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Wochen- und Nachrichtsblatt ' zugleich 'MMs'WrM für Hchndsrf, UNlitz, DrrMsrf, Küsdsrs, Ä KKien, HcimichWrt, Mirritüm«. Miles Amtsblatt für den Stadtrat M Lichtenstein. ^ir. 59. Sonntag, dm März 1895. Mkfts Blatt erscheint täglich lautzer Soun- RÄ HefttagS) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 28 Pf. — Etnzelas Nummer IS Pfennige. -" Wellungen nehmen anher der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstmten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltMS Korpuszeile oder deren Naum mit 10 Pfennigen berechnet. — Aunahnu: der Inserate täglich bis spätestens vormittag !0 Uhr. Die infolge Pensionierung des derzeitigen Inhabers zur Erledigung kommende Stadt- rmd 'Sparkassenkassierer-Stelle ist baldigst anderweit zu besetzen. Pensionskerechtigter Gehalt 1050 Mark. Caution: 1500 Mark. Bewerbungsgesuche sind bis 2«. März 1883 an den Unterzeichneten einzureichev. Callnberg, am 7. März 1895. Der Stadtgemeinderat. Prahtel, Bürgermeister. LM-sMs-Lichte. * — Lichtenstein. Wenn dec Frühling herannaht, daun giebt's auch im Hause „Sraats- fragen" zu behandeln, und wenn auch nur langsam, so muß doch allmählich die ernste Erwägung darüber erfolgen, wie cS mit dem Inhalt von Spind und Truhe steht, ob denn nun auch alles noch recht ist für Ostern und für den Frühling. Da wird sich immer etwas finden, was als „Forderung" im Haus haltsetat erscheint, und wens es nicht viel ist, so -st es wenig. Die Frühjahrsloilette ist eigentlich dis reizvollste und nicht d?« teuerste im Jahr, und man cher brummbärig? Ehemann, der dm Mund verzieht, wenn diese „Staatsfragm" zur Debatte gestellt werden, schmunzelt hinterher "doch ausnehmend wohlgefällig, wenn das fertige Kunstwerk sich seinen Blicken prä sentiert, und spendiert in der Herzensfreude darüber, daß er nicht zu eigensinnig gewesen, noch einen Gold fuchs für einen Frühjahrshut. Auch für die Kon firmation und für die Zeit nach der Schule ist zum Frühjahr immer viel zu beschaffen und so kommt in diesen Wochen in der Regel eine tüchtige Ankaufsumme insgesamt heraus. Und nun sei man einmal klug und lege das Gelb gut an, d. h., kaufe ein Jeder, der zum Frühling etwas zu kaufen hat, in der Hei matsstadt. Die Kaufleute lassen es an Bemühungen, gut und preiswert zu verkaufen, wahrlich nicht fehlen, und nur darum im fremden Ort kaufen zu wollen, damit man rühmen kann, weither bezogen zu haben, das ist ein sehr mäßiges Vergnügen. Dem National- stolz kann man getrost den Lokalpatriotismus zur Seite stellen; es ist nur gesunder Lokalpatriotismus, wenn man au die Heimatsstädte einmal und nicht immer an andere Orte denkt. Wer bringt Steuern und Abgaben auf, wenn Alles, was am Platze aus gegeben, wobei also verdient werden könnte, in die Fremde geht. Von nichts kommt nichts, und wer mit Steuern zahlen soll, der muß auch verdienen. Flottes Geschäft am Ort hebt den ganzen Platz; von anderswoher muß der Kaufmann an und für sich schon genug beziehen, und dort vergilt man nicht Gleiches mit Gleichem. (Nachdruck verboten.) * — Cailnberg. Auch der hiesige Gesang verein wird, voraussichtlich Montag, den 18. März, ein Cor.cert — unter freundlicher Mitwirkung der Gemahlin des Herrn Kantor Noatzsch — zum Besten der durch Brandunglück betroffenen Bewohner geben. * —MülsenSt. Iacob,8. März. Gestern früh verschied die älteste Frau hiesigen Ortes: Witwe Christiane Wilhelm. Röhner, geb. 