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wenig zwischen den Kornfeldern promenierte. Hier hatte er die Begegnung mit dem Mädchen. Auf feinem AuSfluge hatte der vierbeinige Spaßvogel auch auS einer Fischbude eine große Portion Aale ent wendet und sich den fetten Leckerbissen gut munden lassen; man kann sich denken, daß die unerlaubte That des braunen Leckermaules zwischen Zirkus direktion und Fischbudenbesitzer sehr lebhaft erörtert wurde. Der braune Geselle zeigte sich bei seinem Abenteuer als ein sehr gutmütiger Kinderfreund, er ließ sich gutwillig von den Kindern necken und mit Kirschen traktieren. — Am Mittwoch unternahmen einige Herren vom Löbauer StadtmuseumSausschuß io Zschorna Ausgrabungen auf einer altheidnischen Begräbnis stätte. Sie hatten insofern guten Erfolg, als es ihnen gelang, einige Grabstätten, welche sich mit größeren Steinen umgeben zeigten, aufzudecken. Die in diesen eingebetteten Urnen, bis acht Stück auf einer Stelle, waren zu einem großen Teile den Witterungsein- flüssen der vielen Jahrhunderte erlegen und in defektem Zustande, immerhin gelang cs aber, zehn Stück ziemlich unversehrt zu heben, welche sich in einzelnen Exem plaren durch schöne und seltene Formen auszeichnen und im Stadtmuseum Aufstellung finden sollen. Dem Löbauer Museumsausschuß ist von den Grundstücks besitzern in anerkennenswerter Weise das alleinige Ausgraberecht zugesichert worden, sodaß das Voltige Museum noch auf weitere Bereicherung in dieser Richtung rechnen darf. 8 Üeber den Verlauf der vom Reichsamte des Innern in Angriff genommenen Revision des Jn- validitäts- und Altersversicherungegesetzes sind be stimmte Mitteilungen bis jetzt nicht in dis Oeffent- lichkeit gelangt. Es ist durchaus begreiflich, daß der Versuch, wirklich praktische Verbesserungen in Vor schlag zu bringen, sich namentlich bei diesem Gesetze als keine leichte Arbeit herausgestellt hat. Der eine Punkt, in welchem das Gesetz von Anfang an als verbesserungsbedürftig zu erachten war, ist, wie die OsnabrückerHandelskammer erklärt,die Versicherungs- Pflicht für Handlungsgehilfen, Lehrlinge und weibliche Dienstboten, die m Wirklichkeit nichts anderes be deuten, als die Heranziehung der betreffenden Per sonen und Arbeitgeber zu Leistungen, von deren Früchten ihnen kaum jemals ein verschwindender Bruch teil beschieden sein dürfte, sodaß thatsächlich diese Aufwendungen für die Beteiligten nichts als wegge worfenes Geld und eine nicht zu rechtfertigende Be lastung barstellen. Die größte Befriedigung würde zweifellos diejenige Abänderung des Gesetz-s erregen, welche den Weg anzügte, aus dem eine Vereinfachung »nd Verbilligung der Verwaltung herbeizuführen wäre. Es steht jedoch zu besorgen, daß dieses Ziel, von dem bei dem längeren Bestehen einer Einrichtung in der Regel eintretenden Ersparnissen abgesehen, kaum anders zu erreichen sein wird, als wenn dis gesamten Zweige der Arbeiter-Versicherung in einer Verwaltung vereinigt werden. Eine solche Ber einigung erscheint sehr wohl möglich. Z Zur Vorbereitung eines Reichsversicherungs gesetzentwurfs, wie ein solcher neueldmgs in den Blättern angekündigt wird, verlautet offiziös, daß derartige Vorbereitungen schon seit Ende der 70er Jahre getroffen worden find, noch durch den Reichs tag bezügliche Entwürfe attserbeten worden waren. Nachdem mehrere Versuche einer Regelung der An gelegenheit gescheitert waren, wurde die Frage zu An fang der 90er Jahre aufs neue angeregt, und dis zu ständigen Reichsbehörden glaubten damals am besten zu Verfahren, wenn sie sich zunächst Auskünfte aus den jenigen Ländern, welche Me Frage gesetzlich geregelt haben, also England und Nordamerika, halten. Auch Frankreich wurde später berücksichtigt. Alle diese Vor- Jm Liebe rmd Treue. Erzählung von Th. Hempel. (Nachdruck verholen.) (Fortsetzung.) Die kleine Wohnung zeigte nirgends ein Stäubchen -oder ein Fleckchen, alles hatte sie geputzt oder poliert; Johannes