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— Dresden, 11. Juli. Am Montag früh traf der Waldhüter des BaronS von Burgk in den Waldungen des WindbergS drei kartenspielende Männer, denen er scherzhaft zurief, daß nicht mehr Sonntag und keine Zeit zum Spielen sei. Die Männer entgegneten, sie arbeiteten nur des Nachts; der Waldhüter hielt sie für Bergleute und ließ sie unbehelligt. Als er am Dienstag abermals dieselbe Waldgegend betrat, fand er zwei der Männer an einem Baume erhängt vor, während von dem dritten keine Spur zu finden war. Die Persönlichkeit der Männer ist noch nicht sestgestellt. Die behördlichen Erörterungen sind im Gange. Die rätselhafte Ge schichte macht viel von sich reden, und es werden die abenteuerlichsten Gerüchte kolportiert. — Chemnitz, 11. Juli. Der hiesige Vertreter des „Norddeutschen Lloyd" veröffentlicht folgendes Telegramm seiner Gesellschaft: Elbe-Passagier Hugo Beckers Leiche in England an Land getrieben. Don nerstag abend 6 Uhr Totenschau in St. Leonard. Benachrichtigt Anverwandte. Lloyd. — Chemnitz, 11. Juli. Gestern wurde das sogenannte Gesellschafts - Wettschießen abgehalten. Jede Schützengesellschaft hat das Recht, drei ihrer Mitglieder zu bestimmen, welche an diesem Schießen teilnehmen können. Jeder der drei Schützen hat 20 Schüsse hintereinander abzugeben und zwar auf eine Feldscheibe, 300 Meter, mit dem Scheibenbilde der Feldmeisterscheibe. Die von den drei einer Gesell schaft angehörigen Schützen geschossenen Ringe wer den zusammengezählt und die 3 besten Resultate mit je einem Fahnenband prämiiert. Das erste Fahnen band wird von den Damen der Feststadt gestiftet, die beiden andern vom Mitteldeutschen Schützsnbunde. Das erste Band, in den Chemnitzer Skadtfarben (blau gelb) gehalten und von den Chemnitzer Schützrn- frauen gestiftet, erhielt die Leipziger Schützengesell- schast. Von ihren Mitgliedern hatten die Herren Heinze II 232, Moritz I 213 und Pelikan 209 Ringe geschossen, insgesamt also 654 Ringe. Das 2. Banü, vom Mitteldeutschen Schützenbund gestiftet, erhielt die Privilegierte Scheikenschützengesellschaft zu Chem nitz. Von ihren Mitgliedern erreichten die Herren Louis Grunewald 212, Baumeister Trübenbach 206 und Direktor Rurdorf 173, insgesamt 591 Ringe. Das 3. Band, ebenfalls gestiftet vom Mitteldeutschen Schützenbund, fiel der Schützengesellschaft zu Köstritz zu. Von deren Mitgliedern erzielten die Herren Jünger 213, Tha'.emaun 128 und Merseburger 213, insgesamt 544 Ringe. — Glauchau, 11. Juli. Die Hauptjahres- konferenz der Geistlichen der Ephone Glauchau fand gestern Mittwoch, unter Vorsitz des Herrn Superin tendent Weidauer statt, ausgezeichnet durch die Teil nahme des Herrn Oberkonsistorialrat v. Ui Löber aus Dresden als Abgeordneter des Kirchenregimsnts. In stiller Feierstunde sammelte man sich um 9 Uhr zuerst im Gotteshaus und hörte die im edelsten Sinne erbauliche und recht hirtengemäße und bischöf liche Ansprache des Ephorus, welche an den Text Matth. 20, 20—27 „einige Erinnerungen" knüpfte für Diener des Herrn über den Weg zu desselben Kron' und Thron. Nach einem Frühstück im gast lichen Hause ihres Oberhauptes sammelten sich die gegen 50 Teilnehmer im Theaterlokal, wo Punkt 11 Uhr die Konferenz mit Gebet eröffnet waro. Nach erfolgter Begrüßung nahm der erwähnte Ehrengast zuerst das Wort zu einer geistvollen Ergänzung der gottesdienstlichen Ansprache, ermunternd, nimmer zu „ermüden", erquickend aber von selbst durch den Ein druck einer Persönlichkeit, in der sich philosophische Schule mit demütigem Glauben und praktischer Amts- erfahrung durchdringen. Nach amtlichen Mitteilungen des Ephorus, besonders über allen Wechsel des Per- Liebe und Lebe«. Roman von H. v. Ziegler. