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sofort Männer bereit erklärt haben, das Unternehmen pekuniär sicher zu stellen, und so scheint sich das Projekt in aller Kürze verwirklichen zu lassen. — Für eifrige Kegelbrüder sei hier folgendes Kuriosum verzeichnet: Bei einem Kegelabend in Roschütz (Sachsen-Altenburg) wurden von den nachstehenden Herren Fr. Höhn, C. Würschnitz;«, I. Breuning, B. Frommann, C. Weisnitzer und H. Fischer vier Partien ausgekegelt und dabei zehnmal alle Neun, sechsmal Königsjour, achtmal 8, 23mal 7 und zehnmal Centrum geschoben, Leistungen, die auf dem Gebiet des Kegelspiels einzig dastehen dürf ten. Dabei hat Herr Fischer, der allein viermal 5, zweimal Jour und sechsmal 7 geschoben hat, alle vier Partien verloren. 8 Ein Wiedertäufer, der zum Grenadierregiment nach Stuttgart einqezogen worden war, läßt sich nicht bewegen, ein Gewehr in die Hand zu neh men, und weigerte sich auch vor der ganzen Kom panie, als er von seinen Vorgesetzten hierzu aufge fordert wurde. Einstweilen sitzt er im Militärarrest, um sich wegen Gehorsamsverweigerung zu verant worten. 8 Ein verschwindendes lothringisches Dorf. Die Karten von Lothringen werden demnächst eine Berichtigung erfahren müssen, indem es nicht lange dauern wird, bis das im Laudkreise Metz gelegene Dorf Nidange vom Erdboden verschwunden ist. Ein Herr de Curel kauft nämlich zur Vergrößerung seiner Jagden so viel wie möglich Felder auf, um sie in Wälder umzuwai belri. Das erwähnte Dorf ist bis auf einige Häuser bereits sein Eigentum und schon größtenteils abgebrochen. Auch die wenigen noch vorhandenen Familien werd n, wenn sie nicht in kurzer Zeit mitten im Walde wohnen wollen, verkaufen müssen. Damit ist das Schicksal des Dorfes, das schon im 12. Jahrundert erwähnt wird und auf deutsch Nibingen heißt, besiegelt. ß Neufahrwasser, 14. Septvr. Gestern stand die gesamte HerbstLbungSflotte unter dem Kom mando des Admirals Knorr vor Jershöft. Beim Erscheinen der Kaiserlichen Jacht waren die Topp- flaggen gehißt. Der Kaiser durchfuhr die zu Parade aufmarschierte Flotte. Die See ist stark bew?gt. Nach der Parade fand die Kriegsübung statt. Heute ging die Flotte in die Danziger Bucht, der Kaiser begab sich um 9 Uhr an Bord des „Mars" dorthin, wobei weitere Uebungen folgten. Das Wetter klärte sich auf. Heute Nacht findet ein Torpedobootsangriff auf die Flotte statt. ß Die verflossene Woche stand unter zwei auf fallend verschiedenen Zeichen, dem der äußeren Ein tracht und Stärke und dem der inneren Zwietracht und Zerrissenheit. Das erstere Zeichen boten die Stettiner Kaisermunöver, die im Lichte der 25jähcigen Jubelfeier des Bestehens deS Reiches und der An wesenheit des Kaisers von Oesterreich, des Grafen von Turin, als Vertreters des Königs von Italien, sowie zahlreicher deutscher Gundesfürsten, an ihrer Spitze der König von Sachsen, eine unvergleichliche Manifestation deutscher Stärke und BÜndnistreue darstellten und auf die Nachbarn im Westen und Osten einen tiefen Eindruck hervorbrachten. Wesent lich anders und trüber gestaltete sich der Verlauf der inneren Politik der vergangenen Woche. Ein verratener Privatbrtef, ein längst aus seiner Stel lung entfernter ehemaliger Führer der konservativen Partei boten Stoss zu weitläufigem Klatsch und Zwist, dessen Ende leider noch garnichr abzusehen ist. Die gelehrten Kommentare, die zu dem Briefe des ehemaligen Hofpredigers Stöcker geschrieben sind, wären wirklich einer besseren Sache wert gewesen. Herr Stöcker ist am Sonnabend wieder nach Berlin zurück- Das Irrlicht von Wildenfels. Original-Roman aus unseren Tagen von G. v. Brühl. " Nachdruck Verbote». (Fortsetzung.) „Es thut mir leid, daß ich Dich unwissentlich gekränkt habe, Martha," sagte