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MMMckMW I früher Wochen- und Rachrichtsblatt zugleich tzesWsts-ZiiznM für Kchimf, Mdlitz, Aenrholf. Kisdorf, Kl LOien, KtimiHsorl, Aoritlim md Ulfen. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. -———--———— ——-—-————— 45. Jahrgang. —- ----- — — Nr. 239. Sonntag, den 13. Oktober 1895.U Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag.' Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pfennige. — Einzeln- Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Naum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. BelaNUtMSchUNg. Das freie Umherlaufen der Hunde- Gänse und Hühner auf den Straßen und öffentlichen Plätzen hiesiger Stadl wird hiermit untersagt. Jede Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot wird an den Eigentümern der Tiere mit einer Geldstrafe bis zu 15 M. ober entsprechender Haftstrafe geahndet werden. Lichtenstein, am 10. Oktober 1895. Der Stadtrat. Lansge. Bm. U«SesMschWtt. *— Lichtenstein, 12. Oktbr. Nach längerer Pause wieder einmal ein Concert in unseren Mauern und diesmal von der Zwickauer Stadtkapelle unter Leitung des Herrn Musikdirektor R o ch l i ch. Der Saal war gestern recht gut besetzt, ein Beweis, daß unserem Publikum ein gutes Concert Bedürfnis ist. Das äußerst gewählte Programm versprach einen recht genußreichen Abend. Und den haben gewiß alle Conceribesucher gehabt. Die einzelnen Nummern des Programms waren bei lobenswerter Interpretation sorgfältig einstudiert, sodaß sich die Kapelle ihrer Aufgabe völlig gewachsen zeigte, was sich besonders in dem Vorspiel zur Oper „Die sieben Raben" und in der Ouvertüre zur Zauberflöte im schönsten Lichte zeigte. Ein brillantes Pianissimo im Gesamtspisl hatte» wir in Tonbilder aus der Oper „Lohen- grin" zu bewundern Gelegenheit und prächtige Nuancierungen namentlich in „In der Puszt a". Daß das Orchester auch über nennenswerte Solo- kräfte verfügt, zu denen wir Herrn Musikdirektor Rochlich nur gratulieren können, bewiesen Nr. 3 „Ballade und Polonaise" für Violine von Vieuxtemps und Nr. 6 des Programms „Souve nir de Spa", Fantasie brillante für Violoncello v. Servais. Beide Herren (Dietel und Uschmann) zeigten sich als Meister ihres Instruments. Nicht nur im löZato, sondern auch im Pasfagewerk fanden wir den Ton groß und edel, sicher und fest. Wir hoffe», Herrn Rochlich bald wieder einmal mit seiner Kapelle in unserer Mitte zu sehen. Der hiesige Gewerbeverein wird Donners tag, den 24. Okt. einen Familienabend im Rats kellersaale abhalten. Hierbei wird das hiesige Stadt musikchor concsrtieren und Herr Oberlehrer Reichel einen interessanten Vortrag halten. Hoffentlich wird der Besuch ein recht zahlreicher. — Die Einführung neuer Stempelmarken und Wertzeichen wird bei Inkrafttreten des neuen Stempelstenergesetzes beabsichtigt. Die jetzt gelten den Stempelwertzeiche» werden wahrscheinlich am 1. April 1896 außer Umlauf gesetzt werden. — Um Schnecken in den Gärten zu vertilgen, gräbt man Untersätze von Blumentöpfen in Entfer nungen von 2 Schritten bis an den Rand in die Erde, damit die Schnecken bequem hineinkriechen können, und gießt Bier in die Gefäße. Die Schnecken kommen von allen Seiten herbei, da auch sie, wie viels Menschen, das Bier lieben. Am anderen Morgen kann man den ganzen Stammtisch aufheben. Diese Schnecken-Bierfeste müssen 3 bis 4 Nächte hin durch wiederholt werden. — Schlecht wird ein Spaßvogel in Dresden belohnt werden, der sich den Scherz machte, sich zwei Erdarbeitern als städtischer Bauaufseher vorzustellen, und ihnen hieß, am Elbberg au einer bestimmten Stelle sogleich das Pflaster aufzureißen und eine 6 Meter breite Ausschachtung auszugraben. Die beideu Leute