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Langsam röchelnd ging der Atem, die Augen blieben fest geschlossen, nur die Lippen des Greises zitterten merklich und hin und wieder erbebte sein Körper im Todeskampf. „Arme Lena," murmelte er stoßweise, „nun bist du — allein — in der bösen — wetten Welt." Der Schmuggler kämpfte furchtbar mit sich, dann bog er sich vor und begann zu reden, erst leise, dann immer rascher und überzeugender, bis der sterbende Mann selig lächelte. „Gott segne Euch." Mit diesen letzten Worten auf den Lippen ent floh die Seele Stoosen's gleich darauf, kalt und starr lag der Leichnam im Schnee, nur aus den Schläfen sickerten langsam dunkle Blutstropfen. „Sein Blut klebt nicht an meinen Händen und hier an dieser Leiche soll mein erster Schwur zu Dir, o Gott, dringen, baß ich von heute an nimmermehr fremdes Gut an mich reißen will! Vergieb dem Elenden, Allmächtiger!" * An der Thür des Wirtshauses ward beim Morgengrauen gepocht; Mietje, die schon aufgestan den war, eilte um zu öffne», fuhr jedoch entsetzt zu rück, als sie in der Dämmerung Klaus Harms toten bleich und halb erstarrt vor Frost draußen stehen sah. „Großer Gott, seid Ihr es, Klaus! Was ist geschehen," rief sie außer sich und ergriff seineHand; sonalstandes, berichteten auch die Vertreter der fünf einzelnen Pastorenkonferenzen über die gemeinsame Arbeit derselben in den monatlichen Zusammenkünften des verflossenen Jahres. Nach kurzer Pause aber gab Herr Diakonus Weidauer hier zu dem Thema: Die Theologie des seligen Prof. O. von Frank (Er langen) und ihre Bedeutung für das geistliche Amt dieser Zeit, einen aus tiefem Eindringen in die geistes mächtige Person und Glaubenslehre des hervorragen den Theologen geschöpften, durch die persönlichen Er innerungen des einstigen Schülers belebten, infolge eines selbständigen, wissenschaftlichen Urteils und glänzender Diktion auch auf längere Zeit die Auf merksamkeit fesselnden Vortrag, der viele zum nähern Studium der Werke des Genannten angeregt haben dürfte. Die Aussprachen von k. Kleinpaul jr. und Diak. Rosenkranz beleuchteten einzelnes von andern Seiten, bezeugten aber kräftig den warmen Dank der Hörer, die des Herrn I). Löber warf neue glänzende Schlaglichter auf die wissenschaftliche wie die prak tische Bedeutung des von ihm besonders tief ver standenen Theologen. Nach Schluß der Konferenz, 3 Uhr, blieb man zu einfachem Mittagessen noch beisammen, das, gewürzt durch manchen guten Spruch, nur denselben Segen des Tages nachsühlen ließ, die Freude an der glaubensstarken Gemeinschaft eines heiligen und ernsten Dienstes und hohen Amtes. (In nächster Nummer d. Bl. werden wir die Ansprache des Herrn Ephorus, sowie die Ansprache des Herrn v. Löber ausführlicher bringen.) — Plauen i. V. Herr Schoitelius auf Rittergut Reinsdorf besitzt verschiedene diesjährige Kornhalme von 2,34 in bis 2,54 in. Der Halm von 2,54 in dürfte wohl der längste unter all den Halmriesen bleiben, die in diesem Sommer nicht nur im Vogtlande, sondern überhaupt in Deutschland ge funden worden sind. — Ein harmloses Abenteuer von der Landstraße berichtet man aus Meißen: Ein Gutsbesitzer, welcher mit einem leichten Korbwagen in die Stadt fuhr, fand einen Handwerksburschen, anscheinend ohn mächtig, auf der Straße liegen. Er versuchte zunächst, den Mann, welcher, wie er vermutete, wahrscheinlich vom Sonnenstich befallen war, wieder zum Bewußt sein zu bringen, da ihm dies aber nicht gelang, so hob er den Bewußtlosen auf feinen Wagen und legte ihn aufs Stroh, um ihn in das Krankenhaus zu befördern. Der Mann blieb regungslos liegen. Als der Landmann eine ziemlich weite Strecke gefahren war, sah er sich einmal nach feinem halbtoten stummen Fahrgast um und gewahrte zu seinem