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und Se. Majestät der Gebietsherr, König Albert von Sachsen, sie leben hoch! hoch! hoch!" Die glänzende Versammlung stimmte begeistert ein, während die Musik das „Heil Dir im Siegerkranz" intonierte. Es folgte ein Rundgang durch die Haupt räume des Gebäudes und hierauf fand im Festsaale ein größeres Diner statt, wobei Militärmusik ertönte. Gegen 2 Uhr erfolgte unter begeisterten Kundgebun gen die Abfahrt der Majestäten. — Aus Anlaß der Feier sind zahlreiche Auszeichnungen verliehen, von denen wir folgende hervorheben: Reichsgerichts- Präsident v. Oehlschläger erhielt den Kronenorden erster Klasse, der sächsische Justizmintster Schurig den Roten Adlerorden erster Klasse, der Staatssekretär des Reichejustizamts Nieberding den Kronenorden erster Klasse, Oberbürgermeister Georgi in Leipzig den Stern zum Kconenorden. Präsident v. Oehl schläger nnd OberrcichSanwalt v. Tessendorff find zu Ehrenbürgern von Leipzig ernannt. — Leipzig, 26. Okt. Der Wortlaut der in den Schlußstein des Reichszerichtsgebäudes ver senkten Urkunde ist folgender: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden deutscher Kaiser, König von Preußen rc., thun kund und fügen hiermit zu wissen: Das Haus, zu welchem Wir am 31. Oktober des Jahres 1888 in Gegenwart Unsres erhabenen Verbündeten, des Königs von Sachsen, den Grundstein gelegt haben, ist mit Gottes Hilfe vollendet. Dem obersten Gerichtshöfe des Reiches ist damit für seine Thälig- keit eine bleibende und würdige Stätte bereitet. An dieser Stätte wird, wie Wir erwarten, das Reichs gericht als gewissenhafter Hüter der deutschen Rechis- eivheit, auch ferner für die Wohlfahrt und für den Ruhm des Reichs zu wirken bemüht sein. Die von Uns bei der Feier der Grundsteinlegung kundgegebene Hoffnung, daß dem Verlangen des deutschen Volks nach größerer Einheit seines Rechts durch ein gemein sames bürgerliches Gesetzbuch in nicht zu ferner Zeit entsprochen werde, geht ihrer Erfüllung entgegen. Es gereicht uns zur Genugthuung, daß zugleich mit dem Einzüge in dieses Haus dem obersten Gerichte die bestimmte Aussicht erwächst auf eine weitere Ent faltung seines Wirkens im Sinne der große», ihm bei seiner Begründung durch die verbündeten Regie rungen und den Reichstag gestellten Aufgabe. Durch drungen von der Bedeutung, welche der energischen und gerechten Handhabung der Gesetze für die Er haltung des inneren Friedens und für die Hebung des Wohlstandes der Nation zukommt, haben Wir beschlossen, im Namen der verbündeten Fürsten und freien Städte in dem neu errichteten Bau gemein sam mit Seiner Majestät dem Könige von Sachsen, als dem GebietSherrn, und unter Mitwirkung von Vertretern des Reichstaas den Schlußstein zu legen. Gottes Segen ruhe auf diesem Hause! Möge die Rechtsprechung, die sich hier vollziehen wird, dazu helfen, daß Recht und Gerechtigkeit überall zur Geltung gelange, und daß die Treue in allen deut schen Landen wachse! Gegenwärtige Urkunde haben Wir in zwei Ausfertigungen mit Unserer Allerhöchst eigenhändigen Namensunterschrift vollzogen und mit Unsrem größeren Kaiserlichen Jnsiegel versehen lassen. Wir befehlen, die eine Ausfertigung in den Schluß stein des Gebäudes niederzulegen, dir andre in Un srem Archive aufzubewahren. Gegeben, Leipzig, den sechsundzwanzigsten Oktober Eintausendachthundert fünfundneunzig. (L. S.) Wilhelm I. U. Fürst zu Hohenlohe. — Leipzig, 26. Okt. Während der Fest tafel nahm der Kaiser wiederholt Veranlassung, dem Reichsgerichtspräsidenten v. Oehlschläger gegenüber seine Befriedigung über den Bau auszusprechen, und trank demselben sowie dem Reichskanzler und ande ren Festteilnehmern mehrmals zu. An das Mahl, Alliierte. Original-Roman von Gustav Lange. tNachdruck Verbote».) , (Fortsetzung.) Wie Enttäuschung malte es sich bei den ersten Worten