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in Dresden geschaffen worden ist, das gereicht ihm wie der Stadt zur höchsten Ehre und sichert seinem Namen einen hervorragenden Platz in der Dresdner Ortsgeschichte für alle Zeiten. — Der Schleier des Geheimnisses betreffs des Verschwindens eine« Liebespaares aus Leipzig «nd seines vermeintlichen Selbstmordes in Ingrams dorf bei Schweidnitz ist jetzt gelüftet. Nach den neueren Nachforschungen hat es sich nämlich heraus- gestellt, daß das in Ingramsdorf in Schlesien ver giftet aufgefundene unbekannte Liebespaar mit dem Eingangs erwähnten Paare nicht identisch ist. Letz teres, der 30jährige Konservatorist Aitken aus Hali fax und die 17jährige Arbeiterin Helene Pabst von hier, ist nach England entkommen und hat sich dort, ihren brieflichen Mitteilungen zufolge, in Loudon bereits trauen lassen. — Wie hoch im Erzgebirge stellenweise der Schnee liegt, gebt daraus hervor, daß die Amts- hauptmaanschaft Annaberg wegen der durch die Schneemassen hervorgerufenen Gefahr für den Ver kehr eine Straße hat sperren müssen und der Lanb- postbestelldienst von Scheibenberg von einem Brief träger auf Schneeschuhen ausgeführt wird. — Ueber die Anhänglichkeit eines Hundes zu einem Kinde wird aus Berts darf berichtet: Am Dienstag starb hier das einjährige Kind des Garten besitzers W. Kother. Von dieser Zeit an war der Hund desselben nicht aus dem Kmdcistühlchen heraus - zubekomwen. Als nun beim Begrävnis der Sarg deck l geschlossen wurde, trieb man das Tier in die Stube, wo es sich unter das Sofa legte und bald darauf starb. Z Berlin, 8 März. In einem Glühofen lebendig verbrannt ist in der Chamottefabrik bei Ekch- werder an der Dahme ein dort thäiig gewesener Vorarbeiter namens Mielenz. Derselbe war des morgens gleich nach der Frühstückspause mit noch zwei anderen Vorarbeitern, Wsstphahl und Köhne, damit beschäftigt, in den großen Glüyofen der Fabrik ein Quantum Thon zum Aushärten einzufahren. Beim Einschieben der Ladung auf der Plattform brach nun Plötzlich aus unbekannter Ursache das Borstel!- gitter derselben durch, und alle drei stürzten infolge dessen in den geheizten Glühofen. Zwar eckten die übrigen Arbeiter sofort zur Hilfe herbei, doch gelang es ihnen nur, Westphal und Köhne zu retten, die glücklicherweise noch auf dem Abstelluagsrande lagen, hier aber auch so schwere Bcandwundm erlitten hatten, daß sie schleunigst nach Berlin in die Cha rit« geschafft werden mußten. Bei dem Vorarbeiter Mielenz erwies sich jedoch alle Hilse als überflüssig, da er unmittelbar in di« Glut gefallen und bereits verkohlt war. Er hinterläßt eine F:au und vier unmündige Kinder in den dürftigsten Verhältnissen. 8 Berlin. Einen ganz ungewöhnlichen Gast erhielt am Freitag die Familie eines Arbeiters der Schwarzkopffschen Fabrik, Vie in der Kolbergerstraße 25 wohnt. Die Wohnung liegt nach der Panke hinaus. Vater und Mutter waren auf Arbeit, die Kinder hatten von 2 bis 5 Uhr auf der Straße ge spielt. Als sie in die Wohnung zurückkehrien, sahen sie darin einen großen Vogel, der zum offenen Fenster hineingeflogen sein müß e und nun eben dabei war, den letzten der beiden Goldfische, den er aus dem Bassin auf der Kommode gefischt hatte, za verspeisen. Die Kinder hielten den Vogel für eine große Taube, machten schleunigst das Fenster zu und sachten das Tier zu fangen. Dieses hackte aber mrt seinem schar fen Schnabel um sich, flitterte dann schwerfällig in der Stube umher uns warf bei der fortgesetzten Jagd In der Küche alles auf Spinden und Regalen stehende Glas-und Porzellangeschlcr hinab. Die geängstigten Kinder holten nun die Nachbarn herbei, doch da die Männer sämtlich auf Arbeit waren, konnten nur Frauen erscheinen. Mit lautem Halloh wurde der Vogel, dessen Art Niemand erkannte, aus einer Ecke in die andere gejagt, wobei