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— Ja einem Geschäftslokale de- Konsumver ein- „Vorwärts" auf der Wachsbleichftraße in Dresden ist in vorvergangener Nacht ein verwe gener Einbruch verübt worden. Diebe drangen durch Aufsprengen eines Fensters in das Geschäft ein, durch wühlten alles nach Geld und erbrachen schließlich einen in die Wand eingelassenen eisernen Geldkasten. In demselben befanden sich ca. 3300 Mk., zum größten Teil in Silbermünzen bestehend, die den Dieben zur Beute wurde. Im Hause hat man das Pochen und Hämmern am Geldkaften gehört, es ist jedoch nicht weiter beachtet worden. Bis jetzt fehlt noch jede Spur von den Verbrechern. — Zu der Angelegenheit des durch Selbstmord geendeten Buchbindereibesitzers Bösenberg in Leip zig wird geschrieben, daß jedenfalls eins drohende staatsanwaltschaftliche Untersuchung gegen Bösenberg die Ursache des Selbstmordes war. B. hatte den Vertrieb des sächsischen Landesgesangbuches, er hat indessen in anderen als der vorgeschriebenen Druckerei, wie man hört, 20,000 Exemplare des Gesangbuches auf eigene Rechnung und mit schlechterem Papiere drucken lassen; davon sind 12,000 Exemplare ver kauft worden. Bösenberg brachte diese widerrechtlich gedruckten Exemplare nicht in sein Geschäft, sondern hatte in der Senefelder Straße dortselbst eine heim liche Niederlage, aus welcher er lieferte. Man spricht auch davon, daß er die gleiche Manipulation mit einem rheinischen Gesangbuche gemacht habe. B. hinterläßt ohne seine immobilen Besitztümer ein Barvermögen von über 600,000 Mark. — Waldenburg, 8. Okt. Auf der Strecke Ehrenhain-Waldenburg fand am Sonntag eine Probe fahrt mit einem Benzin-Motor-Wagen statt, welche zufriedenstellend ausgefallen sein soll, trotzdem die Steigung in der Stadt Altenburg nur langsam ge nommen werden konnte. Das Projekt, eine bessere Verbindung zwischen Altenburg und Waldenburg zu schaffen, scheint nunmehr seiner Verwirklichung ent gegenzugehen. — Gegenwärtig tritt inAltstadtwalden- burg die Diphtheritis in äußerst bedenklichem Maße auf; bereits ist eine Anzahl Kinder der heim tückischen Krankheit zum Opfer gefallen. Die An steckungsgefahr bei diesem Leiden ist außerordentlich groß, weshalb dis größte Vorsicht im Verkehr der Kinder geboten erscheint. — Oelsnitz, i. E., 9. Okt. Am Dienstag abend wurden zwei Gäste in einem Restaurant un einig, wobei der ältere den jüngeren mit einem Spazierstock mehrere Male derartig auf den Kopf schlug, daß er infolge der erhaltenen Verletzungen ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Das Nachspiel dürfte nicht ausbleiben. — Am Montag nachmittag wurde hier ein Maurerlehrling aus Hohndorf verhaftet, weil er am Sonnabend bei einem hiesigen Restaurateur Cigarren gestohlen hatte. Der Dieb, welcher trotz seines jugendlichen Alters des selben Vergehens wegen bereits wiederholt vorbe straft ist, wurde am Dienstag an das Königliche Amtsgericht Stollberg abgeliefert. — Dienstag, den 15. Okt. soll die Einweihung des hiesigen neuen Rathauses festlich begangen werden. — In StetnpleiL brach am Montag nach mittag das Doppelkaroussel des Herrn Otto aus Mülsen während des Ganges zusammen, wobei meh rere Menschen Verletzungen erlitten. — Der bei dem Eisenbahnunglück in der Nähe von Oederan schwer verwundete Soldat Paul aus Tannenberg bei Geyer, dessen Befinden bisher schon Besorgnis erregte, ist gestern nachmittag im König!. Militärlazarett hier seinen Verletzungen er legen. Die sterblichen Ueberreste des Verewigten Das Irrlicht von Wildenfels. Original-Roman aus unseren Tagen von G. v. Brühl. Nachdruck »erböte«. (Fortsetzung.) Die Schwäche des Dieners schien Frau von Döring mit um so größerer Entschlossenheit und Stärke