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als 10000 Einwohnern, wo die Zahl von 514 auf 913 stieg. Bis zum Jahre 1885 war die Vermeh rung der Aerztezahl keine auffällige. Erst von 1894 zu 1895 machte sich ein etwas langsamere« Tempo bemerklich. — Ueber die ortsüblichen Tagelöhne in Deutsch land entnehmen wir einem nach amtlichen Bekannt machungen veröffentlichten Verzeichnis folgendes: Berlins ortsübliche Tagelöhne betragen für den Mann 2,70 und für die Frau 1,50 M. Die höchsten Löhne in ganz Deutschland zahlt z. Z. Helgoland, wo der Tagelohn für Männer sich auf 3,25 und für die Frauen auf 1,75 M. beläuft. Im Uebrigen werden im Reg.-Bezirk Schleswig, wozu bekanntlich auch Helgoland gerechnet wird, in Kiel z. B. 2,70 für Männer und 1,60 M. für Frauen als ortsüblicher Tagelohn festgesetzt; in Allona steigt derselbe auf 3 bezw. 2 M. Gleich hoch ist er in Hamburg und Bremen, in der letztgenannten Stadt ist aber für Frauen als Tagelohn nur 1,75 M. angesetzt. In Schlesien finden wir die niedrigsten Tagelöhne: Im Kreise Militsch sind für Männer nur 85 Pf. und für Frauen 50 angesetzt; in den Kreisen Frankenstein, Oels, Nimptsch und noch anderen beträgt der Tage lohn der Männer 90 und der Frauen 60 Pf. Selbst in Posen findet man so niedrige Löhne nicht wie in Schlesien. Im Westen de« Reichs steigen die Löhne wieder. In Münden ist 1,80 M., in Münster 2, Köln 2,50, Wiesbaden 2, Frankfurt a. M. 2,50 und Mainz 2,20 M. der ortsübliche Tagelohn für Män ner. In München beträgt der Tagelohn für Män ner 2,30, in Dresden 2, in Leipzig 2, in Stuttgart 2.50, in Schwerin 2, in Weimar 1,80, in Gotha 1,60 und in Waldeck-Pyrmont 1,50 M. In den Reichslanden scheinen im Allgemeinen höhere Löhne gezahlt zu werden. Der höchste Lohn der Männer mit 2,50 M. ist für Metz festgesetzt; es folgen Straß burg mit 2,20, Weißenburg mit 1,80 M.; der zuletzt erwähnte Lohn ist der niedrigste in den Reichslanden; die Löhne der Frauen schwanken hier von l,80 bis 1,10 M. — Die ersten Scharmützel in Frankreich 1870, Während die französische Armee und die deutschen Truppen ihren Aufmarsch vollzogen, fanden an der preußisch-französischen Grenze seit dem 19. Juli täg lich Plänkeleien und kleinere Scharmützel statt. Bet denselben fielen auf französischer Seite stet« mehr Leute als auf der deutsche», und während sich der deutsche Soldat wiederholt als ein ruhiger und sicherer Schütze bewährte, der nur dann sein Feuer abgiebt, wenn er seines Erfolges ziemlich sicher zu sein glaubt, hat der französische Gegner so unüberlegt und hitzig geschossen, daß er fast niemals getroffen hat. Von dem Beginn der Feindseligkeiten, der bei Forbach am 19. erfolgte, gaben die deutschen Zeitungen folgende Schilderung: „Am 19. früh gegen 5 Uhr überschritt eine starke Truppe Ollnssours die preußische Grenze. In Saarbrücken wurde Generalmarsch ge schlagen, und bald zogen auch unsere Ulanen zur Stadt hinaus, dem Feinde entgegen, während Vie Infanterie die Ausgänge der Hauptstraßen besetzte. Die 0Ira,886ur8 cl'Xkrigno ritten mit höllischem Ge brüll auf die preußische Kavallerie zu; diese antwor tete mit lautem Lachen und sprengte mit eingelegter Lanze auf den Feind, der sich sofort wandte und da bei Schüsse abgab. Hierbei wurde ein Pferd unserer Truppe verwundet". Von da an gab es bei Saar brücken täglich kleine Knallereien und Vorposten gefechte, Besuche hüben wie drüben; bald machten die Franzosen, bald die Deutschen einen Abstecher über die Grenze. Die Bevölkerung von Saarbrücken war fortwährend auf dem Exerzierplätze versammelt, von wo aus man die Franzosen beobachten konnte. Die Bevölkerung der Grenzorte schlief begreiflicherweise I« Liebe und Treue. Erzählung von Th. Hempel. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Johannes wagte doch zu bemerken, daß ihn daheim die Mutter erwarte, daß er den ersten Freitag reisen wolle ... Da lachte das schöne Mädchen so übermütig auf. „Sollte die gute Mama wirklich der Magnet sein, oder zieht Sie ein anderer nach der Heimat? Jetzt im Winter reist man nicht zum Ver gnügen umher; Ihr Mütterchen weiß Sie hier gut aufgehoben and wird gern ihr Fest ruhig verleben. Ich sehe sie vor mir, sicherlich hat sie eine treue, langjährige Gesellschafterin, wie man es stets findet bei alten Damm, und sie freuen sich beide ihrer Be haglichkeit." Johannes schwieg, er hätte ja sagen sollen, daß seine Mutter niemand habe, daß sie ganz allein lebte im bescheidenen Heim, daß ihre Hände thätig seien von früh bis in die Nacht hinein, daß er allein ihr nahe stehe, aber er fürchtete daS übermütige Lachen, er wußte, daß in diesem Punkte kein Verständnis zu hoffen fei. Er durchlebte manche schwere Stunde, dann schämte er sich vor sich selbst, wollte sich losreißen, nannte sich einen Feigling, einen elenden schwachen Buben, begriff nicht, daß ihm so vollständig alle Energie fehlte, sich zu ermannen, und fand sie doch nicht wieder. Wenige Tage vor dem Feste begleitete er Herrn von Rothenfels nach der Stadt. Man plante für den Sylvester eine größere Geselligkeit, wobei eine Verlosung stattfinden sollte. Jeder der Teilnehmer seit der Kriegserklärung nur mit einem Auge. Am 20. fiel der erste Tote de« Krieges: es war ein französischer Infanterist, den ein Gefreiter vom preu ßischen Füsilierregiment Nr. 40 auf 300 Schritt Ent fernung mit dem Zündnadclgewehr erschoß, nachdem der Franzose einen Fehlschuß aus dem Chassepot gethan hatte. Der Gefreite erhielt wenige Tage später aus Berlin 40 Thaler zugeschickl, die einige Patrioten gesammelt. An demselben Tage wurde auch der erste französische Gefangene eingebracht. Ec wurde auf französischem Gebiet in einer Schenke festgenom men. Als er nach Saarbrücken transportiert worden war, geberdete er sich hier, wie wütend; den Helm hatte er weit auf den Hinterkopf zurückgeschoben, den Adler, den er davon abgerissen, hielt er, den Arm auSgestreckt, in der Hand, focht damit in der Luft herum und hielt ihn den Leuten entgegen; so durch schritt er, unaufhörlich schimpfend und drohend, die Straßen und nannte einen ihn begegnenden deutschen Stabsoffizier „Du". Am 30. Juli früh 5 Uhr fand zwischen St. Arnual und Tabaksmühle bei Saar brücken ein Vorpostengefecht statt. Feindlicherseits fielen 14 Chasseurs. Unser Verlust betrug 1 Toten und 3 Verwundete. Später gegen 6 Uhr patrouil lierten etliche unserer Ulanen auf der Saargemünder Straße. Als sie auf die Strecke zwischen St. Arnual und dem Stiftsforsthause angekommen, wurde plötz lich vom Feinae, der sich anscheinend zahlreich im Stiftswalde versteckt hatte, ein mörderisches Feuer auf dieselben eröffnet. Zwei Ulanen wurden getrof fen, die übrigen zogen sich schleunigst außer Schuß weite. Alle diese kleinen Vorgänger wurden in den französischen Zeitungen zu großenS'egen aufgebauscht. — Wie es in der Welt steht. Der Sommer will doch immer sein Recht und ungeachtet aller orientalischen und sonstigen Wirren ist es im politischen Leben doch wieder still genug geworden. Der Kaiser itt von feiner schwedischen Reise nach Potsdam zurückgekehrt, es dürfte auch in Berlin dem nächst wieder mehrere wichtige Entscheidungen geben, aber sofortige praktische Bedeutung haben sie keines wegs, und so wird sich auch bei uns Niemand die frohe Jubelfeier des großen Jahres verkümmern lassen. Wie alljährlich reist der Kaiser auch in die sem August für eine Woche nach England, und an gesichts des großen Wahlersolges des englischen Mi nisteriums Salisbury, dessen Chef als ein warmer Freund des Dreibundes und Deutschlands bekannt ist, wird dieser Reise, die an und für sich ein Pri vatausflug ist, diesmal mehr Beachtung als sonst geschenkt. Besonders dis Franzosen wollen die Ge fahr eines vollständigen Abschwenkens Englands zum Dreibund hinüber wittern, womit es an und für sich wohl nicht so schnell gehen wird, was aber an gesichts der Haltung von Frankreich und