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Donnergrollens wahrgenommen. In dem Stunde von der Unglücksstätte entfernten Niederbobritzsch wurden fast sämtliche Fensterscheiben eingedrückt. De» bald nach der Explosion von Dresden ankom mende Personenzug mußte vor der Station Mulden hütten über eine halbe Stunde warten. D>e Ver wüstungen, welche durch die Explosion im Hofe der Fabrik entstanden und an den Gebäuden angerichtet wurden, sollen furchtbar sein. Man vermutet, daß die Entstehungsursache in böswilliger Handlung zu suchen ist. — Oederan, 7. Aug. Aus vergangener Zeit wird dem hiesigen Amtsblatt nach alten Fami lienpapieren folgendes berichtet: Am 17. Januar 1564 ward zu Berthelsdorf bei Freiberg eine Hoch zeit gefeiert. Wohl hundert Gäste waren dabei und Alle fühlten sich am zweiten Hochzeitstage krank und am dritten Tage war das HochzeitLhanS ein Leichen haus. 62 Menschen, mit Einschluß des Brautpaares, lagen tot da. Jahre lang forschte man umsonst nach der Ursache. Endlich bekannte eine hochbejahrte Frau auf dem Sterbebette, daß sie damals aus Ver sehen ein mit Arsenik dastehendes Gefäß mit Wasser angefüllk habe und dies dem Bier — statt Zucker wasser — beigemischt habe. Man hatte das Gift für Ratten besorgt. — Eine Windhose bewegte sich, wie der „Ober- schles. Anz." meldet, bei Frankenstein über die Felder und Gärten von Tarnau. Es war interessant, zu beobachten, wie dieser Drehsturm von sehr geringem Durchmesser Sand und Staub mit einem aus den Wolken sich herabsenkenden rotierenden Dunstkessel zu einer schlauchartigen, zeitweise gespaltenen, fort schreitenden Säule vereinigte. Auf den Felbern, über welche die Wettersüule dahinzog, hat diese schwere Verwüstungen angerichtet. Die zum Einfahren bereit- stehenden Garben und lose liegendes Getreide wurden weit über Kirchturmshöhe emporgeschleudert, voll ständig zerzaust und in alle Himmelsgegenden ver streut; Kartoffeln, Rüben wurden aus der Erde ge rissen, Beste von Bäumen gebrochen und die Dächer einzelner Häuser abgedeckt. Ein auf einem Felde stehender, mit Kartoffeln gefüllter Sack wurde in die Höhe gewirbelt und auf einen hohen Baum gesetzt. Der Knecht eines Besitzers war mit Nachrechen auf dem Felde beschäftigt. Beim Herankommen der Säule ging das Pferd durch, der Rechen wurde umgewor fen und der Knecht herabgeschlcudert, er kam in den Drehsturm und wurde arg zugerichtet. — Auf dem 12. deutschen Tischlertag inD res- den wurde auch die Frage des Gauschwindels er örtert. Darüber wird uns geschrieben: Die einzelnen Redner bezeichneten den Bauschwindel als einen gräß lichen Notstand und es könne nur gewünscht werden, daß der jetzt für die Interessen des Handwerkes sich bemerkbar machende Frühlingshauch auch aushalten werbe. Es sei höchste Zeit, diese Schmach des Vaterlandes wegzufegen. Der Vertreter des Bran denburger Verbandes, Sebastian-Seglitz, führte des Näheren aus, in welcher Weise der Bauschwindel schadenbringend wirkt. Vorstandsmitglied Rings wünscht, daß im neuen bürgerlichen Gesetzbuch der Begriff „Betrug" etwas Präziser gefaßt werde. Man habe die Schuldhaft beseitigt, aber diese sei wirk samer Natur gewesen. Aus Humanität sei selbe beseitigt worden, aber es sei auch das Verfahren der gewerbsmäßigen, dicht am Zuchthause vorübergehen den Betrüger inhuman, denn dasselbe schädige Tau sende. Es ist allerdings nicht zu leugnen, daß auch der Handwerker etwas zu vertrauensselig ist und selbst dort Arbeit übernimmt, wo ihm dte Zahlungs. Unfähigkeit bekannt ist. — Delegierter Ladewig- Stettin schildert in zum Teil drastischer Form, in Erkämpftes Glück. Novelle von Th. Hempel. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Mit Klugheit wußte Helene sich auf den ihr gebührenden Platz zu stellen, mit frischer Kraft die Last des großen Haushaltes auf ihre Schultern zu nehmen und doch der Schwiegermutter den ihr ge bührenden Vorrang willig zu lasten. Bereitwillig fügte sie sich den Wünschen in Be zug auf Geselligkeit, wie sie im Hause Sitte, obwohl ein gemütliches Leben an der Seite des Gatten so recht eigentlich ihre Welt war. Mancher bemühte sich, in dem harmonischen Zusammenleben von Eltern und Kindern eine Lücke zu finden, aber vergebens. Den ersten Streit vor der Verlobung des Sohnes hatte man klug der Oef- fentlichkeit zu entziehen gewußt. Seit Helene ein Glied der Familie geworden, durfte sich niemand ein Wort des Tadels über sie erlauben. Als nach Jahresfrist den glücklichen Eltern ein liebliche« Töchterchen geboren ward, gestaltete sich das Leben im Hause noch inniger. Die Frau Kom- merzienrätin äußerte an der Wiege der Enkelin ein zärtliches Großmuttergefühl, ihre mitunter schroffen Lebensanschauungen gewannen einen milderen Aus druck in der Freude über das geliebte Kind. Eltern und Großeltern wetteiferten in Liebe für das kleine Wesen, aber auch sie mußten erfahren, wie nahe oft die größte Freude und das tiefste Leid beisammen sind. Kaum ein Jahr lang war der kleinen Johanna das irdische Dasein beschicken, da raffte eine bösar tige Krankheit trotz unermüdlicher Pflege und sorg- welcher Art und Weise die Baustellen erworben und die Baue selbst auSgeführt werden. Der Redner wendet sich insbesondere gegen die Banken, welche, infolge Hingabe der Baugelder, als die eigentlichen Bauschwindler bezeichnet werden wüßten. Ganz be sonders beleuchtet der Redner die Stettiner Verhält nisse, sowie die Thätigkeit der in Berlin existierenden „Bank" für Reform des Grundbesitzes und Bodener- werbe«". Der Tischlertag stimmte zunächst einer schon auf den Handwerkertage zu Halle gefaßten Resolution bei mit der Erweiterung, daß der Hand werker bei Subhastationen bevorzugt werden soll und nahm sodann folgenden, von RingS-Köln gestell ten Antrag einstimmig an: „DenAnträgendes deuischen Baugewerkenverbandes ist zuzustimmen; auf eine nähere Präcisierung des Betrugsparagraphen in der Gesetzgebung ist zu dringen; die einzelnen Innungen sind zu ersuchen, sich mit guten AuLkunftSbureaus in Verbindung zu setzen, um ihre Mitglieder durch billige und zuverlässige Auskünfte vor Schaden zu schützen". — Zum Ort sür den nächsten deutschen Tischlertag ist Potsdam gewählt worden. 8 Berlin, 8. Aug. Die Ansprache, welche der Kaiser am Jahrestage der Schlacht bei Wörth an die Mannschaft des Panzerschiffes „Wörth" bei Cowes gerichtet hat, lautet nach der „Voss. Ztg." ungefähr folgendermaßen: „Erinnert Euch, daß Ihr die Mannschaft eines Schiffes bildet, da« nach einer Schlacht genannt ist, in der Eure Landsleute vor 25 Jahren dem deutschen Namen Ehre wachten. Heute ist der 25. Jahrestag der Schlacht bei Wörth, weshalb ich es für angezeigt gehalten habe, demnach dieser Schlacht genannten Schiffe einen Besuch ab zustatten und einige Worte an die Mannschaften zu richten. Hoffentlich werden die Thaten, die Eure Mitbrüder bei jenem Anlaß vollbrachten, eine Auf munterung bilden für Euch, wenn jemals Gelegen heit für ähnliche Dienste entstehen sollten. Solltet Ihr zum Kampfe gerufen werden, so beschwör ich Euch, mit Herz und Mund für Gott und Vaterland zu kämpfen". Das leitende Blatt der englischen Liberalen, die „Daily News", knüpft an die Rede des Kaisers folgende Betrachtungen: Es ist wesent lich, daß während des Besuchs des deutschen Kaisers nichts gethan oder gesagt werde, was die Welt zu dem Glauben verleiten könnte, daß unsere Freund schaft gegen Deutschland geringere Rücksichtnahme für Frankreich involviere. Der Kaiser selbst hätte gut gethan, in britischen Gewässern eine Bezugnahme auf den deutsch französischen Krieg zu Unterlasten. Der Anlaß war allerdings sehr versuchend, aberber Kaiser sollte solcher Versuchung widerstehen können. Die Aeußerung des Kaisers wurde allerdings gethan an Bord eines deutschen Kriegsschiffes, über welches wir, selbst wenn es sich in britischen