Franz leise, „ich habe nichts davon geahnt. Wir Menschen greifen ja immer nach dem Verlockenden. Ob zu unserem Glücke, ist sehr fraglich! Nun, dann laß uns wenigstens gute Freunde bleiben," fuhr er fort und reichte Martha seine Hand, „vielleicht wird noch alles gut, wir wollen es hoffen, und Du wirft meine teilnehmende Schwägerin." Ein spöttisches Lächeln zuckte um Martha's Mund. „Deine teilnehmende Schwägerin kann Dir nur den Rat geben, Deine Augen offen zu halten," ant wortete sie, „doch ich habe schon mehr gesagt, als mir zustand. Wenn ich Dir riet, Lisbeth zu ver- gefsen, so war das der letzte Beweis meines Inte resses für Dich. Ich habe nun nichts weiter hinzu zusetzen." Franz horchte auf. Leichte, schwebende Tritte kamen draußen näher. Nun wurde die Stubenthür aufgemacht. Lisbeth erschien auf der Schwelle. Als sie Franz erblickte, blieb sie einen Augen blick zögernd stehen. Eine unsichtbare Macht stieß sie immer wieder von ihm zurück. Und sie war doch mit ihm verlobt! Wie viele Stunden in stillen Nächten hatte sie auf ihren Kissen weinend zugebracht. Ihr Herz trau gekehrt und wird nun selbst in die Politik eingreifen. Daß er den viel berufenen Brief, der Zwist zwischen dem Kaiser und seinem damaligen Kanzler, dem Fürsten Bismarck, säen will, jedoch so, daß der Kaiser nichts davon merkt, in der That geschrieben hat, kann auch Herr Stöcker nicht leugnen, gerade deshalb kann man aber eine ganze Flut von Argumenten und Aufklärungen mit Sicherheit erwarten. Man nennt die Partei derer, die gegen einflußreiche Per sonen des Hofes agitieren, bekanntlich eine Camarille; derselben sollen zu jener Zeit, dem Regierungsantritt Kaiser Wilhelm II., außer Stöcker und Hammerstein noch eine ganze Reihe hochadliger Junker angehört haben. Auch von dem gegenwärtigen Bestehen einer solchen Camarille wird in den Zeitungen viel erzählt, und zwar soll es sich dies Mal um die Bil dung einer Fronte gegen den Fürsten Hohenlohe handeln, an dessen Stelle man in gewissen Kreisen ein Mitglied der Familie Eulenburg zu sehen wünsche. Wir möchten diese Version nun ganz entschieden für eitel Reporterphantasie halten, denn wir glauben einmal, daß unserem Kaiser gegenüber das Jntri- guenspiel denn doch ein sehr gefährliches wäre, ums andere sind wir überzeugt, daß keine Macht der Erde im Stande wäre, das Vertrauen zu erschüttern, das Kaiser Wilhelm in seinen welterfahrenen Reichs kanzler sitzt. 8 Ein kaum glaublicher Vorgang wird auS der Rheinprovinz gemeldet. Eine Anzahl Veteranen, welche zum Sedantage eine Ehrengabe aus städtischen Mitteln in Elberfeld und Düsseldorf erhielten, sollen diesen Geldbetrag Vertrauensmännern der sozial demokratischen Partei überwiesen haben. Sollte sich diese Meldung bestätigen, so verdiente ein derartiges Vorgehen natürlich die schärfste Verurteilung, da es eine ganz erbärmliche, niedrige Gesinnung verraten würde. Sollte ein Veteran eine Ehrengabe zum Se- dautage mit seinen etwaigen sozialdemokratischen Ueberzmguugcn für unvereinbar halten, so könnte er dieselbe ablehne«; man würde sich um den Mann nicht weiter kümmern; die Gabe aber anzunehmen und sie dann dem sozialdemokratischen Agitations fonds zu überweisen, ist eine Handlungsweise, wie sie ehrloser kaum gedacht werden kann. * * Der Kaiser Franz Iosef hat anläßlich der Manöver bei Stettin an den deutschen Kaiser nach stehendes Handschreiben cio clato 11. Sept, gerichtet: „Ew. Kaiser!, und Königl. Majestät haben Mir durch die Einladung zu den Manöver« Ihrer Armee eine große Freude bereitet. Sir war Mir vor Allem will kommen als ein wiederholter Beweis der Mir und Meinem Heere so wertvollen freundschaftlichen Gesin nung Eurer Kaiserl. und König!. Majestät. Als be sonder« Auszeichnung habe Ich