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— (Von dem verstorbenen Wirkt. Geh. Rat Dr. Hintzpeter) wurde neulich mitgeteilt, daß er die Tage- bischer über seine Tätigkeit als Erzieher Kaiser Wil helms II. verbrannt habe. Diese Meldung können »vir noch weiter ergänzen: Nicht nur die Tagebücher, sondern eine ganze Reihe vertraulicher Briefe, die Hintzpeter aus dem Kreise der fürstlichen Familie im Laufe der Jahre erhalten hat, sind von dem Ver storbenen der Vernichtung preisgegeben worden. Der Verewigte faßte seine Stellung als vertrauter Freund des Kaisers so streng auf, daß er auf keinen Fall die ihm von dem Monarchen selbst und dessen Eltern ge schriebenen, nicht für die Oeffentlichkeit bestimmten Briefe jedem fremden Auge auch für die Zukunft ent ziehen wollte. — (Zur Krisis im Flottenvcrein.) Wie die „Inf." aus beteiligten Kreisen erfahren haben will, sollen die jetzigen intermistischen Leiter des Flottenvereins, die «Geh. Räte Ravene und Bußley entschlossen sein, eine eventuell auf sie fallende Wahl als Präsidenten auf der im Juni in Danzig stattfindenden Hauptversamm lung des Flottenvereins nicht annehmen. Das er scheint uns nach der Stelllungnahme, zu der sich nun einmal der Gesamtvorstand entschlossen hatte, sogar selbstverständlich. Aus Nah und Fern. Lichtenstein, 27. Januar 1908. * — Kaisers Geburtstag wurde auch in diesem Jahre in unserer Stadt würdig begangen. Reveille von der Stadtkapclle unter Begleitung der Gewehr sektionen der militärischen Vereine leitete den Fest tag ein, vormittags wurde 'in den Schulen in ent sprechender Weise des Tages gedacht. Im Mittel punkte der Feier stand das Festmahl im „Goldnen Helm". Abends hielt der Militärverein Fest-Komers, Helm". Abends hielt der Militärverein Fest-Kommers, der Kavallerieverein eine Festversammlung ab, wäh rend der Militärverein Callnberg den Tag durch Konzert, Theater und Ball beging. Die öffentlichen und viele Privatgebäude hatten Flaggenschmuck an gelegt. * — Bezirksausschutz-Sitzung. Die l. dies jährige Bezirksausschußsitzung findet Mittwoch, den 5. Februar d. I., vormittags 11 Uhr im Sitzungssaale der Königlichen Amtshauptmanstschaft, Königstratze L, Glauchau, statt. * — Abschiebsfcier. Ein Hauch der Wehmut lag über der Versammlung gebreitet, die gestern abend den Saal des „Goldnen Adler" in Callnberg bis auf den letzten Platz füllte zu Ehren des scheidenden Herrn Pfarrers Hoffmann und seiner Gemahlin. Alle die zahlreichen Personen waren auf Einladung des Kirchenvorstandes erschienen, weil es ihnen Herzens bedürfnis war, ihrem scheidenden Seelsorger noch einmal ins treue Auge zu blicken und ihn mit seg nenden Wünschen zu geleiten. Durch alle die vielen schönen Reden, die herrlichen Lieder des Männerge sangvereins, der Chorschüler und Konfirmanden, die prächtigen Einzeldarbietungen des Herrn Lehrer Kretschmann und die gemeinsamen Gesänge klang es von Wandern und Scheiden, von Auseinandergehen und Wiedersehen, von umfassender Liebe und treuem Gedenken. Es wurde an diesem Abend so recht augen fällig: „Wer Liebe säet, wird Liebe ernten." Diesem- Teuer erkauft. Roman von Ida von Conring. 23 ' (Nachdruck verboten.) Der alte Möller lag still mit gefalteten Händen da. Brave, treue Hände waren es, denen man die ehr liche Arbeit ansah, die sie lebenslang geleistet hatten. Frühlingsblumen ans den bescheidenen Kissen, das Eiserne Kreuz auf der Brust — das war alles. Aber ein friedliches Ausruhen sprach aus den ernsten Zü gen, der Abschluß eiues tüchtigen Lebens, das ohne Makel und Unrecht dahingegangen war. Meta lag auf den Knieeu an seinem Bett und rang unter kranipf- haftem Weinen die Hände zu ihm empor. Sie glich in diesem Mangel an Selbstbeherrschung so viel