Gewässern be findet, keine Jurisdiktion haben. Jedenfalls halber Vorfall mit England gerade so wenig zu thun, als ob er sich in Hamburg ereignet hätte. Unsere fran zösischen Freunde muffen Diskretion üben. — Ueber die Unterredung de« Kaisers mit Lord Salisbury, die am Montag in Osborne stattfand, verlautet, daß sie herzlicher Art war. Der Kaiser betrachtet die günstigen Beziehungen zwischen England und Deutsch land in hoffnungsvollstem Lichte. — Das deutsche Geschwader auf der Rhede von Cowes segelt heute nach Wilhelmshaven ab. Die „Hohenzollern" geht am Sonnabend nach Leith ab, um den Kaiser dort nach einem viertägigen Besuche bei Lord Lonsdale in Schloß Lowther, wohin der Kaiser sich Sonnabend um Mitternacht über Portsmouth mit einem Sonder zug begiebt, an Bord zu nehmen. Vor seiner Ab reise giebt der Kaiser eine Festlichkeit an Bord der „Hohenzollern". — Der Kaiser hat das Schloß Dwasieden bei Saßnitz auf Rügen angekauft. fältigster Behütung das junge Leben hinweg. Als die Pforte des Hauses sich zum letztenmal hinter der kleinen Erdenbürgerin geschlossen, als man sie, reich in Blumen gebettet, hinausgetragen zur letzten Ruhestätte, als die, deren Glück sie gewesen, den letzten Scheideblick hineingeworfen in das kleine Grab und nun arm und vereinsamt heimkehrten, da ward es wieder recht still in dem großen, weiten Hause. Jeder trat leise auf, als fürchte er, die kleine Schlä ferin zu stören in einem süßen Schlummer. Vater und Großvater saßen ernst über ihre Bücher gebeugt, um durch vermehrte Thätigkeit in ihrem Beruf die Sehnsucht zu bannen. Die Großmutter legte mit tiefem Seufzen die kleinen Strümpfe beiseite, an denen sie mit Lust und Eifer gearbeitet, die junge Mutter trennte sich mit blutendem Herzen von all' den kleine» Gegenständen, mit denen Elternliebe die Händchen des Kindes füllt, räumte Wäsche und Klei derchen fort, damit ihre Blicke nicht mehr darauf fielen; bei jedem Stück, das sie zur Hand nahm, war ihr, als müßte sie sich noch einmal losreißen von dem Liebling. Nan aber ging sie wieder mit Ergebung und Willenskraft an ihre Arbeit; so schwer es ihr auch ward, weder der geliebte Gatte, noch die ihr anverirauten jungen Leute sollten unter ihrem Kummer leiden. Wenn etwas sie in der Achtung ihrer Schwiegereltern noch heben konnte, so war eS die Art, wie sie ihren Schmerz trug. Nach schweren Kummertagen, nachdem e« lange öde und still in dem reichen Kaufmannshause ge wesen, blühte darin wieder eine Freudenblume auf. Zum Ersatz für die kleine Johanna schenkte der Himmel den Eltern einen prächtigen Knaben. 8 Berlin, 8. Aug. Die „Nat.-Ztg." rät von einem Besuch der in Frankreich befindlichen deut schen Soldatengräber seitens der Kriegervereine ab, da ein solcher als eine Uebertraguog der deutschen Erinnerungsfeier auf französisches Gebiet auSgelegt werden müsse. Den Gefühlen der Franzosen sei in dieser Beziehung Rechnung zu tragen. 8 Feierlichkeiten zur Erinnerung an di« ersten Siege des Jahres 1870 haben am Sonntage in deutschen Städten stattgefunden. Besonders festlich wurde die Jubelfeier der Erstürmung der Spicherer Höhen in Saarbrücken begangen. Die Stadt prangte in herrlichem Festschmuck. In 25 Sonderzügen waren 40000 Fremde angelangt. Am Nachmittag fand ein großartiger historischer Festzug statt. 1000 der ehemaligen Kämpfer von Spicheren nahmen an dem selben Teil, die auf dem ganzen Wege überall mit stürmischem Jubel begrüßt wurden. Außerdem mar schierten etwa 15000 Kriegsteilnehmer in dem Zuge. Daran reihten sich prächtige historische Gruppen. Ein ergreifende Gedächtnisfeier wurde aus dem Kriegerfriedhofe im Ehrenthale beim Schlachtfelde abgehalten, woselbst General v. Francois und 500 Deutsche und Franzosen begraben sind. Der Präsi dent des Saarbrücker KciegervereinS, Siebisch, hielt die Festrede, die, namentlich wo sie der Gefallene» gedachte, den tiefsten Eindruck auf die Versammelten