sollte doch nicht allzu schroff den Abstand empfinden zwischen seiner jetzigen Wohnung, welche er brieflich mit den glänzendsten Farben geschildert und der mütterlichen Heimat. Ein kleiner Christbaum harrte des Schmückens, sie hatten sich bis jetzt noch jedes Jahr den Luxus eines bescheidenen Bäumchens gegönnt, er durfte auch dieses Jahr nicht fehlen. Sogar ein Festkuchen, das Lieblingsgebäck von Jo hannes, stand bereit. Von Tag zu Tag erwartete die Mutter eine Nachricht über seine Ankunft; er wußte, daß sie das gern hatte, aber trotz alles Hoffens und Wartens blieb der Brief aus. Am Morgen des 24. Dezember traf er endlich noch ein. „Der Herr Johannes kann wohl in diesem Jahr gar nicht zum Fest kommen?" fragte teilnehmend der alte Briefträger; er kannte die Handschrift ge nau, eine ganze Menge Briefe hatte er im Laufe der Jahre Frau Sehrwald gebracht, und war stets mit Freuden willkommen geheißen worden. „Ich denke, daß er kommt", antwortete sie, aber es gab ihr doch einen Stich in das Herz hinein, und riß hastig den Umschlag ab, sowie sich der Post bote mit gemütlichem: „Auch recht vergnügte Feier tage" entfernte. Nur wenige Zeilen enthielt das Blatt, aber sie hatte viel Zett nötig, sie zu lesen; wie oft sie aber bereitungen wurden mit der Absicht der Fertigstellung eines neuen Gesetzentwurfs unternommen. BiSherist aber noch nicht bekannt geworden, ob sich die in der Mitte der 80er Jahre hervorgetretene grundsätzliche ablehnende Haltung der verschiedensten Einzelregie rungen qeänvert hat. Erst wenn nach dieser Rich tung sich eine Aenderung vollzogen haben wird, wird man aus die Einbringung deS Entwurfs an die ge setzgebenden Faktoren des Reichs rechnen können. 8 Zur Handwerkerfrage schreibt die Kreuz. Ztg.: Die Handwerker werden nach dem was über das Resultat der Reise unserer Kommissare nach Oester reich verlautet, wohl Ursache haben, ihre Hoffnungen etwas herabzustimmen, wenigstens insoweit, als der Wille der Regierung für die Erfüllung ihrer Wün sche bestimmend ist. Es heißt, die Kommissionen bätten sich von dem Nutzen des Befähigungsnach weises nicht zu überzeugen vermocht, und was das bedeutet, weiß jeder, der in solchen Dingen kein Fremdling ist. Alles kommt darauf an, mit welchen Augen man es ansieht. Und wenn uns jetzt gesagt wird, man sei für Handwerkerorganisation, aber für Organisationen ohneBefähigungsnachweis, so bedeutet das ungefähr soviel, als für den Krieger ein Gewehr ohne Patrone. Wir wissen allerdings, daß man ein wenden wird, in Oesterreich sei der Befähigungsnach weis den verschiedenen Handwerken gegen einander tn oft lächerlicher Weise abgegrenzt; es führe zu komischen Kompetenzkonflikten, wenn Backer und Condstor, Klempner und Schlosser sich darüber stritten, was Sache des einen oder des anderen sei. Allein wir brauchen doch nicht jeden österreichischen Fehler nachzumachen. Die Hauptsache ist nicht die Ab grenzung der Befugnisse eines Handwerksmeisters gegen dre eines anderen, fordern die Wahrung der Handwerkergerechtsame für die wirklichen qaaüfizier- ten Meister, gegenüber den Pfuschern und dem ka pitalistischen Äusbeutertum. Da soll der Befähigungs nachweis der Schlagbaum sein, welcher die unnützen schädlichen Elemente vom Handwerkerstände fernhält. Z Eine wertvolle Konservenfammlung hinterließ, wie die „Königsb. Allg. Ztg." erzählt, ein kürzlich verstorbener Rentier S. Als man nämlich die Kon- servenblechbüchfen öffnete, fand wan sie mit Goldgeld gefüllt; einzelne dieser Blechbüchsen enthielten 11 bis 16 000 Mark. Im ganzen soll der Verstorbene ca. 200 000 M. „in Konserven" hinterlassen haben. Z Aus Münster i. W. wird unterm 29. Juli mitgereilt: Ein Lehrling der ländlichen Cmtralkasse wurde heute vormittag 10V» Uhr im Hausflur der hiesigen Reichsdank von einem Unbekannten nieder geschlagen, welcher ihm einen Beutel mit 7000 Mk. entriß und darauf entfloh. Der Räuber wurde heute nachmittag in Greven sestgenommen