Volltext Seite (XML)
Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich MM-InMr für Zchlims KöUih, Jenisdors, Kdorf, Zl MiSim, Kemichort, Ammo mi> Mlsm. Aintsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. — > ———- 45. Jahrgang. ------------- — Nr. 255. F-rnspr-ch.Anschlak Sonnabend, den 2. November 1895. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends sür den folgenden Tag.' Vierteljährlicher Bezugspreis I Mark 25 Pfennige. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden di« viergespaltrne KorpuSMe oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Versteigert«!» i« Ser SchinSler'sche» Brauerei i» Mülsen St. Niclas. Morgen, Sonnabend, vormittag von S Uhr ab, sowie am Nachmittag findet die Versteigerung der Schindler'schen Konkurs masse auf dem Branereigrundftück des Gemeinjchuldners in Mülsen St. Niclas statt. Die zum Brauereibetriebe bestimmt gewesene» beweglichen Gegenstände werden von ^12 Uhr an — nach der ebenfalls an Ort und Stelle vor sich gehenden, auf morgen vormittag LV Uhr anberaumten gerichtlichen Zwangsversteigerung des bezeichneten Grundstückes — an die Reihe kommen. Der Konkursverwalter. Rechtsanwalt Stiehler in Lichtenstein. Lagesgcschichte. * — Lichtenstein, 1. Nov. Das Kirchen- Concert, welches am Reformationsfeste vom Bezirks lehrerverein, unter Leitung des Hrn. Kantor Reuter, gegeben wurde, kam in wahrhaft künstlerisch-vollen deter Weise zum Ausdruck, sodaß nur eine Stimme des Lobes darüber zu hören ist. Unter den Chor werken ragten besonders hervor „Also hat Gott die Welt geliebt", „Vers lauZuorss no8tro8" und „0 chono 368U" „Triumph, Triumph" aus dem „Welt gericht" rc. Die Orgelvorträge der Herren Kantor Reuter, Kantor Jakobi und Lehrer Schaller wurden mit voller Hingabe und Vertiefung in die Schöpfung der Komponisten von den Vortragenden wiederge. geben, ebenso ließ der Vortrag des Herrn Lehrer Fischer „digus für Violine" den Meister in seinem Fache erkennen. Die herrlichen Einzel-Gesänge „Das Volk das im Dunkeln wandelt" (Herr Lehrer Kretzsch mann), „Jesus neigt sein Haupt und stirbt" (Herr Lehrer Schramm), sowie „Selig sind die Gottes Wort hören und bewahren" (Herren Schramm und Kretzschmann), welche teils als Baß-, teils als Solo- Partien und auch als Duett zum Vortrag gelangten, waren großartige Meisterwerke gediegener Kompo nisten und verdienten auch in Bezug auf die seltene, klangvolle und seelische Vortragsweise volle Aner kennung. Im ganzen war dieses Corcert geeignet den Sinn für kirchliche Musik zu heben und zu kräftigen, führt sie doch dazu, den Zuhörer über das alltägliche Niveau des Gebotenen zu erheben und den Geist aufwärts zu ziehen in das Gebiet der Seelen reinheit und Erhabenheit. Möchten uns derartige Darbietungen, welche gerade von Seiten der Lehrer schaft die beste Gewähr für wirklich Wertvolles auf kirchlich-musikalischem und gesanglichem Gebiet leistet, recht oft erfreuen. Den Leitern und allen Mit wirkenden an dem betreffenden Concert gebührt aber der beste Dank aller Besucher. * — Wie ein verborgenes Blümlein, wie ein Veilchen inmitten des jungen Grünes vegetiert unter den zahlreichen Vereinen unserer Stadt der Zither- Verein. Gestern abend hielt nun derselbe sein 1. öffentliches Concert im Ratskellersaale ab, wel ches wider alles Erwarten zahlreich besucht und mit großem Beifall ausgenommen wurde. Die Vortragenden hatten alle Mühe dareingesetzt ihre Instrumente gut zu bemeistern, und der inne- wohnende Takt bewies, daß Strebsamkeit und Fleiß auch sich lohnend erweist. Das Programm war fein ausgewählt und mit gutem Verständnis auch an der Mitwirkung das Pianino, Guitarre, Flöte, Streich, ztther und gesangliche Kräfte hirzugezogen, so daß dieser 1. Vortragsabend als ein recht genußreicher anzusehen ist. * — Bei der am 29. Oktober