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schmuckste aller Burschen — sie, die schönste aller Schönen im Dorfe. Wer beide so walzen sah, dem entschlüpfte unwillkürlich: „Welch' schönes Paar!" Die Tage der Hochzeit waren gekommen und mit all ihren Freuden vorübergegangen und das junge Paar in das vom Schwiegervater eigens dazu erbaute Häuschen an der Dorfstraße eingezogen. Die ersten Monate waren in stillem, ungetrübtem Glück — wonnigem Glück junger Ehe — dahingerauscht. Da trat eine plötzliche Wendung ein, schwer wiegend für die kommenden Zeiten der jungen Gatten. Eines Morgens war der rüstige Hornung tot — wenige Tage darauf dessen Frau, die gute Mutter Tonis. Der reiche Hornung I ? — Bei der Testamentseröffnung stellte es sich heraus, daß der ganze Reichtum auf lockeren Stützen der Uebertreibung geruht. Da kamen sie nun, die „Herren des Gerichts", nahmen lebendes und totes Inventar in Beschlag und von dein schwerbelasteten Gute blieb nur eine unanfechtbare Summe von 1000 Talern mütterlicherseits für Toni. Selbst auf dem von Walden bewohnten Häuschen lagen schwere Hypo theken. Die Gläubiger überließen jedoch, der Red lichkeit und dem bekannten guten Ruf Waldens trauend, dasselbe dem jeweiligen Bewohner. Zu alledem kam noch, daß ein einz'ger Zwist beide, Hans und Toni, für immer getrennt zu haben schien. Ost schon hatte letztere weinend um Gehör gebeten; durch all die Enttäuschungen mürrisch gemacht, hatte sie Hans barsch abgewiesen. Die große, seitens des Schwiegervaters versprochene Mitgift war eitel Schein, Lug und Trug! Das alles wäre auch zu ertragen gewesen, er hätte redlich fort- und sich mit der Zeit emporgearbcitet, aber — da mußte der Schuft, der lange Heinrich, dazwischen treten, um beim letzten Erntefest der Toni arg den Hof zu machen, der ver heirateten Frau, seinem eignen Weibe. Sem Gatten vertrauen mißbraucht — seine nicht zu schildernde Liebe mit Füßen getreten. Nein! alles, bloß das nicht. Heiß loderte es auf aus seinem jungen Männer herzen. Wäre es ihm nicht um seine Kinder gewesen, am Gartenzaun, wo er sie getroffen, den Buben und die Dirne, er hätte beiden den kalten, blanken Stahl ins falsche Herz gestoßen. Hatte sie ihn nicht schon so oft von ihrer Unschuld überzeugen wollen ! ? Un schuld ! ? Lächerlich. Unsanft war sie jedesmal von ihm zurückgestoßen worden. War das recht von ihm? Würde ein anderer an seiner Stelle nicht eben so gehandelt haben? Gewiß! Reichlich, reiflich hatte er das alles erwogen, und immer wieder kam er zu dem Schlüsse: „Ich bin hintergangen, betrogen worden, ihr Vater hat um das Verhältnis gewußt; ich bin in meinem Rechte. Und daß sie „Ihn" abgewiesen hatte, den langen Heinrich, war ein wohldurchdachtes Schein- manöoer gewesen, deren sich „Koketten" oft bedienen. Ein Vers aus seiner Burschenzeit ging ihm durch den Sinn: „Trau der Liebe nicht, Sie betrüget Dich . . . ." Und so hatte sich Unfriede und Zank auf des Hauses Schwelle geschlichen und finstergrinsend war Armut und Elend eingezogen. Hans Walden, der geschickteste, beliebteste, nüch ternste aller Arbeiter auf dem Werke „Glück auf", war in wenig Jahren ein berüchtigter Trunkenbold geworden. Selten brachte er den Schichtlohn nach Hause. Taler auf Taler nahm Toni von dem Erb reste, bis er auf ein Weniges zusammengeschmolzen war. Kein Stein des Hauses gehörte ihm mehr. — Lallend frug das Kleinste vom Tisch her: „Wo Papa denn? Nicht kommen, Muttel?" Die am Ofen kauernde Gestalt schrak zusammen, denn