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sind, beschäftigen sich die Kammermitglieder zur Zeit allerdings mtt der Wahlrechtsfrage. Diese Be- sprechavgen zielen jedoch keineswegs auf eine Aende- rung des CensuS ab. Es ist vielmehr dabei lediglich die Beseitigung der relativen Stimmenmehrheit bei den Wahlen in's Auge gefaßt. Es soll, wie eS auch in anderen Staaten der Fall ist, bei der Landtags wahl die positive Stimmenmehrheit ausschlag gebend sein. — Dresden, 7. Dez. Ein in Vorstadt Striesen wohnhaftes Arbeiter-Ehepaar hatte dadurch allgemeines AergerniS erregt, daß es sein 14 Monate altes Kind fortgesetzt unmenschlich mißhandelt hat. Die Leute haben das arme Kind, angeblich weil es sich nicht hat an Reinlichkeit gewöhnen wollen, wie derholt mit einem Stock auf den bloßen Körper ge- schlagen, so daß der ganze Rücken und das Gesäß mit Blut unterlaufen ist und die Schwielen zum Teil aufgesprungen sind. Eine Untersuchung soll bereits eingeleitet sein. — Eine Statistik des Brauernbetnebes der Welt ergiebt, daß Deutschland mit 30,000 Brauereien die erste Stelle einnimmt, es folgen Großbritannien mit 18,000 und Amerika mit 5000 Brauereien. Das Verhältnis zwischen Erzeugung und Verbrauch hält sich in jedem der Länder die Wage, nur Deutsch land macht eine Ausnahme, da es große Massen für die Ausfuhr erzeugt und auch unterbringt. — Leipzig, 7. Dez. Die Weihnachtsausstel lung, wie solche jetzt in der dauernden Gewerbe ausstellung veranstaltet ist, erregt vurch ihre Schön heit und Reichhaltigkeit das allgemeine Interesse in hohem Maße, weil thatsächlich die allgemeinen Ge brauchsgegenstände, Zimmereinrichtungen und kunst gewerblichen Erzeugnisse durch hochangesehene Firmen in großer Zahl vertreten sind. Hierzu kommt noch, daß die Ausstellungsräume behaglich erwärmt und in den Abendstunde» sehr reichlich beleuchtet sind. Es ist deshalb der lebhafte Besuch auch leicht er klärlich. — Die Handels- und Gewerbekammer C hem - ni tz hält am Donnerstag, 16. Dezember, öffentliche Sitzungen im Saale der Börse in Chemnitz ab. — Plauen i. Vogtl., 6. Dezbr. Der seiner Zeit an den „Vogtl. Anz." gerichtete Brief einer Frau Mathilde Duwer in Newyork, wonach Ver wandte eines „aus dem Erzgebirge oder dem Vogt lande stammenden" Franz Cornelius Plath gesucht wurden, um eine Erbschaft anzutreten, scheint schwin delhaft gewesen zu sein. Das genannte Blatt hat Er kundigungen bei den zuständigen Behörden über die Person der Briefabsenderin eingezogen, doch ist die selbe nicht zu ermitteln gewesen. Festgestellt ist je doch, daß thatsächlich ein Franz Cornel,us Plath aus dem Erzgebirge vor vielen Jahrzehnten nach Amerika ausgewandert und seitdem verschollen ist. Hunderte von Angehörigen und Verwandten des an geblichen Erblassers, über ganz Deutschland und Böhmen verstreut, sollen sich als Erbberechtigte ge meldet haben. Was mit jenem Briefe beabsichtigt war, ist rätselhaft. Da Briefe nicht an die ange gebene Adresse gelangen konnten, scheint eine absicht liche Gaunerei fast ausgeschlossen. Jedoch wird ge warnt, Aufwendungen in dieser Sache zu machen. — Buchholz, 7. Dez. An den Folgen einer Blutvergiftung starb der hier wohnhafte Hand arbeiter Louis Schneider. Schneider litt an einem offenen Beinschaden, den er im 1870er Feldzuge davongetragen hat. Durch das Reiben des Schuh werks verschlimmerte sich die Wunde plötzlich, und es trat, vermutlich durch die gifthaltigen Farbstoffe der Strümpfe veranlaßt, Blutvergiftung ein. — Treuen, 6. Dez. Ein jugendlicher Vogel steller, der 12jährige Knabe Schneider in Limbach Auf den Wogen des Lebens. Roman aus dem Englischen von A. Nicola. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Ich hoffe es," antwortete dieser ernst; ich denke, wir haben dre schlimmste Krisis hinter uns." Mr. Hurst, welcher die ganze Zeit über in stummem Hinblüten dagesessen hatte, that einen tiefen Seufzer der Erleichterung und erhob sich. „Glauben Sie eL wirklich?" sagte er. „Ja," antwortete Wilford, „wenn sie von jetzt bis nach Mitternacht schläft, glaube ich sicher, daß die Gefahr vorüber ist. Ellen, bitte, die Fleischbrühe." „Nun bitte, trinken Sie das," sprach er zu der Kranken, deren Züge ein friedliches, mildes Lächeln überzog» als er sie sanft, beinahe zärtlich aufrichtete, damit sie bequem trinken konnte. „Ich danke Ihnen. Wie gut Sie sind!" flü sterte sie, und als er sie wieder in die Kissen zurück legte, schauten ihre blauen Augen voll in die seinen und dann hinüber zu Olive. „Ist er nicht der beste aller Aerzte, Miß Olive ?" „Ja, mein Liebling; aber Sie müssen auch die beste aller Patientinnen sein und nun schlafen." „Muß ich, Doktor Vernon?" fragte Cathie. „Sie müssen e» versuche», Kind." „Aber, ich sehe Sie so gern lächeln. So werde ich also nicht sterben?" „Nein, für diesmal hat der Himmel Sie davor bewahrt." Und in befehlendem Tone fügte er hinzu: „Doch, nun schlafen Sie." Sie schloß die Augen und legte die Hände leicht bei Treuen, wurde am Freitag früh tot aufgefunden. Er lag am Faße eines ObstbaumeS, auf dem er Tags zuvor ollem Anscheine nach einen Kasten zum Fange von Meisen aufhängen wollte. Die Eltern deS Kleinen suchten fast die g^.nze Nacht vergeblich nach ihrem Sohne, der mit einem gebrochenen Aste zu Boden gestürzt war und das Genick gebrochen hatte. — An den Folgen des Oederaner Eisen bahnunglücks ist im Garnisonlazarett zu Freiberg jetzt noch der Soldat der 1. Kompanie des 9. Jn- fanterie-RegimentL Nr. 133 Ernst Wilhelm Ludwig gestorben. — In einer Wirtschaft in Freiberg sitzen abends 10 Uhr drei Männer beim Kartenspiel. Seit 4 Stunden sitzen sie schon da. Da geht plötzlich die Thür auf, eine Frau mit einem Körbchen tritt ein, sie gehr an den Tisch der drei Spieler, nimmt einen Eierkuchen, Wurst und Brot aus dem Körbchen, stellt es auf den Tisch und sagt zu einem der Drei, ihrem Ehemann: „Seit 2 Stunden warte ich schon auf dich; nun habeich dir dein Nachtessen hergebracht, damit du ruhig weiter spielen kannst". Sie sprach's und alsbald ging sie wieder davon. Sonderbar, die drei lachten über den „Spaß" nicht, sie legten die Karten bald hin und gingen davon — heim, denn sie fühlten, baß die Frau recht hatte und daß ein braver Mann seine Familie beim Nacht- und anderen Essen nicht warten läßt. — Aufsehen erregte auf dem Bahnhofe in Pirnadie Verhaftung des SchlofsermeisterS Steudte- mann aus Copitz. Sie erfolgte in dem Augenblicke, als er mit dem Zuge von Dresden zurückkehrte. Er ist be schuldigt, vor einigen Tagen aus einer Wohnung an der Langestraße in Pirna ein Sparkassenbuch mit 1400 Mark gestohlen und einen größeren Teil dieser Einlage aufgehoben und in seinem Nützen verbraucht zu habm. Um zu dem Sparkassenbuch zu gelangen, hat er vorher nicht weniger als vier Schlösser mit Nachschlüssel geöffnet. — Frankenberg, 6. Dez. Heute abend in der 7. Stunde wurde die hiesige Einwohnerschaft dadurch überrascht, daß bei ziemlich lebhaftem Schnee gestöber ei» Blitzstrahl plötzlich die Nacht fast tages- hcll erleuchtete. Demselben solgtenahezuunmittelbar ein heftiger Donnerschlag. — Ein größeres Schaden feuer wütete heute mittag im benachbarten Hausdorf. — Falsches Geld macht seit einiger Zeit unab lässig die Runde in unserem Königreich. Jetzt wird wieder ausMittweida gemeldet, daß dort öfters falsche Einmarkstücke