er immer mehr und mehr Geschirr zertrümmerte, doch keine der Frauen wagte eS, den wütend mit dem Schnabel um sich schlagen den Vogel anzugreifen und festzuhalteo. Endlich er schien ganz zufällig ein Beamter, der in dem Vogel sofort eine Schleier-Eule erkannte. Der Beamte suchte der Eule nun ein Tuch über den Kopf zu werfen, was ihm aber auch nicht gelang, bis endlich ein Junge das Tier mit seiner Mütze einfing. Trium phierend zog der Bursche mit seiner Beute ab; als aber die Wohnungsinhaber am Abend von der Arbeit heimkehrten, da schlugen sie vor dem Bilde der Ver wüstung die Hände über dem Kopfe zusammen. 8 Berlin, 11. März Wie dem Hirich'schen Telegraphen-Bureau (unter Rese,vs) mitgeteilt wird, soll die von Allerhöchster Stelle für den Fürsten Bismarck geplante besondere Ehrung u. a. darin be stehen, daß dem Fürsten die erbl che Finstenwürde und zwar dergestalt verliehen wird, daß sie noch bei seinen Lebzeiten auf seine beiden Söhne übergeht; außerdem ist geplant, dem Fürsten schon mit Rück sicht auf seine Würde als Herzog von Lauenburg den Titel „Hoheit" zu verlehen. F Berlin, 11. März. Der Ausschuß des am 31. d. M. statifindenven BiSmarck-Kommerses lud den Präsidenten des Reichstages, v. Leoetzow, und tun Reichstag als solchen zur Teilnahme ein. Herr v. Levetzow empfing eine Abordnung nab sagt« sein Erscheinen zu. Man hofft, daß mit H-^rn v. Levetzow zugleich sehr viele Mitglieder des Reichs tages, soweit sie dem Fürsten Bismarck näher stehen, dem Kommers beiwohnen werden. 8 Berlin, 10. März Die Lehrer der höhe ren Lehranstalten P eußms haben sich infolge einer Anregung von Hannover vereinigt, um dem Fürsten Bisma ck zum Geburtstag ein kostbares Eh engeschenk nebst Adresse zu überreichen. Auf eine dieser Tage deshalb nach Friedrichsruh gerichtete Anfrage soll ein noch näher zu bestimmender Tag zwischen dem 5. und 8. April zum Empfang der Abordnung fest stes, tzt werden. Die Lehrec der höheren Lehranstalten Brrlms werden außerdun am 1. April einen Kommers zu Ehren des Fürsten veranstalten. Der Direktor des Berliner Gymnasiums zum Grauen Kloster, an dem Fürst Bismarck seine Maturitätsprüfung als Schüler der obersten Klasse bestanden, hat aus dem Schularchiv eine Sammlung auf Bismarck bezüglicher Einztth tten veranstaltet, die demnächst veröffentlicht werden wird. Z Vom Schwarzwald wird dec „Augsb. Ab.-Ztg." geschrieben: Eure Feier auf der Fttdbergs- höhe rn Schnee und Et- — Vas mar bisher der Ausdruck unserer Verehrung für den Fürsten Bis marck. In diesem Jahre aber wollen wir auf allen Gipfeln des Schwarzwaldes am 31. März die Höhen feuer entzünden al« Zeichen unierer Liebe, daß es hineinleuchtet weit in das deutsche Ruch und in das deutsche Herz. Wir hoffen das Gleiche für die Vog sm zu erreichen. Vielleicht veranlaßt unsere Mitteilung gleichgesinnte Männer, auch auf den Höhen des Hrrzes und des Erzgebirges, des Kyffhäusers und des Niederwaldes am Vorabend des Festes Freudenfeuer zu entzünden. 8 Ein Leser der „Saale-Zeitung" schreibt aus Schweinitz: Durch den tiefen Schnee war es den armen Umwohnern acht volle Wochen lang nicht möglich, das notwendige Holz in unserem großen Walde zu sammeln. Vor ku zem erhielten sie die Erlaubnis, die von den Holzfällern liegen gelassenen Holz-Ueberreste zu holen und nun strömten Hunderte von armen Menschen aus den verschiedenen Ort ¬ schaften dem Walde zu. Hier rissen sich die Leute förmlich um das geringe Holz und mancher ver teidigte den einmal erfaßten Zacken gegen andere zu gleicher Zeit hinzukommende Holzsammler mit dem Knüppel in der Hand. Viele wieder raubten einander das schon auf den Schlitten geladene Holz und dabet kam eS bald zu einer furchtbaren Prügelei, an der sich Hunderte von Leuten — Männer und Frauen — beteiligten, so daß der Schnee davon noch jetzt vwle Blutspuren aufweist. 