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zugleich GtMsts-AMM fir KihÄrrf, Mich, KtnMrf, Rnsdsrf, KEOicn, Kmrichsrrt, Marirnm u. MSlst«. Amtsblatt für de« Stadtrat z« Lichtenstein. Nr. 219. Mrnsprechstt«. Rr. 7. Freitag, den 20. September FernsprE.«« Nk. 7. 1895. M»ser Blatt erscheint täglich iautzer Souw- KÄd festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer la Pfennige. —l kZsftUlungeu nehmen anher der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstüten, Postboten, sowie oie Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespalteW KorpuSzeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Inn ahme Ler Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Belamttsmchtmz. Wegen Reinigung der Ratslokalitäten bleiben Sonnabend, den ÄL. dieses Monats die Polizei Expeditio» und das Staudesamt und Montag, den 23. dieses Monats die Stadtsteuer-Eirmahme und die Sparkassen-Expedition geschlossen. Lichtenstein, am 19. September 1895. Der Stadtrat. Lange. Bin. LasesZsschichLe. * — Lichtenstein. Ueber die Postbestellung der mit vereinbarte; Adresse streckenweise beförderten TelegrammeveröffentlichtdasAmtsblattdsSRsichspost- amts folgende Verfügung: Die britische Postverwaltung hat die Beobachtung gemacht, daß ihre Postanstalten vom Auslände öfters Briefe erhalten, die einen Teil ihres Weges als Telegramme zurückgelegt Huben und als Aufschriften die für die Telegrammbestellung vereinbarten besonderen Adressen tragen. Da diese abgekürzten Telegrammadressen nur der Telcgraphen- anstalt des Bestimmungsortes bekannt sind, so Müssen derartige Briefe von der Postanstalt unter Umstän den als unbestellbar behandelt werden. Um die hier aus st h ergebenden Unzuträglichkeiten zu vermeiden, müssen Telegramme, die als Briefe zur Bestellung gelangen sollen, die genaue, wirkliche Adresse des Empfängers tragen, wie sie für alle Briefsendungen vorgeschrieben ist. — Recht betrübend für unsere deutschen Lands leute ist das immer weitere Vordringen der Tschechen. So wurden neue tschechische Schulen gegründet in Bruch bei Teplitz, Postelberg, Honositz b. Mies, Ranny bei Laun, Bodenbach-Kröglitz und Rosenthal bei Reichenberg. Erweitert wurden die tschechischen Schulen in Bilm, Klostergrab, Kosten und Braun busch, tschechische Kindergärten aber in Turn-Teplitz und Kosten errichtet. Verschiedene Orte an der Sprach grenze und in den Sprachinseln können sich nur mit Mühe der tschechischen Agitation erwehren; im nord böhmischen Braunkohlenbezirke und in den deutsch böhmischen Jndustrisorten schwillt die tschechische Ar beiterbevölkerung zusehends an, wogegen die deutsche Bevölkerung in den im letzten Jahrzehnt überwiegend tschechisch gewordenen Orten Prag, Pilsen, Budweis, Josefstadt, Neuhaus, Königgrätz, Böhmisch-Aicha mehr ab- als zunimmt. Auch bei den Gemeindewahlen sind viele deutsche Orte an die Tschechen verloren gegangen, so Stckau bei Arnau, Malesitz bei Pilsen, Kollaletsch bei Trebnitz. Wie weit bereits nach Sach sen herein der tschechische Arbeiterstrom gedrungen, davon kann man auch in Meißen ein Liedchen singen. Nicht nur, daß dort bereits ein tschechischer Verein „Barak" besteht, wollte man auch noch einen „tschechischen Gesangverein" gründen und ein dortiger Barbier hatte z. Z. sogar in seinem Laden eine Tafel aushängen: „Hier wird tschechisch gesprochen!" — Am 12. September 1870, als die Belage- rungsarmee vor Straßburg in voller Thätigkeit sich befand, wurde der Ingenieur Hauptmann Ledebour, ein Berliner von Geburt, zu einer äußerst gefahr vollen Rekognoszierung ausersehe«. Der Genannte hatte schon vorher Beweise seiner Unerschrockenheit und seines Heldenmutes gegeben, aber die That vom 12. September war die kühnste, die er ausgeführt. Lassen wir einen seiner Mitkämpfer, Botho von Pressenthin, darüber berichten: „Nachdem die dritte Parallele am Fuß der Glacis angelangt war, kam es