'Walther aus Sil berstraße, geboren am 10. Mai 1800. Dieselbe hat Kinder und Enkel überlebt. — Nachdem sich die Vertreter derjenigen Städte revidierter Ordnung, welche über 10000 Einwohner zählen, vereinigt hatten, um dem Altreichskanzler das Ehrenbürgerrecht zu verleihen, gestatteten dieselben, daß sich auch Städte — natürlich revidierter Ord nung — an diesem gemeinschaftlichen Vorgehen be teiligen durften, die unter 10000 Einwohner zählen. Bürgermeister Gofferjö in Netzschkau hat nun einen Appell an die Städte, die nicht die revidierte Slädte- ordnung eingeführt haben, erlassen, gemeinschaftlich dem Altreichskanzler das Ehrenbürgerrecht auch dieser Städte zu verleihen. — Das Königl. Sächs. Kriegsministerium hat bekanntlich auf Ansuchen des Allgemeinen Sächsischen Lehrervereins und des Sächsischen Turnlehrervereins das typographische Bureau angewiesen, die von dem selben zu bearbeitenden unkolorierten Umdruckexemplare der Karte des deutschen Reiches — Generalstabs karten — an die Bibliotheken der Schuianftaüen und die Mitglieder der obengenannten Vereine zu dem ermäßigten Preiss von 30Pfg. für eire Sektion aus bez. Antrag zu überlassen. Die Gestellungen sind bis Ende März unter Einsendung des Geldbetrages bei den Kövigl. Bezirksschulmspektoren eivzureichen, und zwar könne« durch das Kgl. Sächs. Ministerium die Karten folgender S kiionen bezogen werden: Halle (Nr. 389), Leipzig (390), Oschatz (391), Gro ßenhain (392), Kamenz (393), NiSly (394), Zeitz (414), Borna (415), Döbeln (416), Dresden (417), Wscho'swerda (418), Bautzen (419), Görlitz (420). Gera (440), Altenburg (441). Chemnitz (442), Dip poldiswalde (443), Königstein (444), Zittau (445), Hirschfelds (446), Greiz (467), Zwickau (468), Anna» berg (469), Sayda (470>, Fürstenau (471), Hof (492), JoharmgeorgeNstedt (493), Wiesenthal (494), Wun siedel (513), Mammersreuth (514). Die vollständige Generalstabskarte vom Königreich Sachsen, 30 Sek tionen umfassend, kostet demnach unaufgezogen 9 Mk. — Leipzig, 9, März. Der von den Unbil den des Winters immer besonders mitgenommen ge wesene, hier früh 3 Uhr 20 Min. von München fällige Römerzug traf gestern mit ^stündiger Ver spätung ein, weil ihm unterwegs — am 8. März! — die Dampfheizung total eingefroren war. — Kirchberg, 7. März. Em recht rachsüch tiger und frecher Mensch bedroht schon seit Jahren die Familie des Gutsbesitzers Neef im nahen Burkers dorf. Bor ungefähr 3 Jahren war der erwachsenen blühenden Tochter das Gesicht mit Schwefelsäure übergossen worven, später hatte man die tu der Wohn stube versammelte Familie durch Steinwürfe bedroht, und in diesen Tagen hat man gar versucht, die Fa milie mittels einer mit Pulver gefüllten Thonröhre, welche auf dem Fensterstocke der Wohnstube nieder gelegt worden war, zu verderben. Zum Glück war aber die im Schnee feucht gewordene Zündschnur rechtzeitig verlöscht und so ist die Familie vor einem Unglücksfalle verschont geblieben. Gelänge es doch endlich, den bis heute noch unermittelten gefährlichen Menschen dem Arme der Gerechtigkeit zu überliefern! — Bei dem Sängerfeste, welches der „Erzge- birgische Gausängerbund" am 21. und 22. Juli in Lößnitz abhalten wird, soll eine geistliche und eine weltliche Musikaufführung stattfinden. Für die erstere sind bestimmt: 24. Psalm von Jul. Otto und „Oster tag" von Bruno Dost (Liedermeister des Bundes), während als allgemeine Gesänge für das weltliche Concert gewählt wurden: „Die Macht des Gesanges" mit Orchester von Schuppert, „Friedrich Rotbart" mit Orchester von Podbertsky, „Herz voll Mut" von F. Schneider, „Liedesfreiheit" von Marschner, „Schif- serlied" von Eckert und „Abendlied" von Adam. — Im Kolditzer Walde sind bis fitzt 16 verhungerte Rehe gefunden worden. Z Die Aeußerung, die der Kaiser zu einem kon servativen Abgeordneten nach dem Festmahl des Brandenburgischen Provivziallandtages mit Bezug auf den Antrag Kanitz gethan, sollte nach einer Ver sion gelautet haben: „Ich kann den armen Leuten das Brot