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Angriffe, denen er seitens der Fabrikanten wegen der Ausübung seines Berufs ausgesetzt ist, tn Schutz. Die Bekanntmachung hat folgenden Wortlaut: „Warnung. Wie mir mitgetetlt worden ist, wird der Polizetwachtmeister wegen seiner gewissenhaften Thittigkett als Fabrikrevisor, welche er aus höhere Anordnung im Auftrage des Staatö auSzuüben hat, vielfach, namentlich an Biertijchen arg angefeindet und zum Teil schwer beleidigt. Ich warne nach drücklich vor derartigem unqualifizierten Vorgehen und werde vorkommendenfalls gegen jeden Beleidiger, sei es, wer es wolle, Strafantrag bei der Staats anwaltschaft wegen Beamtenbeleidigung stellen, da ich unmöglich dulden kann, daß ei» Ratsbeamter lediglich um deswillen, weil er seine Aufträge genau und gewissenhaft ausführt, öffentlich beleidigt wird. Limbach, 28. August 1895. Bürgermeister vr. Gol denberg. — Oelsnttz i. E., 8. Sept. Heute weilte hier der Bischof Dr. Wahl aus Dresden und voll zog in der neuen Kapelle an den Kindern der katho lischen Bevölkerung von hier und Umgegend die Fir melung. Z Berlin,- 9. Sept. Der Kaiser richtete an den Reichskanzler nachstehenden Erlaß: Die Feier der fünfundzwanzigjährigen Wiederkehr der ruhm reichen SiegeLtage des Jahres 1870 hat viele Tau sende von Fcstteilmhmern veranlaßt, auch Meiner freundlich zu gedenken und Mir aus allen Gauen des deutschen Landes und selbst von fernen Welt teilen her treue Grüße zu senden. Alle diese Kund gebungen patriotischen Empfindens vermag Ich zu meinem Bedauern nicht im Einzelnen zu beantworte». Ich wünsche aber allen Beteiligten, besonders auch den Veteranen der großen Zeit, die freudig Gut und Blut mll in dis Wagschale geworfen haben, Meinen kaiserlichen Dank auszu prechea und ihnen zu erkennen zu geben, wie herzlich Ich durch jene AufMerkfam- keiten erfreut worden bin. Mit Genugthuung hat es Mich erfüllt, mit welcher Begeisterung das deutsche Volk in fast allen seinen Gliedern die Tags der Wiedergeburt des deutschen Reiches gefeiert hat und wie es dabei von Neuem allgemein ins Bewußtsein getreten ist, welche wunderbaren Errungenschaften wir nächst Gottes sichtlichem Beistände der weisen Führung des großen HeldenkatserS Wilhelm's des Großen, seinen erlauchten Bundesgenossen, seinen aus gezeichneten Ratgebern, erprobten Feldherren und braven Truppen zu verdanken haben. Zahllose Kaiser- und Kriegsdcnlmünzen zeugen von der Pietät und Dankbarkeit unserer Zett und mahnen uns ferne Geschlechter an die blutige Saat, aus der erst unser neugsewtes Vaterland tzervorgezongsn. Ein Volk, welches so leinen Toten ehrt und so seiner Vergangen heit gedenkt, wird, das hoffe Ich mit Zuversicht, i allezeit treu zu Kaiser und Reich stehen und sich auch j jener vaterlandSlosen Feinde der göttlichen Weltord nung zu erwehren wissen, die selbst tn dielen Tagen nationaler Begeisterung dreist ihr Haupt erhoben und sich nicht gescheut haben, das Andenken des großen Kaisers zu schmähen und dadurch das deutsche Volk in seinen edelsten Erinnerungen und Empfindungen zu verletzen. Z Die jüngste Kaiserrede auf dem Festmahl der Previn; Pommern in Stettin präzisiert unseres Er achtens die Forderungen noch bestimmter, die der Kaiser bereits am Sevantage im Schlosse zu Berlin ausgestellt. Diejenigen, welche darin die Aufforde rung zu neuen gesetzlichen Maßnahmen erblicken wollten, scheinen über das Ziel hinausgeschossen zu sein, daS der Kaiser gesteckt. Wie es der Kaiser auch schon in seiner Berliner Rede klar und deutlich ausgesprochen, waren seine Worte garlucht gegen die ganze sozialdemokratische Partei gerichtet, sondern ' Das Irrlicht von Wildenfels. Original-Roman aus unseren Tagen von G. v. Brühl. - Rachdruck verdate». (Fortsetzung.) „Fürstenberg?" wiederholte Franz. „Wie kommst Du auf ihn?" „Höre zu, was mir soeben im Forst begegnet ist. Meta Herz