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auch ihr einen neuen Schwung zu geben. Das Fest ist vergangen, ein Segen davon aber wird hoffent lich bleiben. *— Bernsdorf, 2. Sept. Am gestrigen Tage hatte auch der hiesige Ort seine Enn- nerungS- und Jubelfeier der vor 25 Jahren auf Frankreichs Gefilden erkämpften großartigen Siegs und der damit verbundenen Errichtung des deutschen Reiches, veranstaltet von den beiden Militärvereinen. In der frühen Morgenstunde erscholl munterer Weck ruf durch den Ort, wobei die Bsteranen je mit einem Ständchen beehrt wurden. Um 9 Uhr vormittags war Kirchenparade. Fast sämtliche Vereine der Kirchfahrt beteiligten sich an derselben; die vollständig das Gotteshaus füllenden Andächtigen wurden nun durch di- herrliche Predigt ihres allgemein beliebten Kavzelredners, Herrn k. Kleinpaul, sichtlich ergriffen und erbaut. An der Hand des sonntäglichen Textes legte er derselben die Psalmenworte zu Grunde: „Der Herr ist unsere Zuversicht und Stärke eine Hilfe pp.", dabei auf das deutsche Volk anwendend: I. Der Herr hat geholfen; 2. Der Herr hilft noch; 3. Der Herr wird weiter helfen. Nach dem Vormitiags- gottesdienste legten die beiden Militärvereine auf den Gräbern ihrer 7 verstorbenen Veteranen Kränz- nieder. Um 7 Uhr abends versammelten sich die beiden Militärvereine, die sich kurz zuvor zu einem vereinigt hatten, mit ihren Gästen zu einem gemeinschaftlichen Abendessen. Hierbei waren die Veteranen des Ortes die Ehrengäste und wurden von ihren Kameraden bewirtet durch je ein freies Couvert und eine Flasche Wein. Die Tafel wurde gewürzt durch die Klänge patriotischer Cvncertstncke der Ksllerschen Kapelle aus St. Egidien, durch manvichfachs Absprachen und Hochs, sowie durch ein höchst gelungenes Tafelfteo, die Veteranen der Reihe nach behandelnd. Nach Schluß der Tafel ergötzte noch eine kurze Humor, gehaltene dramat. Aufführung die Anwesenden. Der Rest des Abends war noch einem fröhlichen Balle gewidmet. Die ganze Feier war in durchaus würdiger und schöner Weise verlaufen und macht den beiden nunmehr vereinigten Militäroereinen alle Ehre. Frei lich kann der Wunsch nicht unterdrückt werden, daß die Frier eine allgemeine hätte sein können. Das war aber nicht möglich, da leider die Gemeinde jede Beteiligung und pekuniäre Beihilfe abgelehm hatte. *— Eme seltene Feier hat in Dresden am 1. Sept, im Kgl. Großen Garten staitgefunden, welche den SiegeLjubeltag von Seda« in dem glänzendsten Lichte erscheinen läßt. Alle Veteranen waren an wesend. Die Veterauen-Vereine, sowie die Vereini gung der Kampfgenossen 1870/71 nahmen Aufstel lung vor dem Königszeit, zu dessen, innerer Ausstat tung das 1683 von der kurfürstlich sächsischen Armes vor Wien erbeutete Zelt des türkischen Großveziers Kara Mustapha benutzt worden war. In dem offenen Carrs der Bsteranen nahmen der Bürgerausschuß für patriotische Kundgebungen, der Rat uns die Stadtverordneten und Offiziere aller Waffengattungen Aufstellung. Gegen 4 Uhr zeigten eins allgemeine große Bewegung und begeisterte Hochrufe dis An kunft Sr. Maj. des Königs au. Alle Fahnen senk te« sich vor dem verehrten Fürsten und Aller Häup ter entblößten sich, während die Kapellen der Gre nadiere und Pioniere die Königshymne intonierten, die von Tausenden der Umstehenden mirgssungen wurde. Nach dieser ergreifenden Huldizung trat Herr Rechtsanwalt Windisch Sr. Maj. näher zu einer huldigenden Ansprache im Namen der Vfter- anen-Bereine und der Bereinigung der Kampfge nossen. Se. Maj., hob Redner hervor, würde gewiß huldvoll die Huldigung der genannten Vereins ent- gegemuchmem Verflossen seien 25 Jahre, seitdem die sächsische Armee unter der ruhmreichen Führung Sr. Maj. gefochten. Eine ernste und schwere Zeit sei eS gewesen, aber Alle hätten dem Ruf- ihres Königs gefolgt, stolz wären Alle in's Feld gegen den Feind gezogen, von dem