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rsßw volunta8 etwas anderes wäre, als deS Königs oder des Prinzregenten aus tiefster Seele geschöpfte Meinung von der 8alu8 populi! Doch lassen wir die Inschrift! Das Deutsche Reich wird ja darüber nicht entzwei gehen. — Damit brach der Kaiser die Un terhaltung ab." 8 Das Prügelweib, die Frau Oberförster Ger lach, weilt nunmehr seit länger als 7 Wochen im Weiberzuchthause zu Hassenberg, wer aber glaubt, daß in dieser Zeit ihr Trotz gebrochen sei, der irrt. Sie beteuert heute noch ihre Unschuld, zitiert fortwährend Stellen aus der Bibel und ge- berdet sich überaus fromm. Aus besonderen Grün- den soll sie vorläufig noch nicht mit den anderen Sträflingen zusammenkommen und wird deshalb noch in Einzelhaft gehalten, wobei sie, wie die „Henne berger Ztg." mitteilt, mit Tapisseriealbeiten für ein Leipziger Geschäft beschäftigt wird, die ihr aber nicht flott non der Hand gehen. Als sie zu Weihnachten von ihrer Tochter besucht wurde, waren die ersten Fragen nach ihrer Palme und dem neuen Blatte der Kaktee. Sie befindet sich übrigens körperlich wohl und ißt ihre Rationen mit gutem Appetit auf. Unbequem ist ihr das Aufsteher, früh s Uhr. 8 Ein geradezu unglaublicher Vorgang wird aus Schweidnitz berichtet. Vor einigen Tagen wurde von einem mit Kindern reich gesegneten Ehe paar in Halle a. S. die zwölfjährige Tochter nach Porschnitz (Mähren) per Bahn geschickt, um einem Begräbnis beizuwohnen, eventuell bei den dortigen Verwandten für immer zu bleiben. Doch die Ver wandten, selbst arm, konnten das Kind nicht be halten und ihm auch kein Reisegeld geben. So fiel das arme Mädchen der Porschaitzer Behörde zur Last. Diese verhandelte nun mit der Halleschen Be hörde wegen der Rückreise des Kmdes. Wie es scheint, wollten jedoch die Hallenser von der Sache nichts wissen; denn die Porschr.itzer machten kurzen Prozeß, und das arme zwölfjährige Kind wurde im Schnee, in Wind und Wetter zu Fuß per Schub an die preußische Grenze gebracht. Nun müßte mau meinen, die erste preußische Behörde hätte sich des Kindes angenommen und es per Bahn in seinen Wohnort befördert. Allein die preußischen Behörden folgten dem Beispiel der österreichischen. Und so sollte das Kind in dieser kalten Jahreszeit, ärmlich, notdürftig gekleidet, die weite Reise von Mähren nach Sachsen zu Fuß mach '«. Die Kleine wanderte von Ort zu Ort und kam auch nach Schweidnitz. Hier wurde sie von der Polizei angewiesen, in die Handwerker-Gesellen-Herberge zam blauen Himmel essen zu gehen. Zu seinem Glück geriet das arme Kins, das auf feiner langen Fußwanderung auch rn Ställen übernachten mußte, auf dem Wege nach der ihm angewiesenen Herberge in das evangelische Ver einshaus. Dort nahm man sich des Mädchens an und bestritt die Reisekosten bis nach Görlitz. Der Görlitzer Verein, an den das Kind empfohlen wurde, dürfte dem Beispiel des Schweidmtzer Vereins ge folgt sein und so die Kleins zu den Ihrigen gebracht haben. Zu verwundern ist aber, daß sich nicht eine Behörde gefunden Hai, welche das arme Kind direkt feinem Bestimmungsort zugeschickt hat. 8 Der Untergang der „Elbe" ist der größte Schiffsunfall, der unsere Handelsmarine seit langer Zeit betroffen hat, und erinnert in mehr als einem Punkte an den Untergang der „Cimbria" von der Hamburg-Amerikanischen Linie, der vor eiwa 13 Jahren noch mehr Menschenleben forderte. Auch dort war es ein kleiner englischer Dampfer, der „Sultan", der die große „Cimbria" von der Seite anrannte und selbst außer einer Bugbeschädigung keinen Nachteil davontrug. Die Größe der beiden Schiffe stand in gar keinem Verhältnis, und in beiden Margarethe. Original-Roman von M. Widder n. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Und doch", sie sah auf eine zweite Thür, „es konnte ebensogut jene als diese sein!!" Hier war wirklich guter Rat teuer. Grethe dachte schon daran, wieder hinunter zu gehen und die Pastorin doch um ihre Begleitung zu bitten — um sich gleich darauf wieder eines anderen zu besinnen; sich ein Herz fas send, legte sie nämlich von neuem die Hand auf den Drücker der Thür, vor welcher sie nun schon minuten lang, mit sich selbst beratend, gestanden und öffnete sie. Aber mit einem leisen „Ah" des Erstaunens prallte sie vor dem Bilde zurück, welches sich ihr hier bot, wie ergreifend schön es auch war. Sie hatte sich trotz alles Besinnens und Mit- sichzurategehens doch geirrt; das Stübchen, in das sie nun, nachdem der erste Schreck vorüber, mit so großen Augen sah, war nicht daS ihr von der Pastorin angewiesene Logis, es diente ganz anderen Zwecken. Unendlich stilvoll ansgestattet mit Mobilien, die mo dern und hochelegant, jedem Salon hätten zur Zierde gereichen können, konstlastierte es ebenso lebhaft mit den unteren Wohnräumen, als die „Erinnerungs- kammer". Ueber einem Baldachin von himmelblauem Sei denstoff stand inmitten des kleinen Raumes ein pracht volles, aus Ebenholz geschnitztes Kinderbettgestell. In seinen blütcnweißen Kissen geborgen ruhte ein reizender, wunder-lieblicher Kinderkopf. Die Wärterin der kleinen Käthe saß auf einem Fällen waren es die kleineren, diemitunwesentlichem Schaden davonkamen, während die größeren sanken. In beiden Fällen, schreibt die „Köln. Ztg.", wurde von den englischen Schiffen kein einziger Mann der Deutschen gerettet. Im Falle der „Cimbria" sagte der Kapitän des „Sultans" aus, daß er sich unmittel bar nach dem Freiwerden nur um sein Schiff habe kümmern können, das er für schwer beschädigt ge halten habe; dann aber habe er den gerammten Dampfer aus dem Auge verloren und ihn nicht wie der ausfinden können. Die Stelle, wo daS Unglück jetzt stattfand, ist immer von einer ganzen Menge von Schiffen befahren, sowohl von Dampfern als namentlich von Fischerfahrzeugen. Wenn daher, wie es den Anschein hat, nur ganz wenig Leute gerettet werden konnten, so ist das offenbar dem Umstande zuzuschreiben, daß bei dem herrschenden Sturme die Aussetzung von Booten mit den größten Schwierig keiten verbunden war. Daß der kleinere Dampfer fast unbeschädigt wegkom, während der weitaus größere sank, scheint auf den ersten BOck zu befrem den, wird aber ganz verständlich, wenn man bedenkt, daß es beim Rammen vor allem auf den Winkel ankommt, unter dem das eine Schiff vom anderen getroffen wird. Die „Crathie" hat die „Elbe" von der Seite gerammt, es wirkte also das gesamte Be wegungsgewicht des kleineren Dampfers auf einige wenige Sch>ffsp!anken des anderen, die naiürlich ohne weiteres durchgestoßen wurden. Die Boote an sich sind durchaus seetüchtig, aber die Schwierigkeit be ruht darin, sie in See zu bringen. Wir glauben, schreibt die „Köln. Ztg.", daß auch die „Elbe" nach dem Schottrnsystem gebaut war. Dieses System soll theoreiiich in allen Fällen das Sinken eines in nur einer Abteilung gerammten Schiffes verhüten, aber in Wirklichkeit hat sich das nicht immer bewährt, wie z. B. bei dem Untergange des „Großen Kur fürsten". Vielleicht ist die „Elbe" zwischen zwei Scholten getroffen worden, so daß das Wasser gleich in zwei Abteilungen entströmen kannte, wodurch sich das rasche Sinken erklären wird. Es ist allerdings noch nicht mit aller Sicherheit feftgestellt, ob wasser dichte Verschlüge vorhanden waren und ob sie ge schlossen waren. Wir sehen also von diesem Einzel falls noch ab Grundsätzlich aber kann man ver langen, baß die Verschlage im Kanal und in seiner Umgebung geschlossen sein müssen, weil hier die Ge fahr eines Zusammenstoßes viel bedeutender ist, als im offenen Weltmeer, wo die Linien für die Hin- und Rückfahrt durch verschiedene Striche ziehen. Ferner ist dir Forderung berechtigt, daß, wie jeder Bau baupolizeilich genau geprüft wird, so auch der Bau von Paffagierschiffen daraufhin untersucht wird, ob die