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fach und würdig. Der Tisch, auf welchem die Ur kunde unterschrieben worden war, hatte man mit Laubgewinden geschmückt und um ihn hatte sich eine große Anzahl Erwachsener, sowie die oberen Klassen der Volksschule versammelt. Eröffnet wurde die Feier mit Gesang, worauf der OctSgeistliche, Pastor Große, auf die Bedeutung des Waffenstillstandes hinwieö. Mit der Rupprecht'schen Musikkapelle an der Spitze zogen hierauf die Festteilnehmer zum nahen Kriegerdenkmal, wo der Geistliche auf die Be deutung dieses Denkmales in einer markigen An sprache hinwies. 8 Berlin, 29. Aug. Wie der „Voss. Zig." aus Wie» gemeldet wird, soll dortigen Blättern zu folge laut eines an den Eigentümer des Hotels „Germania" in Bad Gastein eingegangenen Schreibens Fürst Bismarck am 17. Septbr. d. I. zum Kurgebrauch daselbst eintreffen. 8 Beachtenswerte Reichsgerichtssntscheidung. Als Feilbieten von Waren im Umherztehen im Sinne der Reichsgewerbeordnung ist nach einem Urteil des Reichsgerichts auch das von der Ortspolizeibehörde zugelassene Absehen von Waren im Wege des Glücks spiels oder der Ausspülung lm Umherziehen zu er achten. Gleichwie das Feilbieten im Umherziehen, ist auch diese Art der Ausspielung an Sonn- und Festtagen verboten. Ausnahmen von diesem Verbot dürfen nur von den Landräten zugelassen werden. Die Strafbestimmungen des 8 146 a der Reichsge- werbeordimng gegen die Zuwiderhandlung gegen die Anordnungen der Sonntagsruhe findet nach einem Urteil des Reichsgerichts auch bei fahrlässigem Zu widerhandeln des Thäters Anwendung. Z Wiederum ist unsere Marine von einem schweren Unglücksfall betroffen worden. Das Tor pedoboot „8 41" ist am 28. August in der Nordsee gekentert und untergegangen. Dabei sind ertrunken: der Oberfeuermeister Reichenberg, Oberfeuermerster- maat Plumm, Feuermeisteimaat Krüger, die Ober matrosen Urban und Allerkamp, die Oberheizer Wisse und Bätzel, die Matrosen Brnchwitzki, Hannemann, Kurscheit und Schmidt und die Heizer Pohle und Wimmers. Bei dem Untergänge des Torpedobootes find gereitet: Leutnant Langemack und die Steuer- manusmaate Jacobi und Bergs und zwar durch die Mannschaft des Divisionsbootcs Der Unfall fand auf der Fahrt der Herbstübungsflotte von Wil helmshaven nach Kiel bei stürmischer See statt. Unter den Ertrunkenen befinden sich mehrere Familienväter. Die gesamte ertrunkene Mannschaft befand sich wäh rend des Unfalles unter Deck, nur die Geretteten waren auf Deck. 8 In Hamburg ist der Sedantag als allge meiner Festtag erklärt worden; es dürfen daher an diesem Tage Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter im Handelsgewerbe nicht beschäftigt werden, auch darf ein Gewerbebetrieb in off-nen Verkaufsstellen nur während der an den Sonntagen gestatteten Verkaufs zeit statrfinden. 8 Als Episode aus dem Kaisermanöver in der Senne teilt die „Lipp. Ldsztg." mit: Als der Kaiser in der Nähe des Denkmals in der Senne Kritik abhielt, bemerkte er einen Herrn, welcher sich Notizen machte. Sofort mußte ein Adjutant dem Herrn das Buch abfordern und dasselbe Sr. Majestät bringen. Kurze Zeit darauf erhielt der betr. Herr das Notiz buch zurück, mit der Bemerkung, daß der Kaiser nicht wünsche, daß derartige Kritiken in oie Oeffentlichkeit gelangen. Der Herr mußte sich sofort von dem Platze entfernen. 8 Nach tagelanger tropischer Hitze ging dieser Tage in Berent (Reg.