auSgegeben und an öffentlichen Zahlstellen angehalten wurden. Auch einige falsche 5-Markscheine sind dort vorgekommen. Es kann mithin nicht dringend genug zur Vorsicht geraten werden. — Riesa, 7. Dez. Auf dem auf der Fahrt befindliche», der Oesterreichischen Nordwest-Schiff- fahrts Gesellschaft gehörigen Dampfer „Antonie" hat sich unweit der Ortschaft Moritz ei» UnglückZ- fall zugetragr». Infolge der durch die Nässe her vorgerufenen auf Deck herrschenden Glätte ging der Steuermann über Bord. Sofort wurden Rettungs versuche ausgesührt, doch blieben diese ohne Erfolg. Der Steuermann war mit einem dicken Pelze be kleidet, welcher ihn am Schwimmen verhinderte, so daß er als Opfer des Unwetters seinen Tod in den Wellen fand. 8 Schleiz. Eine Frechheit sondergleichen verübte am Donnerstag abend gegen 9 Uhr auf freier Straße in hiesiger Stadt ein in den mittleren Jahren stehender sogenannter Handwerksbursche. Der selbe stellte einen seines Weges gehenden Herrn und verlangte von diesem Geld zu einem Schnaps, wel ches Ansinnen begreiflicherweise abgelehnt wurde. Ohne Weiteres versetzte nun der Mensch dem Herrn , in einander, während er ruhig stehen blieb und sie beobachtete. Olives ernster, prüfender Blick ruhte ° auf seinen Zügen, io denen augenblicklich nur ihr liebendes Ange zu lesen vermochte, bis Cathies re gelmäßige Atemzüge einen so ruhigen Schlaf verrie ten, wie sie ihn seit einer vollen Woche nicht ge kannt hatte. „So ist es recht," sprach Wilford leise. „Und nun, Mr. Hurst, wollen wir unsere Kranke und Ellen ihrer Ruhe überlassen." „Soll ich nicht wachen?" fragte die gewissen hafte Pflegerin. „Nein — legen Sie sich auf daS Sofa, gutes Mädchen, ich werde selbst nach Miß Hurst sehen." Er zog den alten Herrn mit sich fort und Olive folgte. Es schlug eben neun Uhr. „Sie müssen mir zum Abendessen beide das Vergnügen machen," sagte Mr. Hurst, während er die Thür zum Wohnzimmer öffnete. „Ich nehme durchaus keine Entschuldigung an." „Ich für meinen Teil muß allerdings danken," entgegnete der Doktor, „denn ich habe heute abend noch zwei Patienten zu besuchen." „Und meine Schwester ist ganz allein," setzte Olive hinzu, die eine große Abneigung gegen Mr. Hurst empfand. „Ich werde hinschicken und ihr sagen lassen, wo Sie sind," entgegnete der alte Herr in seiner raschen nervösen Weise. „Auch wird Cathie nach Ihnen verlangen, sobald sie aufwacht. Und Vie, Doktor, können ja jetzt gehen und wieder hierher zurückkommen." DaS Mitleid für den geängstigten Mann be. stimmte sie, seinen Bitten nachzugeben. Wilford mit einem Stocke mehrere Schläge. Der Angegrif fene, welcher zufällig einen Stock bei sich trug, ließ dem freche» Menschen sogleich die notwendige Züch tigung zu teil werden, sodaß der Stock in Stücke ging. Der Patron entkam, wurde aber in der Nacht von der Polizei noch dingfest gemacht. 8 Berlin, 7. Dezbr. Während der Nacht ging ein kurzes, aber ungewöhnlich starkes Gewitter nieder, verbunden mit starkem Schneefall, welcher zahlreiche Störungen hervorrief. Auch der gewaltige Sturm hat großen Schaden angerichtet, fast sämtliche Telephonleitungen und oberirdischen Telegraphen leitungen sind unbenutzbar geworden. Alle Tele gramme erleiden dadurch längere Verzögerungen. 8 Flensburg, 9. Dez. Seit gestern herrscht ein orkanartiger Sturm, welcher in der vergangenen Nacht seine größte Stärke erreichte und große Ver- herungen anrichtete. Au« allen Gegenden der Pro vinz Schleswig-Holstein laufen Unglücksbotschaften ein; namentlich die Westküste hat durch Hochwasser und Dammbrüche sehr gelitten. Bei Büsum ist ein größeres Schiff gestrandet. Näheres darüber ist bis her noch nicht bekannt. Auch aus Jütland werden große Ueberschwemmungen und viele Unglücksfälle gemeldet. Der Sturm läßt heute nach. 8 Flensburg, 7. Dez. Aus Wyk auf Föhr wird gemeldet: Durch den anhaltenden Sturm ist die Führer Marsch sehr gefährdet. Im Westen und Norden drohen Deichbrüche. Nach den gefährdetsten Stellen ist Militär gesandt worden. Die Buhnen arbeiken bei Olhörn erleiden große Beschädigungen. 