Sicherheit der Fahrgäste in genügender Weise berücksichtigt ist. Kein Schiff sollte die Erlaubnis erhalten dürfen, in deutschen Häfen Passagiere an Bord zu nehmen, dessen Bau nicht zuvor schWpoli- zeilich geprüft und als zuverlässig erachtet wor den ist. — Sonst liegen noch folgende M ldungen neueren Datums vor: Der gerettete Fahrgast John Verera, der in Deutschland seine kranke Schwester besucht hatte und sich mit seiner Nichte auf der Rück reise nach den Vereinigten Staaten befand, lag im Kaffsezimmer deS Dampfers, halb schlafend, halb wachend, als sich das Unglück ereignete. Er hatte sich aus das Deck begeben, als das «schiff in allen Fugen erzitterte. Auf Deck ging alles kopfüber, kopfunter. „Ich fragte einen Postbeamten", erzählt Herr Verera, „was los sei. Er erwiderte ganz ge lassen: „Nichts". Ich sah aber bald, daß sich doch ein ernstes Unglück ereignet habe. Ich eilte deshalb hinab, um nach meiner Nichte zu sehen, konnte aber nicht nach deren Kajüte gelangen, weil das zersplit terte Holzwerk mir den Zugang versperrte. Dann niederen Stühlchen vor dem Veit, aber sie war ein geschlafen und ihr Kopf lag schwer auf dem Bett rand — und so fest war ihr Schlaf, daß sie auch nicht erwachte, als die Kleine, plötzlich die süßen Augen halb öffnend, mit dem lieblichen Stimmchsn flüsterte: „Zu trinken! — Minna, Kind hat Durst". Ohne sich einen Moment zu besinnen, aber auch ohne die von der eigenen Hand weit geöffnete Thür hinter sich zu schließen, trat Grethe nun rasch über die Schwelle, setzte den Leuchter mit dem Licht auf ein rundes Marwortischchen, und sich dann orien tierend, es genügte nur ein Blick dazu, nahm sie ein Glas mit bereitstehendem Wasser. „So, Herzchen, da trinke", sagte sie liebevoll, an die andere Seite des Beitchens tretend. Vor der fremden Stimme öffneten sich die Augen des Kindes weit, dann aber glitt ein entzückendes Lächeln um den kleinen Mund. „Schöne Tante", sagte sie, und nachdem sie sich gelabt und Grethe ihr das Glas wieder aus den weißen, vollen Händen genommen, schlang sie plötzlich ihre Aermchen um den Hals des jungen Mädchens und das süße Gesichtchen an Grethe« Wangen legend, flüsterte sie, schon halb wieder im Einschlafen begriffen: „Käthe ist doch artig — nicht, Tante? Sage Papa — Küthe ist artig und er soll Käthe eine neue Puppe schenken — eine große, große Puppe, nicht? und kleine Käthe —lieb — haben!" Das reizende Köpfchen lag wieder in den Kissen — die langen, seidenen Wimpern hatten sich ge schlossen, sie beschatteten die feine Wange und leise ruhige Atemzüge hoben und senkten die kleine Brust. Entzückt blickte Grethe auf bas holde junge Be ging ich in meine eigene Kajüte, zog einen Regen mantel an und band mir ein paar RettungSgürtel vm. Als ich wieder auf Deck kam, sah ich, daß daS Schiff in schnellem Sinken war. Ich wollte zuerst tn eines der Rettungsboote springen. Man bedeutete mir aber, daß erst die Frauen und Kinder kämen. Es blieb mir also nichts übrig, als eine Zeit lang zuzuschauen. Mittlerweile wurden die Leute um uns herum halb wahnsinnig. Sie suchten mir meine Rettungsgürtel vom Leibe zu reißen; ich wehrte mich aber. Als ich sah, daß ich verloren wäre, wenn ich nicht in die Boote gelangte, sprang ich vom Schiffe aus in eins hinein. Einer der Insassen wollte mich hinauswerfen; ich packte ihn fest an und dachte: „Wenn ich untergehen soll, so sollst Du auch mit". Der Mann schien das schließlich zu verstehen. Wir sahen, wie die „Elbe" unterging. Der Hauptheizer der „Elbe", Fürst, sagt, daß unmittelbar nach dem Zusammenstoß das Wasser mit rasender Geschwindig keit in das ungeheure, an der Seite des Schiffes gerissene Loch gestürzt sei. Die Feuer gingen im Nu aus. Jeder, der sich unten im Maschinenraum befand, erkannte sofort, daß das Schiff untergehen mußte. Der gerettete dritte Ingenieur Stollberg ist der Meinung, daß die Ursachen der Kollision