-Bez. Danzig) ein Unwetter nieder, wie man es dort lange nicht erlebt hat. Um diese Zeit zog von Nordwest her eine schwarz und Das Irrlicht von Wildenfels. Original-Noman aus unseren Tagen von G. v. Br n h l. Nachdruck verboten, (Fortsetzung.) „Der Aeltere, der Baron Franz, ist immer in Rudelsburg und steht der Baronin zur Seite. Er hat sich jetzt mit Lisbeth, der jüngeren Tochter des verstorbenen Rendanten verlobt. Das haben ihm alle Leute hoch ausgenommen, denn der junge Herr, der doch in der Stadt eine ganz andere Partie hätte machen können, wenn er gewollt hätte, hat das doch nur gethan, um die Familie für den schweren Schlag zu entschädigen, welcher sie getroffen hat. Ja, das ist ein schöner Zug von ihm! Und es heißt auch, daß die Baronin mit der Heirat ganz einverstanden rst." „Sagen Sie mir doch — wie war das doch damals mit dem Ingenieur Fürstenberg, Andreas?" sagte der Staatsanwalt, „da war doch vor Jahren auch schon einmal etwas vorgefallen." „Ganz recht, Herr Staatsanwalt, daS war so: Fürstenberg war ein sehr gescheidter Kopf, er mußte sich wohl überanstrengt haben, denn als er mit einer Erfindung zu spät kam, da der Geheime Kom- merzienrat sie auch gemacht hatte, wurde er tiefsinnig. Aber das Andere hatte wohl auch noch dazu bet getragen. —" „Das Andere? Welches Andere?" „Wissen der Herr Staatsanwalt das nicht? Der Baron Franz hatte doch der Tochter Gertrud des Ingenieurs Fürstenberg die Ehe versprochen, und dann wollte er davon nichts wissen. Er hatte das Mädchen so zu sagen ganz in's Unglück gestoßen, und gelblich gefärbte schwere Gewitterwolke herauf, die auf Augenblicke vollständige Finsternis verbreitete und durch die niederstürzenden Eisstücke der Land schaft ein winterliches Aussehen gab. Die Eisstücke hatten fast durchweg die Größe von Wallnüssen und kleinen Hühnereiern. Menschen wurden vielfach blutig verletzt, Hühner und Gänse erschlagen und alle Fensterscheiben nach der Wetterseite zu zertrümmert. In Neu-Podleß fiel auf den Hof eines Besitzers ein Eisstück, das die Form eines Stuhlfitzes hatte und etwa 5 Pfd. wog. Da« Wetter traf besonders Berent und dessen Feldmark. Im Walde liegen die abgeschlagenen grünen Zweige auf dem Erdboden wie gesäet. Das Unwetter hielt gegen 10 Min. an. 8 Der älteste Sohn des Ministers v. Bötticher, Rechtskanditat Karl v. Bötticher, hat — wie aus dem Ostseebade Göhren geschrieben wird — mit eigener Lebensgefahr den Rentier F. aus Berlin vom Tode des Ertrinkens gerettet. Der Letztere, welcher des Schwimmens unkundig ist, war beim Baden von der stürmrschen See etwa hundert Schritt weit fort gerissen worden und wurde immer weiter vom Ufer fortgetriebcn, als der junge Herr v. B mit schnellem Entschluß ihm nachschwamm und endlich auch seine Hand erfassen konnte. Aber bei dem stürmischen Wellengänge war es dem beherzten Helfer unmöglich, mit seiner Last an das Land zurückzugelangen, er schwamm daher allein zurück, holte den am Strande zur Verfügung stehenden Rettungsgürtel und gelangte gerade im Augenblick der größten Not zum zweiten Male an den Ertrinkenden heran, legte ihm den Gürtel um und vollbrachte dann das Rettungswerk. — Der Gerettete sowohl wie einige Badegäste, die den Vorgang mit angesehen haben, unterschrieben gemeinsam einen Antrag auf Verleihung der Rettungs medaille an den Helfer aus der Not. 8 Die deutschen Veteranen aus Amerika sind bekanntlich in Bremen cmgetroffen. Wie von dort gemeldet wird, begaben sich dieselben in Be gleitung der Bremer Kriegervereine nach dem Krieger denkmal, wo Lvrbeerkränze niedergelegt und Anspra chen gehalten wurden. Im Zuge befanden sich zwei Militärkapellen; viele Banner, darunter das ameri kanische, wurden demselben vorangetragen. Von dem Kriegerdenkmal marschierte der Zug durch die Haupt straßen der Stadt nach dem Kaiser Wilhelm-Denkmal beim Rathaus und von dorr nach dem Bürgerpark, woselbst ein Doppelconcert, abends Bcillanifeuerwerk und ein Kommers stattfinden. Bei demselben be grüßte Müller-Bremen vis anwesenden Amerikaner und brachte ein stürmisch aufgenommenes Hoch auf den deutschen Kaiser aus. Der Präsident des Chi cagoer Krtegervereins, Schlenker, dankte für die Be grüßung und toastete auf Kaiser und