darauf an, zu wissen, ob und wie weit die Werke durch Minen verteidigt seien. Hauptmann Ledebour ging mit einem unbedingt zuverlässigen Pionier in dunkler Nacht gegen die Lünette 53 vor. Er gelangte unbemerkt bis an den Graben. Nichts rührte sich. Ledebour ließ sich mit seinem Begleiter an einem Seile in den 47 Meter breiten, mit lehmigem Wasser gefüllten Graben hinab und erreichte schwimmend das jenseitige Ufer. Hier suchte und fand er die Eingänge zu den Minen. Zwei derselben waren bereits zerstört; eine noch geladene dritte legte Lede bour in mehrstündiger Arbeit lahm. Als er dann »ieder zurückschwamm und mittelst des Seils em porklimmen wollte, riß dasselbe. Die beiden kühnen Recken mußte» sich erst mit ihren Messern mühsam Stufen in dem Mauerwerk schaffen, wo Hände und Füße haften konnten, und zu alledem begann der Feind jetzt auf die Klimmenden zu feuern. Aber das Wagnis gelang, und der Name Ledebour wird für alle Zeiten ruhmvoll genannt werden." Derselbe heldenmütige Offizier wurde zwölf Tage später, als er aus einer Lünettenkehle heraustrat, mit seinen braven Pionieren unter ein mörderisches Feuer ge nommen und dabei durch die Wade geschossen. Schon in den nächsten Tagen zeigte sich die Wunde als eine gefahrdrohende. Am 24. September überbrachte ihm General von Werder im Lazarett persönlich das eiserne Kreuz. Am 27. Sept, jubelte der Verwundete auf seinem Schmerzenslager noch mit, als ihm gemeldet wurde, auf dem Münster wehe dis weiße Fahne, und Straßburg fei gefallen. Aber am 20. Oktober hatte der kühne Held ausgelitten. * — In vergangener Woche wurden in Mülsen St. Jacob bei einigen Hausbesitzern mehrere En ten tot im Stalle liegend aufgefund-m, ein Teil der anderen hing die Köpfe, schaß man es vorzog, sie sofort zu schlachten. Die Erscheinung führt man darauf zurück, daß bei der Kirweß die zum Kuchen backen verwendeten bitteren Mandeln avgekocht und die Abkochung in den Bach geschüttet ist, welche die Enten begierig fraßen, wodurch sie sich vergifteten. — Wegen pekuniärer Schwierigkeiten hat sich in Dresden der Artillerieleutnant v. Hönerbach erschossen, ein Sohn des Rittergutsbesitzers v. H. — Dresden, 17. Sept. Der Gewinnplan für die erste sächsisch« Pferdeausstellung ist nunmehr soweit fertig gestellt worden, daß die Verteilung der in Ostpreußen aufgekauften edlen Mutterstute» auf die einzelnen Gewinne stattfinden konnte. Diese ost preußischen Stuten entstammen den besten Zucht stuten Jnsterburger Züchter und besitzen ohne Aus nahme den genauen Nachweis ihrer Abstammung. Nur auf diese Weise läßt sich mit Sicherheit ihre spätere Nachzucht verfolgen. Der Hauptgewinn im Werte von 10,000 M. besteht aus 6 Stück, und zwar 2 älteren und 4 jüngeren Stuten; letztere ent stammen ausnahmlos dem berühmten Gestüte des Herrn von Simon-Georgenburg. Der zweite Haupt gewinn im Werte von 5000 M. besteht aus einer Mutterstute mit Fohlen und wieder belegt vom Voll- bluthengst „Walvater" nebst einer weiteren Mutter stute. Der Rennverein erklärt sich jetzt schon bereit, diesen ersten und zweiten Gewinn zu des Nomi nalwertes an sächsische Züchter abzusetzen und über nimmt hierfür die Garantie, sodaß auch Nichtinteres senten, welche diese Hauptpriise gewinnen, dieselben leicht und bequem verwerten können. Diesen Haupt preisen folgen zwei weitere zu je 3000 M., 3 zu je 2000 M., 12 zu je 1000 M. rc. Ebenso ist auch mit den Lieferanten der für die Verlosung anzu kaufenden Jndustriegegenstäude von vornherein Ver einbarung getroffen worden, daß dieselben nicht passenden Falles anderweite gute Verwertung finden. Man sieht, der rührige Dresdner Rennverein als Veranstalter ist unablässig bemüht gewesen, um auch diese seine neueste Darbietung im Oktober würdig allen seinen Vorläufern oorzubereiten. — Ein Leipziger Veteranerzählt von seiner Reise auf die Schlachtfelder: „ . . . . Als wir das Schlachtfeld von