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Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich WG-LMM flr Loftdsrf, Ködliß, Icmdorf, Züsdors, St Wien, JinnHsark, Amen« mi> Men. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. ———— —— 45. Jahrgang. ——————— —------—— Nr. 252. Dienstag, den 29. Oktober '??""" 1895. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag.' Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mart 25 Pfennige. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergefpaltene KorpuSzesl» oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Nhr. Nachlatzversteigerims. Von den Erben der am 13. Juli dss. Js. verstorbenen Frau Sophie Emilie verw. Haase geb. Schneider bin ich beauftragt, izje von derselben hinterlassenen Hans- und WirtschafLsgeräte öffentlich z« versteigern. Ich mache dies mit dem Bemerken bekannt, daß diese Auktion am Freitag, den 1. November dss. Js., von vormittags s Nhr ab im Hofraum des Hausgrundstückes Brd.-Kat. Nr. 195 ä hier, Grünestraße (Bes. Herr Kirchkassenverw. Zscherp) stattfinden wird und werden Er« stehungslustige hierzu eingeladen. Callnberg, am 26. Oktober 1895. Der Lokalrichter. — Prahtel. SParkaffen- Expedrtionstage in Lichtensteins Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. LagesgeschichLe. *— Lichtenstein. Am Reformationsfeste wird wiederum in allen Gotteshäusern der Landeskirche zum Besten des Gustav-Adolf-Vereins eine Kollekte gesam melt. Der Verein, der bekanntlich im Jahre 1832 am Schwedenstein bei Lützen gegründet ward, hat im Laufe von 63 Jahren über 4000 evangelischen Ge meinden zur Sicherung ihrer Existenz hilfreiche Hand geboten und durch sein segensreiches Wirken die Sympathien der evangelischen Christenheit in hohem Maße sich zu erwerben gewußt. Da seine Hilfe in immer steigendem Grade in Anspruch genommen wird und gegenwärtig nicht weniger als 1734 evangelische Gemeinden an seine Thür pochen, so ist der Wunsch ebenso naheliegend wie berechtigt: die Gustav-Adolf- Kollekte am Reformationsfeste möge auch diesmal einen recht reichlichen Ertrag liefern. — Um ein Urteil übe« den Geldumlauf zu ge winnen, ergeht vom Ministerium des Innern auf Antrag des Reichsschatzamtes an alle dem Ministe rium des Innern unterstehenden königl. Behörden und Verwaltungsstellen, welche Kaffen haben, an alle Stadträte und Polizeiämter zu Leipzig und Chemnitz, sowie an alle Sparkassenverwaltungen die Anweisung, am 30. laufenden Monats bei dem Kassenschlusse festzustellen, welche Beträge nach Mark währung I. an Reichsgoldmünzen und zwar: 1) an Doppelkronen, 2) an Kronen und halben Kronen, II. an Einthalerstücken, und zwar: 1) deutschen Ge präges, 2) österreichischen Gepräges, III. an Reichs silbermünze», und zwar in Einzelnen: 1) an Fünft Markstücken, 2) an Zweimarkstücken, 3) an Einmark stücken, 4) an Fünfztgpfennigstücken, 5) an Zwanzig pfennigstücken, IV. an Nickelmünzen, V. an Kupfer münze», VI. an Reichskassenscheinen und VII. an Noten, und zwar: 1) der Reichsbank, 2) derPrivat- Notenbanken in den unter ihre« Verwaltung stehen den Kassen vorhanden sind. Das Ergebnis ist nach den bezeichneten Sorten getrennt bis zum 5. Nov. d. I. beim Ministerium des Innern anzuzeigen. Ueber Stellenvermittlung. Die Berufsgenossenschaften der Frauen sollten, wie die der Männer, die Stellenvermittlung für ihre Mit glieder selbst in die Hand nehmen. Dadurch würden sie das Standesbewutztsein unter ihnen heben. Frei lich dürften sie ihre Thätigkeit nicht auf einen kleinen Bezirk beschränken, sondern müßten sie über ein mög- lichst großes Gebiet auszudehnen suchen, wenn sie nennenswerte Erfolge erzielen wollen. Auch dürfen sie nicht zur Beschaffung der Mittel Wohlthätigkeit in Anspruch