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Lichtenstein-Calluberg tvird in Heft 70-71 der „Sachsen-Post", illustrierte Wochenschrift zur Pslege von Heimatsinn und Vater landsliebe für Sachsen daheim und in der Ferne, in einem reich mit Abbildungen ausgestatteten Artikel behandelt. Es ist ein lobenswertes Beginnen des rührigen Verlags, daß er in dieser Wochenschrift die verschiedensten Gegenden des Sachsenlandes in Wort und Bild namentlich den vielen fern der Heimat weilenden Sachsen in Erinnerung bringt, und wer An gehörige draußen in der Fremde hat und diesen eine Freude bereiten will, sollte ihnen die betreffenden dkummern 70-71 (Preis Stück 15 Pfennige) züsenden. Aber auch uns zu Hause interessiert dieses echt heimat liche Unternehmen, das die Sachsen in aller Welt miteinander verbindet, über das Wirken unserer Landsleute in fernen Landen unterrichtet und man cherlei in den verschiedenen sächsischen Dialekten, wie auch sonstige gute Lektüre zur Unterhaltung und Be lehrung in Beiträgen bringt, die sich ausschließlich auf Sachsen beziehen. Wo Liebe zu unserem engeren Heimatlande wohnt, da sollte auch die „Sachsen-Post" nicht fehlen. (Verlag Dresden-A., Güterbahnhof straße 12; Abonnements-Preis Mark 1.50 pro Vier teljahr, 13 Hefte; für das Ausland Mark 2). Wir glauben im Interesse unserer geschätzten Leser zu handeln, wenn wir diese hochinteressante Abhand lung zum Albdruck bringen. Mag auch verschiede nes aus derselben zum Teil bekannt sein, so wird das Heimatsgefühl doch immer von neuem geweckt bei der Lektüre von Erlebtem aus der Kinderzeit, beim Wiederinsichaufnehmen alles dessen, was einst un sere Vorfahren erlebt, erkämpft und geschaffen haben. Wir geben nun dem Verfasser selbst das Wort: Ein wenig abseits der Bahnstrecke Chemnitz—Rei chenbach, zur Liuken gelegen, erreicht man die beiden Städte Lichtenstein—Callnberg über einen hohen Via dukt jn nur 10 Minuten Bahnfahrt auf der seit 1878 bestehenden, nach Oelsnitz—Stollberg führen den Linie von der Station St. Egidien aus (zwischen Hohenstein-Ernstthal und Glauchau). Ter Bahnhof für die Schwesterstädtc bietet einen anmutigen Blick auf dieselben, welche sich an die sie ringsumgebenden schützenden Höhen schmiegen. Histo risch genau genommen ist Lichtenstein die Mutter-, Callnberg die Tochterstadt. Ersteres wird urkund lich das erste Mal im Jahre 1212 als böhmisches Lehen der Herren von Schönburg genannt. Zwei fellos ist es aber eine der ältesten Städte des Erz gebirges und jetzt etwa 1000 Jahre alt, denn das über der Stadt thronende imposante Schloß ist um das Jahr 900 als deutsche Burgwarte auf einer Wald lichtung an der alten Sorbeustraße zwischen Chemnitz und Zwickau inmitten der slavischen Siedelungeu Chemnitz, Oelsnitz, Lungwitz, Glauchau, Zwickau er baut worden. Es gehört von Anfang an dem Hause Schönburg, und zwar seit 1790 der fürstlichen Linie desselben. 1357 wurde es von Friedrich von Meißen belagert und teilweise zerstört. Nachdem cs wieder aufgebaut war, wurde cs im 30jährigen Kriege ge plündert und eingeäschert, tim bald darauf in der jetzigen Gestalt errichtet zu werden. Aus jener Zeit stammen wohl auch die zahlreichen unterirdischen Gänge, welche sich unter der Stadt befinden. Letz tere entwickelte sich unter dem Schutze der Burg und des Erzbistums Naumburg nach und nach unter der Bezeichnung „zum lichten Stein"; ihre Lage an der Heerstraße brachte ihr oft Kriegsbedrängnisse, und Es ging wie ein tränenloses Aufschluchzen, durch Ul las Gestalt, dann folgte sie, blaß wie eine Tote, aber in völlig bel-errschter Ruhe, dem