zittert noch in banger Sorge und Aufregung", antwortete die Baronin, „es war ein entsetzlicher Anblick, ein schmerzlicher Anblick! Im Forst sah ich einen alten zerlumpten Bettler am Wege sitzen. Er hatte langes graues Haar. Er erinnerte mich an Fürstenberg — „Weshalb an ihn, Mutter?" Ich weiß cs nicht. Ich mußte sogleich an den Ingenieur Fürstenberg denken und ließ den Wagen halten, um den alten Mann zu mir rufen zu lassen und ihn zu beschenken und nach seinem Namen zu fragen — aber kaum erblickte er mich mit seinen scheuen, unbeschreiblich jammervollen Blicken, als er aufsprang und in den Forst hinein lief, wie wenn er vor mir fliehen müßte „Ein Landstreicher vielleicht, gute Mutter!" „Franz" — die Baronin trat ganz nahe zu ihrem Sohne hin und erfaßte die Hand desselben, während sie sich schnell umsah, „es war mir wie ein quälender Vorwurf — es war mir, als laste ein Unrecht auf mir, dem Ingenieur Fürstenberg gegen über — und ich weiß doch nichts von einem solchen — zum ersten Male war es mir diesem scheuen, zerlumpten Bettler gegenüber, als habe ich ein schlech tes Gewissen — nur gegen die Rotte unter ihnen, die daS Ansehen Kaiser Wilhelms I. in den Schmutz zu ziehen und das nationale Bewußtsein des Volkes zu vernichten t achtet. Der Kaiser fordert sein Volk auf, diese Rottengeister zu meiden, sich vor der Ansteckung ihres Giftes zu bewahren und diese Schandbuben, denen nichts heilig ist, was des Volkes Größe und Ehre bildet, vollständig zu isolieren. Es ist so mensch lich schön, daß der Enkelsohn auf das strahlende Bild des großen Heldenkaisers keinen Flecken noch Makel werfen lassen will und sein Volk auffordert, mit dafür etnzutreten, daß der Gestalt des Herrlichen nichts von ihrem Glanze genommen wird, baß nur die Roheit selber solcher Aufforderung spotten kann. Und unser Kaiser hofft auf sein Volk und rechnet mit Bestimmtheit darauf, daß ein jeder dem frevel haften Gespött verrohter Patrone ein kräftiges Veto entgegensetzen und dadurch an seinem Teile dazu beitragen wird, daß diese Ruchlosigkeiten fortan we nigstens das Licht der Oeffentlichkeit meiden werden. Die Liebe und Verehrung sür den verstorbenen ersten deutschen Kaiser soll die Wehr bilden gegen den Cynibmus derjenigen Individuen, welche den Namen „Deutscher" zu tragen nicht wert sind. Umsturz- und Ausnahmegesetze würden in diesem Falle auch nicht fertig bringen, was der Liebe eines große» und dankbaren Volkes gelingen wird. 8 Die „Berl. Volkszeitung" bringt eingehende sensationelle Mitteilungen über die langjährige Ein sperrung einer Dame, Frau Baumeister Rothenburg, in der Berliner städtische» J-renanstalt, welche gegen den entschiedenen Widerstand ihres Sohnes auf Betreiben ihrer Schwester erfolgt sei, worauf Letztere von ihrem Vater zur Universal-Erbin ein gesetzt worben ist. Die Dame sei bereits einmal ent lassen, dann trotz Widerspruchs ihres Sohnes und Vaters entmündigt und wieder interniert worden, bis neuerdings auf eins Jmmedrai-Eingabe beim Kaiser Verhandlungen über die Entlassung der Frau eingeleiiet worden seien. Der Magistrat sei auch zur Entlassung bereit, diese fei aber bisher daran ge scheitert, daß die wohlhabende Familie dis Zrhkuag der Erhaltungskost^ verweigere. Die Volkszeitung fordert den Magistrat auf, die Familie daraufhin zu verklagen, regt die Erörterung der Sache in der Stadtverordnetm-Versammlung an und erklärt, nicht zu ruhen, bis eine befriedigende Erledigung der Sache erreicht sei. Auch der Sohn der aus Betreiben der Verwandten und aus ärztliche Attest? eingesp-rrt?» Daws, ein Offizier, sei infolge seiner Anstrengungen zur .Befreiung der Mutter als geisteskrank, und zwar auf Attest des Hausarztes feiner Tante, in die Irren anstalt zuU-ckermüvde gebracht und zw.