Giraldosauf dem schönen Antlitz Margheritas aus, doch die Zuversicht, welche aus dem Schluffe der Rede leuchtete, ließ diesen verzweifelnden Aus druck sofort wieder verschwinden. „Können Sie mir nicht wenigstens sagen, wo und in welchem Zustande der Unglückliche sich zur Zeit befindet?" bat Margherita flehentlich. „Sie gewäh ren mir dadurch einen Trost, den ich Ihnen nimmer mehr vergessen werde." Eine Weile überlegte Sekretär Giraldo, ob es geraten sei, soweit es ihm gelungen war, in bas mysteriöse Dunkel des Plötzlichen Verschwindens des deutschen Bildhauers etnzudringen, dies einer zwei ten Person mitzuteilev. Doch der bittenden Stimme deS jungen schönen Mädchens, welches selbst in ihrem Schmerze liebreizend aussah und einen unwidersteh lichen Zauber um sich verbreitete, konnte er kein Ver langen abschlagen; als er daher das Haupt einige- male sinnend hin- und hergewiegt, begann er mit zögernder Stimme: „Gnädige Komtesse, Sie führen mich in Ver suchung, noch mehr, Sie zwingen mich zu einem Ge ständnisse, welches ich selbst meinem verehrten Chef, Vicomte Serrano, gegenüber verweigert habe, aber selbst bei der allergrößten Verehrung, die ich für Sie hege, kann ich nur dann Ihrer Bitte willfahren, wenn Sie Vertrauen gegen Vertrauen setzen, wenn das etwa Stunde dauerte, schloß sich Cercle in einem Nebensaale. Danach begaben sich der Kaiser und der König von Sachsen unter endlosem Jubel der Bevölkerung nach dem Baierischen Bahnhof, wo die Spitzen der Militär- und Civilbehörden zur Ver abschiedung sich eingefunden hatten. Die Verabschie dung der Majestäten war äußerst herzlich, sie schüt telten sich wiederholt kräftig die Hände. — Für die Zwickauer Volksschulen ist die von den Lehrern angestrebte Verlängerung der großen Ferien von 3 auf 4 Wochen gewährt worden. — Waldenburg, 24. Okt. Das „Schönb. Tgbl." schreibt: In der hiesigen Stadtkirche wird gegenwärtig im Mittelgang des Hauptschiffes eine bauliche Reparatur vorgenommcn; zu diesem Zwecke ist der Eingang zu einer gewölbten Gruft geöffnet worden, in welcher 6 Särge stehen. Dieselben bergen sämtliche Mitglieder des Hauses Schönburg, welche teils im vorigen Jahrhundert, teils in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts verstorben sind. Die aus Eisenblech bestehenden Särge tragen folgende Inschriften: 1. Otto Alexander, Graf und Herr von Schönburg, geb. 28. August 1781, gest. 27. Febr. 1782. 2. Alban Karl Friedrich, Graf und Herr von Schönburg, geb. 31. März 1763, gest. am selben Tage. 3. Friederike Karoline, Gräfin von Schön burg, geb. von der Marwitz, geb. 4. Aug. 1720, gest. 22. April 1763. 4. Albrecht Karl Friedrich, Graf und Herr von Schönburg, geb. 20 Nov. 1710, gest. 7. Juni 1765. 5. Emma, Prinzessin von Schönburg, geb. 24. Juli 1824, gest. 12. Juli 1839. 6. Karoline Henriette Marie Luise, Prinzessin von Schönburg, geb. 13. März 1818, gest. 22. April 1829. Die eigentliche Familiengruft dec Schönburg- Waldenburgischen Linie befand sich offenbar unter dem Altarplatz. Dort hat nach dem Kirchenbuche die letzte Beisetzung im Jahre 1754 stattgefunden, in welchem Jahre der im Jahre 1717 geborene und am 29. Juni 1754 verstorbene Christian August, Graf und Herr von Schönburg-Glauchau und Wal denburg, in hiesiger Kirche feierlich beigesetzt wurde. Sein Sarg wurde in der Nähe der Sakristeithür derart eingesenkt, daß die Füße des Verstorbenen nach dem Sarge seiner Mutter gerichtet waren und beide Särge sich berührten. Mit diesem Sarge scheint die Gruft gefüllt gewesen und später die kleinere Gruft im Mittelgang der Kirche für künftige Beisetzungen errichtet worden zu sein. — O b e r l u n g w i tz , 26. Okt. Die diesjäh rige Bibelfestfeier der 3 Gemeinden Hohenstein, Ernst thal und Oberlungwitz findet am Reformationsfest tage nachmittags 2 Uhr in der hiesigen Kirche statt. Die Fesipredigt hält