Reich. Am Donnerstag reisten die Veteranen nach Hamburg ab. § Weshalb der Kaiser die Stadt M a i n z selbst nicht besuchte, obgleich er wiederholt und auch in dieser Woche wieder tn der Nähe der Stadt war, dafür führt ein dortiges Blatt ein« aus dem Anfänge dieses Jahrhunderts stammende Ueberlieferung an, die an Kaiser Franz, den letzten Herrscher des alten Reichs, anknüpft. Am Dom von Mainz befindet sich eine wie zum Schwur erhobene Hand, und das Blatt läßt einen alten Mainzer erzählen: „Der Kai ser Franz iß hier in Mainz gewese un iß vun der Geistlichkeit so gastfreindlich bswirrt worre, daß er dene das feierliche Verspreche un Gelöbniß gewe hott, daß der deitsche Kaiser, der vun heit an zuerst nooch Mainz kimmt un do iwernacht, die zwä Thürm uff dem Dom bezahle muß. Zum Zeiche vor des Verspreche iß die Hand in den Stein enei gehaue worre. Gelle Se, es war seit der Zeit kän Kaiser mehr hier iwer Nacht, un Sir werre aach sehe, der jetzige Kaiser bleibt so wenig emol hier, wie sein das mag Fürstenberg wohl auch zu Kopf gestiegen sein. Die Gertrud war bildschön und blutjung. Und wie das denn so ist — sie ließ sich von dem jungen Baron den Kopf verdrehen. Wenn sie sich nur nicht so weit vergessen hätte — na, es ist immer leicht, auf einen Menschen einen Stein zu werfen! das Mädchen war überall beliebt und gern gesehen, ein gutes Kind." „Wo ist dieser Fürstenberg denn geblieben? Ist er tot?" „Verschollen ist er, ganz untergegangen, Herr Staatsanwalt. Es hieß damals, er sei mit seinem entehrten Kinde ausgewandert. Dann hat kein Mensch wieder etwas von ihm gehört. Nun mag der junge Baron auch wohl, um das von damals im Volke gutzumachen, sich jetzt mit dem armen Mädchen verlobt haben." „Und jetzt lst der jüngere Sohn der Baronin in demselben Zimmer gestorben, in welchem vor etwa zwei Jahren der Baron Wilhelm v. Döring plötzlich den Tod gefunden hatte?" sagte Ewers. „In demselben Zimmer im alten Schloß. Es heißt, Baron Hellmuth sei in das Zimmer zu später Abendstunde gegangen, um von seinem Vater Abschied zu nehmen, dessen lebensgroßes Bild im grünen Zimmer hängt. Es ist gar nicht mehr grün, es wird nur noch so genannt. Da dachte man denn, die Verzweiflung über die Sache mit dem Gelbe habe den jungen Baron in den Tod getrieben, und er habe sich er schossen. Nichts von alledem! Der Tod muß ihn in dem Zimmer auf andere Weise ereilt haben, just wie damals den alten Herrn. Nun geht das Ge- Troßvater, basse Se emol uff". Die Sache ist, wenn auch nicht wahr, doch ganz geschickt erfunden. 8 Einem eigentümlichen Leiden ist der Bezirks- arzt Schäfer in SinShcim erlegen. Vor einigen Wochen glitt er auf der Treppe aus und hatte sich nur durch eine außerordentliche Kraftanstrengung aufrecht erhalten. Dabei war die Verbindung des Kopfes mit dem Rücken aus der richtigen Lage ge bracht worden. Die Störung erwies sich als un heilbar. Alle Heilversuche, wobei u. a. der Kopf durch eine Maschine gestützt wurde, waren vergeblich. 8 Cölleda, 28. Aug. Ein 102 Jahre alter Held aus den Freiheitskriegen bei der Einweihung eines Denkmals für 1870/71. Aus Thüringen wird den „Leipz. N. N." geschrieben: Es wird in der Zeit der Erinnerungsfeiern an den ruhmreichen Krieg von 1870/71, in der wir jetzt leben, inieressierev, zu hören, daß sich auch ein Held aus den Freiheitskriegen an einer solchen Feier beteiligt hat. Bekanntlich wurde im vorigen Jahre vom Deutschen Patriotenbund in Leipzig festgestellt, daß nur noch 5 Veteranen auS den Freiheitskriegen am Leben waren, deren Bild nisse damals durch mehrere illustrierte Zeitschriften gingen, inzwischen sind aber auch von diesen schon zwei verstorben. Einer von den drei noch Ueberleben- den ist der Tischlermeister Kaufmann aus Rettgen- stedt bei Cölleda, Reg.