nachm. in Glau chau unter dem Vorsitz des Herrn Bezirksassessor Dr. Mehnert vorgenommenen Wahl eines Vertreters der Städte Callnberg und Waldenburg in der Be zirksversammlung wurde Herr Bürgermeister Prahtel in Callnberg gewählt. * — Die sechste diesjährige Bezirksausswuß- Sitzung findet Mittwoch, den 6. November 1895, nachmittags 3 Uhr, im Verhandlungssaale der Kgl. Amtshauptmannschaft, Königflraße Nr. 3, Glau chau, statt. * — Um ihre Lieben vor Erkältungen, wenn nicht gar vor ernsten Erkrankungen zu schützen, wird eine sorgsame Hausfrau gern alles aufbteten, die Ursachen zu beseitigen. Was sind denn aber die Ur- suchen für die Entstehung solcher Krankheiten? Man nennt sie Erkältungen und lebt daher der Meinung, die zu niedrige Temperatur erzeuge sie. Dem ist nicht so. Der schroffe Uebergang von feuchter Außenluft in trockene Zimmerluft der ist es, der uns zur Zeit der geheizten Zimmer den Schmwfen, Husten, wo nicht die Diphtheritis zuzieht, wie unter vielen an deren namentlich Dr. Fleischer in seiner Broschüre „Gesunde Luft" gezeigt hat. In dieser Broschüre, die uns gerade vorliegt, zeigt der Verfasser, wie die Erkältungen durch Aufnahme der Krankheitsstoffe in die ausgetrockneten Schleimhäute entstehen. Diese Austrocknung besorgt die überheizte Zimmerluft, nicht überheizt in Bezug auf Temperatur, sondern auf Feuchtigkeit. Die trockene Luft, einerlei, ob warm oder kalt, macht uns widerstandslos gegen den An sturm der Jmektionstsime. Daher die größere Häu figkeit an Erkrankungen der Atemorgane im Winter und Frühjahr. Nicht das Thermometer allein ist es, das uns vor dieser schädlichen Ueberheizung schützt, sondern der Feuchtigkeitsmesser. Die Bro schüre ist sehr interessant geschrieben, und man be wundert den Opfermut des Autors, der sich als Ver suchsperson benutzend, zum Wohle der Gesamtheit den größten Gefahren aussetzt. Zu beziehen ist die Broschüre gegen Einsendung von 80 Pf. in Marken von der Fabrik meteorologischer Instrumente von Wilh. Lambrecht in Göttingen. * — Hohndorf, 1. Nov. Bei Herrn Ma° terialwarenverwalter Richter hier wurde am Mittwoch in den zeitigen Abendstunden ein Fetterbette gestoh len. Die Diebe sind dem Vermuten nach in das Fenster von außen eingestiegen, denn dasselbe wurde offen stehend gefunden. — Wie wir erfahren, hat in jüngster Zeit das königliche Ministerium des Innern eine Verordnung erlassen, nach der von jetzt ab im amtlichen Schrif- tenverkehr die in den Schulen gelehrte Orthographie angewendet werden kann. Seither war dies nicht der Fall, da allenthalben im Verkehr die alte Ortho graphie angewendet werden mußte. Dieser Umstand hatte manche Schattenseiten, da die angehenden Bu- reaubefliffenen sich die Schul-Rechtschreibung zu eigen gemacht hatten und erst einiger Uebung bedurften, ehe sie nun die alte Orthographie so erlernten, daß sie diese ohne weiteres im amtlichen Verkehr ge brauchen konnten. Diese Schwierigkeit ist durch die ministerielle Verordnung weggefallen. — Mit der Errichtung von Bauwerken sind immer Festlichkeiten verbunden, an denen engere oder weitere Kreise, entsprechend der Bedeutung der Ge bäude, teilnehmen. Diese Feste erreichen in der Regel bei den Legungen des Grundsteins und des Schluß steins ihre Höhepunkte. Auf den Grundstein, der meist nach Osten zu liegen kommt, werden unter Segenswünschen drei Hammerschläge gethan und dem selben Urkunden, Zeitungen, Münzen und andere Dinge eingefügt, die späteren Geschlechtern Zeugnis von unserer Kultur ablegen sollen. Die Entstehung dieses Brauches liegt in altheidnischer Zeit. Die Leg ung des Grundsteins nach Osten erfolgte zu Ehren des Sonnengottes, im Hinblicke auf die aufgehende Sonne. Man verband damit Opferfeste md trieb den heidnischen Kultus so weit, daß sogar Menschen, meist Kinder, als Opfer eingemauert