es empfunden, neuer- i dings in der Mitte Eurer Kaiser!, und Kgl. Maj. I ruhmreicher Armee weilen zu können. Mit auFich- , tiger Genugthuung erfüllte es Mich hierbei, durch i di« hohe Würde, welche Ew. Kaiserl. und Königl. > Majestät Mir zu verleihen geruht haben, Ew. Kaiserl. und Königl. Majestät Heere nur noch näher getreten ' zu sein. Beseelt von dem Wunsche, die herzlichsten s Beziehungen unserer Armeen noch enger zu gestalten, gereicht es mir nun zur besonderen Freude, Ew. Kaiserl. Majestät zu bitten, als oberster Inhaber zweier Regimenter auch die Uniform eines Generals der Kavallerie Meiner Armee tragen zu wollen. Diese würde hierin eine besonders hohe Auszeichnung und ein neues Band der Waffenbrüderschaft erblicken". * * Ein gewaltiges Erdbeben hat, wie schon ge- Z meldet, Mittelamerika heimgesucht und ganz E enormen Schaden angerichtet; auch über 300 Men- S schen sind dem Erdbeben zum Opfer gefallen. Die Erdstöße begannen am 8. September, hörten zwei . erte um Hellmuth und konnte ihn nicht vergessen. Sein Blld stand immer noch vor ihr und drängte sich, wo sie auch war, zwischen Franz und sie, und im Traume erschien er ihr mit vorwurfsvoller Miene und schmerzerfüllten Blicken. Das ließ ihre Seele zittern und verscheuchte jede Hoffnung aus Glück von ihr. Franz kam auf sie zu und ergriff ihre Hand. „Da bist Du ja endlich, meine liebe Braut," sagte er, „ich erwarte Dich bereits. Ich habe Dich seit Tagen nicht gesehen. Nun laß mich endlich daS Glück genießen, mich an Deinem Besitze erfreuen zu können." Während er Lisbeth zum Sofa hinführte, ver ließ Martha mit hastigen Schritten die Stube, als wäre es ihr unerträglich, der Liebesszene beizuwohnen. „Du schweigst? Du wendest Dich ab?" fuhr Franz fort, während er sich mit Lisbeth niederließ, „fühlst Du nicht, wie ich Dich anbete, liebes Mäd chen? Und erkennst Du nicht, welches Glück Di« bevorsteht? Ich werde Dich auf Händen tragen! Im Palais werden die schönsten Gemächer für Dich eingerichtet werden. Du sollst mit mir nach der Re sidenz fahren und dort nach Deinem Geschmack die Einrichtung der Zimmer auswählen." „Das ist alles sehr gut, aber ich habe gar kein Interesse daran," gestand Lisbeth leise. „Die Nachwirkung der Trauerzeit lastet noch auf Deiner Seele, Lisbeth," sagte Franz in schmei chelndem Tone und hielt Lisbeth'S Hand noch immer fest in der seinen, sie mit seinen glühenden Blicken anschauend, „ich achte das, ich zürne Dir daher auch Deiner Zurückhaltung wegen nicht, das wird schon Tage später auf, wiederholten sich jedoch in der Nacht danach mit großem, einer schweren Kanonade gleichen dem Getöse, das über eine Stunde andauerte. Unter den Bewohnern entstand eine große Panik, alles flüchtete ms Freie. ES verlautet, daß in Jetapan in Honduras 71 Häuser zerstört und bisher 153 Leichen aufgefunden wurden, während noch viele Per sonen vermißt werden. Unter den Toten befinden sich gegen 70 Soldaten. In Corajunca sollen 40 Häuser zerstört und 100 Menschen getötet, in CaynSca 111 Leichen aufgefunden worden sein. Auch zahl reiche andere Städte sind von dem Erdbeben heim- gesucht worden, doch ist der hier angerichtete Schaden und der Verlust an Menschen nicht so enorm. Die angerichteten Verwüstungen werden, soweit das bis jetzt überhaupt möglich tst, auf drei Millionen geschätzt. Die Bevölkerung lagert in Straßen und auf Plätzen und ist dem Elend preisgegeben. Die Leute weigern sich, in die unbeschädigt gebliebenen Häuser zurückzukehren. BerwischteS. * Die Gefahr, geliebt zu werden. Ein ländliches Liebesdrama wird aus dem am Fuße des Ochsen kopfes gelegenen, weit bekannten Fichtelgebirgsorte Bischofsgrün gemeldet. Der 19jährige Weber Ernst Herold suchte mit der 17jährigen Gütlerstochter Ba bette