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DWMMKiMiiM - j früher Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich ßesPfb-Siizeiger für Kohiidors, Külitz, Zernsdorf, Morf LOim, Leinrietzsorl, Amennn nnd AUm. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. —-—--—————— —-———— —— 45. Jahrgang. ———— —— — —— Nr. 24». ».-«»«».»»im»» Freitag, den 25. Oktober 1895. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- nnd Festtags) abends sür den folgenden Tag.' Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 2b Pfennige. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. —- Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstaltcn, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergefpaltrne Korpuszctle oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. BM«tm«chtMg. Für zwei guterzogene Mädchsm, im Alter von 8 und 10 Jahren, wer den womöglich hier oder in Callnberg geeignete Zieheltern gesucht. Meldungen nimmt Unterzeichneter entgegen. Lichtenstein, den 24, Oktober 1895. Dis; Armenhörde. Beyerlein. TsMsMschSchte. * — Lichtenstein, 24. Okt. Am Dienstag abend in der 7. Stunde wurde auf Bernsdorfer Flur ein Meteor beobachtet. Derselbe bewegte sich in scheinbar geringer Höhe von Süd nach Nord, hatte einen längeren Lichtstreifen hinter sich und zerplatzte nach einigen Sekunden ohne Geräusch. Die ganze Erscheinung erstrahlte in einem intensiv weiß-grün lichen Lichte und löste sich beim Zerplatzen in kleinen Leuchtkugeln auf. * — Die Gewinnliste der Lotterie der Deutschen Fachschule sür Blecharbeiter zu Aue i. S. ist erschienen und von heute an in unserer Expedition in den gewöhnlichen Ge- schäftsstunden cinzuschen. — De? Falb'sche Wetterkalender meldet sür die Zeit vom 25. Oktober ab „Frost mit Schneefälle«." — Es wird mitgeteilt, daß die Befürchtung, zum bevorstehenden Winter enorm hohe Petroleums preise bezahlen zu müssen, sich nicht bestätigen wird, da sich die beiden Petroleum produzierenden ameri kanischen und russischen Gesellschaften nicht einigen konnten. Ein Vertrag, der in Paris vor vierzehn Tagen aufgestellt wurde, ist nicht perfekt geworden und damit ist das beabsichtigte Petroleummonopol hoffentlich gefallen. — Das Turnen im Winter, das wirkliche, echte deutsche Turnen, das uns in seinem vollen Ernst noch kein anderes Volk der Erde nachgemacht hat, es kann bei den nun mit aller Macht hereinbrechen- den langen Abenden garmcht genug empfohlen werden. Und es ist wirklich keiner zu gut dazu, jeder kann es gebrauchen, und wer es nach des Tages Arbeit regelmäßig an einem bestimmten Abend übt, dem wird das Turnen nicht etwa als eine Strapaze er scheinen, sondern als eine Erholung. — Zur Warnung! Die betrügerische Be nachteiligung der Invalidität- und Altersversiche-- rungsanstalten wird neuerdings von den Gerichten sehr scharf geahndet. So wurde dieser Tage von dem Schwurgericht in Hannover ein Arbeitgeber zu anderthalb Jahren Zuchthaus und Ehrverlust ver urteilt, weil er aus eine Quittungskarte die Num mer 2 in eine 3 verwandelt hatte, um die Unter lassung der ihm obliegenden Verwendung der erfor derlichen Beitragsmarken zu verdecken. — Die letzten Vorgänge auf dem amerikanischen Baumwollmarkte, die einen Plötzlichen Rückgang der Preise für Rohbaumwolle zur Folge hatten, werden leider auch nicht ohne Einfluß auf die deutsche Baumwollindustrie bleiben; denn die Kundschaft, die gezwungen wird, die höheren Preise zu zahlen, wenn die Rohmaterialien teuer werden, verlangt sofort Preisermäßigung, wenn sie merkt, daß die Fabri kanten ihre "Rohstoffe billiger kaufen können. Ob der Fabrikant große Vorräte zu hohen Preisen liegen hat oder ob er überhaupt in die Lage kommt, von der günstige.! Konjunktur Gebrauch zu machen, darnach wird nicht gefragt. Daß an der Baum wollbörse von New - Jork die Angebote