8 Wangeroog, 7. Dez. Von der hier ge strandeten deutschen Tjalk „Maria" wurden zwei Personen durch das Rettungsboot „Fürstin Bis marck" gerettet. 8 Rendsburg, 7. Dez. Die Eider-Teiche zwischen hier und Friedrichstadt sind an mehreren Stellen gebrochen. Die Niederungen der Sorge sind meilenweit überschwemmt. 8 Kiel, 7. Dez. Gegenüber anderweitigen Meldungen wird festgestellt, daß am Kaiser Wilhelm- Kanal keinerlei Dammbruch erfolgt ist. Das Hoch wasser d-r unteren Wehrau hat, durch Sturm ver anlaßt, die Ablagerungsfläche bei Rendsburg über spült und fließt bei üm 61,1 in den Kanal. Die Abdämmungsarbeiten sind nahezu beendet. Für dm Schiffsverkehr besteht keinerlei Gefahr. Der Vorfall ist durchaus unbedeutend. 8 Gifhorn, 7. Dezbr. In der Lüneburger Haide wüten schwere Schneestürme. Der Verkehr stockt. 8 Schwerin (Mecklenburg), 7. Dez. Gestern abend und vergangene Nacht traten hier heftige Ge witter, begleitet von reichem Schneefall und Sturm, auf. Die Telegraphenleitungen sind mehrfach gestört. 8 München, 8. Dez. Die Isar sowie die meisten Flüsse Bayerns sind infolge der Regengüsse und Schneestürme aus den Ufern getreten. Bei Neuendettelsau und Deining haben Bahndammrut schungen Betriebsstörungen verursacht. Bei dem Schneestürme fuhr gestern abend in Hof ei» Schnell zug auf eins Rangierlokomotive; verletzt wurde Niemand. 8 Straßburg, 8. Dez. Aus dem Judustne- bezirk Mühlhausen wird großer Hochwasserschaden gemeldet; oie Fabriken mußte« teilweise geräumt werden. In der Spinnerei von Dollfuß, Mieg und Cie. habe» durch das Hochwasser 300 Arbeiter die Beschäftigung verloren; in einer anderen Fabrik be trägt der Schaden an Waren 10000 M. Der Sturm, welcher gleichzeitig wütet, richtet großen Schaden an Gebäuden an. Die Doller riß eine große Steinbrücke weg, andere Brücken sind gefähr det. Der Bahnverkehr ist teilweise gestört. entfernte sich auf eine Stunde, während Olive sich niedersetzte, und Mr. Hurst den Diener schellte, um ihm seine Befehle zu erteilen. Nachdemsdiss geschehe», überließ er sich völlig der Unterhaltung mit dem schönen, jungen Mädchen. „Da wir nicht musizieren können, darf ich Ihnen wohl dieses Buch hier zeigen; es sind einzelne sehr schöne Holzschnitte darin". Sein sonderbares, hastiges, nervöses Wesen be rührte Olive jederzeit unangenehm; es stieß sie zu rück, doch war sie viel zu fein und gebildet, als daß sie es hätte merken lassen —viel zu sehr Weltdame, als daß sie ihre Neigungen und Abneigungen offen gezeigt hätte. Die Bilder — meist Ansichten aus verschiedenen Ländern — interessierten sie und gaben Anlaß, von de» verschiedenen Sitte« und Gebräuchen der Völker zu reden. Namentlich Italien bot hierin ein reiches Feld und nach und nach kamen sie auf dessen Kunst und Wissenschaft zu reden. „Die Italiener des Mittelalters", bemerkte Olive, „waren entschieden Pioniere der Wissenschaft. Zum Beispiel steht es ja außer Zweifel, daß die Spiritisten und Magnetiseure etwas von dem wußten und danach im Finstern tappten, was heutzutage jedem Chemiker bekannt ist". „Ja, ja, Miß Vernon, sehr wahrscheinlich; doch darüber kann ich nicht reden. Ich verstehe gar nichts von Chemie — absolut nichts — und interessiere mich auch nicht im mindesten dafür". (Fortsetzung folgt.)