die folgsamen Kleinen mochten schon geraume Zeit das Essen beendet haben, ohne deshalb die in Gedanken versunkene Mutter zu stören. „Kommt Kinder, geht zur Ruhe; und du Herz blättchen,schlafeschnell ein, dann kommtPapaauchbald." Die großen, auf die Mutter gerichteten Kinder augen schienen zn rufen: „Du leidest — schwer I" Fest, stürmisch drückte Toni ihr kleines Nestheckchen an sich, an die Brust, in der das gequälte Mutter herz zu brechen drohte vor Gram und Schmerz. Sie küßte das bleiche, magere Engelsantlitz. Schwer fiel eine einz'ge heiße Träne auf das Lockenköpfchen. Die beiden Größeren waren schweigend in die Neben kammer gegangen. Sie trug das jüngste nach. Betend faltete Toni ihm die Händchen und drei süße Plappermäulchen sprachen laut das Gebet der Mutter nach. Amen! klangs zitternd durch den niederen Raum. Still war es. Ein Engel Gottes schwebte flügelschlagend durch's Gemach. Wieder fiel einer jener schweren Tropfen auf die gefalteten Mutterhände, die, im Schmerze der Verzweiflung ringend, auf den Knien lag. Wie schwer dergleichen Tränen wiegen, das weiß nur der, der sie geweint. Zurücktretend ins Wohnzimmer, sah sie im Rahmen der Tür ein altgewohntes, doch neues Bild. Altgewohnt, weil es derselbe betrunkene Gatte war, der stieren Auges und kochend vor Wut bei Anblick des ärmlichen kalten Raumes, im Türrahmen stand — neu, weil von Tag zu Tag das Ansehen des Menschen mehr ins Tierische überging. Unzufriedenheit, Neid und Eifersucht verzehrt sich selbst! Schwer fiel Hans auf einen der Stühle am Tisch. Schweigend trug Toni das für ihn bestimmte ! Abendbrot auf. I Schwer aufatmend hatte er eine Zeit lang auf den Tisch gestarrt; als er plötzlich mit einem Strich des Armes alles von demselben zur Erde warf. Toni hatte nie etwas erwidert, doch diesmal stieg ihr das Blut in die Schläfen; die Hand aufs Herz pressend, bezwang sie sich. War das wirklich der schöne, schmucke Bursche von einst? Brrr . . . . ein leichter Schauer überrieselte sie beim Anblick des vom Alkohol aufgedunsenen Gesichtes, der blutunter laufenen Augen — weiter mochte sie ihn nicht an zusehen, sie wandte sich ab. Der größte Trunkenbold des Dorfes. Er war aufgestanden. Wankend stützte er sich auf die Stuhllehne. Seit Monaten kam das erste „Toni" über seine Lippen. „Hans?" entgegnete sie sich uniwendend leise. „Ich habe Heinrich getroffen — gesprochen!" stieß er hervor. „Hat mir alles offen gestanden. Für einen Taler ließ ich ihm Weib, Kinder und Haus — und auch er ist dahin — verspielt — ver trunken — und ich — stehe — am — Ende!" Markerschütternd brach sich aus schmerzerfüllter Brust ein Schrei Bahn, dann sank sie lautlos zu sammen. Und — über sie hinweg schritt, taumelte Hans in die stürmische Nacht hinaus. — Weinend, frierend standen die erwachten Kleinen im Hemdchen neben der ohnmächtigen Mutter. Das Kleinste strei chelte die bleichen Wangen derselben. „Muttel tot — Papa fort!" klang es von den bebenden Kinder lippen. Ein Bild unsäglichen Jammers und Elends. — Die Natur hatte sich ausgetobt. Sonniger Friede lag über den Fluren des Dorfes, da trug man zwei Särge hinaus. In dem ersten den in der Nacht tot am Wege aufgefundenen Häuer Hans Walden, im zweiten — seine Toni. Unzählige Blumenspenden schmückten dieselben und eine nicht zu überschauende Menge geleitete beide zu letzter Ruhe. Hinter dem Sarge ging als erster der lange Heinrich. Ec hatte Toni aufrichtig, innig geliebt, nicht wie Hans, bei dem es nur eine kurze Leidenschaft, eine