zu erfüllen. „Was ist das ?" sagte sie kalt und streng, „was haben Sie?" „Der Herr Staatsanwalt und der Herr Krimi nalkommissar ". Nun zuckte die eben noch so starke Frau zusammen. Sie wußte, was die beiden Beamten wollten. Es war zu viel, was auf sie einstürmte! Gertrud sah das, durchschaute Alles. Mit weicher liebevoller Stimme wandte sie sich an die alte Dame und bat sie, sich zu schonen. „Ich werde die Herren zu morgen herbitten", setzte Grimm hinzu, „ich werde ihnen sagen, daß die Frau Baronin jetzt nicht im Stande ist, sie zu em pfangen. „Nein, nein, bleiben Sie, Oberförster!" er- widerteFrau von Döring, „hier gilt eS stark zu sein, mutig und entschlossen auch dem Furchtbarsten ent gegen zu blicken! Ich bin ganz ruhig, ganz gefaßt!" Sie winkte Martin den Befehl zu, die beiden Herren hereinkommen zu lassen. „Bleiben Sie hier, Oberförster," setzte sie dann hinzu, „auch Sie, mein Kind. Ich will in dieser Stunde nicht allein bleiben!" Martin hatte die Thür aufgemacht. Nun kamen Ewers und Baumann in das Zimmer. werden morgen vormittag in die Heimat desselben übergeführt werden. — Der Arbeitsnachweis der Königlichen Militär- und Kriegervereine in der Amtshauptmann schaft Grimma hat bereits während deS ersten Monats seines Bestehen« eine Ausdehnung gewonnen, die alle Erwartungen übertrifft. In der Zeit vom 1. September bis 1. Oktober waren im Ganzen 110 Gesuche um Arbeit eingegangen. Dem gegenüber stand ein Angebot von 143 Stellen. Das beweist, welches Vertrauen die Herren Arbeitgeber dem neuen Unternehmen entgegenbringen, und e« verdient dieses Vertrauen in der That, da ja nur Leute mit guten Führungsattesten bezw. guten Arbeits-Zeugnissen von den Geschäftsstellen berücksichtigt werden. Ge suche und Aufträge sind zu richten an die beiden Geschäftsstellen: Großmühle Grimma und Wilhelm Hartenstein, Wurzen. — Der Sohn einer Plauener Gastwirts familie starb an Blutvergiftung und Gehirnkrämpfen. An der Unterlippe wurde eine winzige Wunde ent deckt, hervorgerufen möglicherweise mit einer Stahl feder; dadurch dürfte sie Blutvergiftung einge treten sein. — Aus Eifersucht schoß in Gommern bei Pirna ein junger Mensch einen andern abends auf der Landstraße nieder. Die Kugel fuhr in die Lunge und der Getroffene wird wahrscheinlich sterben müssen. — Einen guten Fang machte der Gastwirt in Oberf örstchen bet Bautzen, der von einem in Gersdorf verübten Uhrendiebstahl gehört hatte. Ihm kam ein Hausierer mit billigen Uhrketten verdächtig vor. Er wollte den Menschen festnehmen, mußte aber davon abstehen, weil ihn der Verdächtige in die Hand biß. Ec ließ den Enteilenden jedoch durch den Hofhund verfolgen und, von dem Tiere gestellt, wurde der Verbrecher, der sich später als der aus Berlin entflohene Räuber Erpel entpuppte, von dem hsrbeigerufenen Gendarm gefesselt und nach Bautzen in's Gefängnis gebracht. Auf die Ergreifung des Menschen war eine ansehnliche Belohnung ausgesetzt. 8 Berlin, 9. Okt. Der vormalige erste Präsident des Reichsgerichts, Dr. v. Simfon, hat mit Rücksicht auf sein hohes Alter die Einladung zur Einweihungsfsier des neuen Reichsgerichtsgebäa- des abgelchnt. — An der hiesigen Universität waren bisher Damen mit Genehmigung des Ministers nur als Hospitantinnen zu den Vorlesungen zugelassen. Jetzt erhebt eine regelrecht vorgebildete Dame An spruch, rito matrtkuliert bei der philosophischen Fa kultät eingeschrieben zu werden. Bisher hat die aka demische Behörde sich über den Fall noch nicht schlüs sig gemacht. — Die Beratung des Entwurfs des bürgerlichen Gesetzbuches in den zuständigen Bundes- ausschüssen wird nach Annahme unterrichteter Kreise ungefähr die Zeit von zwei Monaten in Anspruch nehmen. — Der Advokat Dr. Ellenvogel, der