Voranschreitenden. — „Tüchtige Frau," sagte der Professor, ihr wohl gefällig nachblickend. „Es ist heutzutage eine Sel tenheit, wenn Damen keine Nerven haben. Gewöhn lich fallen sie im unpassendsten Augenblick in Ohn macht oder Weinkrämpfe. Ich werde gegen Mittag noch einmal zurückkommen, Herr Pfeifer, obwohl es leider keinen Zweck hat, als nur zu Ihrer Beruhi gung zu dienen. Guten Morgen." Tas Schlafzimmer war verdunkelt. Man hatte dort ein Fenster geöffnet und die Vorhänge zusammen- gesteckt. Nun kam der warme Wind in leichten Stößen herein und blähte die grünseidenen Falten wie Segel empor. Es war so still in dem weiten Raum, daß man das gleichmäßige Ticken der schönen alten Uhr, die drüben auf dem Kaminsims stand, deutlich hören konnte, — so still, daß Ulla einen angstvollen, fragen den Blick auf den jungen Arzt warf, der plötzlich neben ihr stand. Dieser schüttelte den stummen Kopf, als beantwortete er die stumme Frage. „Herr Fowler hat Morphium bekommen", flüsterte - er. „Deshalb liegt er so ruhig da. Ich glaube indessen nicht, daß die Wirkung des Mittels noch lange anhalten wird. Sie können näher treten, ohne den Kranken zu stören." Ulla ging mit vorsichtigen Schritten durch das Zimmer und nahm den großen Armstuhl, der zu Füßen des Bettes stand. Akuu, wo ihre Augen sich an das Halbdunkel zu gewöhnen begannen, konnte sie Johns Gesicht ganz deutlich sehen. Es hatte eine gelbliche Farbe, ganz blutlos, die Schläfen waren ein gesunken, um die schmerzlich herabgezogenen Mund winkel lag eine scharfe Linie, wie von herbem Schmerz gegraben. Die Adern am Halse pochten — es war etwas unruhig Flatterndes in ihrem Pulsschlage. auch von Seuchen blieb sie nicht verschont. Ausge dehnte Brände suchten die Stadt ebenfalls heim, denen zum Beispiel 1519 33, 1632 35, 1639 36, 1771 79 Häuser und die Kirche, 1869 32 Häuser zum Opfer fielen. Heute zählt das 316 Meter über dem Meeres spiegel idyllisch belegene und deshalb auch als Som merfrische benutzte Städtchen zirka 7500 Einwohner, welche sich meist mit Weberei und Wirkerei beschäf tigen, während auch zahlreiche Bergarbeiter aus dem benachbarten Kohlenindustriebezirk hier ihr Heim ha ben. — Die hauptsächlichsten Erzeugnisse Lichtensteins sind Chenillewaren, Tücher und Decken aller Art in Waffel- und Jacguardarbeit, ferner Trikotagen und Strumpfwaren. Lichtenstein ist Sitz eines Amtsge richts und eines Untersteueramtes; als Krankenhaus dient das vom Fürsten Otto Viktor gestiftete Julien- Hospital. An Bildungsstätten bestehen neben der ein fachen und mittleren Bürgerschule eine Fortbildungs schule mit gewerblichem Zeichenunterricht, sowie eine Web- und Wirkschule; ferner ist eine gnte Bolks- bibliothek vorhanden. Die Stadt besitzt Hochdruck- Wasserleitung sowie eine Gasanstalt; elektrischen Strom erhält sie aus dem Erzgebirgischen Elektri zitätswerk in Oelsnitz. Sie macht einen sauberen Ein druck, Straßen wie Fußwege sind wohlgepflegt. (Fortsetzung folgt Letzte Telegramme. Freiherr von Stengel. Berlin, 6. Febr. Der Reichsschatzsekretär Frei herr von Stengel hat der „Germania" zufolge am Dienstag sein Abschiedsgesuch eingereicht und zugleich gebeten, schon von jetzt ab von allen Dienstgeschästen entbunden zu werden. Furchtbare Explosion. Brüssel, 6. Febr. Im Antwerpener Petro leumhafen Hoboken erfolgte gestern früh eine kolossale Explosion. Ein gestern eingetroffener Dampfer der American Petroleum-Company war im Begriff, seine Oelladung durch die unterirdische Leitung in die großen Tanks am Ufer einzupumpen, als das fast gefüllte Reservoir plötzlich mit ungeheurem