Erstaunen, daß dieser gerade dre Schnapsflasche zum Munde führte und einige kräftige Schlucke zu sich nahm, dann aber sich wieder bewußtlos stellte. Trotzdem der barmherzige Samariter nunmehr die Verstellung er kannte, nahm er doch den „Ohnmächtigen" bis zur Stabt mit, brachte ihn aber hier durch eine sofort wirkende Einreibung mit dem Peitschenstiel zumBe- ! wußtfein. Als sich indessen der Handwerksbursche ! trotz der derben ärztlichen Behandlung noch freund- ! lichst für die Fahrt und das rechtzeitige „Wecken" bedankte, mußte der gutmütige Landmann herzlich lachen und ließ dem Spaßvogel noch etwas zu essen und Zu trinken geben. — Freiberg, 11. Juli. Dis jüngst ver storbene Frau Ida verw. Bergdirektor Breithaupt geb. Becker hatte dis Stadtgemeinde Freiberg zur f Erbin des von dem Ehewanne der Erblasserin her- ! rührenden Vermögens eingesetzt. Der Stadt fällt hiernach ein Vermögen von 50000 Mark zu, aus welchem die Hermann Breithauptstiftung errichtet werden soll. Nach den Wünschen der Verstorbenen soll das Kapital zunächst zinsbar angelegt werden, bis es eine Höhe von 125000 Mark erreicht hat, sie war eisig und an seinem Flauschrock hingen kleine Eisperlen. „Ein Unglück," antwortete er dumpf, „ruft Euren Vater." „Er schläft noch, aber —" „So weckt ihn ungesäumt, er muß mit mir gehen, ehe der Tag anbricht." Zitternd eilte Mietje den Vater zu wecken, kehrte dann jedoch gleich zu dem furchtbar erschöpften Harms zurück, der sich einen Moment an den Thürpfosten gelehnt hatte. „Klaus," bat sie dringend, „kommt herein, bis der Vater fertig ist, nehmt etwas Warmbier oder Wein. Wo seid Ihr nur die ganze Nacht gewesen?" „Ich habe bei einer Leiche gewacht," erwiderte er dumpf und sie prallte zurück. „Herr des Himmels — ein Verbrechen!" „Ja," nickte er schwer betonend, „der alte Stoosen ist tot!" - „Lena's Vater!" schrie Mietje, die Hände zu sammenschlagend, doch ein finstererBlick Harms traf sie. „Schweigt, Jungfer," grollteer, „kann denn ein Weib niemals ihre Zunge halten?" „Doch, ich kann es," gab sie zurück, den Blick fest auf ihn gerichtet, „um Gottes Barmherzigkeit willen, Klaus, sagt mir, wer es that." Aber er schüttelte finster den Kopf. „Ich weiß es, doch eher lege ich mein Haupt auf den Richtblock, ehe ich zum Verräter und An geber eines Mitmenschen werde." In dem Augenblick trat Gransen ziemlich ge räuschvoll ins Zimmer und fragte ärgerlich: dann sollen die Zinken und größere, im Testament bestimmte Summe» zur Verschönerung der Stadt, zur Pflege der öffentlichen Anlagen, Plätze, Straßen und Gebäude der Stadt Verwendung finden. — Pirna. Ein Gang durch die Fluren bietet bereits Bilder der angehenden Erntezeit. Die an haltende Wärme der letzten Tage hat mehrfach die Roggenhalme gereift und de» Schnitt derselben be ginnen lassen. Wenn das Wetter Halbwegs günstig bleibt, wird innerhalb der nächsten vierzehn Tage allerwärts im Elbthale die Roggenernte in vollem Gange, wenn nicht schon teilweise sicher in die Scheunen gebracht oder in hohen Feimen aufgesta pelt sein. Weizen, Gerste und Hafer stehen überall in zufriedenstellender Weise, auch sie lassen eine gute Ernte erhoffen. Die Kartoffeln stehen in voller Blüte und zeigen meist üppiges Kraut. Die Kraut anpflanzungen lassen, wenn zeitweilige Anfeuchtung durch Regen nicht ausbleibt, gleichfalls guten Ertrag erhoffen. Das Obst freilich wird dieses Jahr weniger reichen Ei trag bringen, der vergangene Winter hat den Bäumen, wie auch den Weinstöcken zu viel Ein buße gebracht. — Einem Flelschnmeister in Neusalza ist ein vom dortig-n Fleischbeschauer für ungenießbar erklärtes, ausgeschlachtttes Schwein, das am anderen Morgen vergraben werden sollte, von bisher noch unermittelten Dieben entwendet worden; Verhaftungen von