ihrer Mutter, daß Richard sich ernüchtert nbwandte. Klara, die in ihrer kühlen Ruhe leicht etwas Schroffes haben konnte, zog Meta endlich empor: „Du hättest Vater im Leben mehr Liebe zeigen sollen, daun brauchtest Du jetzt nicht zu jammern. Tein Kummer sieht nach keinem guten Gewissen aus". — Und als Meta im Nebenzimmer saß, das Taschen tuch an die verweinten Augen gepreßt, fuhr Klara fort; „Wann hast Du Mutters zweiten Breis be kommen? Wir telephonierten nach Eurem Hause, und als keine Antwort kam, nach dem Kontor. Als wir dann schickten, sagte der Bote, daß er den Brief Deinem Mädchen gegeben hätte. Wärest Du gleich gekommen, würdest Du Vater noch am Leben getroffen haben". — „Ich war nicht zu Hause", sagte Meta stockend, ihre Worte wurden von heftigem Schluchzen unterbrochen. „Ich war schon fort. Berta hat mir den Bries erst gegeben, als ich zurückkam. Sonst Wär« ich sofort gekommen, Klara, das mußt Du doch einsehen". — „Es geht mich ja nichts an, Meta!" war die kühle Antwort. „Du mußt doch am besten wissen, ob Du recht getan hast". 9 Mchord hatte im Stille« gehofft, daß sich seine Gedanken gab zunächst Herr Schuldirekter Schmidt Ausdruck, der namens des Kirchenvorstandes zu Calln berg die Erschienenen begrüßte. Er freue sich um so mehr, den Saal bis auf den letzten Platz gefüllt zu sehen, als man in letzter Stunde noch versucht habe, Derrn Pfarrer Hoffmann bittere Stunden zu berei ten durch einen Schmähartikel in der „Volksstimme". Der Schreiber könne nicht im Sylvestergottesdienst gewesen sein und mit eigenen Ohren die Predigt des Herrn Pfarrer Hoffmann gehört haben, sonst hätte er Wohl den Artikel überhaupt nicht oder wenigstens' nicht so geschrieben. Herr Pfarrer Hoffmann habe immer ein warmes Herz für die Arbeiter gehabt und dies nicht nur mit Worten, sondern auch durch die Tat gezeigt. Herr Stadtrat Berger widmete dann dem scheidenden Seelsorger Worte warmer An erkennung für seine 12jährige segensreiche Tätigkeit in der Kirchgemeinde Callnberg und überreichte ihm zuni bleibenden Andenken im Namen des Kirchenvor- standes eine schöne Wanduhr, die ihm in seinem neuen Wirkungskreise immer angenehme nnd frohe Stun den schlagen möge. Herr Schuldirektor Schmidt feierte hierauf Herrn Pfarrer Hoffmann als rechten Lehrer und Schulfreund und guten Familienvater. Frl. Oberlehrer Fietz gedachte in von Herzen kommen den und zu Herzen gehenden Worten der verdienst vollen Tätigkeit des Herrn Pfarrers im Dienste des Frauenvereins, bat ihn, die Ehrenmitgliedschaft des selben anzunehmen, und übermittelte ihm als Gabe ein Etuis mit silbernen Löffeln. Namens des Ev. Arbeitervereins sprachen Herr Diakonus v. Kien- busch (in poetischer Form) und Herr A ß m u s, letz terer übergab zum Gedenken ein Schreibzeug. Herr Stadtv. Schumann vermißte den berufenen Ver treter der Politischen Gemeinde, Herrn Bürgermeister Prahtel (allgemeines Bravo der Versammlung) und gab nun seinerseits Herrn Pfarrer Hoffmann innige Abschieds- und Segensworte mit auf den Weg. Herr Pfarrer Hoffmann dankte für soviele Beweise der Liebe und Treue in längerer tiefempfundener Rede, in der er sich an den Evang. Arbeiterverein, die politische Gemeinde, den Kirchenvorstand, die Schul gemeinde, den Frauenverein etc. im besonderen wandte und zum Schlüsse Gottes reicheu Segen für die Gemeinde erflehte und ihr wärmsten Dank für alle ihm bewiesene Liebe aussprach. Herr Oberpfarrer Seidel feierte den Scheidenden als rechten Amts bruder, dem auch in seinem neuen Wirkungskreise der Segen Gottes nicht fehlen werde. Von Interesse sind noch folgende Ausführungen des Redners: „Es feh len heute abend viele, von denen man meinen sollte, daß sie da sein müßten. Herr Pfarrer Hoffmann hat schon