-i Jahre fest- gehalten worden. Die „Volkszeitung" nennt unter den Freunden der Dame, deren Jrrevhaft jetzt sechs Jahre dauere, den Amtsgerichisrat v. Pritt witz, Geheimen Ober RsgierungSrat Dr. Sarrazin und den einstigen Leibarzt des Kaisers Friedrich, Dr. v. Wegener. Die Eingabe an den Kaiser habe fie durch den Sohn ihres früheren Erstehsrs, des Schulrates Kutzinger, den Hosprc-diger Kitzinger, an ihre Adresse gelangen lassen. Da de? Vorgang mit so vielen Einzelheiten witgsteilt und anscheinend bestimmt ist, von sich reden zu machen, geben wir die Mitteilungen der „Volkszeitung", der natürlich sür ihren Inhalt die volle Verantwortung zufällt, wieder. Z Eine interessante Begegnung hatte der Ober förster Kupfer aus Wilmsdorf her Kreuznach in Ostpreußen, als er in diesem Sommer dis Schlacht felder des demsch - französischen Krieges besuchte Kupfer diente im Jahre 1870 als Oberjägsr beim ostpreußischen Jägerbataillon Nr. 9 und machte mit diesem den Feldzug mit. Vom 13 August bis zum „Welchs Gedanken, meine liebe Mutter!" „Beruhige mich! Sage mir, ob damals etwas geschehen ist, was unrecht war!" „Aber ich bitte Dich — was soll geschehen sein?" „Schwöre mir, daß dem unglücklichen Fürsten berg kein Unrecht widerfahren ist — außer dem Un recht gegen seine Tochter! Schwöre mir!" „Aber, gute Mutter, ich begreife nicht, wie Du jetzt plötzlich auf diesen Fürstenberg kommst, der da mals ja abgefunden worden ist und nach Amerika gehen wollte". „Ja, ja, Du hast Recht, auch ich begreife nicht, wie ich jetzt auf ihn komme — der Bettler mit den langen grauen Haaren verschuldet cs — es muß doch etwas an demselben gewesen sein, was mich an den Ingenieur Fürstenberg erinnert hat ". „Ein Zufall vielleicht. Oder eine Gedanken verbindung — „Es ist ihm damals kein Unrecht geschehen?" „Nicht das geringste, gute Mutter!" „Wie kam ich denn nur zu diesem Gefühl der Schuld, des Borwurfes, des schlechten Gewissens!" „Du kannst ganz ruhig sein! Gieb mir Deinen Arm, liebe Mutter, ich will Dich in Deine Gemächer führen." „Ja, Franz, und dann mache doch den Versuch, ob Du erfahren kannst, wie es dem Ingenieur Fürstenberg geht, ob er noch lebt, ob seine Tochter —" die Baronin unterbrach sich selbst — „Du wür dest mir einen Gefallen thun, Franz, wenn Du so gleich Erkundigungen über Fürstenberg'S Verbleib einzögest. Ich will wissen, ob der heute in mir wach gerufene Gedanke irgend eine Begründung hat, ob 2. November lag er wählend der Belagerung vorr Metz gelegentlich mit zwanzig Jägern bei einer Witwe Rouy in Feuilly längere Zeit in Quartier. Als er nun Feuilly besuchte, fand er das HauS seiner ehe maligen Quartierwirtin wieder und traf auch diese noch unter den Lebenden an. Die Frau war unter dessen 75 Jahre alt geworden und erkannte Kupfer nicht wieder, zumal er sich einen starken Vollbart hatte wachsen lasten. Der ehemalige Obcrjäger half aber dem Gedächtnis der Greisin nach, indem er sie an „Monsieur Adolf" erinnerte, wie seine Jäger ihn damals genannt hatte». Nun ei kannte sie ihn und fiel freudig bewegt dem alten Jäger um den Hals. Das Wiedersehen wurde gehörig gefeiert. Frau Rony ließ ihre Töchter, die im Dorfe verheiratet waren, herbeirufen, um sie an der unerwarteten Freude teil nehmen zu lasten. Bei der Feier gab es aber für den ehemaligen Oberjäger noch ein zweites Wieder sehen. Die Greisin fchonte ihren Keller nicht. Unter den Flaschen aber, dis aufgetragen wurden, befand sich eine, die den Namen einer Königsberger Liqacur- fabrik trug. Diese Flasche hatte sich unter Venen befunden, die, mit einem stärkenden Trur-ke gefüllt, den Truppen als Liebesgabe ins Feld zugesandt wor ben waren, und war von den Einquartierten in dem Quartier zurückgelasten. Frau Rouy hat die Flasche, und außer ihr noch sechs andre, feit 25 Jahren im Gebrauch und wird wohl auch in Zukunft noch ihre» Wein in sie füllen. 