8 Dem „Hann. Cour." schreibt man ausKux- Haven: Während des Aufenthaltes des Kaiserlichen Geschwaders am Mittwoch nachmittag zwischen dem 2. und 3. Elbfeuerschiff wurde der hiesige Lootsen- kommandeur, Herr Kördell, der an Bord des Loot- sendampfers „Karpfanger" von See kam, zum Kaiser befohlen. Der Kaiser begrüßte ihn auf's Liebens würdigste. Di« Audienz wähne zwei Stunden. Viel fach wird die Vermutung ausgesprochen, der lange Aufenthalt des Kaisers in solcher Nähe der Insel Ncuwerk hänge mit dem früher erwogenen, später anscheinend fallen gelassenen Plan zusammen, auch auf dieser Insel Befestigungen anzulegen; ob mit Grund, läßt sich nicht sagen. * * Wien, 11. März. Etwa 15,000 Arbeiter zogen gestern nachmittag nach dem Zentralfriedhofe, um auf dem Grabe der in den Märztagen von 1848 Gefallenen Kränze niederzulegen. Ein Zwischenfall ist weder bei dem Hinmärsche nach dem Friedhöfe, noch bei dem Rückmärsche vorgekommen. — Abends zogen 2000 Arbeiter unter Absingung von Liedern über die Ringstraße zum Parlamentsgebäude, woselbst sie von der Polizei zum Verlassen des Platzes ver anlaßt wurden. Unter Rufen: „Heraus mit dem Wahlrecht!", „Ni-der mit dem Kapitalismus!" zer streuten sich die Manifestanten in den umliegenden Straßen. — Eine von 2000 Personen besuchte Ver sammlung von vereinigten Genossenschaften der ge werblichen und kaufmännischen Vereine Wiens und der Provinzen nahm eine Resolution au, dahin gehend, das Abgeordnetenhaus und dis Regierung zu ersuchen, den Hausierhandel in allen Formen vollständig auf- zuheden. * * B u d a p e st, 10. Mürz. Dis Verkehrs störungen sind auf sämtlichen Lini n der Südbahn behoben. Auch von Fiume ist nach 6iägiger vollstän diger Absperrung vom Festlande versuchsweise ein Zug der Südbahn abgelasseu worden. Der Csiger- Fluß Hot Sillingyia und die Ortschaft Kuriaker in dem Arader Komitat überschwemmt; 60 Häuser und zahlreiche Nebengebäude sind eingestürzt. * * Budapest, 10. März. Die Wasser-Ver hältnisse haben sich überall verschlechtert. Ja Otelek und Groß Becskerek schneit es; eine Katastrophe wird für unv-rmerdlich gehalten. Pankota ist vollständig überschwemmt. Tag und Nacht wird von der Be völkerung und dem Militär an der Befestigung der Dämme gearbeitet, doch war alle Arbeit bis jetzt erfolglos. * * Oricnt. In Kairo hat jetzt die Beisetzung der Leiche des verstorbenen Khedtve Ismail stattge funden. — Der an Diphtherttis erkrankte Sohn des Kronprinzen von Rumänien hat die Krisis glücklich überstanden. — Im serbischen Lehrerseminar zu Nisch ist es zu arge« Krawallen gekommen. Eine staat liche Untersuchung ist eiageleitet. * * Warschau, 11. März. Heute hat sich hier eine schreckliche Katastrophe ereignet. In einem Wag gon dritter Klasse des nach Mlawa bestimmten Per sonenzuges der Weichselbahn, in welchem sich vierzig Reisende befanden, explodierte kurz vor Abgang de« Zuges ein Ballon mtt Aether, den ein Reisender mit sich führte und aus Unvorsichtigkeit mit dem Ofen in Berührung brachte. Die Panik war fürchterlich. Margarethe. Original-Roman von M. Widdern. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Ach, Grethchen, es ist ja schnell gekommen, sagte er, als er die liebe Schwester in seinen Armen hielt — „aber die Sterblichkeit ist hier furchtbar groß. Wenn uns nur die Mutter nicht auch noch genommen wird". „Davor behüte uns Gott!" Schon eine Viertelstunde später stand Margarethe am Krankenbett der Mutter, an welchem Schwester Lottchen waltete; sie teilte sich mit den übrigen in die Pflege, da sie alle drei ja auch die eigenen Wirt schaften zu versehen hatten. Aber die Rätin erkannte ihre Lieblingstochter nicht; in wilden Fieberphan tasten warf sie sich auf ihrem Lager umher . . . . Grethe war am Kopfende desselben niedergesunken, ihre bebenden Hände faßten die Rechte der teuren