einzigen Gedanken be seelt, ihres erhabenen Führers sich würdig zu zeigen, und auszuharren in allen Kämpfen. Lange noch möge Gott das teure Leben Sr. Maj. schirmen und uns den geliebten König erhalten zum Stolze des Vaterlandes, zur Ehre unserer Waffen. Das Hoch, da« sich diesen kernigen und herzlichen Worten an schloß, fand tausendfaches Echo in allen Reihen und wiederum senkten sich huldigend die Fahnen und ein neues Bild der Liebs und Verehrung entfaltete sich in einer Größe und Wirkung, wie nur außergewöhn liche Ereignisse solche hsrvorzurufen vermögen. Se. Maj. der König erwiderte hierauf: „Für uns alten Soldaten und Kriegskame- „raden ist der heutige Tag der eigenftiche Schlacht- „und Sedantag. Es freut und rührt mich, von „so vielen Kameraden mich umgeben zu sehen. „Was wir gethan, haben wir in Treue und Pflicht „um Kaiser und Reich gethan. Ich Hoffs und „erwacte, daß sich die Gesinnung der Alten auf „die Jungen übertragen und daß ich auch in Zu- „kunst auf Euren Mut, Eure Tapferkeit und Treue „zählen kann für Kämpfe vo r Innen und Außen!" Ein Jabel, der minutenlang archielt, folgte diesen ritterlichen Worten, die Aller Herzen tief bewegten, i Dem König wurde dann gemeldet, daß 2657 Veteranen » und Kampfgenossen das kö ftglichs Zelt umständen, worauf Se. Maj. lächelnd erwiderte: „Da war der große Krieg wenigstens immer noch ziemlich gesund". — Nach Schluß der Manöver beabsichtigt Se. Majestät der Köniz, alle diejenigen Offiziere, die während des Feldzuges von 1870/71 mit ihm in dienstliche Berührung gekommen stad, zu einem gro ßen Diner, gleichsam einem Erinnerungs-Festmahl, nach dem Sommerlager zu Pillmtz einzaiaden. — Die ungünstige Lage des Kleingewerbes fin det endlich auch einmal in den Berichte!! einiger Handelskammern ein Echo, so heißt es in dem Jahresbericht der Handelskammer zu Münster be züglich der geplanten Abänderung der Gewerbeord nung: Um Auswüchse des Hausisrgewerbes zu be seitigen und ungeeignete Elemente von dieser Ge- schäfksform mehr sernzuhalten, soll na-ch dem Ent wurf sowohl die Zahl der vom Vertriebe im Um- herzrehsn ausgeschlossenen Waren vermehrt, als auch die Zulassung zu diesem Gewerbe durch Erweiterung des Kreises der strafbaren Handlungen, wegen deren Begehung unter gewissen Umständen der Wanderge- werbeschein zu vertagen ist, und durch Erhöhung der Altersgrenze, bis zu welcher die Erteilung des Wandergewerbcschemes in der Regel ausgeschlosien fein soll, erschwert werden. Das Ankäufen darf s nur bei Kaufleuten oder Produzenten oder in offenen s Verkaufsstellen erfolgen. Das Aufsuchen von Be- i stelluugeu auf Waren darf nur bei Gewerbetreibeu- s den geschehen, in deren Gewerbebetriebe Waren der j augebotrven Art Verwendung finden. Das Herum- s ziehen der Hausierer, besonders auf dem Lande, ist l in einzelnen Bezirken zu einer wahren Plage gewor- f den. Auch das Deiatlreifen übersteigt alles Maß. s Dis angesessenen Kaufleute der Landstädte verlieren s ihren Absatz immer mehr an diese den Konsumenten i direkt aufiuchenden Gewerbetreibenden. Durch die ! Konkurrenz gezwungen, läßt der angesessene Kauf- l mann neuerdings auch vielfach, wen» auch ungern, s seine Kunden durch Detailreiseuds besuchen, eine ge- i i Wiß sozial nicht vorteilhafte Entwicklung unsres Han- I j delsgewerbes. Die Einschränkung des Hausierge- i werbes ist deshalb zu befürworten, jedoch muß die ? Erwartung ausgesprochen werden, daß del wirtschaft- ' lich berechtigte Vertrieb von Waren auf dem Wege des Detailreisens, z. B. von Wein, Cigarren, Leinen-« waren, dem Verbot nicht unterworfen wird. — Hoffentlich finden diese Klagen auch im Reichsamte deS Innern einmal gebührende Beachtung und för dern Maßnahmen zur Hebung deS reellen Gewerbes. — C h e m n i tz , 2. Sept. Eine große Menschen menge nahm gestern ihr Ziel nach dem Gasthaus „zur Linde", um der patriotischen Vorfeier, veran