Rußland am Ende doch möglich werden kann. In Frankreich haben die Generalrats-(Provinzial-Landtags-)Wahlen stattgefunden und den üblichen Verlauf genommen. Die große Mehrheit dieser Körperschaften besteht, wie bisher, aus Republikanern. Aus Madagaskar kommen fortgesetzt wenig günstige Nachrichten; die französische Expedition ist augenscheinlich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt vorbereitet unk rückt äußerst langsam von der Stelle. In der Kriegs-Marine Frankreichs sind in der allerletzten Zeit wieder eine ganze Reih- von Unfällen oorgekommen, und die jenigen, welche schon lange behauptet haben, e« liege bei der Flotte noch mehr im Argen, als bei der Landarmee, erheben von Neuem ihre Stimme. In Wien sind die parlamentarischen Körperschaften ver tagt, und in Rom giebt cs bei der Butgetberatung gewaltig langatmige Debatten, die aber nichts Neues bringen. Was von den persönlichen Feinden de« Premierministers Crispi vorgebracht wird, wird im- sollte Kleinigkeiten als Gewinne beisteuern. Johannes wählte in einem der ersten Geschäfte eine ganze Anzahl von jenen eleganten Kleinigkeiten aus, welche vollständig entbehrlich, eben nur Zierraten sind und ohne Wert zu haben, teuer bezahlt werden müssen als Mode artikel. Er erschrak, als der Verkäufer die Summe nannte, aber es half nichts, ging er den Festlichkeiten aus dem Wege, mußte er seinen Tribut zahlen. Nun schnell noch ein Geschenk für die Mutter! Aber er sah nach der Uhr, seine Zeit war um, er durfte Herrn von Rothenfels nicht warten lassen. Der Weihnachtsabend war da, mit einer Un masse von Geschenken; Sohn und Tochter des Hause« wurden überhäuft, auch Johannes war reich bedacht, sowie alle Hausbewohner, er hatte solchen Reichtum noch nie gesehen, und doch — doch konnte er sich an dem Glanze nicht erfreuen ; er dachte sehnsüchtig der vereinsamten Mutter, zum ersten Mal war sie ganz allein, durch seine Schuld. Die Festzeit verging in lauter Lust und Ver gnügen, mit einer Weihnachtsmusik und einigen Liedern meinte man der hohen Bedeutung des Festes Rech nung getragen zu haben. Schlittenfahrten, Schlittschuhlaufen auf dem See bei Fackelschein, Tanzen und alle nur möglichen Lust barkeiten füllten die Tage aus bis zur spätesten Stunde. Johannes wartete von einem Tage zum andern auf einen Brief, vergebens. Er wagte nicht noch einmal zu schreiben. Endlich kam er zu einen festen Entschluß, den ersten Januar in früher Morgenstunde zu reisen, die Mutter zu überraschen und die letzten Tage der Ferien bei ihr zu verleben. Er sprach es mer mehr als böswillige Erfindung anerkannt. Iw Belgien nimmt die turbulente Bewegung ihren Fort gang, und für die Spanier bleiben dle Dinge auf Cuba unverändert, das heißt schlecht, trotz aller zeit weisen Siegestelegramme. — Das Ministerium des Innern erläßt erneut nachstehende Warnung: Der Droguist Emil Richard Wolf in Treuen, Inhaber der dortigen Droguerie „Flora", fertigt seit vielen Jahren ein Fleischkonser vierungsmittel aus saurem schweflig-sauren Natron und schwefelsaurem Natron an, das er unter der Bezeichnung „Treuenit" io den Handel bringt. Dessen Anwendung bietet nach einem vom Landesmedizinal» kollegium abgegebenen Gutachten u. a. die Füglich keit, Fleisch, welches eben in Zersetzung übergegangen ist, geruchlos zu machen und so mit dem Anscheine einer besseren Beschaffenheit zu versehen. Außerdem vermag seine Verwendung zur Konservierung von Fleisch wegen seines Gehalte« an schwefliger Säure und deren Salzen, da dieselben giftige Eigenschaften besitzen, gesundheitsschädliche Wirkungen auszuüben. Das Ministerium des Innern sieht sich daher ver anlaßt, vor Verwendung des „Treuenits" zur Kon servierung von Fleischwaren eindringlichst zu warnen, und zwar unter Hinweis auf 8 11 unter 1 des Reichsgesetzes vom 14 Mai 1879, den Verkehr mit Nahrungs-, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen betr. Darnach wird mit Gefängnis, neben