Getöse explodierte. Die Trümmer wurden Hunderte pon Me tern in die Luft geschleudert. Der Tank ist noch in Brand. Tausende von Fensterscheiben im Hafenquar tier sind zertrümmert, doch ist keine Person verun glückt. Zn den Vorgängen in Lissabon. Paris, 6. Febr. Wie aus Lissabon gemeldet wird, erstreckt sich die von König Manuel erlassene Amnestie auf alle politischen Verbrecher, mit Aus nahme derjenigen, die während der letzten Ereignisse verhaftet worden sind. Außerdem erklärte der König seinen Verzicht auf die von Franco verfügte Er höhung der königlichen Apanage von 800 000 Franks. Dieser Beschluß wurde begreiflicherweise mit großer Genugtuung ausgenommen. Franco selbst ist ver schwunden. Allerlei f Ein Renkontre zwischen Dampfer und Walfisch. Der Ozeandampfer der Hamburg- Amerika-Linie „Fürst Bismarck", der in Plymouth vergangener Tage landete, hatte während seiner lieberfahrt ein merkwürdiges Abenteuer zu bestehen. In der Höhe von Coruna sichteten die Passagiere einen riesigen Walfisch, der vor dem „Fürst Bis marck" herschwamm, große Wassermassen aufwüh- Johns Hände — lange, schmale, feingliedrige Hände — seine einzige Schönheit, lagen regungslos wie Wachsgebilde auf der dunklen Seidendecke. Wie ein gewaltiger Katafalk stand das Bett da. Ein riesiges Prachtstück von vor Alter schwarz gewordenem Eichen holz, mit überreicher Schnitzarbeit verziert. Die Vor hänge, die in schweren Falten, von einer Krone zu- sammengehalten, von den Seiten herabwallten, hatte mau zurückgeschlagcn, um dem Kranken mehr Lust zu schaffen. An der Hinterwand hing ein großes Bild in breitem Goldrahmen — Johns früh verstor bene Mutter, von Meisterhand gemalt. Mit wehmütig süßem Lächeln schaute das liebliche junge Weib auf das bleiche Antlitz unter ihr herab. Die Stille war beklemmend, lastend. Das er regte Blut sauste in Nllas Ohren; ihr Herz schlug, als wollte es zerspringen. Von draußen kam plötz lich ein verlorener Laut — leises, glückseliges Vogel gezwitscher. Der juuge Arzt war auf einmal wieder da. Er stand am Bett des Kranken, seine Finger suchten nach dem schwachen Pulse und, wie unter dem Einfluß dieser leiseu Berührung, schlug John plötz lich die Augen groß und klar auf. Ein Lächeln kam und lag aus seinen Zügen. „Ulla, Sie sind da?" Das klang so ungläubig und sroh, daß der Frau die Tränen kamen. — „Bitte, kommen Sie näher, ganz nahe — ich habe Ihnen noch viel zu sagen. „Sind wir allein?" — Ulla sah sich uni. „Ja, John, ganz allein". — Richard soll es nie erfahren, wenn es möglich ist, nwshalb — Sie verstehen?" — Ulla nickte. — „Er würde schtver darunter leiden, und das möchte ich ihm ersparen. Achten Sie auf Frau Meta, Ulla! Richards Ruhe ist teuer erkauft". Dann eine Pause. „Noch Eins! — das Sprechen will nicht gehen — in meinem Testament — Sie dürfen nicht ablehnen, Ulla. Richard bedarf des Geldes — Sie handeln in lend. Der Dampfer hatte das Tier bald eingeholk und ihm im Vorbeifahren einen kräftigen Rippen stoß verseht. Hierdurch gereizt, wandte sich das Tier gegen den riesigen Gegner und versuchte, den Kampf mit ihm aufzunehmen, indem es mit aller Macht gegen die Schiffswand anrannte, so daß die Stöße den gan zen Schiffskörper erschütterten. Da der Fischbein spendende Meerbewohner aber wohl einsah, daß er es mit einem Stärkeren zu tun habe, wandte er dem „Fürst Bismarck" den Rücken und verschwand schnau fend und fauchend in den Tiefen. Die Passagiere schätzten die Länge des Tieres aus mindestens 50 Fuß. Humoristisches. Ein gegangen. Ein bekannter Rechtsanwalt hat einen vermögenden jungen Mann, der sich des Diebstahls