wurden. Zahl reiche Sagen wissen von solchen grauenhaften Ver irrungen zu berichten, und einzelne Funde aus neue rer Zeit bestätigen dieselben. So fand man in Glarus in der Mauer des Rathauses, das im Jahre 1861 nach dem Brande des schweizerischen Städtchens nie dergerissen werden mußte, ein vollständiges Kinder- skelett. Die arme» Opfer wurde» entweder von ge wissenlosen Müttern gekauft oder geraubt, oder sie erklärten sich freiwillig zum Opfertode bereit, da man glaubte, diesem folge eine besondere Belohnung im Jenseits. Naht sich ein neues Gebäude seiner Vollendung, so wird von den am Bau beteiligten Arbeitern, dem Bauherrn, dem Besitzer nebst Ange hörigen und Freunden das Richtfest gefeiert. An manchen Orten der Schweiz zieht man bei dieser Gelegenheit einen mit bunten Tüchern, Blumen, Geldstücken und anderen Dingen geschmückten Tan nenbaum in die Höhe und richtet ihn auf dem Dache auf. Der Baumeister empfängt ihn und wünscht dem Besitzer und Allen, die künftighin das Haus bewoh nen werden, daß Blitze und Stürme dasselbe unver sehrt lassen mögen, daß allen Bewohnern ewiges Glück beschieden sein möge, wie dem Baume bestän diges Grün. Aehnliche Bedeutung haben die Kronen, die bei uns allgemein am Richtfeste eines Neubaues auf das Dach desselben gesteckt werden. Das Aus richten eines Hahnes, das früher namentlich auf Kirchtürmen erfolgte, liegt in der Verehrung begrün det, die der Hahn seit alter Zeit genießt. In ihm vermutete man ein göttliches Wesen, das durch Weis heit und Wachsamkeit sich auszeichnete. Den Germa nen war er der Bote des Licht- und Feuergottes Loki. Mohamed verehrte ihn als den himmlischen Wächter, der auch einst zum Gerichte rufen wird. Der Hahn verscheucht die Geister der Nacht, ruft die Fleißigen zu früher Arbeit, mahnt die Frommen zum Gebet. Ais Warner, Wecker und Wächter ge bührt ihm somit der Ehrenplatz in der Höhe über allen menschlichen Wohnungen. — Der kgl. Staatsanwalt zu Chemnitz er läßt folgende Bekanntmachung: „In den letzten Wochen find im Bezirke des hiesigen Landgerichts salscheFünfmark-Reichskassenscheine in größerer Menge ausgcgeben worden, ohne daß es bis jetzt gelungen ist, de» Falschmünzer zu ermitteln. Die falsche» Scheine tragen die Serienbuchstaben H oder und die fortlaufenden Nummern 299,317 der 239,317 und find besonders an der undeutlichen Schrift der Strafandrohung, sowie an den nur ausgezeichneten, nicht in das Papier verarbeiteten blauen Fasern aus der linken Hälfte der Rückseite kenntlich. Jedermann wird gebeten, derartige Falschstücke beim Empfang zurückzubehalten und unverzüglich unter Bezeichnung des Verausgebers — wenn dessen Festnahme nicht sofort möglich ist — der nächsten Polizeibehörde oder dem nächsten Gendarm abzuliefern." — Dresden. Im Prozesse gegen dis Grün der der „Deutschen Wacht" wurden sämtliche Ange klagten, Schriftsteller Rcichstagsabgeordneter Zim mermann, Hauptmann a. D. v. Santen, Fabrikant Reichstagsabg. Lotze, Kaufmann Dietz, Kaufmann Priebs, Buchdruckereibesitzer Glöß, Kaufmann Reichs tagsabg. Klemm, sämtlich aus Dresden, Fabrikant Reichstagsabg. Gräfe-Bischofswerda, Kaufmann Hoffmann-Großenhain und Ingenieur Burgmann- Blasewitz, freigesprochen. Die Angeklagten waren beschuldigt, für die von Zimmermann seit 1887 her ausgegebene Wochenschrift „Deutsche Wacht" 25000 Mk. Entschädigung gezahlt, diesen Vorgang aber den Aktionären verschwiegen und dadurch gegen Z 249 a des Handelsgesetzbuches verstoßen zu haben. Es wurde vom Gericht jedoch als erwiesen erachtet, daß der Ankauf der Wochenschrift erst nach der Grün dung erfolgt ist. Im Kaufverträge war zuerst die Summe von 20000 Mark festgesetzt worden. Für Festsetzung dieser Summe war die Thatsache maßgebend, daß das Blatt 3247 Abonnenten hatte, aus Inseraten im letzten Geschäftsjahre 4456 Mark