nicht verteuern." Diese Fassung ist jedoch, wie „Das Volk" behauptet, nicht ganz zutreffend. Der Kaiser habe vielmehr thatsächlich gesagt: „Sie können mir nicht zumuten, daß ich Brotwucher treibe." Der Kaiser soll bei einer anderen Gelegenheit erklärt haben, daß die Vertragstreue auf keine Weise verletzt werden dürfe; jedes Rütteln an den Handelsverträgen müsse er auf das Entschiedenste tadeln. Z lieber die Begegnung des Kaisers Wilhelm mit dem Herzog von Cumberland schreibt ein Lon doner Blatt: „Sowohl die Königin Viktoria wie die Kaiserin Friedrich sollen hocherfreut über die Be- gegnuvg des Kaisers Wilhelm mit dem Herzog von Cumberland gewesen sein. Der Kaiser telegraphierte persönlich die Nachricht nach Windsor. Es scheint jetzt sicher zu sein, daß der älteste Sohn des Herzogs und der Herzogin von Cumberland Herzog von Braunschweig werden wird, sobald er seine Voll jährigkeit erreicht hat. Das wird im Oktober 1898 der Fall sein. Dann wird Prinz Georg 18 Jahre alt." Vorläufig glauben wir noch nicht daran, daß den Welfen wieder ein deutscher Thron eingeräumt wird. Das wäre ein großer Fehler; der englische Hof würde es allerdings gewiß gerne sehen, wenn das Welsentum so wieder zur Macht käme. 8 Im Reichstage denken doch verschiedene Herren darüber nach, was am 1. April zu Ehren des Für sten Bismarck zu thun sei. Centrum und Freisinnige wollen, von anderen Fraktionen abgesehen, sich an einer offiziellen Kundgebung nicht beteiligen, aber es würde doch wohl kein Widerspruch erhoben werden, wen» der Reichstagspräsidevt konstatierte, der erste Reichs kanzler des Reiches sei achtzig Jahre geworden, und damit den Wunsch für ein ferneres langes und ge sundes Greisenalter verbände. Wenn ein Vorschlag gemacht würde, dem Fürsten Bismarck zum Reichs- Ehrenbürger zu ernennen, so ist derselbe verfassungs mäßig nicht ausführbar. Reichsbürger giebt es überhaupt nicht, sondern nur Reichsangehörige, die Bürger eines deutschen Bundesstaates sind, es kann also auch Niemand zum Ehrenbürger des deutschen Reiches ernannt werden, und selbst wenn, so wäre hierfür ein besonderes Gesetz erforderlich. 8 Eine kaum glaubliche Geschichte hatte sich in Mansfeld in diesen Tagen ereignet. Ein Trupp Zigeuner kam durch den Ort, und während die Männer Unterkunft suchten, bettelten die Weiber. Ein solches kam auch zu dem alten kranken Ehepaar O. und versprach die Heilung ihrer Krankheit, wenn sie sich ihren Anordnungen aufs genaueste fügen wollten. Zunächst verlangte sie alles im Hause be findliche Geld. Die alten Leute, froh, ihrer Leiden ledig zu werden, holten alles herbei. Die Zigeunerin nahm unter der Angabe, dieses Geld müsse sie neun Tage mit sich herumtragen, wenn die Heilung ge lingen solle, hundert Mark und verschwand damit i Die Alten waren geprellt, und obgleich sie das Ver sprechen gegeben hatten, zu schweigen, halte die Po lizei doch schon Kenntnis von dem Vorfälle und ver folgte die Diebin. In Helbra gelang es endlich, sie ausfindig zu machen und ihr den Raub wieder abzujagen; sie selbst aber wurde ins Gefängnis ge bracht. ** Wien, 8 März. Die hiesige deutsche Bot schaft bestätigt, daß das deutsche Kaiserpaar mit den prinzlichen Kindern in der zweiten Hälfte des März nach Abbazia kommt. Ob der Kaiser in Wien Auf enthalt nehmen wird, ist noch nicht bekannt. ** Wien, 8. März. Aus Abbazia wird tele graphiert, daß dort seit vorigen Sonnabend keine Zeitungen, keine Briefe eingetroffen seien. Abbazia ist zu Lande von der übrigen Welt vollständig ab gesperrt. Es liegt viel Schnee dort. Wenn die Wege nicht bald schneefrei werden, ist eine Verpfle gung unmöglich. Die Stimmung ist daher höchst ungemütlich. Seit gestern mittag scheint endlich wieder die Sonne.