aus Breölau ausgewiesen ist, ist, wie die „Post" Mit teilt, als Partei-Journalist thätig und steht aus dem linken Flügel der Sozialdemokratie. In den 80er Jahren, als die anarchistische Bewegung in Oester reich die sozialdemokratische mächtig überflügelt hatte und höchst terroristisch arbeitete, fungierte Dr. Ellen vogel als ständiger Verteidiger der angeklagten Anar chisten, auch besuchte er anarchistische Feste. § Berlin, 9. Okt. Das preußische Staats- Ministerium hat in feiner gestern unter dem Vorsitz des Fürsten Hohenlohe stattgefundenen Sitzung, die über 4 Stunden währte, vorliegende Erklärung be- schlofseu, die heute im amtlichen Teile deS „Staats- anzeigers" veröffentlicht wird: Unter Bezugnahme auf einen Ende Juni d. I. in der Zeitschrift „Die Zukunft" enthaltenen Angriff auf den Vizepräsidenten des Staatsministeriums, Staatsminister v. Bötticher, Sie verbeugten sich ernst. Ihre Mienen ver kündeten Unheil, sie allein schon verrieten, daß hier etwas Außerordentliches bevorstand. Die Baronin raffte ihre ganze Kraft, ihre ganze Selbstbeherrschung zusammen. Sie war nun wieder die liebenswürdige, feine Dame, welche Besuch empfing und ihn zu be grüßen hatte. Aber welchen Besuch! „Treten Sie näher und nehmen Sie Platz, meine Herren," sagte sie, während Gertrud und der Oberförster hinter ihren Sessel traten, „ich bitte Sie, mir mitzuteilen, was Sie zu mir führt!" „Eine sehr ernste Angelegenheit, Frau Baronin," entgegnete Ewers, „und ich muß bemerken, daß ich nicht weiß, ob wir in Anwesenheit Fremder aus sprechen dürfen, was uns herführt —." „DaS können Sie, Herr Staatsanwalt!" erklärte Frau von Döring, „der Herr Oberförster und diese junge Dame wissen alles und können alles hören." „Ich muß mich da zunächst an Sie wenden, gnädige Frau, und so schwer eS mir auch wird, Sie, von den neuesten Ermittelungen unterrichten," begann Ewers, während er der Baronin gegenüber Platz nahm und Baumann sich hinter ihn stellte, „diese Ermittelungen werden Sie ebenso sehr überraschen, wie das bei uns der Fall gewesen. ES hat sich herausgestellt, daß Herr Franz von Döring der Schuldige ist, daß der Genannte daS Bild seines Bruders vor den Apparat der eisernen Thür gehalten, daß er die große Summe aus dem Kassengewölbe geholt — „Mein Herr Staatsanwalt — das ist unmög lich!" unterbrach die Baronin Ewers, „das ist un hat neuerdings die „Deutsche Tageszeitung" wieder holt Klage darüber geführt, daß leitende Kreise der Korruption verdächtigt würden und daß der Boden für Gerübte schlimmer Art dadurch vorbereitet sei, daß sich höchste Staatsbeamte öffentlich Vorwürfe gegen ihre Lauterkeit und Rechtlichkeit ruhig hätten gefallen lassen. Auf Veranlassung des Staatsmini sters sind die thatsächlichen Vorgänge, welche zu den gegen ihn gerichteten Angriffen Anlaß gegeben haben können, schon früher amtlich festgestellt worden. Diese Thatsache ist seiner Zeit ihrem vollen Umfange nach durch den Staatsminister v. Bötticher selbst zu aller höchster Kenntnis Sr. Majestät des Kaisers und Königs gebracht worden, auch sind die Schritte, welche gegen diese verläumderischen Gerüchte etwa zu thun seien, wiederholt im Schoße des Staatsmini steriums erwogen worden. DaS Ergebnis dieser Er wägungen war, daß cs im vorliegenden Falle der Würde eines Staatsministers nicht entspreche, gegen solche versteckte Verdächtigungen im Wege der gericht lichen Klage vorzugehen. Mit ganz vereinzelten Ausnahmen hat auch die gesamte Presse aller Par teien jene Angriffe teils mit Stillschweigen über gangen, teils mit Verachtung zurückgewiesen. Nach dem gleichwohl jetzt der Versuch gemacht worden ist, auf dieselben zurückzukommen, erscheint es an der Zeit, diesem Treiben dadurch ein