Mutter und nun perlte Thräne auf Thräne auf die abgezehrten glühend heißen Finger. Da legte sich Lottchens Arm zärtlich um den Nacken der Weinenden: „Grethchen, rege Dich nicht so auf — hier dürfen wir ja noch hoffen — und nun komm auch ins Nebenzimmer, der Kaffee steht für Dich bereit". „Zuerst führe mich zu dem Vater", flüsterte Mar- garethe da aber mitversagenderStimme und dannsetzte siehinzu: „Zu wannhabtJhrdasBcgräbniSbestimmt?" „Wenn es auch Dir so recht ist, zu übermorgen früh! ES war immer Papas Wunsch, am frühen Morgen beerdigt zu werden; er fand eS so schön, hiuausgetragen zu werden, wenn noch das rastlose Getriebe des Werktagslebens ruht. O, Grethe, und auch über das Begräbnis selbst, den Sarg usw. hat er seine Bestimmungen getroffen, und natürlich wer den die Wünsche bis in das Kleinste erfüllt". Und dann standen sie Hand in Hand neben der schon aufgebahrten Leiche nn besten Zimmer des Hauses. Rat Stenson war nie im Leben schön ge wesen, jetzt rm Tode hatte er doch etwas Edles, Tiefergreifendes. Ein schwarzer Talar verhüllte die hagere Gestalt; ein Sammelkäppchen ruhte auf dem noch immer vollen, wenig ergrauten Haar und um seinen Hals war ein Weißes Tuch geschlungen — dazu hatte man ihn schon jetzt, trotz des frühen Lenzes, förmlich unter Blumen begraben. Die Blumen waren ja seine Lieblinge gewesen, so lange er lebte — ja, noch im vergangenen Sommer hatte er sich's nicht nehmen lassen, sein Gärtchen vor dem Hause selbst zu pflegen — so mußten die lieblichen Kinder Floras ihm auch im Tode getreu bleiben, wenn es auch nur Treibhausblüten waren, mit denen man ihn jetzt überschüttete. Weinend hatte sich Margarethe über die Leiche des Vaters geworfen, ja, sie schluchzte laut auf — hier durfte sie es ja — hier galtnoch das Herz und das Gefühl und niemand verlangte von ihr, sie sollte ihrem Denken und Empfinden den dichten Mantel der Conventen; umhängen. Ach, und es that ihr förmlich wohl, sich einmal auswetnen, ausschluchzen zu können, und in den Schmerz um den Verlust des teuren Vaters, an den sie so viele liebliche Erinne rungen im Herzen trug, drängte sich auch noch anderes Leid — sie dachte an die Gefahr, in der die Mutter schwebte — und sie gedachte auch des Gatten daheim und als sie so weit gekommen, da krampfte sine wahnwitzige Angst ihr Herz zusammen, aber die Thränen versiegten plötzlich und cs war, als flüsterte ihr eine Stimme za: „Geh', arme, junge Frau, geh' zurück in das Haus, aus dem Du vor einer Nacht erst geschieden bist. Deine Gegenwart kann vieles verhindern!" Sie strich das Haar aus der Stirn und sich jäh aufrichtend, sah sie sich erschrocken im Gemach um, bis ihre Augen an dem lieblichen Gesicht ihrer Schwester hängen blieben. „Sagtest Du etwas, Lottchen?" frgte sie befangen. Aber die Angeredete schüttelte nur mit dem Kopf. „So wars ein Traum, den ich mit wachen Augen träumte", dachte Margarethe und deckte mit leichterHand einwetßesTuchüberdasGestchtdesToten. Wer kennt sie nicht, alle die herzbrechenden Vor bereitungen zu dem Letzteren, Schrecklichsten? Wer von uns hat nicht schon einen lieben Toten zu Grabe getragen und vorher mit mühsam verhaltenen Thränen die traurige Ceremonie vorbereitet? J»B. herrschte dazumal noch die widerwärtige Mode, die so viel Unnatur und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Schmerz der Hinterbliebenen in sich schließt, die Mode, mtt dem Begräbnis eine Art Gasterei zu verbinden, und jo mußte denn, noch während ihnen das Herz brechen wollte vor Schmerz, von den Töchtern des Hause» unter Lisettens Hilfe, die noch immer dieselbe Li sette war (ihr allein hatte die Zeit einen gewissen Stillstand beschieden), Kuchen gebacken werden in großen Massen, galt es doch auch, die Nachbarschaft damit zu beschenken, und alle möglichen sonstigen Vorbereitungen getroffen werden.