und als ein eben entlassener Sträfling recoqnosciert. Die ganze Geld- summe, von welcher er 6000 Mark in einem Felde versteckt hatte, wurde wieder gefunden. Z München, 30. Juli. In der Donauzegend wütete, mederbaysrischen Blättern zufolge, gestern ein GewitLersturM. In Straubing wurden Hunderte von Fensterscheiben zertrümmert, Schornsteine umge stürzt und zahlreiche Bäume entwurzelt. Der Flecken Geiselhöring ist besonders schwer betroffen worden. Einzelheiten über die Katastrophe, welche an den im vorigen Jahre bei Erding stattgehabten Chklon er innern soll, stehen noch aus. Z München, 30. Juli. Wie dis „Münchener Neueste Nachrichten" melden, wurden bet dem gestrigen Gewittersturm in Geiselhöring der Sohn eines Bauern unter den Trümmern einer Scheune begraben. Mehrere Gebäude wurden abgedeckt. Z Ueber den Besuch le? Kaisers in Saßnitz wird der „Post" vom Sonnabend abend geschrieben: Nachdem am Freitag abend die offizielle Nachricht auch die Blicke darauf richtete, es blieben immer dieselben Worte, Johannes kam zum Feste nicht nach Haus. Und warum? Ja, er nannte verschiedene Gründe; als er von der Heimkehr gesprochen, habe man dringend gebeten, ec möge wenigstens zum Weihnachtsabend, zu der Mustkaufführung da bleiben, sie werde ohne ihn ganz unmöglich. Dann war wieder für den zweiten Feiertag eine Geselligkeit ge plant, da war seine Hilfe bei der Unterhaltung der Gäste unentbehrlich. „Du glaubst nicht, liebe Mutter, wie ich hier angehängt bin, ich käme ja so gern zu Dir, es thut mir von Herzen leid, Dich allein zu wissen, aber es ist unmöglich; da ich nichts wußte womit ich Dir eine Freude machen könnte, bitte ich Dich, für beifolgende zehn Mark Dir selbst etwas zu besorgen. Feiere ein vergnügtes Fest und sei nicht böse!" Beinahe verächtlich warf sie den Brief auf den Tisch und schob das Papiergeld von sich fort, als wenn es vergiftet fei. Eine zornige Röte stieg in ihrem Gesichte auf. Die schlichte Frau besaß den seinen Takt des Herzens, welcher ihr sehr leicht sagte, was der Sohn der Mutter, sei sie auch die einfache Frau aus dem Volke, schuldig war; er durfte so nicht schreiben, so nicht! Und durfte nicht die Un wahrheit sagen, dies that er bisher noch nie. Wenn es ihm in Wahrheit so leid that, konnte er sein Ver sprechen halten und zu ihr kommen, man wird sich in den vornehmen Kreisen ohne den bürgerlichen Hauslehrer zu behelfen wissen. Allein er fühlte sich dort wohl, er hatte keine Neigung, das Fest, wie sonst, still zu verleben. Bisher hielt er stets eine kleine Ueberraschung für die Mutter bereit; dieses hier eingetroffen war, daß am Sonnabend mittag die kaiserliche Macht „Hohenzollern" vor Schloß Dwasi- den vor Anker zehen würde, wurden am Sonnabend schon in aller Frühe sämtliche Häuser mit Flaggen geschmückt, während die Schiffe im Hafen ihre Flaggen hißten. Aus den benachbarten Badeorten waren die Badegäste teils auf denPassagierdampfern, teilsauf Segelbooten hierher geeilt, auch im Hafen und auf den Moolen entwickelte sich bald das bunteste Bild. Kurz vor 1?/s Uhr nachmittags ging an den beiden Masten des „Kaiseradler", an deren Hinterem bisher nur der Kommodorewimpel geweht hatte, die KriegS- flagge in die Höhe, zum Zeichen, daß die Kaiser standarte in Sicht war. Während der Vorüberfahrt salutierten die Offiziere des „Kaiseradler", die Be satzung stand an den Reelings in Paradeaufstellung. Wenige Minuten vor 2 Uhr warf die „Hohenzollern" dem Schlosse Dwasiden gegenüber Anker und neben ihr die „Gefin". Sobald die „Hohenzollern" still lag, erschienen auf der Landungsbrücke die Prinzen Adalbert und August Wilhelm und bestiegen die Dampfpinasse, die sofort dem „Kaiseradler" zusteuerte. Während diew an Backbord anlegte, wo sich die Treppe zur Aufnahme der Prinzen herabgesenkt hatte, war an Steuerbord die Dampfpinasse des Kaisers klar gemacht, die von diesem nach Begrüßung der Prinzen bekriegen Warde. DiePinasse, welche neben der