St. Privat besahen, gingen wir durch das Dorf. Hier wurden wir gewahr, daß ein anderer Wind wehte, denn die Schüljungen, welche uns als Krieger erkannten, johlten und pfiffen hinter uns her. Die erwachsenen Leute nahmen die Besen zur Hand und wirbelten vor uns den Staub aus , der Straße so auf, daß wir einander fast kaum er kennen konnten. Diejenigen Kameraden, welche das eiserne Kreuz trugen, wurden von den hinzugelaufenen Leuten als „Massenmörder" beschimpft, welche Redens arten von dem Berliner Herrn B., welcher perfekt- französisch sprach, verstanden wurden. Ohne nur ein Wort zu verlieren, denn wir waren der Uebermacht nicht gewachsen, reisten wir weiter nach St. Marie aux Chsnes. Hier war mein Erstes, mich nach der Familie zu erkundigen, wo mir am 18. August 1870 während der Schlacht von einer jungen Frau aus einem Eimer Wasser gereicht wurde und dieselbe währenddem, von einer französischen Kugel getroffen, vor mir niederstürzte: ich nahm an, sie sei tot, ich selbst mußte vor dem feindlichen Kugelregen eins Deckung suchen, um wieder gegen den Feind in Thätigkeit zu gehen. Wir wurden in ein Wirtshaus gewiesen und hier erfuhr ich zu meiner großen Ge- nugthuung, daß die Eltern der jungen Frau noch am Leben sind. Von dem Wirt wurde mir auch der 80jährige Papa oorgestellt und demselben meine damaligen Erlebnisse beigebracht; er sah mich zwar mißtrauisch an, ließ mir aber sagen, seine Tochter habe damals zwei Schüsse erhalten, sei von einem deutschen Arzt geheilt worden und 1875 gestorben, ich sollte mir doch die an der Wand hängenden Bilder ansehen, ob ich feine Tochter noch erkenne. Sofort erkannte ich sie und bezeichnete seine Tochter. Mittlerweile traten auch die anderen Herren und das alte Mütterchen in das Zimmer. Als die Herren grüßten uno thaten, als wollten sie die Hand reichen, drehte sich die alte Mutter nach uns, spuckte vor uns und ging fort. Die Berliner Herren wollten einen Moment noch mit Papa sprechen, hierüber wurde derselbe aber so erbost, daß wir, wen» wir uns nicht drehten, in das Gesicht geschlagen worden wären. Daraufhin verließen wir das Haus Der Wahrheit gemäß können wir nur bezeugen, daß wir in Frankreich eine bessere und freundlichere Aufnahme gefunden haben, als bei unseren nunmehrigen Lands leuten, den Lothringern". — Den unter dem Arbeitspersonal der Firma Breitkopf und Härtel in Leipzig befindlichen Kombattanten aus dem fravzösischsn Feldzuge wurde am Dienstag nachträglich eins unverhoffte freudige Ueberraschung bereitet. Dieselben, neun an der Zahl, wurden ists Comptoir beschieden und ihnen von den Chefs des Hauses je 50Mark als Ehrengabe überreicht. — Ein durch Chemnitz reisender Herr hatte vor einiger Zeit in einer Eingabe an die Königliche Generaldirektion der sächsischen Staatseisenbahnen mit Rücksicht auf die Witterungsverhältniffe um die Her stellung einer Ueberdachung des Aue-Adorfer Bahn steiges aus dem Hauptbahnhof in Chemnitz gebeten. Die Kömgl. Generaldirektion hat jedoch die bezeich nete Herstellung nicht als ein dringendes Bedürfnis erachtet. Die beantragte Maßnahme erscheine zur Zeit auch deshalb nicht angängig, weil gelegentlich der für die Jahre 1896/97 geplanten Herstellung eines Bahnsteiges für die Züge der Würschnitzthal- bahn (Stollberg-Altchemnitz), die dann direkt mit dem Hauptbahnhof verkehren sollen, ein teilweiser Umbau des Aue-Adorfer Bahnsteiges erfolgen müsse. Sollte sich nach Fertigstellung dieser Anlagen ein Bedü.fnis nach Ueberdachung des letzerwähnten Bahnsteiges thatsächlich geltend machen, so würde auf die Angelegenheit zurückgckommen werden. — Die Bevölkerung der Stadt Chemnitz betrug Mitte Juli 163343 Einwohner. * — Der bevorstehende Renntag zu Chemnitz am 22. September hat bereits einen vielversprechenden Anfang genommen. Schon am Dienstag mittag, dem ersten Tage des Barverkaufes im Sekretariat Hotel Röm, Kaiser zu Chemnitz