nehmen. Das würde der Ehre des Standes widersprechen. Aber wohl könnte die Stel lenvermittlung derartig eingerichtet werden, daß ihre Mittel mit ihrer Thätigkeit wüchsen. Dann würde das Ziel, einmal allen Berufsgenossinnen durch die Stellenvermittlung zu dienen, doch nicht ganz uner reichbar sein. Der Allgemeine deutsche Lehrerinnen- verein hat seine stets wachsende Stellenvermittlung, deren Zentralleitung sich in Leipzig, Pfaffendorfer Straße 17 befindet, auf diese Weise organisiert, und schon hat der Hausbsamtinnenverein nach seinem Vorbilde sowohl eine Zentralstelle in Leipzig (Grassi straße 33), wie Agenturen in zahlreichen Städten gegründet und gute Erfolge erzielt. Auch der Frauen gewerbeverein in Leipzig, Grassistr. 33, sucht sich einer allgemeinen wohlorganisierten Stellenvermitt lung für t» kaufmännischen Geschäften Angestellte an zuschließen. Hoffentlich ist die Zeit nicht mehr fern, in der alle erwerbenden Frauen diesem Beispiele folgen. Je einmütiger die Berufsgenossinnen vor gehen, desto zuverlässiger wird auch ihre Stellen vermittlung werden. — Für die Landbriefträger soll mit dem Be ginn des nächsten Etatsjchres eine Gehaltsaufbes serung stattfinden. Es soll, wie die „Post" vernimmt, bei der Aufstellung des Ltats der Reichspost- und Telegraphenverwaltung eine bestimmte Summe zur Aufbesserung dieser bisher kärglich besoldeten Beamten in Vorschlag gebracht sein. — Die Ergebnisse der meteorologischen Beobach tungen im Jahre 1894 sind soeben im Selbstverläge des Königl. Sachs. Meteorologische« Instituts er schienen. Dieselben sind wiederum von dem Direktor, Herrn Professor vr. Paul Schreiber, mit vielem Eifer und Geschick bearbeitet worben. — In Bezug auf die Notiz, nach welcher auf einem Kriegerdenkmal bei Annaberg die Worte „ge- witmet" und „Krig" zu lesen sind, wird geschrieben, daß auf dem berühmten Steine auf der Promenade in Bad Ems sowohl 1888, als 1895 „Ur" statt „Uhr" zu lesen war. Das sollte man allerdings auch nicht für möglich halten. *— Rödlitz, 28. Okt. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wurde hier im Hause der Witwe Neumärker eingebrochen und haben die Diebe Butter, Fett, sowie eine Geldtasche mit Inhalt ent wendet. — Die 22. Kreisturnratsfitzung des XIV. deut schen Turnkreises (Königreich Sachsen) findet am 16. und 17. November 1895 in Dresden statt. Die Sitzung beginnt am 16. November, abends 7 Uhr in der königl. Turnlehrerbildungs - Anstalt, Carus straße 1. Das Programm umfaßt 8 Gegenstände. — Leipzig, 25. Okt. Herrn Polizeidirektor Bretschneider, der durch eine wunderbare Fügung des Himmels vom sicheren Tode aus Mörderhand gerettet wurde, gehen noch unausgesetzt Kundgebungen de« Teilnahme und Glückwünsche zu. Vor allem ist des Glückwunsches Sr. Majestät des Königs Albert zu gedenken. Ferner gratulierten gestern in eigen händigen längeren Schreiben der Königl. Sächsische Minister des Innern von Metzsch und der Königl. Preußische Gesandte in Dresden, Graf Dönhoff. Polizeidirektor Bretschneider hatte das Schriftstück, das ihn rettete, erst in der Nacht ausgearbeitet, um es ihn der Ratsplenarsitzung vorzutragen. Wäre er mit dem Schriftstück nicht fertig geworden, so hätte er es zu Hause gelassen und wahrscheinlich hätten ihn dann die Kugeln getroffen. — Der Erbauer und leitende Architekt des Reichsgerichts, Ludwig Hoff mann, wurde zum Kaiserlichen Baurat ernannt. — Leipzig, 26. Okt. Heute ereignete sich hier ein bedauerlicher Unglücksfall. Die eiserne Ein friedigung des Dresdner Bahnhofes war von dem sie besetzt haltenden Publikum überlastet und brach auf einer Länge von 10 bis 12 Metern zusammen, wodurch ein etwa 12jährige« Knabe erschlage» und eine weitere Anzahl von Personen zum Teil schwer, zum Teil