von Roh baumwolle plötzlich so vedeutend werden könnten, daß die Preise ganz fühlbar zurückgingen, daran hatte wohl jetzt kein Mensch gedacht. Diese Thatsachen konnten auch die Gebr. Neill, die an der Preis steigerung nicht schuldlos waren, nicht vorauösehen. — Zum Austrocknen der Räume in Neubauten werden sehr oft brennende Koaksöfen ohne Abzug der Feuerungsgase nach den Schornsteine» verwendet. Die solchen Oefen in großen Mengen entströmenden, zum Atmen untauglichen giftigen Gase machen den längeren Aufenthalt in Räumen, in welchen derar tige brennende Oefen aufgestellt sind, gesundheits schädlich, unter Umständen sogar lebensgefährlich. Deshalb verbietet der Rat zu Dresden das Ar beiten in Räumen, in denen offene Koaksöfen ohne Abzug der Feuerungsgase nach den Schornsteinen in Brand gehalten werden. — Was das Stimmenverhältnis bei de« letzten Landtagswahlen anbelangt, so haben die Konservativen mit etwa 32.300 Stimmen gegenüber der früheren Wahl einen Zuwachs von etwa 8500 Stimmen, die Sozialdemokraten mit etwa 28,800 Stimmen einen solchen von 8100, die Nationallibe ralen mit etwa 11,500 Stimmen einen solchen von etwa 1300, die antisemitischen Reformer mit rund 11,000 Stimmen einen solchen von rund 8400 Stimmen zu verzeichnen, während die Fortschrittler mit etwa 3600 und die Freisinnigen mit etwa 2200 Stimme« je über 3000 Stimmen verloren haben. — Die 17 Gymnasien im Königreich Sachsen wurden im Sommerhalbjahr 1895 von 5570 Schü lern besucht, die auf 225 Klaffen verteilt waren. Die 10 Realgymnasien Sachsens hatten in 143 Klas sen 3478 Schüler, während die 23 öffentlichen Real schulen von 6069 und die 17 Lehrerseminare von 2790 Schülern besucht wurden. Die beiden Lehre rinnenseminare in Dresden und Callnberg hatten 189, die beiden höheren Töchterschulen in Dresden und Leipzig 794 Schülerinnen. * — Hohndorf, 24. Okt. Am Dienstag abend gegen ^28 Uhr entstand auf noch unermittelte Weise in dem von Mietern bewohnten Hintergebäude des Herrn Bäcker Meischner ein Brand. Durch schnell herbeigeeilte Hilfe gelang es, bas Feuer zu dämpfen, sodaß nur ein Bett verbrannte. — Leipzig, 23. Okt. Heute morgen kurz vor 11 Uhr, als sich Herr Polizetdirektor Bretschnei der zur RatSplevarsitzung begeben wollte, trat in der Gegend der auf der Promenade an der Pleißen- burgbrücks stehenden Normaluhr der am 6. Dezember 1848 zu Frankenthal geborene, am 1. Juni 1892 wegen Krankheit Pensionierte frühere Leipziger Schutz mann Friedrich August Ziegenbalg an ihn mit dem Ansuchen heran, er möge sich Ziegenbalg's angeblich im Elend befindlicher Familie erbarmen. Als Herr Polizeidirektor Bretschneider ohne Antwort weiter gehen wollte, feuerte Ziegenbalg plötzlich aus seinem Revolver sechs Schöffe ab, von denen der erste nach Ziegenbalg's Behauptung ein blinder war, die an deren fünf jedoch scharfe Schüsse waren. Nur da durch, daß die nach der Brust gezielten scharfen Schüsse eine Aktenmappe und ein Aktenstück trafen, wurde eine Verletzung des Herrn Polizeidirektors verhütet. Durch herzuspringende Passanten wurde Ziegenbalg der Revolver entrissen und er dem Poli zeiamt zugeführt. — Von anderer Seite wird dazu berichtet: Ziegenbalg gab auf den Polizeidirektor drei Schüsse ab. Zwei Kugeln durchschlugen eine in einer Aktenmappe unter dem Arme getragene, 25 Blatt starke Denkschrift, beir. die Grundsteinlegung des neuen Reichsgerichtsgebäudes und drangen dem Polizeidirektor bis aff das Unterhemd in der Gegend des Herzens. Der Polizeidirektor ist unverletzt. Der Thater erklärte nach seiner Festnahme mit größter Gelassenheit, daß er den Polizeidirektor am Rathause abgelauert und erschossen hätte, wenn er einen an deren Weg eingeschlagen hätte. — Vom Landgericht Leipzig wurde vor einigen Tagen die Hebamme Wilhelmine Bertha Schurig in Plagwitz zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt, weil sie versäumt hatte, bei einer einem Neugeborenen befallenen Augenentzündung dringend einen Arzt zu fordern resp. von der Nichtbefolgung ihrer Anweisung solchen herbeizuziehen Anzeige zu erstatten. DaS Kind war infolgedessen nm das Licht beider Augen gekommen und zum Glück nachträglich gestorben. — Gegen einen Lehrer in L. ° V 0 lkmars « d 0 rf, der sich einer Ueberschreitung des ZüchtigungS- rechts schuldig gemacht hat, ist bei der Staatsan waltschaft Strafantrag wegen Körperverletzung ge stellt worden. — Herr Rechtsanwalt Theodor Müller in Chemnitz, einer der geachtetsten Mitbürger und langjähriger Stadtverordneter daselbst, ist nach furcht baren Leiden am Zungenkrebs gestorben. Man ver mutet, er habe sich die schreckliche Krankheit durch seine Gewohnheit, Aktenseiten mit dem befeuchteten Finger umzuwenden, zugezogen; so sei die Ansteckung durch Uebertragung erfolgt. — Das Chemnitzer Stadtvsrmdneten-Kol- legium hat dem dortigen Rate beachtenswerte Vor schläge wegen des Submissivnswesens unterbreitet. Darnach sollen zu der Eröffnung der Angebote »lle diejenigen eingeladen werden, die sich mit um eine Arbeit beworben haben. Dadurch glaubt man der Schleuderkonkurrenz zu begegnen, aber auch vom Rat den Vorwurf der Parteilichkeit abzulenken. — Zwickau, 23. Okt. Gestern fand hier eine Konferenz sächsischer und reußischer Polizei-In spektoren und Wachtmeister (Gemeindebeamten) statt. Dienstliche und außerdienstliche Besprechungen bilde ten den Gegenstand der Verhandlungen. — Waldenburg, 23. Okt. Zur Zeit wer den hier die Drähte für die elektrische Beleuchtung im hiesigen Seminar, welche am 26. d. erstmalig in Betrieb gesetzt werden soll, gezogen. In der Stadt wird die elektrische Beleuchtung im Laufe des Novem ber in Wirksamkeit treten. — Ein Familiendrama, wie es schauerlicher nicht gedacht werden kann, spielte sich in der Nacht zum Dienstag inNieder-Gittersse ab. Der dort wohnhafte, auf den Königl. Werken beschäftigte Bergarbeiter Robert Hecht kam stark betrunken nach Hause; seine Schwiegermutter, Frau verw. Hart mann, empfing ihn und hierbei ging es, wie bereits früher, ohne Mißhandlungen der alten Frau nicht ab. Dieselben arteten aber an dem genannten Abend in so brutale Rohheiten aus, daß die Frau an den Verletzungen gestorben ist. Ob es sich bestätigt, daß die Frau direkt stranguliert worden ist, muß erst die Untersuchung ergeben. Der Unmensch nebst seinem Sohne, welcher mitverdächtig erscheint, ward am Dienstag früh gebunden nach Dresden abgeliefert. — Bekanntlich ist in dem bei Borna gelegenen Mölbis die Diphtherie so stark aufgetreten, daß die Schule geschlossen werden mußte. Von einer Familie liegen alle sieben Kinder an der tückischen Krankheit schwer darnieder; eines davon, ein sechs jähriger Knabe, ist gestorben. — Görlitz, 23. Okt. Nach zweitägiger Ver handlung wurde gestern abend 7 Uhr der Weber August Engmann von den Geschwornen zum Tode verurteilt. Engmann hatte in der Nacht zum 2. Mai d. I. in Gerlachsheim seinen Onkel, den 74 Jahre alten Weber Engmann, in seinem Häuschen ermordet und beraubt. Zur Verhandlung waren 70 Zeugen sowie mehrere Sachverständige geladen. 8 Berlin, 23. Okt. Gegen den belgischen Kapitän Lothaire werden von einem Heizer, namens Thomas Mradley, der kürzlich aus Westafrika zurück gekehrt ist, weitere Beschuldigungen erhoben. Er und 3 Andere waren als Aufseher für Eingeborene am Kongo angestellt. Als sie nach einiger Zeit Lohn verlangten, ließ Kapitän Lothaire ihnen in der Nacht die Hütte über dem Kopf in Brand stecken, sodaß ihr Leben nur durch Zufall gerettet wurde. Als diese nun Lothaire deshalb zur Rede stellten, zog dieser den Säbel und hieb dem Sprecher mit der flachen Klinge über den Rücken, befahl den einge borenen Polizisten, ihn an einen Baum zu binden.