eines Wertgegenstandes aus einer öffent lichen Sammlung schuldig gemacht, vor dem Land gericht verteidigt und auf Grund von Sachver- stäudigen-Gutachten wegen geistiger Unzurechnungs fähigkeit frei bekommen. Er beglückwünschte seinen Klienten im Bureau uud flicht in die Gratulation eine leise Mahnung an das vereinbarte Honorar von 500 Mark ein. Dieser aber zuckt die Achsel und wendet sich zum Gehen, indem er mit malitiösem Lächeln be merkt: „Als ich Ihnen ein so hohes Honorar ver sprach, war ich natürlich auch schon geistig unzurech nungsfähig!" Vorbereitung. Erster Schauspieler: „Aber, Mensch, wie siehst Du denn aus? Du hast Dich sicher seit zwei Wochen nicht rasiert!" — Zweiter Schau spieler: „Ich wollte mich nur auf meine Rolle vor bereiten, ich spiele nämlich morgen das Wildschwein, im Freischütz!" Autterrnittelpreis e der Firma Niehus » Bittner, Lichteusttt» Kl-ie, 1» Qualität Ml. 7^5 per SO Kilo exll. Sa«. Gerftichrot „ 8,25 . 50 , . . Krastschrot „ 8,00 „ 50 „ „ . Leiumehl „ 8,50 » SO » „ » Melage „ 4.50 , SO . Kokoskuchen „ 8,75 „ SO „ . Segev Kasse ab unserem Lager. Marktpreise de» Ltadt «hamuitz vom 5. Februar 1918 Wetze», fremde Tort« 12 M. — Ä'H2 M . 70 V füchsijcher, Rogge». »iederiäudisch MM« 10 « 75 - . 10 . 90 - 10 - 50 . - 16 . 80 - Rogge» preußischer 10 - SO . . 10 - 80 . - kiesiger, - fremder, 10 - 10 « . 10 - SO - 11 - 25 - » 11 - 45 - Gerste, Brau-, fremd« 9 - —— « W 11 - — « - ° sächsisch«. 8 ° 50 - - 9 . 25 - - Futter- 8 - 10 . . 8 - 25 - Hafer, sächsischer 8 - 35 . . 8 - 40 - - preusischer —- K M L? — M . - « Erbse», Koch- 11. — I» M 11 - so - Erbs«, Mahl- mid Futter 9 - SO - . 10 . 40 - Heu, ueueS 4 - F« SO - Stroh, Ftegeldmsch Stroh, Maschtueudrusch 3 - 20« ' 3 - so. Laugstroh 2 . 6) - . 2 . 90 » Sirok Draschiueudrusch, Krummstroh 2 - 30» . 2 - 60 - Kartoffel» 3 - 25 - - 3 . so - Kutter SV S . 7V » meinem Sinn, wenn Sie ihm damit helfen' Ein grauer Schatten glitt über Johns Züge. Der furchtbare Schmerz begann aufs neue zu erwachen. Ein furchtbares Stöhnen entrang sich ihm. „Sie versprechen es mir?" sprach er leise, fast unhörbar. — „Alles, John, Alles, was Sie wollen". Ulla schwieg, denn Richard war eingetreten. Die Geschwister standen Hand in Hand da und lausch ten den abgerissenen Sätzen, die der Kranke sprach. Er war wieder in seiner Kindheit, und alte Erinne rungen stiegen vor ihm auf. „Ulla, Ulla:" Der Name kehrt immer wieder, immer mit dem Ton zärtlichster Liebe genaunt. Plötzlich schien John wieder zur Besinnung zu kommen. Sein Blick war klar und ruhig. „Beten Sie mit mir, Ulla! Ich gehe heim." — Und Ulla sprach knieend, mit fester Stimme, das Gebet des Herrn. Ihr war so friedvoll, so weltentrückt, und sie fand Worte aus tiefstem Herze» kommend, den Sterbenden auf Gottes Macht und Gnade zu verweisen. Auch Arnold war plötzlich da. Mit tiefernstem Antlitz stand er im Hintergründe, neben ihm der fas sungslose alte Diener. John nickte Beiden zu. „Du hast kein Glück mit den Fowlers, Anton!" sagte er matt. „Schon den Dritten siehst Du sterben. Dank für Deine Treue, alter Freund! Du kannst nun Deinen Lebensrest in Ruhe hinbringen; ich habe reich lich für Dich gesorgt." Dann ein Blick auf Arnold, ein seltsamer, überirdischer, der von ihm auf das gesenkte Haupt der kniecnden Frau glitt, und den Arnolds Augen fest und ernst erwiderten. Die Bei den hatten sich ohne Worte verstanden. Das stumme Gelöbnis war gegeben und empfangen. Richard hielt, zur Seite stehend, die Hand des Freundes in de« seinen. Er atmete schwer und rang mit der We»» mächtigen Bewegung. (Forts, folgt.) ;