leichter verwundet wurde. — Von anderer Seite wird über den Vorfall berichtet: Um die zur Einweihung des Reichsgerichtsgebäudes in Leipzig ankommenden Fürstlichkeiten von einem erhöhten Standpunkt aus sehen zu können, hat eine große Anzahl Personen, darunter viele Kinder, den an der Promenade zwischen dem Magdeburger und dem Dresdner Bahnhofe gelegenen Bahndamm erklettert I und hielt sich an dem eisernen Geländer fest. Dieser z Last hielt aber das Geländer nicht Stand, etwa 15 Meter desselben stürzten Mit den daranhängenden Menschen herab, Teile des Mauerwerkes mit sich reißend. Das Jammern der Unglücklichen, deren Glieder zum Teil von den Mauertrümmern bedeckt und von denselben zerschlagen waren, war entsetzlich und ließ den Jubel in jenem Teil der Feststadt bald verstummen. — Die feierliche Schlußsteinlegung im neuen Reichsgerichtsgebäude in Leipzig hat im Beisein des Kaisers und des Königs Albert von Sachsen am Sonnabend programmmäßig stattgefunden. Die Anfahrt des Kaisers und des Königs Albert erfolgte unter dem Jubel einer zahlreichen Menschenmenge über die Rampe am Hauptportal des Gebäudes, wo zum Empfange anwesend waren: Reichskanzler Fürst Hohenlohe, der sächsische Minister v. Metzsch, der Staatssekretär bes Reichsjustizamts Nieberding und der Präsident des Reichsgerichts v. Oehlschläger. Unter den Klängen einer Fanfare betraten der Kaiser und der König die Halle, worauf der Reichskanzler um die Erlaubnis zum Beginn der Feier bat und sodann die zur Ausnahme in den Schlußstein be stimmte Urkunde verlas. Nachdem dis für den Schluß stein bestimmten Gegenstände in eine Kapsel ver schlossen und diese in den Stein versenkt, während des die Musik spielte, traten die Majestäten an den Schlußstein heran und der bayerische Justtzminister v. Leonrod überreichte dem Kaiser unter einer An sprache die Kelle. Nach Versetzung des Schluß steines übergab der Präsident des Reichstages v. Buol den Hammer mit folgenden Worten: „Der Anregung des hochseligen Königs Johann von Sachsen folgend, hier einen bleibenden Mittelpunkt zunächst für deutsches Handelsrecht zu schaffen, wo raus unter dem hochseligen Gründer des Reiches das Reichsgericht hervorgegangen, hat der Reichstag seit mehr denn einem Jahrzehnt das nunmehr vollende Bauwerk in seiner Entwickelung mit leb hafter Sympathie begleitet und opferbereit stets zu fördern gesucht. Heute sehen wir unsere Wünsche in einer Zeit verwirklicht, in welcher wir uns eben anschicksn, die deutsche Reichs-Gesetzgebung ihrem endgiltigen Ausbau nun entgegenzuführen. Möge die Festigkeit dieses Baues in Versinnbild lichung des gemeinsamen Rechts das ihrige dazu bei tragen, die deutschen Stämme immer inniger zu ver binden und auch das Rechtsbewußtsein im deutschen Volke für alle kommenden Zeiten zu vertiefen und zu stärken! Gott schütze das Deutsche Reich!" Hie rauf that der Kaiser die üblichen Hammerschläge, nach ihm König Albert und Prinz Georg von Sachsen, auf welchen der Reichskanzler, der Staatssekretär v. Bötticher, die Minister der einzelnen Bundesstaaten, der Reichstagspräsident, der Präsident des Reichs gerichts und manche andere hervorragende Persön lichkeiten folgten. Nach Beendigung aller Hammer schläge hielt Präsident v. Oehlschläger eine An sprache, in der er aussührte, daß das Gebäude die Rechtsburg des deutschen Reiches sei. „Wir werden getreulich Wacht halten, daß das Recht hier sicher und gut geborgen sei, und daß das Unrecht keinen Einlaß finde. Darauf wird unser eifriges Streben gehen. Und daß uns die Kraft und die Weisheit dazu nicht fehle, das walte Gott! Der erste Jubelgruß aber, den diese Stelle vernimmt, klinge au« in dem freudigen Ruf: Se. Majestät der deutsche Kaiser, König Wilhelm von Preußen,