Herr Pastor Schmidt-Ernstthal. — Ja Stahlberg bei Annaberg hat sich ein dortiger Schneidergehilfe, der die Gewohnheit besitzt, Nähnadeln nach dem Gebrauch in den Hosen bund zu stecken, vor mehreren Tagen zwei Nähnadeln in den Unterleib gestoßen, wobei eine abbrach. Den Bemühungen des Arztes gelang cs wohl, die abge brochene Nadel wieder herauszubringen, leider ver mochte er aber die andere Nadel aus dem Körper nicht zu entfernen. Hierauf wandte sich der Verletzte an einen anderen Arzt, welcher wohl das Vorhanden sein der Nadel in der rechten Seite unter der ersten Rippe konstatierte, dieselbe trotz eines operativen Eingriffes aber ebenfalls nicht entfernen konnte, denn durch den Druck an der betreffenden Stelle ist die Nadel bereits wieder weiter gewandert. — Also: Vorsicht beim Gebrauch von Nadeln! — In Penig hat ein dortiger Geschäftsmann die seit November v. I. eingenommenen kleinen Zwan zigpfennigstücke gesammelt und in ein Bierglas ge- than. Das bis an den Rand gefüllte halbe Liter- Sie mir über Dinge Ausschluß geben, die mir nach Lage der Sachs nur als eine gewagte Vermutung vorschweben, die ich nur ahnen, aber niemals aus- zusprechen wagen darf." „Sprechen Sie weiter, Signor Giraldo," for derte Margherita den Sekretär auf. „Immerhin verlangen Sie zu wissen, was Ihnen gut dünkt, um die Schandthat zu vereiteln. Ich hege das unbe grenzte Vertrauen zu Ihnen, daß Sie ritterlich ge nug sein werden, das Herzensgeheimnis einer Dame zu wahren und nur im äußersten Notfälle davon Gebrauch zu machen." Trotz der ernsten Situation und der Wichtigkeit des Themas, welches ihrem Gespräche zu Grunde lag, huschte doch ein leises Lächeln über GiraldoS Antlitz, als Komtesse Serrano auf seine Ritterlichkeit anspielte; zwar zweifelte er keinen Augenblick an der Aufrichtigkeit ihrer Worte, aber dieselben kamen ihm in dem Augenblicke aus dem Munde einer so hoheits vollen Dame tragikomisch vor, daß er sich dieses Lächelns nicht erwehren konnte, wußte er doch, wie stiefmütterlich er von der Natur behandelt worden und daß er sich selbst noch nie ritterlich vorgekom men war. „So sei es denn, gnädige Komtesse," entgegnete Sekretär Giraldo ernst: „Was mir vom ersten Augenblick an, als ich die Kunde erhielt, und auch jetzt in der Minute noch rätselhaft ist, trotzdem ich das so sorgfältig gesponnene Gewebe schon zum Teile durchschaut, das ist der Umstand, was wohl der deutsche Bildhauer an dem für ihn so verhängnis vollen Abend im Garten dieses HauseS zu suchen hatte. Jede andere Falle, welche ihm vielleicht von glas enthielt »ach seiner Argcbs 2350 Stück — 470 Mark. — Burgstädt, 25. Okt. Um den HauS- schwamm, womit die Kellerrräume behaftet waren, zu vernichten, hatte der Hausbesitzer Arno Müller am Marienplatz hier die betreffenden Teile mit einer Säure (vermutlich Schwefeläther) bestrichen. Als Müller nun gestern mittag nachsehen wollte, ob da« ihm empfohlene Mittel gewirkt habe, und hierbei, um besser sehen zu können, ein Streichhölzchen an zündete, entstand infolge der angesammelten Gase eine Explosion von solcher Gewalt, daß Thüren und Fenster zertrümmert und der Putz vom Hause herab- geworfen wurde. — Ein neuer, sehr praktischer Rettungsapparat wurde am 20. Oktober nackmittagS durch die Frei willige Feuerwehr in R o ch l i tz am Steigerturm vorgeführt, eine Klemmrolle, mit Hilfe welcher Per sonen oder Gegenstände in kürzester Zeit aus einem brennenden Hause gerettet werden können. Der Apparat besteht aus einem höckst einfachen, massiven kleinen Rollengestell, da« durch das Auseinander ziehen oder Nachlassen zweier Drahtseile herauf- oder heruntcrgelassen werden kann. Die rettenden Gegen stände werden an den Apparat gehängt und gelangen ganz sicher und sanft zu Boden. Mit Hilfe dieses Apparats, der gegen 46 M. kostet, wurden am 20. Oktober innerhalb 3 Minuten 12 Personen aus dem oberen Stockwerk des Steigerturms herabgesördert. 