angedeutet, daß es in einer Gemeinde manch mal Differenzen gebe, über die man meist nicht so leicht hinwegkommt. Wir Auswärtigen können das auch beobachten und wir können nur wünschen, daß Callnberg eine neue Glocke bekommt wie sie Schiller wünscht „Friede sei ihr erst Geläute", Friede der po litischen Gemeinde Callnberg: eine Glocke, die auch hinüberklingt nach Lichtenstein. Die beiden Gemein den sollten eigentlich eine Stadt werden von Anfang an, aber es war ein Wässerchen dazwischen, ganz schmal zwar, trotzdem war es wie bei den beiden Königskindern, ,sie konnten zusammen nicht kommen, das Wasser war viel zu tief." Ich hoffe aber, daß der Zusammenschluß einmal sich verwirklicht zum Heil der beiden Städte." Nachdem Herr Pfarrer häuslichen Verhältnisse durch den Todesfall freund licher gestalten würden — doch ging ihm Meta mit ! dem Trotz ihres bösen Gewissens aus dem Wege. ! Sie fürchtete augenscheinlich, er könne auf den un glücklichen Brief zurückkommen und ihr Vorwürfe machen. Aber davon war er weit entfernt. Wie er sich nach Ruhe sehnte, wie ängstlich er seit langer Zeit alles vermied, was geeignet sein konnte, eine Szene heraufzubeschwören, ahnte sie nicht. Auch die Schonung, deren seine erschöpfte Kasse so dringend bedurfte, blieb aus. Allerdings war es mit dem Gesellschaftstrubel für Meta vorbei, doch schaffte sie sich fürstliche Trauertoiletten an und ließ ihr Boudoir, ohne ein Wort Richard davon zu sagen, neu deko rieren. Die Möbel verschrieb Meiner für sie aus London — echter Chiggendale — und Richard mußte die sündhaft teueren Preise bezahlen. Und er beugte sich schon ohne das unter Sorgen, die ihm den Schlaf, dessen er sich noch erfreut hatte, fast gänzlich ver jagten. Die Rückkehr seiner Eltern warf Richard neue Lasten ans die Schultern. Beständig rang er mit der nervösen Angst, daß der Konsul Einsicht in die Bücher und die Geschäftslage begehren könne, so daß er dem lang entbehrten geliebten Manne kaum unter die Augen zu treten wagte. Richard hatte wie ein Totter spekuliert. Zuerst, um mit dem Gewinne die riesigen Ausgaben seines Pariser Aufenthalts, von welchen der Konsul nur die Hälfte erfahren hatte, zu decken, daun aber, um Metas sich beständig höher steigernde Ansprüche zu befriedigen. Richard machte es wie der Spieler am Roulette, der mit immer neuen Kombinationen, immer erhöhten Einsätzen die lauschi ge Glücksgöttin zum Glück zwingen will — aber nur dadurch erreicht, daß sie ihm hartnäckiger den Rücken kehrt. Natürlich sprach man in Hamburg längst über die große Firma, deren wohlbekannter solider Kus unter de« tvMühne« Mlefttkätiond« W» jungen Hoffmann noch Worte des Dankes zu seinen beiden Amtsbrüdern gesprochen und sein Verhältnis zu Fra« Musik« beleuchtet hatte, schlug die Abschiedsstunde. Noch ein Händedruck, ein Segenstboht . Aber alle, die an dem Abend teilgenommen, werden noch lange der schönen Feier gedenken, die so recht von Herz z» Herzen redete. *— Jugendliche Verbrecher. Wie notwendig die Fürsorge für unsere Jugend ist, zeigt die soeben veröffentlichte Statistik über das stetig wachsende Ver brechertum unter der Jugend. Im Jahre 1906 sind wegen Verbrechen und Vergehen gegen die Reichsge- setze 55 211 Personen unter 18 Jahren verurteilt worden gegen 51000 im Jähre 1905 und 49 000 im Jahre 1904. Die jugendlichen Verbrecher haben sich also dreimal so stark vermehrt als die Gesamtzahl der Verbrecher. *— Die Bahnhofswirtschaft zu Borna b. Leipzig soll vom 1. April 1908 ab anderweit aus 6 Jahre verpachtet werden. Die allgemeinen Bedin gungen liegen auf den sächsischen Bahnhöfen aus. Pachtangebote sind bis zum 8. Februar 1908 an die Königliche Generaldirektion der Sächsischen Staats eisenbahnen zu Dresden