Ende zu machen, daß die amtlich festgestellte Grundlosigkeit der er hobenen Vorwürfe öffentlich vom Staatsministerium bezeugt wird. In der „Zukunft" vom 29. Jini d. I. war gesagt worden: „Wenn es wahr ist, wie sehr glaubwürdige Zeugen versichern, daß der Staats sekretär in einer Züt, wo über den Bankverkehr be deutsame Entscheidungen zu treffen waren, von Groß bankiers Summen entliehen habe, die er nach mensch licher Voraussicht niemals zurückzahlen konnte, da müßte sein Verbleiben im Amte von allen bedauert werden, die zwischen Politik und Sittlichkeit nicht eine trennende Schranke errichten möchten". Im Jahre 1886 kam cs zur amtlichen Kenntnis des da maligen Präsidenten der Neichsbank, daß ein dem Staatssekretär des Innern durch Familienbande nahestehender Bankdirektor an den Rand des finanziel len Zusammenbruchs gelangt war. Auf die Mit teilung davon lehnte der Staatssekretär unverzüglich jede Intervention zu Gunsten des Bankdirektors ab. Indessen gelang es anderen Verwandten des letzteren, mit Hilfe einiger Freunde, feine Schuldenlast zu decken. Zu diesem Zweck hat auch der Staatsminister v. Bötticher sein gesamtes eigenes Vermögen herge geben. Von dem Sachverhalt hat damals der Staats sekretär des Innern dem ihm vorgesetzten Reichs kanzler Mitteilung gemacht, welcher demnächst die Erstattung der von jenen Freunden hergegebenen Summen herbeigeführt hat. Es ist amtlich festgestellt: erstens, daß die geschilderten Verhandlungen zu einer Zeit stattfanden, in welcher von beabsichtigten Re formen des Bankwesens überhaupt noch nicht die Rede war; zweitens, daß der Staatsminister v. Böt ticher niemals von Bankiers Geld entliehen hat; drittens, daß der Staatsminister v. Bötticher keiner lei Zuwendungen, auch nicht den Ersatz des von ihm hergegebenen eigenen Vermögens empfangen hat. Das König!. Staatsministerium. Fürst zu Hohen lohe. Frhr. v. Berlepsch, Miquel, Thielen, Bosse, v. Koeller, Frhr. v. Marschall, Frhr. v. Hammerstein, Schönstedt. § Zur Warnung für Mütter kann eineBerhand-- lung dienen, welche vor der ersten Strafkammer deS Landgerichts I inBerlin gegen die SchuhmacherS- Ehefrau Klara Hermann stattfand. Die tiefgebeugte Frau gab folgende Schilderung von den der Anklage zu Grunde liegenden Thatsachen: Sie hatte weibliche Zwillinge besessen. In der Nacht zum 9. Juni, denkbar! Dann hätte mein Sohn sich selbst beraubt, keinen andern!" „Ich muß diese irrtümliche Ansicht ganz und gar zerstören, gnädige Frau!" erwiderte Ewers, „Baron Franz verfolgte zwei Zwecke bei seinem mit großer Verschmitztheit in Szene gesetzten Vorgehen: erstens wollte er seinen Bruder verdächtigen — ein Perfider Streich, das Bild des Bruders zur eigenen Deckung zu benutzen — zweitens hatte er eine Schuld an einen gewissen Jordan abzutragen —." „Jordan ." „Ein früherer Beamter ist es. Diese Schuld sollte geheim bleiben, daher mußte Baron Franz eine große Summe auf den Namen eines Anderen erlangen." „Mein Sohn Franz hätte das Bild meines an deren Sohnes, sagen Sie benutzt?" frug Frau von Döring. Baumann erklärte ihr ausführlich den Zusam menhang. Die Baronin war sehr bleich geworden. „Und dieser hinterlistige Streich ist erwiesen, ist wirklich nachzuweisen?" fragte sie nun noch. „Das Bild de- Barons Hellmuth, nach welchem die kleine Photographie in der eisernen Thüre durch den Apparat hergestellt worden war, ist bei Fräu lein Richter gefunden worden, welcher das Bild von der gnädigen Frau Baronin geschenkt worden ist", antwortete Baumann, „doch damit ist die Schuld des BaronS noch keineswegs erschöpft! Jener Jor dan will Nachweisen, daß der Baron dem Ingenieur Fürstenberg eine wichtige Erfindung gestohlen hat, will den Baron nachts gesehen haben, al» er au»