staltet von der Vereinigung zur Förderung der Luft schifffahrt für Sachsen beizuwohnen und um das stets interessante Schauspiel einer Luftschifffahrt zu genießen. Außer verschiedenen anderen Darbietungen von turnerischen, gesanglichen Vorführungen, ver anstaltet Vom Chemnitzer Athleienklub II und der Tiroler Kapelle Heppberger, nahm die Füllung des Ballons „Chemnitz", die um 1 Uhr nachmittags begann, ihren regelrechten Verlauf, und kurz vor 6 Uhr war der Ballon zur Abfahrt fertig. Der er fahrene und mit allen Vorkommnissen vertraute Luft schiffer Herr Richard Feller gab mit dem Glocken- schiag 6 Uhr das Kommando „Los" und majestätisch in ruhigem Ausstieg nahm der Ballon sine südwest liche Richtung; lange war derselbe dem Auge sicht bar und erreichte eme Höhe von 2400 m bei einer Temperatur von 8° Wärme. D-e Landung ging glatt rn der Nähe von Frankenberg vor sich und wohlbehalten traf Herr Feller nuchis 11 Uhr wieder in Chemnitz ein. Abenos fanden noch turnerische und gesangliche Darbietungen statt; ein Feuerwerk, Illumination des Gartens, sowie ein Fackelreigen sanden dis vollste Anerkennung der Besucher. — Waldenburg, 2. Sept. Im benachbar ten Gähsnitz brach heute früh ^4 Uhr im Etzold- scheu Bauergute Feuer aus, das sich in kurzer Zeit auch auf das Erlsrsche Besitztum ausdehnte. Bis heute früh waren im ersteren Scheune und Wirtschafts gebäude, im letzteren sämtliche Gebäude bis auf das Wohnhaus dem griräßigen Elemente zum Opfer ge fallen. Das Erler'sche Wohnhaus hoffte man er halten zu können. Brandstiftung wird vermutet. — O e l S n i tz i. T-, 2. Sept. Am Freitag früh 4 Uhr verunglückte auf einer hiesigen Steinkohlen- grubs vor seinem Arbeitspunkt der 43 Jahre alte Häuer Michael Rau aus Oelsnitz dadurch schwer, daß er von hertinkommenser Kohle getroffen wurde und einen Beckenbruch, sowie schwere Verwundungen am ganzen Körper erlitt. Der Schwerverletzte wurde in seine Wohnung gebracht, wo er wahrscheinlich lange biS zu ferner Genesung verbleiben matz. — Siegmar, 31. Aug. Zu einer größeren Festtafel zum Sedanfeft wurde gestern von dem Kellner Barthel die Büste Sr. Maj des Kaisers Wilhelm I. mit der Jahreszahl 1870/71 in wohlge- lungsner Weise aus Servietten gefaltet und ein Exemplar an das kaiserliche Hofmarschallamt zu Ber lin entsendet. — Thurm, 1. Sept. Die Sedanfreude wurde einigen hiesigen Familien dadurch vereitelt, daß ihnen am Abend des 31. August durch des Feuers Flam men ihre Habe eimiffen wurde. Beklagenswert ist es, daß bei dem Brande des Kurz'scheu Hauses einer Braut, weiche am 1. September getraut werden sollte, die sämtliche Ausstattung verbrannte. Obwohl hils- relche Hände zur Stelle waren, konnte doch dem ver heerenden Elemente nicht Einhalt gethan werden. — Freiberg, 1. Sept. Donnerstag verschied in Weigmannsdorf der verheiratete Hausschlächter Hermann Timmel an einer Blutvergiftung, die er sich bei der tierärzt lich angeordneten Untersuchung einer an Milzbrand veren deten Kuh zugezogen hatte. — Gestern abend fiel das Söhn chen Arno des Fabrikarbeiters Elemens Neubert hier in einem auf dem Hof befindlichen Wasserbehälter und er trank darin. — Auerbach, 1- Sept. Eine seltene Erscheinung ist am 27. August abends in der Nähe von Auerbach be merkt worden, indem kurz vor der Station Rodewisch der Das Irrlicht von Wildenfels. Original-Roman aus unseren Tagen von G. v. Brühl. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Und nun hatte heute Hellmuth seinen Einzug in diesen Raume gehalten, begleitet von einer tausend- l köpfigen Trauer Versammlung. Es herrschte noch jetzt « am Abend ein betäubender Blumenduft in dem Mau- « soleum. Der große Sarg, dessen Deckel zugemacht Z war, lag in Blumen begraben. Nicht allein ganz Rudelsburg hatte dem allseitig beliebten jungen Manne das Geleit gegeben, auch von nah und fern waren die Leute herbeigeströmt, um der feierlichen Beisetzung beizuwohnen, auch wohl dem jungen Baron einen Kranz oder Palmenzweig zu bringen. Bis zum Abend hatte das Kommen und Gehen gedauert, und man hatte die hohe, große Thür des Gewölbes offen gelassen, um jedem Theilnehmenden Gelegenheit zu geben, am Sarge des so früh Ver schiedenen ein Gebet zu verrichten. Am späten Abend waren noch die Waldarbeiter vom Forsthause Moosbruch herübergekommen, das weit ab bei Wildenfels lag. Der Oberförster Grimm war selbst mit seinem Unterförster bei der Feier zugegen gewesen, und den Arbeitern war es erst gegen Abend möglich gewesen, herüberzukommen. Aber versäumen wollte es keiner der Arbeiter, von dem jungen Herrn den letzten Ab schied zu nehmen, da Hellmuth bei Allen infolge seiner Herzensgüte und Freundlichkeit beliebt gewesen war. Der weite Weg hatte sie solange aufgehalten, daß sie erst in der Dunkelheit im Mausoleum ange kommen waren. Jean hatte bereits die beiden Wachs kerzen, welche solange gebrannt hatten, ausgelöscht und die Thür zugemacht. Doch da sie nicht ver schlossen war, hatten die Waldarbeiter und der alte Gimpel, da« Faktotum des Oberförsters Grimm, sich doch noch Eingang in das Mausoleum verschafft. Nun standen die vier Männer, welche die Thür offen gelassen hatten, in der Halle neben den mit Blumen bedeckten Sarge Hellmuth's und verrichteten still ihr Gebet. Es herrschte eine feierliche Ruhe in dem halb- duNkeln Raume, in welchen durch die offene Thür die letzte Dämmerung des Abends hereindrang. Der alte Gimpel war der Erste, welcher die Stille unterbrach. „Da liegt er jetzt und kommt nicht mehr zu uns in den Forst," sagte er mit gedämpfter Stimme, indem er mit seiner schwieligen Hand zum Sarge hinzeigte, „er hat oft genug mit mir gesprochen und mir eine Hand voll Zigarren geschenkt, er war gut und leutselig und sprach freundlich mit jedermann. Ich will ja den Baron Franz nicht herabsetzen, aber lieber war mir der Tote doch!" Die anderen Männer nickten zustimmend mit den Köpfen dazu. „Daß doch immer die Besten Hinsterben," fuhr Gimpel fort, „unser Oberförster hat ihn auch gern gesehen. Gimpel, sagte er im vorigen Winter zu mir, als die grausame Kälte so lange anhielt, Gimpel, hier hat der junge Herr, der Baron Hellmuth, für Euch im Walde eine Flasche Rum hergeschickt, da sollt Ihr Euch bei Eurer Arbeit ein Feuer anzünden und heißes Wasser machen und den Rum hineingießen - und hier habt Ihr auch noch Zucker dazu". „Ja, der junge Herr war gut, der dachte auch s an uns arme Arbeiter", meinte der Holzfäller Schultz, „na, das vergißt unsereiner ihm gewiß nicht." Während dieser Worte waren die Männer lang- j sam wieder ins Freie zurückgekehrt und machten sich nun auf den Heimweg. „Ja, da Plagt man sich nun und plagt sich", sagte der alte Gimpel, „und dann ist's mit einmal aus. Hat so viel gelernt in der Welt, und jetzt ist alles umsonst gewesen". „Du", wandte sich der Waldarbeiter Schultz plötzlich an Gimpel und stieß ihn an, dann zeigte er zu einem entfernten Wege des Parkes hinüber. Gimpel blieb stehen. Auch die beiden hinter ihm und Schultz gehenden Männer blieben stehen. „Das ist es!" rief Gimpel Plötzlich und zeigte auch hinüber, „das ist es!" — „Hier hab'ich's nie gesehen", antwortete Schultz. „Nein, sonst ist es ja immer nur bei uns im Forst drüben, aber da habt Ihr es ja alle schon gesehen. Nur unser Oberförster glaubts nicht und will's auch noch nicht bemerkt haben", fuhr Gimpel fort, „unser Oberförster wird ordentlich ärgerlich, wenn ich ihm melde: gestern abend haben wir im Moosbruch auch wieder das Irrlicht gesehen. Dann fährt er auf und ruft: Unsinn ist es! Nichtsnutziger Unsinn! Irrlichter giebt es nicht! Märchen ist es! Ein Stück verfaultes Holz höchstens wird's gewesen sein, das leuchtet ja wie Phosphor, aber mit Eurem Irrlicht kommt mir nicht, Gimpel!" „Der Oberförster müßt' nur hier sein, bann