8 Darmstadt, 9. Sept. Ja der »ergange nen Nacht überstiegen mehrere Person-n die Mauer des städtischen Friedhofs, erbrachen die Leichenhalle, öffneten dis Särge, unter denen sich der einer Person befand, dtt, wis haL Gerücht weidete, mit wertvollem Schmuck beerdigt werden sollte, und zertrümmerten bis Grabkreuze. Dis Polizei Hal 100 Mark Beloh nung auf die E-mittelung der Kirchhosschänder aus- gesttzt. 8 Lübeck, 7. Sept. In höchst schlauer Weise haben Ottendorfer Bauern den Eisenbahnsiskus hinters Licht ge führt. Sie wollten zum Besuch ver Lübecker Ausstellung, den ihnen am bequemsten liegenden Mittagszug, der 12 Uhr 17 Minuten den Bahnhof Ottendorf vassiert, benutzen. Sie verlangten also auf dem Bahnhofe Ottendorf Fahrkarten nach Lübeck zu diesem Zuge. Der Bahnhofsvorsteher, welcher dort zugleich die Billets ausgiebt, sagt den guten Leuten: „Billets kann ich Euch wohl verkaufen, ob Ihr aber mit dem Zuge mitkommt, dafür kann ich nicht bürgen, denn der Zug ist in denr Fahrplan mit einem o bezeichnet, und solche Züge halten, wie im Fahrplan bemerkt ist, in Ottendorf nur dann, wenn Jemand aussteigen will." Die Landleute, denen dies wohl bekannt ist, erwidern zuversichtlich: „Das ist ja unsere Sache." Mit ziemlicher Spannung erwartet man den Zug, und richtig, er hält. An dem Schmunzeln der Landleute und ihrer Ruhe konnte man wohl merken, dah sie das mit ziemlicher Sicherheit gewußt hatten, und so war es auch. Um diesen Zug, der nur hält, wenn Jemand auf Bahnhof Ottendorf „aussteigen" will, benutzen zu können, hatten sie einen Knecht nach Eutin gesandt, der sich dort für wenig Groschen ein Billet nach Ottendorf lösen mußte und so den Zug hier halten lassen konnte. Z Forst r. L , 9. Sept. Die ganze Gegend bis nach Schlesien hin wurde von einem furchtbaren Gewitter heimge sucht. Vielfach entstanden Brände infolge von Blitzschlägen. 8 Straßburg i. E., 9 Sept. Während des Manö vers in Bisel in Oberelsaß wurden vier Soldaten des In fanterieregiments 114 vom Sonnenstich getroffen. Ein Soldat ist an den Folgen des Sonnenstichs verstorben. Frankreich. General Manier läßt durch einen Journalisten der „Patrie" ein« längere Erwi derung auf die ZarschtWeiftUig deustchsr Blätter ver- öffsn Uchen. Er behauptet, er hab« einen Brief an den Knegsmsiuster gejaudi, ihm alles Material gegen jenen öemschen Offizier zugsstellk, von chm jedoch Vie Weisung erhalten, nicht mehr in Zeitungen zu schrei ben, sonst werde er verabsch-rdex werden. Sollten ihn aber deutsche Blätter weiterhin reizen, so werbe er trotzdem all' sein Material publizieren. Er will den Knegsminister aufgefordert haben, Lem Minister rat Mitteilung von seinem Material zu machen und es diesem Mann, der uns einst so viele Dienste ge leistet hat, schlecht geht, ob er darbt — bettelt — — ich mag nicht au diese Möglichkeit denken, denn sie verletzt mich wie ein Vorwurs, wie eine Schuld! Versprich mir daS, Franz, und nun gieb mir Deinen Arm!" — 10. Die Begegnung im Moosbruch. Der Oberförster Grimm, ein überaus gerader, , grober und heftiger Mann bei großer Gutmütigkeit, kam in hereinbrechender Dunkelheit mit dem alten Gimpel aus dem Teile des Forstes zurück, i« wel chem die Holzfäller und Waldarbeiter beschäftigt waren, und wollte nun nach seinem bei Wildenfels liegenden Forsthauss Moosbruch zurückkehren. DaS Forsthaus hatte seinen Namen von dem ausgedehnten Bruch erhalten, welcher sich inmitten des Forstes befand und welcher an einzelnen Stellen mit großen, alten Bäumen bestanden war, während andere Stellen ganz sumpfig waren, so daß nur Moos und Gestrüpp auf ihrer Oberfläche wucherten. Gimpel machte ein sehr bedenkliches Gesicht, als er merkte, daß der Oberförster durch den Bruch gehen wollte, um sich den Weg nach dem Forsthause auf diese Weise abzukürzen. Er blieb stehen. „Nun?" rief er Gimpel zu, seine kurze Pfeife dabei im Munde behaltend, „was wird?" „Herr Oberförster, hier kommen wir in den Bruch hinein, wir müssen drüben gehen," antwortete Gimpel. (Fortsetzung folgt.)