-Bez. Merseburg, der im Jahre 1793 geboren ist und als Jüngling von 19 Jahren den Feldzug Napoleons I. nach Rußland mitmachte, wo er, wie so viele der stolzen Arme« des korsischen Eroberers, kaum das nackte Leben rettete. Trotzdem er jetzt schon 102 Jahre zählt, ist der Veteran Kauf mann, der fünf preußischen Königen gedient hat, noch außerordentlich rüstig, so daß er sich vor wenigen Tagen noch an der Einweihung des Kriegerdenkmals in Cölleda beteiligen konnte. Wunderbar ist, daß bei ihm, obwohl er zwei Jahrhunderten angehört hat und nicht übel Lust zu haben scheint, auch in das kommende noch hinüber zu blicken, von einem Verfall der Geisteskräfte noch nichts zu merken ist; auch körperlich war er noch verhältnismäßig rüstig. 8 Erschreckend groß ist dir Reihe der seit Be ginn ver diesjährigen Alpemeisezeit bekannt gewor denen größeren Abstürze in den Bergen; die meisten davon betrafen Touristen, die führerlos Partien unternommen haben. Das Verzeichnis lautet: 4 Juni, Tourist Hanusch, Rax, führerlos — verwundet. 12. Juni, Tourist Buxbaum, Rax, führerlos — ge storben. 15. Juni, Tourist Stocker, Hochchor, füh rerlos — vermißt. 18. Juni, Tourist Angerlechner, führerlos — verletzt. 18. Juni, Tourist Brandl, Sturz m die Talser — verletzt. 22. Juni, drei deutsche Touristen, Zugspitze, mit Führer, ein Toter, Führer schwer verwundet. 16. Jult, fünt Engländer, Ortler, mit Führer — verwundet. 20. Jult, Tourist Holzhausen mit sechs Personen, Montblanc, mit Führer — verwundet. 1. August, Tourist Mendels sohn, Bietschhorn (Wallis), führerlos — gestorben. 2. August, Tourist Prof. Alois Schmidt, Triglav, führerlos — gestorben. 10. August, Tourist Cal- cino, Mouvisogletscher, führerlos —gestorben. 10. August, Tourist Bergmann, Hohenzahn, führerlos — gestorben. 13. August, Tourist Goricnik, Erna- Prst, führerlos — gestorben. 14. August, Tourist Kahler, Loser, führerlos — verletzt. 16. August, Tourist Ritzau, Jungfrau, führerlos — gestorben. 19. August, Tourist Ayres, Krauihenwand, führerlos — gestorben. 20. August, Tourist Soukup, Gesäuse, führerlos — verletzt. 22. August, Tourist Eberts, Parsseier, führerlos —gestorben. 17. August, Tou rist Dr. Schnürdreher, Montblanc, mit Führer — gestorben, ebenso zwei Führer. 19. August, Tourist Wunderlich, Steiner Alpen, führerlos —verwundet. 24. August, Tourist Model, Meraner Alpen, mit rücht unter den Leuten, es dürfe kein Mensch eine Nacht in dem grünen Zimmer des alten Schlosses zubringen. Was da alles gesprochen wird, das kann man gar nicht wiederholen. Es kommt bei solcher Gelegenheit immer der Aberglaube gleich hinzu, Herr Staatsanwalt." „Was wird denn gesprochen, Andreas?" fragte der Staatsanwalt. „Erstens, daß der alte Baron dem Ingenieur Fürstenberg die Erfindung damals abgelauscht, also gestohlen habe — aber ich will nichts gesagt haben, denn ich kann nichts verbürgen, ich melde dem Herrn Staatsanwalt nur, was die Leute sagen. Nun hole sich der tote Fürstenberg einen nach dem andern aus dem Schlosse. Na, das ist ja Unsinn. Andere er zählen, in dem grünen Zimmer sei an der einen Wand ein schöner, schwebender Engel angebracht, das sei ein Todesengel, der bringe jedem, der in dem Zimmer einschlafe, den Tod." „Die Aerzte haben ja aber wohl festgestellt, daß ein Schlaganfall die Todesursache sei," antwortete Ewers, „so steht wenigstens in dem mir zugegangenen Bericht." „Na ja, es wird auch schon so sein, aber machen Sie doch einmal etwas gegen den Volksglauben, Herr Staatsanwalt! Und sehr seltsam ist es ja doch auch, daß da gerade im grünen Zimmer ein zweiter solcher Fall eintritt. Da muß man doch sagen, daß das nicht ein Zufall sein kann. Ein Geheimnis muß da schon noch dahinterstecken, mögen der Herr Staatsanwalt mir nun glauben oder nicht. Und alles Geheimnisvolle hat doch für die Leute immer so einen besonderen Reiz. Seit