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— Dresden, 15. Dez. Nicht nur der Verein „Dresdner Presse- beschäftigt sich setzt mit der Frage der Ankündigung von Geheimmitteln, sondern auch die Herren Apotheker. Wie verlautet, ist hier eine Kommission von 7 Apothekern zusammengetreten, die vor allem feststellen will, waS als Gehetmmittel an zusehen ist. — Chemnitz, 16. Dez. Ein räuberischer Ueberfäll, welcher glücklicher Weise ohne besonderen Schaden für den Ueberfallenen abltef, wurde am Sonnabend abend Uhr gegenüber einem Buch binderei-Inhaber der Theaterstraße verübt. Derselbe trat aus seinem Laden in einen Nebenraum und fand, daß die Petroleumlampe, welche kurz vorher noch gebrannt hatte, verlöscht war. Im Begriff, ein Streichhölzchen anzuzünden, wurde er Plötzlich von hinten gepackt und gewürgt. In dem nun statt- gefundenen Zweikampf gewann der Ueberfaüene die UeberMacht, befreite sich von dem Räuber, sprang durch eine Thür aus dem Lokal und verschloß schnellstens dessen Ausgänge. Hierauf wurde im Beisein eines herbeigerufenen Schutzmannes, der in unmittelbarer Nähe postiert war, das Lokal geöffnet und der Räuber, in dem sich ein 20 Jahre alter Klempnergeselle namens Wendler entpuppte, festge nommen. Jedenfalls war der Geschäftsinhaber in nicht geringer Gefahr gewesen, weil in dem angren zenden Schlafzimmer rn seinem Bett ein Beil ver steckt vorgefunden wurde. Dasselbe hatte der Ein dringling mitgebracht, jedoch noch nicht zur Anwen dung bringen können und in das Bett versteckt, während er sich als Gefangener eingeschlossen be funden hatte. Mit den Räumlichkeiten war der Festgenommene schon vorher bekannt gewesen und jedenfalls hatte derselbe nach einem ganz bestimmten Plane gearbeitet, um in den Besch der Weihnachts einnahme des Geschäftsinhabers zu gelangen. Wie von dem Letzteren versichert wird, ist der Attentäter sogar ein Bekannter von ihm, dem er vorher Geld geborgt hatte. — Der 60. Geburtstag des auch in Leipzig bekannten und hochgeschätzten Dichters und Lieder- komponisten Heinrich Pfeil, der in Glauchau wohnt, wird seitens der Glauchauer Sänger-Berei nigung am 18. Dezember, abends 8*/« Uhr im Saale des Theaterlokal« daselbst durch einen Fest- Kommers gefeiert werden. Die Teilnahme an dem Kommers verspricht eine außerordentlich zahlreiche zu werden. — Oederan, 15. Dez. Die 70 Jahre alte Frau Weigand, in deren Begleitung sich ein kleines Mädchen befand, wurde von dem von Chemnitz in die Station Frankenstein einfahrenden Zuge erfaßt und derart verstümmelt, daß der Tod sofort eintrat. Das Mädchen konnte von anderen Personen noch rechtzeitig der ihm ebenfalls drohenden Lebensgefahr entrissen werden. — Am Donnerstag hat ein Durchreisender in einer Herberge in Meißen durch grausige Erzäh lungen sich auffällig gemacht. Er wurde zunächst zur Haft gebracht. Aber auch an Polizeistclle blieb er bet seinen Behauptungen, seinen Bruder, der ihn um sein Erbteil betrogen habe, vor einigen Monaten in Rückersdorf erschlagen zu haben uns darauf ge flüchtet zu sein. E« sei nun ein Unschuldiger in Untersuchung gekommen, und das Gewissen lasse ihm jetzt keine Ruhe mehr, weshalb er um seine Aburteilung bitte. Der Mann ist dem Amtsgericht zugeführt worden und es wird sich aus den weiteren Verhandlungen und Erörterungen ergeben, ob den Angaben Wahrheit zu Grunde liegt oder ob man es mit einem Geisteskranken zu thun hat. 8 Berlin, 15. Dez. Ein Zopfabschneider ist am Mittwoch von hiesigen Kriminalpolizisten in der Auf den Wogen des Lebens. Roman aus dem Englischen von A. Nicola. (Nachdruck verboten.! (Fortsetzung.) „Doch, mir ist der