wohl niemals mit Sicherheit festgestellt werden würden, da alle Deckwachen ertrunken seien. Auch Stollberg giebt an, daß sich der Kapitän zur Zeit des Unglücks auf der Kommandobrücke befand. Er habe ge hört, wie der Kapitän den Befehl gab, die Frauen und Kinder zuerst in die Boote zu lasten. Die Nichte des geretteten Herrn V-rera befindet sich gleichfalls unter den Vermißten. Das Mädchen war 19 Jahre alt und wollte sich in Amerika Stellung suchen. Herr Verera sah, als die „Elbs" sank, eine Frau unter Wasser tauchen, um deren Hals ein Kind feinen Arm geschlungen hatte. Der gerettete Herr Kari A. Hoff mann ist ganz entrüstet über jenen Offizier, auf dessen Befehl sich seine Frau und sein Kind, nachdem beide bereits im Rettungsboote saßen, von ihm trennen mußten, um dann vor seinen Bugen zu Grunde zu gehen. Die Lage der Ueberlebenden war nicht be neidenswert; sie lagen in dem kleinen Boote, über das die See beständig schlug, unter ihnen die einzige gerettite Dame, Fräulein Anna Böcker aus Sout hampton. Sie war angeblich aus Deutschland vom Todesbette ihrer Eltern gekommen. Sie bewies die größte Charakterstärke; fünf Stunden lag ihr halber Körper unter Wasser, und doch beklagte sie sich nicht, bat im Gegenteil die Uebrigen, nur an sich selbst zu denken. — Auf dem deutschen Generalkonsulat in London wurden die Aussagen der gereiteten Seeleute der „Elbe" zu Protokoll genommen. Die englische und deutsche Regierung werden gemeinsam entscheiden, in welchem Lands die Untersuchung strüfinden soll. Die Hoffnung auf Rettung weiterer Schiffbrüchiger ist gänzlich aufgegeben. — Der Dampfer „Crathie" ist vom Norddeutschen Lloyd in Rotterdam mit Be schlag belegt worben. Das Schiff hat nur einen Werr von 8000 Lstrl. und gehört eimm Syndikate von 30 Geschäftsleuten in Alberdeen. ** Antwerpen, 3. Febr. Prozeß Joniaux. Der Verteidiger Graux beantragte die Freisprechung. Der Staatsanwalt verlas bei seiner kurzen Entgeg nung eine von Herrn Joniaux 14 Tage nach dem Tode Faber's geschriebene Visitenkarte, welche die Worte enthielt: „Alle Ihre Wünsche gehen in Er füllung." (Bewegung.) Der Staatsanwalt schloß: „Es frägt sich, wer das nächste Opfer der Angeklagten fein wird, falls sie sreigesprochen werden sollte. Nach einstündiger Beratung beantworteten die Geschworenen sämtliche Schuldfragen mit Ja. Der Gerichtshof verurteilte infolgedessen Frau Joniaux zum Tode. Auf der Ätraße fanden lärmende Kundgebungen statt. schöpf und so rührte sie der liebliche Anblick, daß sie sich auf die Knie niederließ und ihren eigenen holden jugendlichen Kopf neben den des Kindes legte, ahnungslos, wie sehr sie dadurch noch das Bild ver schönte, daß das schlummernde Kind allein schon ge boten. Dabei hatte sie vollständig überhört, baß eine nahe Thür geöffnet und wieder geschlossen worden, wie nun Schritte den Korridor hinaufkamen — leise Schritte, als wenn der, der da ging, nicht gehört werden wollte oder die Hausbewohner nicht stören mochte. Plötzlich hemmten sich jedoch diese Schritte — dicht vor dem weitgeöffneten Eingang der Kinder stube. Ein gewisses unbehagliches Gefühl (ein jeder von uns kennt eS wohl, es überkommt uns, wenn wir beobachtet werden, ohne daß wir die beobachtenden Augen sehen) bemächtigte sich Margarethens — und jäh den dunklen Kopf hebend, schauten die klaren Älauaugen nach der Thür. Ein leiser Schrei ent fuhr ihren Lippen, sie erhob sich erschrocken von den Knieen, und eine Hmd auf den Beltpfosten gestützt, die andere wie abwehrend, bald aber auch wieder, als gelte es, nm Verzeihung zu bitten, erhoben, stand sie dem Doktor gegenüber. Sekunden vergingen — sie hatte in grenzenloser Verlegenheit wieder den Blick gesenkt. . . . „Wenn er nur ein Wort sprechen wollte!" dachte sie dabei, aber noch immer waren die Lippen Johannes Her ders geschlossen und auch sein Fuß wie gebannt auf der Schwelle. (Fortsetzung folgt.)