welchem auch Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, bestraft, wer vorsätzlich Gegenstände, welche bestimmt sind, Anderen als Nahrungs- oder Genußmitlel zu dienen, derart herstellt, daß der Ge nuß derselben die menschliche Gesundheit zu beschä digen geeignet ist, iugleichen wer wissentlich Gegen stände, deren Genuß die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, als Nahrungs^ oder Genuß mittel verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt. Auch die König!. Awthauplmanvschaft Dresden- Neustadt warnt neuerdings wieder vor dem Gebrauche des Treuenits, sowie aller Fleischwässer, welche zur Konservierung oder Färbung des Fleisches oder da raus bereiteter Würste benutzt werden. Diese Fleifch- wässer sind ähnlich zusammengesetzt, wie das oben erwähnte Treuenit. — Eine für Jäger usw. wichtige Erfindung hat Herr Schlossermeister Richard Schindler in Plauen gemacht. Dieselbe besteht in einer selbftthäligen Gewehrsicherung, welche sich beim Anlegen des Ge wehres zum Schuß sofort entsichert nnd beim Ab nehmen desselben wieder sichert, überdies den Vorteil besitzt, daß sie an allen Gewehren, Büchsen, Teschins usw. angebracht werden kann. Unglücksfälle, wie solche schon häufig durch Sturz oder Hängenbleiben im Abzug bei Gewehren mit aufgezogenen Hähnen Vorkommen, sind bei Gewehren, welche mit diese« Neuerung versehen, vollständig ausgeschlossen. — Ein Restaurateur in der Reichenbacherstraße in Zwickau brachte am Sonntag vormittag eine in seiner Nähe wohnhafte Zimmermanns-Hefrau da durch in die größte Aufregung, daß er „aus Scherz" erzählte, ihr Ehemann, welcher baden in der Mulde war, sei leblos aus derselben herausgezogen worden. Die Ehefrau, welche sofort nach dem Badeplatz ge laufen war, um ihren totgeglauvten Mann zu holen, erfuhr dort, daß ihr Ehemann wohl und munter nach Hause gegangen sei. Die Frau aber konnte jetzt nun selbst nicht mehr fort, sodaß sie auf die nächste Polizei Bezirkswache gebracht werden mußte, wo sie sich nach kurzer Zeit wieder erholte. Der artige „Scherze" verdienen eine tüchtige Ahndung. — Zwickau, 31. Juli. Fürst Ferdinand von Bulgarien in Gefahr. Von gut unterrichteter Seite wird folgendes mitgeteili; Ein Lehrer aus der Umgegend von Zwickau traf dieser Tage entschieden aus, fand auch keinen Widerspruch, und atmete erleichtert auf; besonders als er am letzten Dezember einen Brief von der Mutter erhielt. Die Handschrift stach auffallend ab gegen ihre sonstige Sicherheit, sie bestätigte nur zu sehr, daß die Schreiberin krank gewesen, wie sie ihm mitteilte. Es war über haupt ein Schreiben, wie er es noch nicht von ihr erhalten, auch bisher nicht verdient. „Wärest Du bei der Wahrheit geblieben", schrieb sie unter anderem, „es thut Dir das Fernbleiben nicht leid; was Dich fesselt, weiß ich nicht", fuhr sie fort; „daß Du ein Geheimnis vor mir hast, lese ich zwischen den Zeilen, ich kann Dir deshalb keinen Vorwurf machen, aber ich bitte Gott, daß Du nicht einen Weg tingeschlagen, welcher Dich zu Unfrieden mit Dir felbst zu Leid und Schmerzen führt Vergiß nie, daß Du mir kein Almosen bieten darfst, ich brauche es nicht und es entschädigt mich nicht für Deine Herzenskälte, welche aus Deinen Zeilen gegen mich spricht. Freudigen Herzens habe ich Dir die Opfer gebracht; wenn ich etwas dagegen beanspruche, so ist es die Achtung, welche das Kind der Mutter schul det. Beschuldige mich nicht zu Hurter Worte, die Liebe zu Dir, die Sorge um Dich, die Angst, dasi Dir die neuen, verführerischen Lebensverhältnisie da« beste, das warme Herz rauben könnten, diktieren sie mir, Gott sei mit Dir im neuen Jahr!" Johannes beugte sich tief herab auf den Brief, seine Thränen fielen darauf; ach er hätte viel darum gegeben, wäre er nicht hier geblieben, dastreue, liebe Mutterherz hatte er tief gekränkt, ach wären nur die nächsten Stunden vorüber, und er auf dem Wege zu ihr, er wollte demütig um Verzeihung bitten, bis