Aufwallung gewesen, die nach der ersten kleinsten Ehesorge verflogen war, um kalter Nüchternheit Platz zu machen. Das Kleinste auf dem Arm, die beiden anderen zur Seite, so sah man ihn folgen. In der Nacht noch war er bei ihr im Hause gewesen. Die Sterbende hatte ihm das Versprechen abgenommen, Hans und sie nebeneinander zu be graben und den Kleinen ein treuer, guter Vater zu sein. „Sei ihnen ihr erster Vater, denn sie hatten bis jetzt noch keinen," hatte Toni gesagt, und ihm, sowie den Kindern den letzten Segen zurückgelassen. Die Träne hatte er ihr vom brechenden Auge geküßt, dann war sie danklächelnd entschlafen. — Wie ein Engel lag sie auf weißgebetteter Bahre, das Bild, er grub es tief, unauslöschlich in seine Seele. — „Und Du jetzt tuter Papa sein," lallte das kleine Plappermäulchen schluchzend, während sich die anderen traulich an seine schützende Männerbrust schmiegten. Pfiffig. (In vogtländischer Mundart.) D'r Fritz, der kauft a Brut in' Loden; Do kam's ne vür, als hätt's ze leicht's Gewicht. „Dös nimm ihch net! Do macht mer Schoden. Su viel ze leicht! Dös wär a schine G'schicht!" D'r Bäck, der lacht und sogt zen Fritzel: „Nu, bie doch früh! Brauchst net su viel ze troong!" Und's Bübel nimmt's, greift nooch san'n Mützel Und läßt, wieviel es kost, vun Bäck siech soong. Es zohlt sei Geld. Der Maaster prüfet's. Dös is ze weng, mei Suh, de Hälft' tut fehl'n!" Doch vurn zer Lodentür rei riefet's: Nu, bie d och f r u h ! Brauchst net suviel ze zähl 'n!" Reusa. O-r. TeLegraMMe» Zwei Lastkähne gesunken. Stettin, 21. April. Im Hafen sanken zwei Lastkähne. Die Mannschaft des einen wurde gerettet. Das Schicksal des anderen ist unbekannt. Auch der Dampfer „Pomeriana" ist gestrandet. Die Mann schaft soll gerettet worden sein. Falschmünzerbande Düsseldorf, 21. April. In das hiesige Untersuchungsgefängnis wurde eine Falschmünzer bande, 5 Personen stark, eingeliefert. Gleichzeitig wurde auch die Werkstätte in Wilsdorf mit allen Falsifikaten mit Beschlag belegt. Ueber die Könitzer Funde Konitz, 21. April. Die im Abort der Knabenschule bei den Leichenteilen vorgefundenen Gamaschen haben nicht dem Winter gehört. Die in Preschlau wohnenden Eltern haben dies bestätigt. Verhaftung Mislowitz, 21. April. Die hiesige Gen darmerie verhaftete gestern abend den russischen Lehrer Popowski aus Kamnitz bei Warschau, weil man bei ihm eine Unmenge aus Krackau stammender sozialistischer Schriften vorfand, die in Preußen ver boten sind. Popowski gab an, daß er die Schriften in Kattowitz einem unbekannten Mann übergeben sollte. Von der Reichstagswahl. Dresden, 21. April. Hier fand gestern eine Vorstandssitzung des Dresdner nationalliberalen Vereins statt, welche sich mit dem sich gegen die Kandidatur Lusinsky im Freiberger Wahlkreis richtenden Artikel der sächsischen nationalliberalen Korrespondenz beschäftigte. Die Mitglieder des nationalliberalen Landesausschusses für Sachsen, Amts richter Hettner, Landrichter Dr. Heise und Justizrat Taubert gabenfolgendeErklärung ab: Ueber den Wahl kreis Freiberg besteht ein Sonderabkommen zwischen den Nationalliberalen und Konservativen. Falls in Freiberg Dr. Oertel wieder aufgestellt werden soll, ist den Nationalliberalen die Aufstellung einer eigenen Kandi datur erlaubt und nicht als Kartellbruch zu betrachten. Allen sächsischen Nationalliberalen steht frei, mFreiberg gegen Oertel zu wählen mit Ausnahme der Vorstands mitglieder der Partei. Glückliche Landung Wien, 21. April. Nach einem Telegramm aus St. Pölten ist bei Dörfel an der Billachbahn gestern nachmittag glücklich ein Luftballon, in wel chem sich 2 Offiziere befanden, gelandet. Der eine, Hauptmann von Kroch, telegraphierte sofort an die Luftschifferabteilung inach München. Der Ballon wurde nach der Luftschiffer-Abteilung Berlin gesandt. Beide Offiziere begaben sich nach Salzburg. Aufge stiegen war der Ballon in Berlin. Explosion. Wien, 21. April. In der Pulverfabrik Blumau fand eine Pulver-Explosion statt. 