Greiner ein Liebesverhältnis anzuknüpfen. Das hübsche Mädchen war aber dem brutalen und etwas liederlichen Burschen abhold; auch die Mutter des Mädchens verbot ihrer Tochter den Umgang mit diesem Menschen. Allein Herold wollte von dem Mäd chen unter keinen Umständen lassen und suchte eS durch Drohungen einzuschüchtern. Dieser Tage sah Herold die Babette Greiner mit einem Rechen auf der Schulter zum Heuen auf die Wiese gehen. Herold ging ihr sofort nach und holte sie in einem Hohl weg ein. Dort lud er, nach seiner eigenen Erzäh lung, das Mädchen ein, sich zu setzen; er müsse ihm eine Mitteilung machen. Die Greiner nahm an dem Böschungsrand Platz, und Herold fragte sie ernstlich, ob sie ihn wirklich nicht Uebe und ihm während seiner Abwesenheit treu bleiben wolle. Die Greiner verneinte seine Fragen und betonte hauptsächlich, daß ihre Mutter weder das Liebesverhältnis noch eine Verehelichung mit ihm dulde, weil sie, Babette, zu Hause unentbehrlich ;ei. Ueber das Drama, das sich nun abspielts, erzählt Herold Folgendes: „Ich zeigte ihr nun meinen Revolver und sagte: „Wen» Du mich nicht magst, erschieße ich Dich!" Sie lächelte mich ungläubig an. Ich sagte: „Wenn ich Dich nicht haben soll, so soll Dich auch Deine Alte nicht haben" — dabei brachte ich den Revolver an ihre rechte Schläfe und drückte los; sie sank lautlos um; nun schoß ich ihr noch eine Kugel in den Kopf, und dann wollte ich mich erschießen, traf mich aber nicht recht." (!) — Nach der That kam ein gewisser Elias Meyer des Weges; er hatte dis Schüffe nicht gehört und sagte zu dem am Boden liegenden Mäd chen: „Was ist denn mit Dir, Babette?" Er be merkte, daß die Greiner noch zweimal tief atmete und dann tot war. Meyer trug sie aus dem Hohl weg und legte sie auf einen Rain. Er gewahrte, wie Herold auf einen nahen Weihermrannte; darin wollte er sich ertränken, es war aber kein Wasser darin. Nun flüchtete der Mörder nach einem ande ren Weiher; bevor er ihn aber erreichte, brach er zusammen. Als Leute herbeieilten, behauptete der Mörder, er sei geschossen worden. Bald erkannte man jedoch den Zusammenhang der blutigen That, und nun hatte die unterdessen herbeigeeilte Gendar merie alle Energie aufzubieten, um den Mörder vor dem Lynchen zu schützen. anders werden, die Zeit der Trauer wird vergehen, und dann wirst Du mir ganz angehören, ganz, für immer!" Lisbeth'S Herz schlug ungestüm. Eine unbe schreibliche Angst erfüllte sie in der Nähe des BaronS, eine geheime Furcht, welche sich zum Entsetzen stei gerte, als er seinen Arm um sie legte. „Die kurze Zeit wird verrinnen," flüsterte er, „mir wird sie ja zu einer Ewigkeit, Lisbeth! Aber der Gedanke gewährt mir schon Wonne, daß Du mir als meine Braut angehörst. Ich habe alle Hindernisse beseitigt. Ich mußte Dich besitzen und stellte sich mir auch die ganze Welt entgegen! Ja, so liebe ich Dich, so begehre ich Dich, so —." „Haft Du nicht einst auch ebenso zu Gertrud Fürstenberg gesprochen?" fragte Lisbeth leise mit mahnender Stimme und sah Franz ernst an. Diese Frage berührte ihn sehr peinlich, sehr un angenehm. Sein Gesicht verzog sichzufinsterem Unwillen. „Wer hat Dir denn von dieser längst verflosse nen Angelegenheit erzählt, Lisbeth?" fragte er, „wer ruft denn diese begrabenen Dinge immer wieder wach? Damals lag n Gründe und Verhältnisse vor, welche mich zwangen, jenes übereilt geschlossene Ver hältnis aufzugeben." „Ich denke, Du hast Gertrud sehr geliebt?" Franz zwang sich zu einem häßlichen Lächeln. „Sieh da — täusch' ich mich oder ist das ein Anflug von Eifersucht, mein Schatz?" sagte er, „wo Eifersucht ist, da ist auch Liebe! Es giebt keine Eifersucht ohne Liebe! Laß Dich umarmen! Du beglückst mich! Du liebst mich! Einen Kuß, Lis beth, einen Kuß!"