Ihre fremd", entgegnete dieser mich scharf musternd; „sind Sie ein Geheimpolizist?" „Von Natur ja", antwortete ich mit einer höf lichen Verbeugung. „Ich will Ihnen keine Konkur- renz machen; nehmen Sie mich m Ihre Dienste." Der andere Mann lachte über meine kühle Ver sicherung. „Das nenne ich wahrhaftig ein seltsames Zu sammentreffen!" sprach er. „Versuchen Sie es, Hol mark, übergeben Sie dem Herrn Geheimpolizisten von Natur die Sache und ich zahle meine fünf Pfund. Ich glaube nicht, daß er unS betrügen wird, er sieht mir nicht danach aus. Nehmen Sie sein Anerbieten au; Ihren jetzigen Leuten glückt die Sache doch ein mal nicht". So wurde der Handel abgeschlossen und der Fremde ließ eS sich nicht nehmen, mir sofort die fünf Pfund auszuzahlen. Ich wurde in alle Einzel heiten eingeweiht, mit den nötigen Mitteln für mein erstes Vorgehen ausgestattet, und eilte nach Haus, um das Herz meiner Mutter durch bessere Nachrich ten zu erleichtern, als ich seit zwei Jahren mit heimgebiacht hatte". OliveS Augen, welche keine Minute von seinem Gesicht gewichen waren, leuchteten im lebhaftesten Interesse, und füllten sich nun mit Thränen. „Lie mußten Erfolg haben!" rief sie. „Nach vier Wochen", fuhr Delaware fort, Person eines fünfzehnjährigen Realschüler« abgefaßt worden. Die Beamten, die auf Taschendiebe fahn deten, bemerkte» einen schlanken jungen Menschen, der sich in auffälliger Weise an halbwüchsige Mäd chen herandrängte und deren Zöpfe befühlte, dann eine Scheere aus der Tasche zog und in vorsichtiger Weise den Zopf mit Haarschleife abschnitt. Am Mittwoch abend find dem Burschen sechs Zöpfe zum Opfer gefallen. Eine Durchsuchung der elterlichen Wohnung des Missethäters förderte eine ganze Sammlung Zöpfe zu Tage. Sogar die Zöpfe der Wachsfiguren in den Panoptiken waren vor der Scheere des Burschen nicht sicher gewesen. Als Ur sache zu de» Zopfräubereien gab der Knabe an, daß er gern Haare kämme und streichele. ZFriedrichsruh, 16. Dez. Se. Maj. der Kaiser traf heute nachmittag 5 Uhr hier ein. Der Sonderzug hielt vor dem Schlosse. Fürst Bis marck, in Kürassieruniform und Helm, begleitet von dem Grafen Rantzau und Prof. Schweninger, em pfing den Kaiser am Bahngleis, dankte ihm für die Einkehr und geleitete Se. Majestät sodann in das Schloß. Die Abfahrt des Kaisers nach Berlin er folgte um 7*/i Uhr. Z Bayreuth, 14. Dez. Im Fichtelgebirge wüten furchtbare Schneestürme. 8 Hüttenberg, 16. Dez. Eine Witwe, welche eme schachtel mit Dynamitpatronen besaß, schenkte eine Anzahl Patronen einem Schulknabcn. Dieser und zwei Spielgenossen entzündeten eine Pa trone, wobei einem Knaben die Hände weggerissen und die anderen schwer verletzt wurden. Die Frau wurde verhaftet. * * Odessa, 16. Dez. Der Kassierer der rus sischen Dampfschifffahrtsgesellschaft Peter Malte unterschlug gegen 50,OM Rubel und flüchtete. * * Frankreich. Die Hetze gegen den Prä sidenten Faure dauert fort. „Libre Parole", Auto- rite", „Petit Corporal" und die meisten bonapar- tistischen Provinzblätter greifen Faure heftig an. Die Artongeschichte läßt die republikanische Wirtschaft in immer ärgerem Lichte erscheinen, da über 20 ehe malige Minister in der Angelegenheit mit verwickelt sind. Dem „Figaro" zufolge soll sogar Bourgeois selbst den Aufenthalt Artons längst gekannt, aber absichtlich verheimlicht haben; jedenfalls ruft die Sache, abgesehen von der Panamaliste, einen großen Skandal hervor. * * N e w - I o rk, 14. Dez. Es hat sich heraus gestellt, daß ein am Freitag auf dem Armenkirchhof (Pottersfield) eingescharrter Vagabund, in besten früherer Wohnung man Nachsuchung hielt, der eng