anderen übrigens unverbürgten Versio» hätte Servet die Armenier mit Schlägen zurückge drängt, worauf ihm diese niedergeschossen. Verläß liche, am Montag vor dem Zusammenstöße die be treffenden Straßen vor der Pforte passierende Fremde bestätigen jedoch die Thatsache, daß die Civilbevöl- kerung den Armenierzug erwartete, also hierzu wahr- scheinlich aufgefordert sei. Die Zahl der toten und verwundeten Armenier wird auf über 200 geschätzt. Mehrere Hauptagitatoren sind teils vor, teils nach den letzten Ereignissen geflüchtet. * * Verheerende Unwetter haben in der letzten Woche inSpanien gewütet. Madrid war mehrere