2 Ar beiter wurden getötet, 1 Magazin vernichtet. Erneute Exzesse. Agram, 21. April. Vorgestern fanden wiederum Exzesse gegen die Ungarn statt, wobei das Militär einschreiten mußte und 40 Verhaftungen vornahm. Furchtbare Secstürme. Konstantinopel, 21. April. Auf der ganzen Balkan-Halbinsel wüten furchtbare Seestürme, wodurch die militärische Operation gehemmt ist. Einer will dem andern nicht weichen. Tanger, 21. April. Der Sultan ist auf große Schwierigkeiten gestoßen, als er die Demission seiner ausländischen Angestellten verlangte. Die Engländer wollen bie Stadt nicht vor den Franzosen verlassen und umgekehrt. Der Wein und die Jesuiten Daß die Jesuiten von dem Wein Etwas verstehn, glaub' ich entschieden, Für sich sind sicher nur zufrieden Mit einem Trunk sie, wenn er gut und rein. Nun aber kommt mir dies Bedenken: Ob sie bereit wohl werden sein, So wie sich selber reinen Wein Auch andern Leuten einzuschenken? Darauf erwidre ich mit Nein, Und deshalb, ohne Absicht sie zu kränken, Stimm ich dafür, man lass' sie nicht herein! (Klad deradatsch.) Lesefrüchte. Der tief vor dir sich krümmt, Dem sieh' doch auf dw Hand: Ec greift vielleicht nach Sand, Der für dein Äug' bestimmt. K. Drechsler, rl- Ob du ruhst im grünen Zelt unter Palmen oder Linden, Ob du streifst nach allen Winden, unvollkommen ist die Welt, Wo dir Gott nicht zugesellt treues Herz zum Mit empfinden. E. Rittershaus. Literarisches Das Leipziger Verlagshaus (Arthur Schneider) in Leipzig-Reudnitz (Johannisallee 4) legt uns von seinem im 2. Jahrgang stehenden „Telephon" (sächs. illustriertes, wöchentlich erscheinendes Familienblatt) als Probehefte die Nrn. 12-14 vor., deren Durch sicht uns bestimmt gezeigt hat, daß es, sorgfältig geleitet, gesunde, nahrhafte VolkLkost in Belletristik, Mode und Handarbeit, Humor, Illustrationen u. s. f. bietet. Deshalb kann zu einem Abonnement (viertel jährlich 1 M. 20 Pfg., Einzelnummer 10 Pfg.) wohl geraten werden mit dem Wunsche, daß es sich in Stadt und Land als Hausfreund einbürgere. Jeder Abonnent hat auch doppelten materiellen Vorteil: 1) an den Preisrätseln sich beteiligen zu dürfen, 2) bis zu 1000 Mark gegen Unfall bei der Nürnberger Lebensversicherungsbank versichert zu sein. Viehutarktpreis e. Schlachtviehmarkt in: Schlacht- und Mehhofe zu Chemnitz am 20. April 1903. Auftrieb: 327 Rinder (und zwar 78 Ochsen, 19 Kalben, 194 Kühe, 36 Bullen) 118 Kälber, 890 Schafe, 1289 Schweine, zusammen 2624 Tiere. Unverkaust blieben zurück: 85 Schafe und 49 Schweine. Bezahlt in Mark sür 50 Kilo Lebendgewicht: Ochsen — Mk., Kalben und Kühe — Mk., Bullen — Mk., Kälber 40—50 MI, Schase 30—37 Mk., Schweine 45—53 Mk., Schlachtgewicht: Ochsen 54—67 Mk., Kalben und Kühe 49—67 Mk„ Bullen 58—64 Mk., Kälber — Mk., Schafe — Mk., Schwein« 48 —56 Mk. Die Lebendgewichtspreise bei Schweinen verstehen sich unter Gewährung von 20—25 üg Tara für je ein Schwein, Vie Schlachtgewichtspreise ohne Schmeergcwicht. Voraussichtliche Witterung. Gelinder und windig.