lische Fälscher Alexander Collie gewesen ist, der im Jahre 1875 in London für über 40 Millionen Mark falsche Wechsel auf die London- und Westminster bank abgab, dann flüchtete und bisher verschollen geblieben ist. — Eine seltsame Szene ereignete sich vor dem hiesigen Kriminal-Schwurgerichte. Ein Mädchen, welches einen achtbaren Bürger der Ver gewaltigung beschuldigte, hatte ihre vor dem Richter früher beschworenen Aussagen widerrufen und stand unter einer Meineidsanklage vor Gericht. Sie be hauptete jedoch, ihre ersten Aussagen seien richtig gewesen. Ihr ganzes Gebühren war so auffällig, daß der bei der Verhandlung anwesende gerichtliche Psychiater erklärte, die Person befinde sich unter starkem hypnotischen Einflüsse, welchem sie willen los folge. Deutsche« Reichstag. Sitzung vom 16. Dezember. Das Haus ist sehr schwach besetzt. Nach An nahme eines neuen Antrages auf Einstellung eines „hatte ich mein Wild in Paris aufgetrieben, die Brieftasche und alles übrige gefunden, ihn einziehen lasten und im Triumph hierher gebracht. Der Fremde war so erfreut und so dankbar für meinen Dienst, daß er nicht allein Holmark eine schöne Summe dafür zahlte, sondern mir nebst einem außer ordentlich liebenswürdigen Schreiben tausend Pfund zuschickte. Diese Summe, die mir wie eine wahre Gottesgabe erschien, legte ich sicher für meine Mutter an, damit es ihr nie wieder am Nötigsten fehlen sollte! Holmark engagierte mich fest und übertrug mir die schwierigsten Aufgaben. Nun wissen Sie, auf welche Weise ich Geheimpolizist geworden bin. Ich bekleide den Posten jetzt bereits seit zehn Jahren. Wenn ich Zeit habe, beschäftige ich mich mit der Schriftstellerei, doch kann ich es nicht wagen, das Sichere für Unsicheres aufzugeben. Verzeihen Sie, daß ich Sie so lange aufgehalten habe, und nehmen Sie meinen wärmsten Dank für Ihr gütiges Jn- tereffe, und Ihr großes Vertrauen". Er neigte den Kopf und drückte feine Lippen innig auf die Hände, die noch immer in den seinen ruhten, dann ließ er sie fallen und trat zurück, um ihr den Weg frei zu geben. 13. Kapitel. Aubrey Delaware versuchte den Aufruhr in seinem stürmischen Herzen zu beschwichtigen. Eine Hand, die sich weich auf seine Schulter legte, schreckte ihn auf, er, den eS nicht gerührt haben würde, wenn man eine Pistole an seinem Ohr abgeschossen hätte, erschrak bei der Berührung seiner Mutter. schwebenden Strafverfahrens gegen den Abg. Lüt- genau (Soz.) tritt das HauS in die erste Beratung der Vorlage, betr. Errichtung von Handwerkerkam mern ein. Staatssekretär v. Bötticher: ES ist die ernste Absicht der Regierung, dem Bedürfnis einer zweck mäßigen Organisation des Handwerks näher zu treten. Ich insbesondere denke nicht daran, mich durch diese Vorlage von der Lösung der Organisation überhaupt zu befreien. Man hat gesprochen von meinen Dif ferenzen mit Herrn v. Berlepsch und von einem großen Siege meinerseits. Herr v. Berlepsch und ich, die wir eng befreundet sind, haben aber an einem Strange gezogen und thun dieses noch jetzt, wenn sich auch in Einzelheiten Meinungsverschieden heiten gezeigt haben; wir werden auch, wenn e« sich um die definitive Organisation handelt, zusammen gehen. Die Regierungen machen Ihnen einmütig vorliegenden Vorschlag. Man hat jetzt gemeint, es bedürfe nicht erst einer vorläufige» Organisation, man brauche blos die bereits organisierten Hand werker zu hören, aber — so gern ich auch bereit bin, den organisierten Körperschaften, den Handwerker innungen, eine Mitwirkung zuzugestehen — eS sind doch von den Handwerker» nur verhältnismäßig wenige mit den Innungen vereinigt und ich würde