Kriegsflagge am Bug die gelbe Standarte ge setzt, schoß wie ein Pfeil der Landungsbrücke entgegen. Sobald der Kaiser, welcher die Admiralsunifoi m und die weiße Mütze trug, ausgesttegen war, eilte ihm der seinen Geburtstag feiernde Prinz Oskar entgegen, seinem kaiserlichen Vater einen Strauß überreichend, worauf der Vater das Geburtstagskind in seine Arme nahm und recht herzlich küßte. Auf dem weiteren Wege über die Brücks kam dem Kaiser dessen jüngster Sohn, der blondgelockte Prinz Joachim, entgegenge laufen, der ebenfalls die zärtlichen Liebkosungen em pfing. Hiermit waren die Begrüßungen aber noch nicht zu Ende. An der Pforte der Parkmauer standen die Damen und Herren des Hofstaates der kaiser lichen Kinder, und als der Kaiser sich diesen näherte, kam ihm von hier aus die kleine ganz weiß gekleidete Prinzessin Viktoria Luise mit ausgestreckten Arinen entgegengelaufen, die der glücklich lächelnde Vater auf den Armen emporhob uns unter mehrfachen Küssen zärtlich an sich drückte. Während der Kaiser dann die kleine Prinzessin an der Hand bis zur Treppe führte, sprangen und hüpften bst jüngeren Prinzen unablässig um ihren Vater herum. Der Kaiser ver weilte nur kurze Zeit im Schlosse; er kehrte viel mehr bald wieder an Bord der „Hohenzollern" zu rück, wo auch das Diner eingenommen wurde. Das Wetter war prachtvoll. Altem Brauche gemäß hielt der Kaiser vor der Abfahrt selbst den Lwnntags- gottesdienst an Bord der Jacht „Hohenzollern" ab, zu dem der Divisionspfarrer Rogge aus Köln be fohlen war. Er hatte als Text gewählt: Ebräer 13. V. 9: „Es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde". An dem Gottesdienst nahmen auch die Prinzen Adalbert und August Wilhelm Teil. Un mittelbar nach seiner Beendigung um 11 Uhr lichtete die „Hohenzollern" den Anker, gab der „Gefion" bas Signal zur Abfahrt und begann nach offener See zu drehen. Der Kaiser stand mit dem Kom mandanten, Kapitän zur See und Flügeladjutanten v. Arnim auf der Kommandobrücke. Auf dem „Kaiseradler" wurde „Paradieren" befohlen und im Nu waren die Reelings besetzt, von wo aus dem Kaiser ein dreimaliges Hurrah! als Abschiedsgruß zugerufen wurde. Z Eine hübsche Episode wird vom Kaiserbesuch in Stockholm dem Berliner „Konfekt." berichtet: Der Kaiser hatte die Erlaubnis erteilt, daß die Ka- r--> Jahr fand er es zu mühsam, er warf ihr ein Al mosen hin für ihn das Bequemste. Gott sei Dank, sie hatte es nicht nötig, mochte es liegen bleiben, bis er einmal Zeit fand, zu kommen! Vergnügt soll sie das Fest verleben! Hielt er dies wirklich für möglich? Sie lächelte bitter. Und das Herz war ihr schwer und schwerer. Was verwandelte ihren sonst so pflichttreuen Sohn, welcher bisher nur für die Mutter gelebt, so in der kurzen Zeit? Sie las es zwischen den Zeilen, daß etwas zwischen ihnen lag, und wußte es doch nicht zu enträtseln. Sollte sie ihn zur Rede setzen? Nein, sein Vertrauen erzwingen wollen, führte ihn vielleicht zu neuer Unwahrheit gegen die Mutter. Sie wollte abwarten in Geduld, bis er selbst Sehn sucht fühlte, ihr sein Herz zu öffnen. Sie betete: „Herr, leite du ihn, daß er nicht auf falschem Wege geht, und wenn er ihn betreten, so hilf du, daß er umkehre!" Frau Sehrwald schloß Fenster und Gardinen in dem Stübchen, welches sonst für den Gast ge schmückt worden. Dann schnitt sie die Zweige von dem Christbaum, welcher dieses Jahr nicht er glänzen sollte, und trug sie gegen Abend hinaus auf den Friedhof, das Grab ihres lieben Verstorbenen da mit zu bedenken; zwischen das Grün streute sie Blumen. Lange stand sie in tiefesSinnen versunken, — hier hatte sie sich oft schon Frieden geholt, wenn ihr Herz in den mancherleiSorgendesLebens unruhig und bang klopfte. Heute wollte es schwer gelingen. Das Abendrot verschwand, tiefer und tiefer verhüllte die Dämme rung die Erde; nur oben am Himmel da ging ein Sternlein auf nach dem anderen, sie funkelten hell, die kleinen Himmelslichter, und von den Türmen