verdächtigen Personen haben ja stattgefunden, doch mußten die Letzteren mangels genügender Be weise wieder entlassen werden. Möglicherweise ist das gestohlene Gut schon den Weg alles Fleisches gegangen; manche Leute hrben eben einen gesunden Magen, den nicht Alles avficht. Z Berlin, 10. Jult. Zwei Fälle von Tod in der Chloroformnarkose sind der Staatsanwalt schaft gemeldet worden. Die beiden vom Tode Be troffenen sind das 18jährige Fräulein Elisabeth Busse aus der Heinstraße 5 und der 37jährige Tapezierer Adolf Bukheim aus Lichtenberg. Die junge Dame war seit längerer Zeit krank und bei einem Dr. R. im Süden Beilins rn Behandlung. Schließlich ergab sich die Notwendigkeit einer Operation, die gestern mittag in der elterlichen Wohnung der Erkrankten vorgsnommen werden sollte. Da der operative Ein griff ohne Chlorosormnarkose nicht vorzunehmen war, so nahm Dr. R. einen zweiten Arzt, Dr. S., der Vorschrift gemäß zu Hilfe. Außerdem war noch für Hilfspersonal ausreichend gesorgt worden. Fräulein Busse aber ist aus der Narkose nicht wieder erwacht, alle Wiederbelebungsversuche blieben ohne Erfolg. Der Tapezierer Birkheim hatte sich einer Operation zu unterwerfen, die die Entfernung eines Fremd körpers aus der Hand bezweckte, ohne die sein Leben gefährdet war. Er begab sich zur Ausführung der Operation gestern nachmittag um 3 Uhr nach einer hiesigen Klinik. Mehrere der dort beschäftigten Aerzte entschieden sich auch in diesem Falle für Anwendung der Chloroformnarkose, da der Eingriff außerordent lich schmerzhaft sein mußte. Alle nur möglichen Vor sichtsmaßregeln sind auch hierbei getroffen worden. Aber auch Birkheim blieb in der Betäubung. In beiden Fällen wird angenommen, daß ein Herzschlag oder eine Herzlähmung den Tod herbeigeführt hat, so daß die Staatsanwaltschaft die Leichen zur Be erdigung voraussichtlich frcigeben wird. Z Ein Fabrikant und Hausbesitzer in der Wiener- straße zuBerli n besitzt eine Tochter, die mit einem Kaufmann verlobt ist. Nan hatte das Dienstmädchen dieses Hausbesitzers geträumt, daß es von dem künf tigen Schwiegersohn ihrer Dienstherrschaft einen herz haften Kuß bekommen habe, und erzählte ihren Traum im Hause. So kam die Geschichte auch zur Kenntnis der künftigen Schwiegermutter, und die war i „Nun, Harms, Euch reitet wohl der Teufel. Was wollt Ihr so früh von mir?" „Ihr sollt mir helfen — eine Leiche forttragen, Ole Gransen; kommt nur rasch mit mir." t „Einen Toten," entsetzt prallte der Wirt zurück, s „Herr des Lehens, was hat es denn wieder gegeben, l Harms, daß Ihr einen Menschen erschlugt?" „Hoho, wer sagt Euch denn, daß ich es gewe sen?" fragte zornig der Fischer, „käme ich dann wohl zu Euch, um Eure Hilfe zu beanspruchen?" „Großer Himmel," stöhnte der Wirt »och ein mal, wenn ich nur keine Ungelegenhelten davon habe. Wer ist es denn?" „Hm, Ihr werdet es schon sehen: ehe der Tote in sein Haus gebracht ist, will ich nicht, daß es das ganze Dorf erfährt." Schweigend schritten sie über den knirschenden Schnee dahin, es war eine grimmige Kälte und mit geheimem Grauen gedachte Klaus der Nacht, welche er bei der Leiche verbracht hatte. Wie Ewigkeiten waren ihm die Stunden Er schienen, mit beiden Armen mußte er um sich schlagen und unaufhörlich hin und wider laufen, um nicht der ihn überfallenden Müdigkeit zu erliegen und da durch dem sicheren Tode entgegenzugehen. Und dabei die grausige Stille um ihn her! Das ferne Heulen der Wölfe erscholl ihm dann und wann fast zur Beruhigung und er wünschte in dem Augen blick nichts sehnlicher, als daß eine solche Bestie sich zeigte, denn der Kampf mit derselben hätte ihm Ab wechslung, Bewegung geboten. Dort lag die Leiche des freundlichen alten Mannes. Er hatte ihm die Augen zugedrückt, denn