machte; an die Red- schloß sich der gemeinsame Ge sang des Liedes: „N N danket alle Gott". Hieraus folgte unter Begleitung von 50Mustkkorps der Ab marsch zum Festplatzr am Faße der Spicherer Höhen. Fortdauernd herrschte große Begeisterung und trotz des ungünstigen Wetters fröhliches Leben. Abends wurden auf den Saarbrücker und Spicherer Höhen Freudenfeuer angezündet. Bei der Gedenkfeier in Weißenburg waren etwa 700 Krieger aus allen Gauen Deutschlands anwesend, zumeist ehemalige Mitkämpfer und viele Ritter des Eisernen Kreuzes. Dis Denkmäler der Kriegergräber, sowohl der deutschen wie der französischen, tragen prächtigen Schmuck. Vormittags fand ein Felvgottcsdienst tm Kasernen hofe, sowie ein erhebender Gedächtnisakt am Denk male des III. Armeekorps auf dem Geisberge statt. 60 Offizierkorps, sowie eine Anzahl französischer Jour nalisten waren anwesend. Nachmittags wurde ein feierlicher Gedächtnisakt auf dem Bayrrndenkmale abgehalten, dem 200 ehemalige Angehörrge des bay rischen 10. Jägerbataillons, darunter etwa 160 Mit kämpfer, anwohnten. Die Teilnahme der Bevölke rung war von überallher eine außerordentliche. In Kassel sand gleichfalls eine von den Mitkämpfern des, wie bekannt, namentlich bei Wörth stark enga giert gewesenen LI. Armeekorps veranstaltete Feie« statt, an der 8000 alte Soldaten teil nahmen. Großartig verlief die Parade der gesamten Garnison auf dem Friedrichsplatze. Die Fahnen und Geschütze wurden zum ersten Male bekränzt. Der Kronprinz und Prinz Eitel Fritz sahen der Feier vom Balkon des Residenzschlosses aus zu. Als die Prinzen im offenen Wagen nach Schloß Wilhelmshöhe bei Kassel zurückfuhren, wurden sie von der Menge jubelnd be grüßt. Das hessische Jägsrbataillon Nr. 11 in Mar burg, sowie 400 ehemalige Kameraden desselben, da runter 150 Mitkämpfer des Krieges 1870/71, be gingen gleichfalls die Erinnerungsfeier an die Schlach ten von Weißenburg und Wörth, wo das Bataillon seine Feuertaufe erhalten hat. Am Montag hat sich bas Offtzierkorps und eine Abordnung der Mannschaften mit der Bataillonskapelle nach Wörth begeben, um dort die Enthüllungsfeier des Denkmals, welches das Bataillon seinen Gefallenen gestiftet hat, zu begehen. In Breslau wurde die Jubelfeier durch eine große Parade sämtlicher Krieger auf dem Palaisplatze ein geleitet, welche der Kommandeur der 11. Division Wie ein frischer Luftzug nach langer, bange« Schwüle zog es durch die Räume, als der kleine, kräftige Bursche in der Wiege lag und mit den blauen Augen der Mutter munter hineinblickte in das Leben. Mühe und Arbeit brachte er ins Haus, al« wäre er mit der Absicht in die Welt gekommen, seine Mutte« möglichst zu zerstreuen. Ach, wie gern sorgte sie für ihr Kind! Nun gab es wieder frohe Gesichter und herzliche Freude am Gedeihen de« Kleinen. Der Knabe wuchs kräftig heran. Schon ent warf der Vater Zukunftspläne und zählte die Jahre bis wann der Sohn ihm im Geschäft eine Stütze sein konnte. Ein längerer Zeitraum ist dahingeschwunden, es hat sich manches geändert in dem alten Hause. Der Kommerzienrat Bergfeld, der ältere Chef der Hand lung, ruht schon seit einer Reihe von Jahren im Grabe, seine Gemahlin ist ihm vor kurzem nachge folgt, hochbetagt, aber rüstig und geistesfrisch bis an ihr Ende. Der Sohn, der jetzige Herr deS Geschäfts, ebenfalls mit dem wohlverdienten Titel des Vaters von dem Landesherrn geehrt, hat nach der Mutter Tode mit seiner Gattin die erste Etage bezogen, die zweite steht leer, des künftigen Besitzers harrend. Er ist, nach langem Aufenthalt im Auslande, in einem großen Geschäft der Residenz thätig, um binnen kurzem, wohl vorbereitet, als Mitbesitzer in daS väterliche Geschäft einzurücken. Aus der schlanken, jungen Frau Bergfeld ist eine stattliche Frau Kom- merzienrätin geworden, aber ihr Gesicht hat sich die jugendliche Frische bewahrt. Ihr blondes Haar ziert noch in dicken Flechten das Haupt. Raschen Schrit-