einzusenden. x. Mülsen St. Micheln. (Der patriotische Verein des Mülsengrundes), der ca. 300 Mitglieder zählt, beging gestern nachmittag Kaisers Geburts tag in Seydels 'Gasthof zu Niedermülsen, dessen Saal bis auf den letzten Platz gefüllt war. Der Vorsitzende, Herr Fabrikdirektor Knüpfer begrüßte die Erschie nenen und Herr Gutsbesitzer Gebhard-Niedermülsen brachte das Königshoch aus. Herr Pfarrer Auers wald-Thurm hielt die Festrede über die deutsche Flotte und schloß mit einem begeistert aufgenommenen Hoch aus Kaiser und Reich. Die schöne Feier war um rahmt von entsprechenden Gesängen des Gesangver eins „Jubilar"-Thurm und solistischen Darbietun gen der 'Herren Lehrer Kühn und Kantor Müller- Thurm. Chemnitz. (Verhaftet.) Hier ist der Verfasser der bekannten Broschüre über die Zustände in der hiesigen Ortskrankenkasse, Amandus Schubert nebst seinem Bruder Amond Schubert, sowie ein aus dem Prozesse des Schubert bekannter Zeuge namens Paul Rabe wegen Verdachts der Erpressung auf Antrag der Königlichen Staatsanwaltschaft verhaftet tvorden. Die Erpressungssumme beläuft sich angeblich auf 1200 Mk. Dresden. (Verhaftet.) Frau Amtsrichter Anna Dyckhof, die Besitzerin eines Damenpensionats, wurde wegen umfangreicher Betrügereien in 70 Fäl len verhaftet. — (Ein Wechselprozeß) wird sich dem nächst vor dem hiesigen Landgericht gegen den kauf- männischen Agenten Ernst Hermann Roßberg ab spielen. Der in die Angelegenheit mit verwickelte Assessor a. D. Mattha ist ans der Haft entlassen wor den. Die Beschuldigungen der Beihilfe haben sich als unzureichend erwiesen; das Verfahren gegen ihn ist daher eingestellt worden. — (Erben gesucht.) Eine hier vor zwei Jahren verstorbene Handarbeitslehrerin Antonie Märta Eva Köhler hat ca, 70 000 Mk. hin terlassen. Noch heute ist es nicht gelungen, diejenigen ausfindig zu machen, denen ein Erbrecht ain obigen Nachlaß zusteht. Chefs stark zu leiden begann. Aber wie das zu gehen pflegt, es fand sich doch niemand, der es unternom men Hütte, den Konsul zu warnen. Und so spitzten sich die Verhältnisse von Tag zu Tag mehr zu. Es würde ja auch uiemals mit Richard so weit gekommen sein, weder in seiner frevelhaften Schwäche gegen Meta, noch in der Art seiner Geschäftsfüh rung, wenn ihn die fortwährenden Kopfschmerzen nicht so heruntergebracht und ihm alle Energie ge raubt hätten. Nachdem der Hausarzt vergeblich da ran herumkuriert, entschloß sich Richard endlich, einen Spezialisten von Weltruf 'zu konsultieren. Dieser nahm eine kleine Operation vor, die dem Pa tienten sofort Erleichterung verschaffte, und äußerte, daß das Leiden ,keineswegs ein bedenkliches sei. Seiner Meinung nach würden die stechenden Schmer zen, die ausschließlich nervös seien, in dem harmo nischen Heim, daß er in der jungen Ehe ohne weiteres voraussetzen müsse, von selbst verschwinden. „Sie sollten mit der Frau Gemahlin zwei Monate auß Reisen gehen — keine Geschäfte mehr, Luftverände rung, und Sie sind gehellt", schloß der Professo« seine Auseinandersetzung. Richard verbeugte sich, zahlte sein Honorar und mußte bitter auflachen, als er die Haustür hinter sich schloß. Fortgehen! Jetzt! Wahrhaftig, der richtige Mo ment dazu! Das unentwirrbare Chaos seiner Ver hältnisse zu ordnen, fehlte ihm selber die Kraft, wm viel mehr müßte es einem Dritten unerlöslich er scheinen. Und auch ohne das hätte er sich unter den obwaltenden Umständen keine schlimmere Pein Vör stetten können, aW mit Meta M reisen, denn sein« Sehnsucht nach Ruhe und Alleinsein steigerte sich mit jedem Mge Er war sich völlig klar darüber, daß nichts übrig blieb, KO di« Kette, an welche Dr die eigene Torheit geschmiedet hatte, geduldig west«: zu MtM«, vis irgend Äwäs, ein unvsiKsUjM WM»?