8 Altenburg, 25. Okt. Einen seltenen Be such erhielt vor einigen Abenden Herr E. Hellriegel, Chokoladen- und Zuckerwarenhandlung, indem durch die^' wenig geöffnete Ladenthür ein Rebhuhn in den Laden spazierte. Der geflügelte Gast wurde bis zum nächsten Tage dabehalten und ihm dann die Freiheit wiedergegeben. ß Auf dem nordwestlichen Teile des Thüringer Waldes ist eine so gewaltige Schneemasse niederge gangen, daß man sich mitten in den Winter hinein- versetzt glaubt. Der Erdboden ist durchweg 10 «ar hoch mit Schnee bedeckt. Die auf den Bäumen und Sträuchern lastenden Schneemengen richten großen Schaden an. Z Am 4. November findet in Berlin eine Konferenz von Sachverständigen über eine mögliche Vereinfachung und Verbesserung der sozialen Ber- sicherungsgesetze statt. Herr von Bötticher hat einem Freunde eines Berliner Blattes bezüglich der deutschen Versicherungsgesctzgebung einige Aufschlüsse gegeben. In erster Reihe hob Herr von Bötticher hervor, daß er sich bei den einschlägigen Fragen in voller Ueber einstimmung mit dem Fürsten Bismarck befunden habe. Bei der Ausführung erlahmte allerdings Bismarcks Interesse und dieselbe fiel daher Herrn von Bötticher allein zu. Zum Gesetze selbst erklärte Herr von Bötticher, daß bisher noch niemand, weder im Ministerium noch von auswärts, einen Vorschlag gemacht habe, der einfacher und appetitlicher gewesen wäre, als das Einkleben von Marken. Die Berufs genossenschaften hätten nach des Ministers Meinung kein Interesse daran, sich die Jnvaliditäts- und Altersversicherung anzugliedern. Bei der Einführung derArbeiterversicherung war zunächst das Notwendigste im Auge zu behalten, nachdem die Versicherungen im Ganzen sich bewährt, seien die Regierungen zum weiteren zweckdienlichen Ausbau der Organisation entschlossen. Eine Vereinfachung herbeizuführen, zeigte sich der Minister sehr geneigt. Die im Reichsamte des Innern ausgearbeiteten Grundzüge zur Ver schmelzung der einzelnen Versicherungs - Kategorien werden am 4. November zur Unterlage dienen. 8 Berlin, 26. Okt. Einer Meldung der „Boss. Ztg." zufolge, überreichte der Reichskanzler anläßlich der Schlußsteinleguvg des Reichsgerichts- seinen Feinden gestellt worden wäre, würde ich zu begreifen imstande sein. Ich kann immer nur das eine avnehmen — er mußte mit einer Person hier im Hause in Verbindung stehen, und daß man nun diesen Umstand benutzte, ihn hierher zu locken. So bald ich hierüber Aufklärung erhalten und dieselbe sich mit meiner Ahnung deckt, dann dürfte es mir möglich sein, in kürzester Frist das Spiel zu ge winnen." „Ich ahnte, daß es dies sein würde, was Sie zu wissen begehren," sagte Margherita mit seltsamem Klang der Stimme, während Sie die Hände vor das Gesicht hielt, als sei es ihr unmöglich, den for schenden Blick GiraldoS zu ertragen. „Nie würde ich ohne zwingenden Grund es über mich vermocht haben, das so sorgsam gehütete Geheimnis preiszu geben, außer im Beichtstühle, aber jetzt, wo es gilt, den Unglücklichen zu retten, da will ich den Bann lösen, der bisher meinen Mund verschlossen gehalten, ja Sie sollen alles wissen." Zuerst mit stockender Stimme, wie ein sechzehn jähriges PensionSfräulein, welches von der Instituts- Vorsteherin beim heimlichen Lesen eines überschweng lichen Liebesbriefes überrascht und darüber zur Rede gesetzt wird, erzählte Margherita dem andächtig lauschenden Sekretär Giraldo die Geschichte ihre« Herzens. Aber immer freier wurde ihre Sprache, ihr Mut wurde stärker, und mit inniger Begeisterung schilderte sie die Tiefe und Reinheit der gegenseitigen Liebe, so daß dem alten Junggesellen, der nie ein ähnliches Gefühl gekannt, der fast sein ganzes Leben in aufreibender, angestrengter Arbeit verbracht, dessen Bestreben immer dahin gerichtet gewesen, mit allen