finge» nun auch ruhig an zu buddeln und Niemand störte sie dabei. Nachdem sie den ganzen Vormittag und bis in den Nachmittag hinein ge graben hatten, wurden sie doch bedenklich, weil gar Niemand kam, um sie zu beaufsichtigen oder weitere Anweisung zu geben. Sie beschlossen deshalb, Er kundigungen einzuziehen und gingen nach der inneren Stadt. Auf der König Johann-Straße trafen sie zufällig denjenigen wieder, der sie engagiert hatte, und hielten ihn an. Er wollte zunächst von der ganzen Sache nichts wissen, als sie ihn aber anpackten und nach der Polizei schafften, mußte er kleinlaut beigeben, einen schlechten Witz gemacht zu haben. — Junge Leute ließen sich in einem Wein restaurant derDresbner Umgebung Kaviar-Sem meln vorsetzen, um mit diesen teuren, fetten Lecker bissen in ihrer Ausgelassenheit die neue gemalte Decke des Lokals zu „dekorieren". Die Semmeln blieben mit der fetten Seite an der Decke kleben. Sie muß ten sofort lOOMk. für die verdorbene Decke erlegen. (Die „Herren" scheinen noch vom Gelde ihrer Väter zu leben. Wenn sie die 100 Mark hätten selbst ver dienen sollen, würden sie dieselben weniger leichtsin nig hinausgeworfen haben.) — Anläßlich der Vollendung des 5090. In strumentes der im In- und Auslande renommierten Dresdner Hofpianoforte-Fsbrik Hagspiel & Co., Falkenstraße 12 bis 14, wurde dem Personal am Mittwoch eine Festlichkeit, bestehend in Vogelschießen, Tafel und Ball bereitet. Im Verlaufe der wohlge- lungeuen Veranstaltung trat das gute Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu Tage. — Leipzig, 11. Okt. Die Vorführung des aus Köln eingelieferten Luxemburger Ingenieurs Pa«! Schoren vor den Reichsanwalt ist nunmehr erfolgt. Sämtliche Angeklagte befinden sich auch hier in strengster Einzelhaft. Jeder Verkehr mit der Außenwelt ist unterbunden. Seitens der politischen Polizei ist ein geradezu erdrückendes Belastungsma terial zusammengetragen, so daß an einer Verurtei lung Schorens und seiner Mitschuldige» wohl kaum zu zweifeln ist. Der Fall Schoren wird also der erste Landesverrats-Prozeß sein, welcher in dem neuen Reichsgcrichtspalais zur Verhandlung gelangt. Wie man ferner hört, ist in der Angelegenheit jetzt ein Gutachten des Großen Generalstabes eingeholt worden. — Leipzig, 11. Okt. Heute wurde derMutter des seiner Zeit in Marokko ermordete» Kaufmanns Rockstroh im Auftrage der marokanischen Regierung und unter Vermittelung des deutschen Auswärügen Amtes die Summe von 100000 M. als der von ihr geltend gemachte Entschädigungsanspruch ausge zahlt. Die Entschädigung für die geschädigte Firma ist bis jetzt noch nicht geregelt. — Chemnitz, 11. Okt. Heute früh fti9 Uhr traf von Zwickau ei» Kommando von mehreren Offizieren und zirka 20 Unteroffizieren und Soldaten des 133. Infanterieregiments hier ein, um sich zum Begräbnis des bei dem Eisenbahnunglück am 19. vorigen Monat verletzten und am vergangenen Mitt woch im hiesigen Garnisonlazarett verstorbenen Sol daten Paul aus Tannenberg dorthin zu begeben. Das Kommando führte mehrere große, prachtvolle Lorbeerkränze bei sich. Auch von dem hiesigen In fanterieregiment „Prinz Friedrich August" Nr. 104 wurde dem Verstorbenen ein kostbarer Kran; gewidmet. — Die Herren vom Vorstande des Fabrikanten vereins Hohenstein-Ernstthal haben an die Handels- und Gewerbekammer Chemnitz eine Zu schrift ergehen lasten, in der der genannten Behörde Anregung gegeben werden soll, bei der sächsischen Staatsregierung dahin zu wirken, daß die gegen wärtigen für die Gläubiger festliegenden hochverzins- lichen Rentengelder durch Auslosung in niedrigver zinsliche verwandelt werben, soweit die Gläubiger das Geld bei der Kündigung nicht annehmen. Im Mai nächsten Jahres findet inErnst - thal die Aufstellung eines König Albert-Denk mals statt. — Einen entsetzlichen Fund machte man in der Wohnung eines Fabrikanten in Crimmitschau. Man fand nämlich den schon stark in Verwesung übergega»genen Leichnam deS 29jährigen Dienstmäd chens Körner aus Laugenbernsdorf. Die Dienst herrschaft war verreist, und infolgedessen wollte sich das Mädchen auf einige Tage zu ihrer Mutter be gebe». Als für diese Tage die Rückkunft dsr Herr schaft bevorstand und das Mädchen nicht wrsder- kehrte, verschritt man zur Oeffnung mehrerer von innen verriegelter Thüre», und man fand in einem Zimmer das Mädchen tot auf dem Sofa sitzend vor. Der Leichnam wurde alsbald polizeilich aufge hoben. Ob ein Selbstmord oder Schlaganfall das Leben des Mädchen geendet, konnte noch nicht fest gestellt werden. — Waldenburg, 11. Okt. Wie das öster reichische „Heeresoerordnungsblatt" meldet, ist Se. Durchl. Major Prinz Aloys von Schönburg-Harten stein in Wien zum Flügeladjatanten des Kaisers von Oesterreich und Militärbevollmächtigten in Berlin ernannt worden. — Oelsnitz i. E., 12. Okt. Das Programm für die am 15. d. M. stattfindende Einweihung de« neuerbauten Gemeinderathauses ist folgendes: ftr12 Uhr vormittag Versammlung der Ehrengäste und Gäste im alten Gemeindeamthause. fts12 Uhr Ueber- gabe, Weihe und Eröffnung des neuen Gcmemderat- haufes, Rundgang und Besichtigung. Von ft4l2 bis 12 Uhr Pletzmusik vor dem neuen Rathause. Nach mittag 1 Uhr allgemeines Festessen im Saale der Raiskellerwirlschaft. Hierzu spielt die verstärkte Lichtensteiner Stadtkapelle. Abend 7 Uhr Concert der Lichtensteiner Stadtkapelle mit darauffolgendem Ball. — Ei» Akt raffinierter Bosheit ist am ver gangenen Dienstag, abends gegen 7 Uhr, in Seb nitz dadurch verübt worden, daß von ruchloser Hand da« Schindeldach eines an der Hammermühl brücke daselbst gelegenen, der Siadtgemeinde gehöri gen und von zwei Mietparteien bewohnten Hauses auf einer ziemlich großen Fläche mit Petroleum be- bespritzt bez. begossen und hierauf mittels Schwam mes, an welchem sich noch Streichhölzchen befestigt vorfande», in Brand zu fetzm versucht worden ist. Zum Glück konnte jedoch noch rechtzeitig von vorüber gehende» Passanten der bereits angebrannte Schwamm auf dem nredriggelegenen Dache bemerkt und alsdann eine große Gefahr glücklich abgewendet werden. Von dem Uebelthäter fehlt bis jetzt noch jede Spur. — In Reinsdorf wurde kürzlich ein neu geborene« Kind in einem Jauchenfaß erstickt aufge funden. Wegen Verdachts der Kindestötung ist die böhmische Dienstmagd Marie Meindl ermittelt worden. — In einem Restaurant in Meißen saßen dieser Tage mehrere offenbar sehr wohlhabende Her ren aus Dresden, als ein in seiner Kleidung sehr heruntergekommener Handwerksbmsche eintrat und sie um einen Zehrpfennig ansprach. Selbstverständ lich kam sofort der Wirt hinzu und wollte den Bett ler Hinausweisen, als einer der Herren plötzlich auf stand und für den armen, hungrigen Handwerksbur- schen ein warmes Abendbrot und Bier bestellte, wo rauf er unter seinen Bekannten eine Sammlung ver anstaltete und deren Ertrag dem freudig überraschten Wanderer einhändigte. Darauf begann, schreibt das dortige Tageblatt, der etwa sechzigjärige Herr zu erzählen, daß er vor nunmehr 37 Jahren, ebenfalls an einem regnerischen und stürmischen Oktobertage, in Dresden ohne einen Pfennig Geld und in noch schlechterer Verfassung als der beschenkte Handwerks bursche eingewandert fei. Natürlich war er ebenfalls darauf angewiesen, die Mildthätigkett der Leute in Anspruch zu nehmen, und da sei er u. a. auch in ein großes HauS gekommen, in welchem eben ein Fest gefeiert wurde. Das Dienstmädchen hätte ihn aber gleich angepackt, um ihn energisch zur Thür