gewissenlos handeln, wenn ich nicht auch die Anderen hören wollte. Auch die nicht in den Innungen der vereinigten Handwerker befindlichen Handwerker haben das Recht, gehört zu werden. Wenn die defi nitive Regelung nachfolgt, kann ich nicht mit abso lute'. Gewißheit sagen: Herr v. Berlepsch ist an der Arbeit. Vielleicht in der zweiten Hälfte des Februar wird dem BundeSrate eine Vorlage zugehen und vielleicht schon Mitte März dem Reichstage. Jeden falls gehört eine endgiltige Regelung schon in dieser Session zur Unmöglichkeit. Wollen Sie aber diesen Entwurf nicht, so werden wir die Arbeite» fortsetzen und selbst begutachtende Körperschaften schaffen und Ihnen dann wohl im nächsten Jahre eine Vorlage vorlegen. Abg. Hitze (Centr.): So wie das Gesetz vor liegt, ist eS für mich nicht annehmbar: umso freu diger begrüße ich die Zusage be« Herrn Staatssekre tärs, daß bei Scheitern dieser Vorlage die Organi sationsarbeiten fortgesetzt werden sollen. I a kann nur die Hoffnung aussprechen, daß die Herren v. Bötticher und v. Berlepsch nicht nur wirklich a» einem Strange ziehen, sondern auch nach derselben Richtung. (Heiterkeit.) Um darüber und über die Berlepsch'en Pläne, auf deren Grundlage ich eine Einigung wünsche, insbesondere zu einer klaren Aus sprache zu kommen, beantrage ich die Verweisung der Vorlage an eine Kommission. Die grundsätzliche Frage aber, Befähigungsnachweis und anderes, ist schon jetzt genügend erörtert. Das Gesellenwesen muß von den Innungen geregelt werden. Ucber die Ziele sind wir ja einig, auch die Regierungen, und auch über die Grundzüge der einzuschlagenden Wege; weshalb sollen wir uns jetzt mit eine« provisorischen Regelung aufhalten? Es ist keine Zeit mehr zu ver lieren. Wir sollten Handwerker nicht mehr Hinhalten. (Bravo.) Abg. Gamp (Reichsp.): Ich kann in der gan zen Vorlage gar kein Provisorium sehen, sondern sie giebt vielmehr eine definitive Regelung der Organi sation in der höchsten Instanz, denn die Wahlen zu den Kammern sollen ja nur aller fünf Jahre statt finden. Wenn wir, wie die Vorlage es will, die wichtigsten Fragen von einer Majorität entscheiden lassen wollen, einer Majorität, die überdies von der ganzen Organisation nichts wissen will, dann sollten wir doch lieber die ganze Sache fallen lassen. Die verbündeten Regierungen sollten die Organisation Sie ließ sich in dem Stuhle nieder, von dem Olive vor einer Weile aufgestanden war, und schaute ihren Sohn an. „Sie ist soeben von Dir gegangen?" begann sie. „Ja". „Mein Sohn, mein Liebling, meinst Du, ich könnte nicht in Deinem Herzen lesen?" Er kniete zu ihren Füßen nieder und legte den Kopf in ihren Schoß, wie er als Kind ss oft ge- than hatte. „Ach Mutter, Mutter, wie kann ich anders, als sie lieben?" Sie beugte sich zu ihn« herab und strich ihm zärtlich über das dunkle Haar. „Weiß sie es, Aubrey?" „Nein". Es folgte ein langes Schweigen, dann erhob er sich und die Arme über der Brust verschränkend, fuhr er in festem Tone fort; „Nein, Mutter, fie weiß eS nicht — es sei denn, meiner ganzen Vorsicht und Selbstbeherrschung wäre es nicht gelungen, sie zu täuschen. Wenn ich eS hindern kann, soll sie es gewiß nicht erfahren, so lange ich das bin, waS ich bin. Es würde unehren haft sein, wollte ich aus der Stellung, die sie mir gegenüber einnimmt, Vorteile ziehen. Kann ich doch ihrer Familie nicht einmal sagen, waS ich bi». Gewiß ein Dutzend Mal war ich in der letzten Stunde nahe daran, mich zu verraten." „Vielleicht hast Du es getban," sagte Mr«. De laware. „junge Mädchen find in dergleichen scharf sichtig und Olive ist eS überhaupt." (Fortsetzung folgt.)